Kleiner, leistungsfähiger, stromsparender, mit möglichst geringer Abwärme – welche Trends sehen Sie sonst noch im IPC-Markt?

Roland van Mark, Beckhoff: Dank moderner Prozessortechnologie – Intel Atom ist dabei nur ein Beispiel – können heute deutlich kompaktere und effizientere IPCs gefertigt werden. Allerdings ist der große Durchbruch erst durch die konsequente Verwendung von Ethernet-basierten Feldbussystemen möglich geworden. Gerade Ethercat erlaubt unter Verwendung von Standard-Ethernet-Ports moderne Automatisierung auf kleinem Raum, da keine besonderen Steckplätze mehr nötig sind.

Raimund Ruf, B&R: Neben kleinen energieeffizienten und zugleich leistungsfähigen Geräten, wie wir sie beispielsweise mit dem Power Panel 500 anbieten, sehen wir im IPC-Markt am oberen Ende des Spektrums einen klaren Trend, der in Richtung komfortables Bedienen mit Diagonalen größer 20″ in Verbindung mit deutlich höherer Auflösung geht.

Albin Markwardt, Comp-Mall: Der IPC hat sein Einsatzgebiet erweitert. Nicht nur die staubige Industriehalle, sondern auch in Gebäuden, bei Lebensmittelerzeugern oder im freien Feld werden die Geräte benötigt. One-fits-all- und All-in-one-Konzepte werden zwar oft gewünscht, die Realität sieht aber aufgrund der hohen Spezialisierung maßgeschneiderte Lösungen vor.

Elske Meyer, Siemens: Der Trend zu kompakten, wartungsfreien embedded Industrie-PCs für die Maschinensteuerung und -visualisierung mit optimierter Prozessorleistung wird ergänzt durch die Forderung nach einer Aufwandsreduzierung bei Installation und Inbetriebnahme. Hier unterstützen wir die Anwender mit Embedded Bundles, das sind kompakte Box- oder Panel-PCs mit bereits aktiviertem Windows-Betriebssystem und vorinstallierter Software zum Steuern und Visualisieren. Daneben besteht weiterhin der Trend nach immer mehr Rechenleistung bei hoher Anzahl an Steckplätzen für anwendungsspezifische Erweiterungsbaugruppen.

Wolfgang Heinz-Fischer, TQ: Mobilität wird immer wichtiger und damit Wireless-Anbindungen in das Gesamtsystem. Auf der anderen Seite werden die Bildschirme immer größer und damit die Anforderung an die Grafik immer höher.

Haben die Kunden während der Krise anders eingekauft als sie es jetzt wieder tun – außer was die Menge anbelangt? Sind sie sensibler geworden was den Preis betrifft?

Roland van Mark, Beckhoff: Zu jeder Zeit hinterfragen Kunde das Preis-Leistungs-Verhältnis von Produkten. Da es bei Industrie-PCs regelmäßig Produktneuerungen und Produktupdates gibt, wird hier schon seit je her alle drei bis fünf Jahre ein Produkt und sein Preis-Leistungs-Verhältnis geprüft. Dies ist auch in Krisenzeiten so.

Raimund Ruf, B&R: Während der Krise ist der Preisdruck in der Branche natürlich gestiegen. Die Kunden sind jedoch ihrer grundsätzlichen Produktphilosophie treu geblieben. Das heißt High-End-Kunden bleiben bei ihrer Kernphilosophie sich mit hochwertigen Technologien zu differenzieren. Für uns hat sich daher auch in der Krise unsere Produktstrategie von leistungsstarken und individualisierbaren Visualisierungseinheiten bestätigt, da sich unsere Kunden über diese Produkte am Markt differenzieren können. Die Probleme des Preisverfalls sehen wir daher eher bei Herstellern schnell substituierbarer Massenprodukte.

Albin Markwardt, Comp-Mall: ‚Design by availability‘ war eine Ausrichtung in der Entwicklung die sehr stark als Reaktion zu den Lieferengpässen der Hersteller weltweit zu beobachten war. Auch die Anzahl der Springerkunden ist gestiegen, da der Preisdruck in den meisten Branchen extrem gestiegen ist.

Durch die immer besseren Fernwartungsmöglichkeiten bis in die Prozessorebene hinunter rückt das Thema Service und Wartung immer mehr in den Vordergrund. Welche Auswirkungen hat das auf Ihr Unternehmen?

Roland van Mark, Beckhoff: Für alle Beckhoff Industrie-PCs gibt es eine Vielzahl an Diagnosemöglichkeiten, um eine hohe Anlagenverfügbarkeit zu gewährleisten. Dabei ist eine durchgängige Integration aller relevanten Parameter in das jeweilige Automatisierungswerkzeug ein wesentlicher Aspekt. Neben dem Einsatz von Stand-alone-Diagnosewerkzeugen können deswegen alle relevanten Parameter bei Beckhoff IPCs auch direkt im Twincat-System erfasst und verarbeitet werden. Dem Anwender stehen so alle wichtigen Daten mittelbar im SPS-Projekt zur Verfügung.

Raimund Ruf, B&R: Mit unserem integrierten Softwaretool Automation Studio decken wir diese Thematik bereits seit vielen Jahren ab. Mithilfe eines einzigen Tools bieten wir von der integrierten Webdiagnose bis hin zur Statusmeldung per SMS und E-Mail das gesamte Spektrum effizienter Fernwartung an, mit dem Vorteil, dass der Kunde, hier konkret der Servicetechniker, lediglich ein einziges Tool für sämtliche Automatisierungsaufgaben benötigt.

Elske Meyer, Siemens: Unsere Kunden aus dem Maschinen- und Anlagenbau sind sehr interessiert an den neuen Teleservicemöglichkeiten, die die Intel Active Management Technology bietet (AMT). Intel AMT ist verfügbar in unseren Industrie-PCs mit Core i7- und i5-Prozessoren, außerdem haben wir unser Portfolio um eine IPC-Remote-Management-Software für diese Geräte ergänzt. Damit lassen sich Vororteinsätze reduzieren und Fernwartung unabhängig vom Betriebssystem bis auf Hardware-Ebene ausführen, sogar für heruntergefahrene Rechner. Auch in räumlich weit verteilten Anlagen wie Offshore-Windkraftanlagen lässt sich damit der Aufwand für Service und Wartung deutlich reduzieren. Software- und BIOS-Updates können über Netz und sogar außerhalb der Produktionszeit, zum Beispiel am Wochenende, ausgeführt werden, weil die Rechner in der Produktion von einer zentralen Administration hochgefahren, aktualisiert und wieder heruntergefahren werden können.

Wolfgang Heinz-Fischer, TQ: Bei der Entwicklung von Systemen müssen wir Möglichkeiten für eine Fernwartung vorsehen. Sicherheitsfunktionen, wie sie die Technik bieten könnte, werden noch wenig genutzt und die Gefahren durch unberechtigte Fernzugriffe sind noch nicht voll im Bewusstsein der Anwender angekommen. Das Beispiel Iranische Uran-Zentrifugen hört sich wie Sience Fiction an, zeigt aber bereits, was möglich ist.

Bemerken Sie einen steigenden Einfluss der Unterhaltungselektronik auf Wünsche und Anfragen Ihrer Kunden?

Roland van Mark, Beckhoff: Der Einfluss der Unterhaltselektronik auf Industrieprodukte ist seit langem gegeben und auch gut so. Wichtig ist die sorgfältige Auswahl der auf dem Konsumer-Markt erhältlichen Produkte und Funktionen in die Industrieapplikation. Dies gilt insbesondere für die Langzeitverfügbarkeit von Komponenten aber auch die industrietaugliche Umsetzung von Funktionen. Exemplarisch kann man hier zurzeit die Bedienfunktionen eines Ipads nennen. Diese werden sicherlich in abgewandelter Form Einfluss auf Industrieapplikationen haben.

Raimund Ruf, B&R: Ja, wir bemerken hier ganz klar einen steigenden Einfluss. Bedingt durch neuartige Bedienkonzepte im Consumer- Bereich, wie durch das Iphone, steigt auch die Erwartungshaltung an den Bedienkomfort an der Maschine. Wir sehen erste Marktanforderungen, Multitouchsysteme auch an Maschinen einzusetzen.

Elske Meyer, Siemens: Der Einfluss ist auf jeden Fall zu spüren. Ein Beispiel ist das Widescreen-Format für Displays, das wir heute bereits bei Industriemonitoren anbieten und künftig auch bei neuen Panel-PCs verwenden werden. Web-basierte Dienste erweitern inzwischen die mobilen Bedienmöglichkeiten aus der Ferne. So wird heute das Wartungspersonal vom Prozessleitsystem Simatic WinCC über Mobiltelefon per automatisch generierter SMS alarmiert, oder ein Bediener loggt sich mit seinem Ipad einfach über Web auf die Anlage ein, um Statusinformationen abzurufen oder Bedienungen auszuführen. Ein wichtiger Aspekt, der die Anwender dabei bewegt, ist die Frage nach der Zugriffssicherheit. Siemens bietet Produkte zur Absicherung der Datenkommunikation im Netzwerk.

Welchen Einfluss hat die steigende dezentrale Verteilung der Intelligenz innerhalb einer Fertigung auf die IPCs?

Roland van Mark, Beckhoff: Als Hersteller PC-basierter Lösungen verfolgen wir primär den zentralen Steuerungsansatz, das heißt, dass alle Automatisierungsfunktionen softwarebasiert auf einem Industrie-PC ablaufen. Mit steigender Prozessorleistung bietet der Industrie-PC ausreichend Lesitungsreserven, um Zusatzaufgaben zu übernehmen. Das heißt: die Integration von PLC, Motion Control, Robotik, Messtechnik und Condition Monitoring auf einer CPU. Bezogen auf IPCs unterstützen wir den dezentralen Ansatz intelligente Ethernet-Panel oder Panel-PC, die zum Beispiel über CP-Link 3, die Desktop-Transfer-Software von Beckhoff, kommunizieren.

Raimund Ruf, B&R: Die Dezentralisierung setzt die Vernetzungsfähigkeit der verwendeten Systeme voraus. Wir sehen ganz klar einen Trend zum dezentralen Bedienen und Beobachten, das heißt Prozessinformationen werden am Ort des Geschehens zur Verfügung gestellt. Ob dies mit einfachen Anzeige-Panels oder mit intelligenten Systemen realisiert wird ist von der Philosophie des Maschinenbauers abhängig. Entscheidend ist, dass die Hersteller die gesamte Bandbreite an Anforderungen abdecken, wie das B&R mit einem breiten Produktspektrum sowohl für zentrale als auch für dezentrale Konzepte anbietet.

Albin Markwardt, Comp-Mall: In unserem Verständnis haben wir schon immer Kunden zur Dezentralisierung geraten. Selbst wenn höhere Anschaffungskosten damit verbunden sind, im Falle eines Ausfalls oder auch im Falle von Veränderung zahlt sich ein dezentrales Konzept mehrfach aus.

Elske Meyer, Siemens: Das erfordert robuste Industrie-PCs, die in der Leistung optimiert sind und zuverlässig auch direkt an der Maschine arbeiten. Lüfterloser, batterieloser Betrieb und Flashmedien wie Compactflash-Karte oder – bei höherem Speicherplatzbedarf – Solid-State Drive sind Voraussetzung. Unterschiedliche Montagemöglichkeiten für Hutschiene, Wand- oder Buchmontage waren Herausforderungen, die wir bei unserem Microbox PC lösen mussten. So kann der verfügbare Platz in der Maschine oder Fertigungseinrichtung optimal ausgenutzt werden, ohne dass auf ein anderes IPC-Modell gewechselt werden muss. In dezentralen Strukturen gewinnt eine leistungsfähige Vernetzung an Bedeutung, daher sind auch unsere Embedded IPCs stets mit mindestens zwei teamingfähigen Gigabit-Ethernetschnittstellen ausgestattet.

Melanie Feldmann

: Redakteurin IEE

(mf)

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