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Eckdaten

Technische Details des ASIC:

  • Abmessungen: 1,8 mm × 2,0 mm
  • CMOS-Prozesstechnologie: 0,35 µm
  • neun Hall-Zellen (acht davon aktiv)
  • 5K Gatter für Digitalblock
  • 128 Fuse-Bits als einmal-programmierbarer, nicht flüchtiger Speicher

Kompensationsstromwandler mit Hall-Effekt-Halbleiterbausteinen können die Einschränkungen selbst der besten direktabbildenden Stromwandler in Bezug auf Rauschabstand, Sprungantwortzeit und Empfindlichkeitstemperaturdrift überwinden. Der letzte spezifische Schwachpunkt in der Architektur direktabbildender Stromwandler ist der Offset, wenn der zu messende Strom gleich Null ist.

Bild 1: Das neue ASIC mit auf dem Chip integrierten Hall-Sensorelementen.

Bild 1: Das neue ASIC mit auf dem Chip integrierten Hall-Sensorelementen.LEM

Bild 2 zeigt das Arbeitsprinzip eines Kompensationsstromwandlers, bei dem die vom zu messenden Strom in einem Magnetkern induzierte magnetische Felddichte gemessen wird. Die Hall-Zellen dienen im ASIC als Sensorelemente für die magnetische Felddichte. Die Vorteile dieses Konstruktionsprinzips sind eine galvanische Trennung vom gemessenen Strom und ein weiter Frequenzbereich bis hinab zu DC. Gefertigt werden die Hall-Zellen in einem normalen CMOS-Prozess und erzeugen daher keine zusätzlichen Kosten für das ASIC.

Bild 2: Arbeitsprinzip eines Kompensationsstromwandlers, bei dem die induzierte magnetische Felddichte gemessen wird.

Bild 2: Arbeitsprinzip eines Kompensationsstromwandlers, bei dem die induzierte magnetische Felddichte gemessen wird. LEM

Bei Gleichstrom und niedrigen Frequenzen bis zu einigen kHz erfassen die Hall-Sensoren die magnetische Flussdichte; anschließend wird ein Strom IS so an der Sekundärwicklung eingeprägt, dass der Magnetfluss in der Kompensationskonfiguration ausgelöscht wird. Der Spannungsabfall über dem Messwiderstand RM ist dann proportional zum Primärstrom. Bei höheren Frequenzen arbeitet der Messwandler als passiver Stromübertrager und IS hebt den durch IP bedingten Magnetfluss über den Transformator-Effekt auf. IS kann dann das Ausgangssignal für einen Messwandler mit Stromausgang sein oder über RM in eine Ausgangsspannung umgewandelt werden. Diese bereitet man bei Messwandlern mit Spannungsausgang über einen Spannungsverstärker auf (nicht gezeigt in Bild 2).

Schnelle Sprungantwort

Irrelevant ist die genaue Empfindlichkeit der Hall-Zellen, da sie in der inneren Verstärkung enthalten ist und damit nicht zur Gesamtgenauigkeit des Messwandlers beiträgt, sofern diese hoch genug ist.

Bei Frequenzen oberhalb von einigen kHz ergibt sich der Sekundärstrom direkt aus dem Transformator-Effekt. Dies ermöglicht eine schnelle Sprungantwort, die nur durch die parasitären Komponenten der Spule (Resonanzfrequenz) und die Bandbreite des Spannungsverstärkers begrenzt ist. Weiterhin trägt das Rauschen der Hall-Zellen nur bei Frequenzen unterhalb des Transformator-Effekts zum Ausgangsrauschen bei, sodass der breite Frequenzbereich für das Signal erhalten bleibt. Dies ist ein entscheidender Vorteil der Kompensationswandler-Architektur.

Um den Offset und das 1/f-Rauschen der Hall-Zellen zu eliminieren, moduliert man das Ausgangssignal der Zellen mit einer hohen Frequenz (1 MHz). Dazu beaufschlagt man die Zellen nacheinander in zwei orthogonalen Richtungen (Spinning) und demoduliert anschließend das verstärkte Ausgangssignal.

Bild 3: Leiterplatten-Schaltplan eines normalen Kompensationsmesswandlers mit Spannungsausgang.

Bild 3: Leiterplatten-Schaltplan eines normalen Kompensationsmesswandlers mit Spannungsausgang.LEM

Das in diesem Artikel beschriebene ASIC senkt die Anzahl der für den Aufbau eines Kompensationsmesswandlers mit Spannungsausgang benötigten Bauteile auf nur drei Keramikkondensatoren und einen Messwiderstand. Bei einem Messwandler mit Stromausgang entfällt der Messwiderstand; dieser ist dann auf der Endanwender-Seite angeordnet. Bild 3 zeigt den Leiterplatten-Schaltplan für einen Kompensationsmesswandler mit Spannungsausgang.

Störabstand des Sensorelements verbessert

Ist die Treiberspannung nicht hoch genug (5 V maximal) und/oder der Ausgangsstrom zu niedrig (150 mA maximal), lassen sich diese Einschränkungen mit einem externen ±15-V-Treiber überwinden. Dies ist hauptsächlich bei Hochstrommessungen (mehr als 500 A) der Fall, bei denen der Strom in der Sekundärspule mehr als 1 A betragen kann. Genau so funktionieren die neuen LFxx10-Hall-Effekt-Kompensationsstromwandler, die dieses ASIC nutzen. Bild 4 zeigt das Blockdiagramm des ASIC.

Bild 4: Blockdiagramm des ASIC.

Bild 4: Blockdiagramm des ASIC.LEM

Durch den Einsatz von acht Hall-Zellen lässt sich der schlechte Störabstand des Sensorelements um den Faktor √8 verbessern. Der Signalpegel steigt um den Faktor 8, während das Rauschen nur um den Faktor √8 zunimmt. Ein Spinning bei einer Frequenz von 1 MHz eliminiert in erster Näherung den Offset und das 1/f-Rauschen der Hall-Zellen. Die Bilder 5a und b illustrieren das Arbeitsprinzip des Spinning-Stroms; durch ihn lässt sich das Signal (AC) vom Offset (DC) trennen, wenn der Offset in zwei aufeinanderfolgenden Phasen den gleichen Wert hat.

Bild 5a: Das Spinning-Funktionsprinzip.

Bild 5a: Das Spinning-Funktionsprinzip.

Diese Technik birgt jedoch zwei Probleme:

  • Die Signalinformation wird in zwei Phasen übertragen, es kommt somit zu einer Verzögerung.
  • Wenn das Signal nach dem Spinning zu seiner ursprünglichen Frequenz über eine Schaltung mit Sampling-Techniken demoduliert wird, gibt es einen Aliasing-Effekt für das Störsignal.

 

Bild 5b

Bild 5bLEM

Anschließend trennt der Demodulator die Offset-Spannung VOFFSET vom VHALL-Signal ab, der als Hochpassfilter arbeitet. Ein differenziell arbeitender Differenzverstärker (DDA – Differential Difference Amplifier) verstärkt das auf die Spinning-Frequenz (1 MHz) modulierte Ausgangssignal der Hall-Zellen, bevor das Signal an den Demodulator/Integrator-Schaltungsblock weitergeht. Dieser Schaltungsblock ist einstufig aufgebaut und nutzt eine Schaltkondensator-Architektur. Der Integrator liefert den Großteil der DC-Leerlaufverstärkung.

Einstufiger Schaltungsblock

Ein Klasse-AB-Treiber (H-Brückentreiber) liefert einen Sekundärstrom von bis zu 150 mA mit gutem Nulldurchgangsverhalten. Die Treiberarchitektur beruht auf einer H-Brücke, sodass die Vollaussteuerung bis zu ±5 V minus dem Spannungsabfall über die MOS-Schalter (Widerstand circa 5 W) erreichen kann (Bild 6).

Bild 6: H-Brückentreiber im Prinzipschaltbild.

Bild 6: H-Brückentreiber im Prinzipschaltbild.LEM

Die Stabilisierung der geschlossenen Regelschleife erfordert eine Phasenkorrektur, da bei niedrigen Frequenzen zwei Pole dominieren: Einer aufgrund der Spule und ein anderer wegen des Integrators; die Regelschleife wurde daher um einen Pole-Zero-Kompensator ergänzt.

Ein Chopper-stabilisierter Verstärker mit einer festen Verstärkung von 4 gewährleistet eine niedrige Impedanz für das Ausgangssignal nach der Strom-/Spannungswandlung über den Messwiderstand RM. Sein Offset überträgt sich auf das Ausgangssignal als eine Standardabweichung von 100 µV. Um einen Einsatz mit unterschiedlichen Kompensationswandler-Topologien, anderen Sekundärspulen sowie durchgehenden oder partiellen Luftspalten zu ermöglichen, lassen sich die Integrator-Zeitkonstante sowie die Pole-Zero-Frequenz werkseitig bei LEM konfigurieren.

Werkseitig bei LEM konfigurieren

Die ASIC-Programmierung kann im Werk bei LEM und/oder beim Endanwender über Fuse-Bits vorgenommen werden. Verständlicherweise sind die Fuse-Bits nur ein einziges Mal programmierbar. Über eine normale UART-Busschnittstelle erfolgt der Datenaustausch mit dem Chip; so lässt sich die optimale Konfiguration finden und anschließend durch Setzen der entsprechenden Fuse-Bits speichern.

Gegenüber der vorherigen Generation Hall-basierender ASICs, die etwa in Strommesswandlern wie der 2003 vorgestellten LTSR-Serie zum Einsatz kamen, sind folgende Funktionen hinzugekommen:

  • H-Brücke (Aussteuerbereich ±5 V) zum Ansteuern der Sekundärspule; das vorherige ASIC konnte nur ±2,1 V treiben.
  • 150 mA Treiber-Ausgangsstrom für die Sekundärspule; vorher waren es nur 40 mA.
  • Hochgenauer differenzieller Ausgangsverstärker (Klasse AB) mit extrem geringem Offset (100 µV Standardabweichung) und hoher Gleichtaktdämpfung (CMRR mind. 70 dB); der Ausgangsverstärker-Offset des vorherigen ASIC war mit 8 mV Schrittweite getrimmt.
  • LEM/Endanwender-Konfiguration mit einer digitalen Ein-Leiter-Schnittstelle; der Vorgänger enthielt keine solche Schnittstelle.
  • LEM-Kalibrierung über die Ein-Leiter-Schnittstelle: einzig ein Gain-Abgleich mit einer Schrittweite von 1 ‰ ist auszuführen. So ist kein hochpräziser Messwiderstand erforderlich, obwohl die Temperaturdrift des Widerstands nach wie vor zu Empfindlichkeitsabweichungen beiträgt.
  • Stromerkennungsschwellwert für Warnausgang: Verfügbare Schwellenwerte decken den Bereich von IPN bis 5 × IPN mit einer Schrittweite von 0,25 × IPN ab; nicht verfügbar in vorherigen ASICs.
  • Integrierte Degaussing-Funktion eliminiert beim Hochfahren einen anfänglichen, durch Magnetisierung bedingten Offset; nicht verfügbar in vorherigen ASICs.
  • UC = 5 V ±5 % oder 3,3 V ±5 %; der Vorläufer konnte nur an +5 V arbeiten.
  • Individuelle Bauteilidentifizierung: Wafer-Nummer, XY-Position auf dem Wafer für Rückverfolgbarkeit, Zugang zu entsprechenden Datenaufzeichnungen; nicht verfügbar in der vorherigen Generation.
  • Referenzspannung kann Aus- oder Eingang sein: die Ausgangsreferenzspannung beträgt 0,5, 1,65 oder 2,5 V mit einer Genauigkeit von ±5 mV bei 25 °C und der Eingangsspannungsbereich geht von 0,5 bis 2,75 V; bisher gab es nur einen 2,5-V-Referenzspannungsausgang mit ±25 mV Offset und einen Eingangsspannungsbereich von 1,9 bis 2,7 V.
  • Integrator-Zeitkonstante und Zero-Kompensationsfrequenz werden im Werk bei LEM über die Fuse-Bits programmiert; beim Vorläufer wurden diese Werte über einen externen Kondensator und Widerstand eingestellt.

Offset-Verhalten und LEM-Patent

Im Vergleich zur vorherigen Messwandler-Generation verbesserten sich Offset und Offset-Temperaturdrift; bezogen auf den Eingang ist der Stromausgangs-Offset immer kleiner als 30 µT mit einer Temperaturdrift von weniger als 0,3 µT/°. Bei Messwandlern mit Spannungsausgang trägt die 0,1-mV-Offsetspannung des Verstärkers außerhalb der Kompensationsregelschleife zum Gesamt-Offset bei, der damit nur noch ein Viertel so groß wie bisher ist.

Bild 7 zeigt die geschlossene Regelschleife unter DC-Signalbedingungen mit einer Berechnung der Offset-Komponenten vor dem Trimmvorgang.

Bild 7: Funktionsmodell der geschlossenen Regelschleife im DC-Betrieb.

Bild 7: Funktionsmodell der geschlossenen Regelschleife im DC-Betrieb.LEM

Anmerkungen

  • GB entspricht der durch den Luftspalt bedingten magnetischen Empfindlichkeit; diese ist umgekehrt proportional zur Breite des Luftspalts.
  • GH ist der Empfindlichkeitsgewinn einschließlich der Hall-Zellen-Empfindlichkeit und der DDA-Verstärkung.
  • N-S ist die Anzahl der Wicklungen der Sekundärspule.
  • RSpule ist der Widerstand der Sekundärspule.
  • GDRV ist der feste Verstärkungsfaktor des Ausgangstreibers (= 3).

Dank einer proprietären, von LEM patentierten Topologie ist der Hall-Zellen-Offset sehr gering  und beträgt nur wenige Mikrotesla. Neuartig ist eine Auftrennung des Hall-Bausteins in mehrere, über die Chipfläche verteilte Hall-Blöcke, die sich leicht miteinander verbinden lassen. Dieses Design verbessert die Effizienz der Spinning-Technik. Die Fragmentierung erlaubt eine Aufspaltung des Hall-Zellen-Offsets in kleine Pegel, die sich über die Spinning-Technik effizienter auslöschen lassen.

In einem linearen System kann Spinning die Offsets vollständig auslöschen. Da die Hall-Zellen aber streng linear arbeiten, bleibt ein bestimmter Rest-Offset. Die Nicht-Linearität nimmt mit dem Vorspannungspegel zu. Eine geringe Hall-Vorspannung minimiert damit Offset und Offset-Driftwerte. Eine kleinere Vorspannung bewirkt allerdings eine Verschlechterung des Störabstands. Zum Verbessern des Störabstands kommt ein Array von Hall-Zellen zum Einsatz, wobei die einzelnen Zellen nur schwach vorgespannt sind.

Die Herausforderung war, dass Hall-Array einfach und ohne funktionale Einschränkungen zu integrieren und die geometrische Anordnung dabei symmetrisch zu halten; die Nutzung einer Topologie mit differenziell arbeitendem Differenzverstärker (DDA) leistete hier einen wichtigen Beitrag. Das Ausgangssignal der Schaltung ist proportional zur Summe der differenziellen Eingangssignale.

Bereits in der Halbleiterfertigung wird der gesamte Sekundärstrom-Offset getrimmt und in einem Satz von Fuse-Bits gespeichert. Der Ausgangsverstärker-Offset erfordert keinen Trimmvorgang.

Untergebracht in einem 4 × 4 mm2 großen QFN-Gehäuse

Untergebracht ist das ASIC ist in einem 4 × 4 mm2 großen QFN-Gehäus mit einer Dicke von 0,45 mm (beziehungsweise 0,5 mm), sodass ein dünner Luftspalt zur Verringerung des Offsets und zum Verbessern des Störabstands beitragen kann.

Bild 8a: Ober- und Unterseite des ASIC-Gehäuses.

Bild 8a: Ober- und Unterseite des ASIC-Gehäuses.LEM

In der Beschriftung auf Bild 8a bezeichnet die dritte Zeile den Level der Qualifizierung (ES: Engineering Sample bzw. Entwicklungsmuster, IND: Industriequalität, AUT: Automotivequalität) und die LEM-Version (A). Der Datumscode im Format JJWWIZZ (JJ: Jahr; WW: Woche, I: Werk-Identifikation, ZZ: vorbehalten für Fertigungslinie) steht in der vierten Zeile.

Die ASIC-Qualifizierung umfasst alle im Automobilelektronik-Standard AEC Q100 beschriebenen Tests: visuelle Inspektion, Test auf elektrostatische Entladung, Latch-up, Temperaturzyklen, 1000 h Alterung bei 125 °C mit 85 % relativer Luftfeuchtigkeit.

Fazit

Bild 8b

Bild 8bLEM

Das neu vorgestellte anwendungsspezifische IC für Kompensationsstrommesswandler bietet vor allem im Bereich von Offset und Offset-Temperaturdrift ein besseres Leistungsverhalten. Darüber hinaus sind zusätzliche Merkmale wie eine Degaussing-Funktion oder eine Überstromerkennung mit einstellbaren Schwellwerten implementiert.

Für weitere Leistungsverbesserungen wären kostspieligere Technologien wie etwa die Fluxgate-Technik in Betracht zu ziehen. Diese Technologie bietet einen besseren Rauschabstand als die hier beschriebenen Hall-Zellen. Ihren ersten Einsatz hatten die neuen Bausteine in der ebenfalls neuen Strommesswandlerserie LF xx10. Hier leisten die beeindruckend guten Offset-Driftwerte einen wichtigen Beitrag zur hohen Genauigkeit über den gesamten Betriebstemperaturbereich. Die Serie von Strommesswandlern umfasst Modelle für Nominalströme von 200, 300, 500, 1000 und 2000 A für den Einsatz in anspruchsvollen Anwendungen der Leistungselektronik.

Fabrice Salvi

LEM Schweiz

(ah)

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