Wider dem Hitzetod: Das Schaltschranksystem führt den Luftstrom gezielt an den sogenannten Hot Spots vorbei, um so die Kühlung zu verbesser.

Wider dem Hitzetod: Das Schaltschranksystem führt den Luftstrom gezielt an den sogenannten Hot Spots vorbei, um so die Kühlung zu verbesser.Lütze

Angesichts einer zunehmenden Zahl von Bauteilen auf immer engerem Raum nimmt die Wärmeentwicklung im Schaltschrank kontinuierlich zu. Bei ungünstiger Anordnung der aktiven Bauteile entsteht zudem das Problem der sogenannten Hot-Spots. Hot-Spots sind Bereiche, in denen sich – angesichts der räumlichen Nähe mehrerer wärmeproduzierender Bauteile – Wärmenester bilden, deren Temperatur weit über der Durchschnittstemperatur im Schaltschrank liegen kann.

Wenn sich diese Bauteile aus konstruktiven Gründen nicht räumlich entkoppeln lassen und eine Umströmung verhindert wird, können sich lokal Temperaturen von über 40 °C bilden. Die Lebensdauer der Geräte innerhalb solcher Wärmenester ist deutlich kürzer. Die Hot-Spots lassen sich durch eine Erhöhung der Kühlleistung verhindern. Mehr Kühlleistung bedeutet aber höhere Kosten.

Mehr Leistung, mehr Kühlung, mehr Kosten

Traditionell wird die Verlustleistung in Schaltschränken über die Oberfläche des Schrankes abgeführt. Dieser Technologie sind jedoch Grenzen gesetzt, wenn die entstehende Verlustleistung größer ist als die zur Kühlung zur Verfügung stehende Schaltschrankoberfläche. Dies gilt auch, wenn sich die ­Außentemperatur nicht von der Schaltschrankinnentemperatur unterscheidet. Trotz moderner Bauteile mit geringer Verlustwärme macht das den Einsatz von Kühlgeräten unumgänglich. Die Dimensionierung dieser Kühlgeräte erfolgt dabei auf die theoretisch maximal notwendige Kühlleistung für eine Schaltschrankinnentemperatur von rund 35 °C bei maximal angenommener Umgebungstemperatur. Diese Auslegung kann aber zu einer Überdimensionierung führen. Dann wird mehr Kühlleistung installiert als im Schaltschrank tatsächlich benötigt wird. Dadurch kann es zu einem weiteren Negativeffekt kommen: Bei fehlender Regelung kann die Schrankinnentemperatur punktuell unter den Taupunkt sinken. Unter Umständen bildet sich dann an den direkt von der kalten Luft umströmten Geräten Tauwasser.

Luftströme im Schrank aktiv steuern

Zu den zentralen Aufgabenstellungen des Lütze-Entwicklerteams gehörte es, nicht nur für ein niedrigeres Temperaturniveau im Schaltschrank zu sorgen, sondern auch den Energieverbrauch zu verringern – zum Beispiel durch den Einsatz von weniger oder gar keinen Kühlgeräten. Denn ein Forschungsergebnis der Initiative Green Carbody ist, dass neben der durchschnittlichen Betriebstemperatur im Schaltschrank auch die Wärmeverteilung und Luftzirkulation von elementarer Bedeutung sind. Je schneller und einfacher die erwärmte Luft an die Gehäusewände strömen kann, umso schneller und einfacher kann die Wärme an die Umgebung abgegeben werden. Denn ein partieller Luftstillstand im Schrank kann Hot-Spots zur Folge haben. Wichtig ist also, dass die Luft im Schaltschrank ständig zirkuliert. Noch besser ist es, die Luftzirkulation zielgenau auf potenzielle Wärmenester zu führen. Genau diese Vorgabe erfüllt das Schaltschranksystem LSC Airstream.

Mit dem Airblade lässt sich der Luftstrom zielgenau steuern. An den Kanten dieser Flügelform reißt der Luftstrom nicht ab und verwirbelt nicht.

Mit dem Airblade lässt sich der Luftstrom zielgenau steuern. An den Kanten dieser Flügelform reißt der Luftstrom nicht ab und verwirbelt nicht.Lütze

Der Aufbau des Verdrahtungssystem ermöglicht es, Luftströme genau zu führen. In die Stege lassen sich statt der üblichen Drahtkämme sogenannte Airblades einsetzen. Ein Airblade ähnelt einem Flugzeugflügel. Die Flügelform führt strömungstechnisch dazu, dass die Luft an den Abrisskanten nicht verwirbelt und so der Luftsstrom nicht versiegt. Stattdessen lässt sich der Luftstrom zielgenau steuern und einzelne Wärmenester können direkt umströmt werden. So lässt sich die Wärme nicht nur generell, sondern auch punktuell abführen. Konkret heißt das: Wo ein Gerät mit hoher Verlustleistung sitzt, sollte ein Airblade montiert werden.

Kamineffekt und Cool Zones

Das Verdrahtungssystem besteht aus einem modularen Aluminiumrahmen, bei dem für die Verdrahtung eine weitere Ebene in der Tiefe des Schaltschrankes hinter den Bauteilen genutzt wird.

Das Verdrahtungssystem besteht aus einem modularen Aluminiumrahmen, bei dem für die Verdrahtung eine weitere Ebene in der Tiefe des Schaltschrankes hinter den Bauteilen genutzt wird.Lütze

Auch der Aufbau des Verdrahtungssystems verbessert die Luftzirkulation. Denn bei dem System handelt es sich um einen modularen Aluminiumrahmen, bei dem für die Verdrahtung eine weitere Ebene in der Tiefe des Schaltschrankes hinter den Bauteilen genutzt wird. Anders als beim konventionellen Schaltschrankaufbau gibt es also keine Kabelkanäle mehr. Durch die Trennung in eine Aufbau- und eine Verdrahtungsebene bildet sich hinter dem Verdrahtungsrahmen ein Kamin­effekt. Die warme Luft steigt kontinuierlich an der Vorderseite der Aufbauebene nach oben. Und auf der Rückseite der Verdrahtungsebene wieder nach unten. Da sich auf der Rückseite lediglich die Verdrahtung befindet und keine zusätzlichen Bauteile, die Verlustwärme erzeugen, kann hier die Wärme über die Schaltschrank­rückwand abgegeben werden und es entsteht somit eine ‚Cool Zone‘. Diese kühlere Luft wird über die Luftströmung im Schaltschrank zur Aufbauebene transportiert. Verbessert wird dieser Effekt durch den Einsatz von Kabelhaltern an der Verdrahtungsrückseite. Das macht die Verkabelung kompakter und unterbricht den Luftstrom nicht. So entsteht eine permanente Luftzirkulation zwischen wärmerer Verdrahtungsvorderseite und kühlerer Verdrahtungsrückseite.

Signifikante Energieersparnisse sind möglich

Permanente Luftzirkulation zwischen wärmerer Verdrahtungsvorderseite und kühlerer Verdrahtungsrückseite

Permanente Luftzirkulation zwischen wärmerer Verdrahtungsvorderseite und kühlerer VerdrahtungsrückseiteLütze

Im Ergebnis zeigt sich, dass sich mit dem Verdrahtungssystem nicht nur ganz gezielt Hot-Spots kühlen lassen – auch ­generell lässt sich über das verbesserte Strömungsverhalten im Schrank die Lufttemperatur positiv beeinflussen. Mit dem Verdrahtungssystem benötigen Anwender also weniger Kühlleistung als beim konventionellen Schaltschrankaufbau. Damit sind geringere Kühlleistungen notwendig und folglich können Kühlaggregate – falls überhaupt notwendig – kleiner dimensioniert werden. Die Bauteile unterliegen also weniger Wärmestress und der Energiebedarf lässt sich senken.

Technik im Detail

Innovationsallianz Green Carbody Technologies

Lütze hat sich im Rahmen der Innovationsallianz Green Carbody Technologies im Thema energie- und kosteneffiziente Klimatisierung im Karosseriebau (Projekt Innocat 4.2.1) engagiert. Das Forschungsinteresse konzentrierte sich dabei auf die Reduzierung des Energieaufwands, der für die Kühlung von Schaltschränken benötigt wird. Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde unter anderem das thermische Verhalten in einem Schaltschrank mithilfe von 48 Sensoren unter Praxisbedingungen aufgezeichnet und analysiert. Parallel dazu wurde unter Laborbedingungen das thermische Verhalten im Schaltschrank nachgebildet. Durch Variation diverser Parameter ließ sich ein Vier-Quadranten-Modell für Temperatur-und Strömungsfeldveränderungen simulieren. Ziel dieser Simulation war es, Maßnahmen und Parameter für die Energieeffizienz aufzuzeigen und zu quantifizieren.

Unter der Federführung von Volkswagen, zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) in Chemnitz wurde im Jahr 2009 die Innovationsallianz ins Leben gerufen. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. 60 Unternehmen in Deutschland im Verbundprojekt, davon 20 Unternehmen im Teilprojekt 4, haben sich zur Innovationsallianz zusammengefunden.

Martin Lack

Produktmanager Cabinet bei der Friedrich Lütze GmbH in Weinstadt

(mf)

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