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Bild 1: Medizinische Versorgung zuhause ist günstiger aber auch risikoreicher.

Bild 1: Medizinische Versorgung zuhause ist günstiger aber auch risikoreicher.Shutterstock

Eine alternde Bevölkerung und steigende Gesundheitskosten sind, vor allem in den USA aber vermehrt auch in Europa, ein dringliches Thema. Um Krankenhauskosten einzudämmen, geht der Trend hin zur medizinischen Versorgung in den eigenen vier Wänden. Immer kleinere, portablere und effizientere Medizingeräte machen dies möglich. Der verkürzte Aufenthalt in den überlasteten Krankenhäusern und Kliniken spart Kosten im Gesundheitswesen. Eine weitere Konsequenz ist jedoch, dass nicht mehr geschultes Personal in kontrollierter Krankenhausumgebung die Medizingeräte bedient, sondern ein Mensch ohne medizinische Ausbildung. Um die damit einhergehenden Risiken zu minimieren, gibt es spezielle Schutzmaßnahmen, die medizinische elektrische Geräte im häuslichen Umfeld einhalten müssen (Bild 1).

Bild 2: Das Symbol für die Schutzklasse.

Bild 2: Das Symbol für die Schutzklasse.Schurter

Als wichtige Ergänzungen zur Basisnorm IEC 60601-1 für Medizingeräte beschreibt die IEC 60601-1-11 Anforderungen an medizinische Heimgeräte. Entwickler solcher Geräte beziehungsweise Komponenten müssen, neben Vorschriften zur Kennzeichnung (einfache Bedienung) und Dokumentation (etwa verständliche Bedienungsanleitungen), hohe Anforderungen bezüglich Sicherheit beachten. Insbesondere bei der Auswahl der richtigen Stromversorgung ist Vorsicht geboten. Die Anforderungen gemäss IEC 60601-1-11 sind im Überblick folgende:

→ geänderte Umgebungsbedingungen (häusliches Umfeld)

→ Schutzklasse II

→ mindestens Schutzart IP21

→ verschärfte Schock- und Vibrationstests

→ Prüfungen mit Prüffinger für Kinder

Bild 3: Baureihe 5008: das C8-Gerätestecker-Kombielement mit Netzfilter.

Bild 3: Baureihe 5008: das C8-Gerätestecker-Kombielement mit Netzfilter.Schurter

Sehr wichtige Aspekte sind sicher die Verpflichtung zu Schutzklasse II und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die elektromagnetische Verträglichkeit.

Sichere Stromzuführung

Stromnetze im Haushalt sind, im Gegensatz zu den Installationen in Krankenhäusern, nicht immer zuverlässig oder es liegt eine unzureichende Erdung vor. Diese Mängel soll ein Medizingerät im häuslichen Einsatz kompensieren, ohne den Betrieb zu stören. Daher mussen die Geräte  zwingend in Schutzklasse II ausgeführt sein. Schutzklassen definieren Maßnahmen, die gegen berührungsgefährliche Spannungen schützen.

Bild 4: Der Gerätestecker C8.

Bild 4: Der Gerätestecker C8.Schurter

Betriebsmittel mit Schutzklasse II haben eine verstärkte Isolierung zwischen Netzstromkreis und Ausgangsspannung beziehungsweise Metallgehäuse. Zudem haben sie meist keinen Anschluss an den Schutzleiter. Selbst wenn sie elektrisch leitende Oberflächen aufweisen, sind sie durch eine verstärkte Isolierung vor Kontakt mit anderen spannungsführenden Teilen geschützt. Das Zeichen für Schutzklasse II symbolisiert zwei Isolationsschichten und ist auf allen Schutzklasse-II-Geräten aufgebracht (Bild 2).

Bild 5: Der Gerätestecker C18.

Bild 5: Der Gerätestecker C18.Schurter

Die Schutzisolierung muss entsprechend der allgemeinen Norm IEC 61140 für den Schutz gegen elektrischen Schock verstärkt oder gegenüber Schutzklasse I doppelt ausgeführt sein. Eine zweite Isolation bei der Stromzuführung ist eine häufig eingesetzte Variante. Auch doppelte Abstände der Luft- und Kriechstrecken für alle spannungsführenden Kontakte bewirken eine doppelte Isolation. Dies stellt sicher, dass die zwei Leiter, bestehend aus Phasen- und Neutralleiter, gegenüber allen anderen berührbaren Flächen genügend isoliert sind. Sind die berührbaren Flächen elektrisch leitend, müssen auch die Abstände und Isolationen doppelt ausgeführt sein.

Bild 6: Das C18-Gerätestecker-Kombielement 5707 mit V-Lock-Verriegelungssystem.

Bild 6: Das C18-Gerätestecker-Kombielement 5707 mit V-Lock-Verriegelungssystem. Schurter

Die Luft- und Kriechabstände für Schutzklasse I sind 4 mm zwischen spannungsführenden Leitern und Metallgehäuse oder Erdleiter. Mit Schutzklasse II verdoppelt sich der Wert, was 8 mm zwischen spannungsführenden Leitern und beispielsweise einem Metallgehäuse entspricht (Bild 3).

Für Geräte mit Leistungen bis ungefähr 500 W eignet sich ein C8-Gerätestecker mit 2,5 A maximalen Nennstrom. Dazu gibt es passende Anschlusskabel mit dem zweipoligen Eurostecker (Bild 4).

Für medizinische Geräte mit größeren Leistungen gibt es den C18-Gerätestecker nach entsprechender IEC-Norm bis zu einem Nennstrom von 10 A (Bild 5).

Für medizinische Geräte im Hausgebrauch empfiehlt es sich, eine Kabelzugsentlastung vorzusehen. Dieser verhindert ein unbeabsichtigtes Herausziehen des Kabels (Bild 6).

EMV für medizinische Heimgeräte

Da Laien medizinische Geräte im Haushalt bedienen, gibt es besonders hohe Anforderungen an die Störungssicherheit. Dazu gehört auch das Sicherstellen der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV). Schaltnetzteile versorgen heutzutage die meisten Geräte mit Strom. Sie sind für die weltweit verschiedenen Netzspannungen geeignet und weisen einen hohen Wirkungsgrad auf, der sich durch schnelle Schaltvorgänge bedingt. Diese verursachen jedoch große Störungen, welche sich auf der Netzleitung messen lassen.

Die EMV-Normen sehen Grenzwerte für leitungsgeführte und gestrahlte Störspannungen vor. Dies ist Voraussetzung für das Einhalten der EMV-Normen, was wiederum nötig ist für das CE-Konformitätszeichen. Wegen den durch die moderne Elektronik verursachten Störungen, empfiehlt sich der Einsatz eines Filters. Ein Filter lässt sich diskret auf der Leiterplatte aufbauen oder als Block- beziehungsweise Gerätesteckerfilter einsetzen.

Bild 7: Asymmetrische Dämpfungskurven: 1-A-Filter mit Y-Kondensatoren (Linie oben) und ohne Y-Kondensatoren (Linie unten).

Bild 7: Asymmetrische Dämpfungskurven: 1-A-Filter mit Y-Kondensatoren (Linie oben) und ohne Y-Kondensatoren (Linie unten).Schurter

Da bei Schutzklasse II normalerweise der Erdleiteranschluss fehlt, muss das Filter ohne Kondensatoren gegen Erde auskommen. Diese sogenannten Y-Kondensatoren finden in den meisten Filterschaltungen gerne Verwendung, weisen sie doch eine gute Dämpfung im höheren Frequenzbereich auf. Die beiden Dämpfungskurven des gleichen Filters mit (Standard) und ohne Y-Kondensatoren (Schutzklasse II) zeigen deutlich den Dämpfungsverlust für die asymmetrische Dämpfung im Frequenzbereich größer als 1 MHz (Bild 7).

Der Dämpfungsverlust lässt sich mit mehr Induktivität oder mit dem Anbringen von Klemmferriten auf das Stromkabel kompensieren. Doch das ist nicht sehr praktikabel und nur beschränkt möglich. Deshalb empfiehlt es sich, Störungen in diesem Frequenzbereich möglichst nah an der Störquelle zu bekämpfen. Im Sekundärkreis eignen sich dazu Kondensatoren, welche an die interne Masse angelegt werden. Auch lineare Drosseln können geeignet sein, allerdings haben sie nur einen beschränkten Frequenzbereich.

Entstehen im Gerät Störungen in einem höheren Frequenzbereich größer als 30 MHz, sollte man zusätzlich zum Eingangsfilter eine Abschirmung vornehmen. Lässt sich die hochfrequente Störquelle von der restlichen Elektronik räumlich trennen, empfiehlt es sich, sie durch ein Metallgehäuse abzuschirmen.

Bild 8: Baureihe 5120: Ein IEC-C18-Gerätestecker mit EMV-Filter.

Bild 8: Baureihe 5120: Ein IEC-C18-Gerätestecker mit EMV-Filter. Schurter

Ist dies nicht möglich, sollte man das ganze Gerät abschirmen, was jedoch nicht ganz einfach ist, da Schutzklasse-II-Geräte normalerweise kein Metallgehäuse haben. Stattdessen kommt ein Kunststoffgehäuse zum Einsatz, das sich aber auch sehr wirkungsvoll abschirmen lässt, indem man es an der Innenseite metallisiert. So bleibt außen der angenehme Kunststoff erhalten und innen ist ein vollflächiger Schirm vorhanden (Bild 8).

Wird ein Gerätestecker mit eingebautem Filter verwendet, empfiehlt es sich, ihn von innen zu montieren. Dabei liegt der Metallflansch des Filters direkt auf der Abschirmung im Inneren des Kunststoffgehäuses und sichert so eine möglichst komplette Schirmung. Dabei gilt es zu beachten, dass der elektrisch leitende Schirm gegenüber den spannungsführenden Leitern doppelt isoliert sein muss.

Bild 9: Der Gerätesteckerfilter ist, gemäß Schutzklasse II, von der Rückseite auf ein innen metallisiertes Kunststoffpanel montiert.

Bild 9: Der Gerätesteckerfilter ist, gemäß Schutzklasse II, von der Rückseite auf ein innen metallisiertes Kunststoffpanel montiert.Schurter

Ein Steckerfilter der Schutzklasse II erfüllt diese Anforderung bereits. Das Steckerfilter gewährt zusammen mit der Gehäuseschirmung eine sehr breitbandige Dämpfung. Damit sind die Grundlagen für einen erfolgreichen Nachweis der EMV-Konformität gegeben (Bild 9).

Schurter hat diverse Gerätestecker-Kombielemente im Produktportfolio, welche den Anforderungen der Norm IEC-60601-1-11 entsprechen und damit Schutzklasse II genügen. Solche Gerätesteckerfilter in Schutzklasse-II-Ausführung sind mit einem Hochspannungstest von 4000 V geprüft. Hundert Prozent der gefertigten Bauteile testet Schurter in der Endprüfung zwischen spannungsführenden und berührbaren leitenden Teilen. Beispiele für leitende Teile sind die Filter-Abschirmung oder das Montage-Panel.

Die Gerätestecker-Kombielemente sind zudem geschützt gegen feste Fremdkörper mit Durchmesser ab 12,5 mm, gegen den Zugang mit einem Finger und haben einen Schutzgrad von IP40. Es empfiehlt sich, sie versenkt ins Gehäuse einzubauen, um auch einen Tropfwasserschutz gemäss IP21 zu erreichen.

Auf einen Blick

Erhebliche Schutzmassnahmen sind für medizinische elektrische Geräte im häuslichen Umfeld festgelegt. Hier kommt ergänzend zur Basisnorm IEC-60601-1 die IEC 60601-1-11 ins Spiel. Sie definiert die Anforderungen, die medizinische Heimgeräte erfüllen müssen. Verschiedene Gerätestecker-Kombielemente von Schurter entsprechen der Norm IEC 60601-1-11; sie genügen damit der Schutzklasse II.

Herbert Blum

ist Product Manager EMV bei Schurter in Luzern.

(rao)

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