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Phoenix Testlab

Mit dem weltweiten Vertrieb von Fahrzeugen mit integrierten Funktechnologien steigt die Notwendigkeit der Planung dieser Zertifizierungen – von der Funkfernbedienung bis zum Multimedia-Interface mit WLAN, Bluetooth oder sogar LTE. Jede genutzte Funktechnologie benötigt eine Länderzulassung, die sorgfältig geplant werden muss. Diese Planung umfasst die Beachtung der jeweiligen nationalen Anforderungen bei der Entwicklung, die Berücksichtigung der Durchlaufzeiten einer Zulassung bis hin zur Erneuerung der teilweise zeitlich begrenzten Zulassungen.

Länderspezifische Anforderungen: der Stolperstein für die Entwicklung

Um bei einer Zertifizierung nicht auf technische Hindernisse zu stoßen, sollten diese schon bei der Entwicklung und der Planung der weltweiten Zertifizierung berücksichtigt werden. Da die technischen Anforderungen an ein Produkt sehr stark mit den Anforderungen der Länder zusammenhängen, in denen es in den Verkehr gebracht werden soll, ist es wichtig, so früh wie möglich die Zielmärkte in einer Länderliste zu definieren. Auf Grund dieser Länderliste sollten die technischen Anforderungen in die Entwicklung des Produktes einfließen. Zu den technischen Anforderungen gehören zum Beispiel der zu nutzende Frequenzbereich oder die Leistung/Feldstärke. Ein einfaches bekanntes Beispiel ist der WLAN-Bereich bei 2,4 GHz, der je nach Land unterschiedliche nationale technische Anforderungen aufweist: In den Vereinigten Staaten von Amerika beispielsweise kann Kanal 1 bis 11 genutzt werden mit einer Leistung von 1000 mW, wobei in Europa zwar die Kanäle 1 bis 13 genutzt werden dürfen, allerdings nur mit einer Leistung von 100 mW. Auch die LTE Frequenzbänder sind in vielen Ländern unterschiedlich.

Bild 1: Prinzipieller Ablauf einer Zulassung.

Bild 1: Prinzipieller Ablauf einer Zulassung.Phoenix Testlab

Zulassungssysteme

Die weltweit unterschiedlichen Zertifizierungen unterscheiden sich stark durch die gesetzlichen Anforderungen, die vom einfachen Einreichen einer Erklärung bis hin zu notwendigen Prüfungen im Land der Zulassung reichen. Grundsätzlich können die erforderlichen Zertifizierungen allerdings übergreifend in zwei Systemen beschrieben werden: Erstens die Hersteller-Konformitätserklärung und zweitens die Zulassung.

Bei der Hersteller-Konformitätserklärung bestätigt der Inverkehrbringer, wie der Name dieses schon beschreibt, dass ein Produkt den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Durch diese Erklärung kann ein Produkt ohne die Beantragung einer Zulassung durch Dritte verkauft werden. In der Europäischen Union oder in Australien versieht der Hersteller oder sein Importeur beispielsweise das Produkt mit der entsprechenden Kennzeichnung und erstellt eine schriftliche Konformitätserklärung.

Diese Art der Zertifizierung wird allerdings in Ländern wie beispielsweise den USA, Brasilien oder der Volksrepublik China akzeptiert, in denen eine Zulassung durchgeführt werden muss, bei der die jeweilige zuständige Behörde erst eine Genehmigung aussprechen muss, bevor das Produkt in den Verkehr gebracht werden darf. Eine solche Genehmigung kann beispielsweise durch das Einreichen einer Erklärung bei der Behörde erteilt werden.

Einige Länder fordern zusätzlich Prüfberichte nach europäischen oder US-amerikanischen Normen, zum Beispiel im Staat Katar oder im Commonwealth der Bahamas. Andere Länder wie Brasilien oder die Volksrepublik China fordern wiederum Prüfungen im eigenen Land nach eigenen Normen. Zu den technischen Anforderungen gehört auch das Bereitstellen von Prüfmustern, die mit den notwendigen Testzuständen betrieben werden können, da eine Prüfung ohne diese nicht möglich ist.

Die benötigte technische Dokumentation für eine Zertifizierung besteht allgemein aus den folgenden Dokumenten:

  • Antragsformulare und Erklärungen (länderabhängig)
  • Technische Beschreibung des Gerätes (Was ist es? Wie funktioniert es?)
  • Schaltplan, Leiterplatten-Design, Bauteilliste
  • Antennendatenblatt
  • Informationen über das Produktlabel (inklusive Modelname, Zulassungsidentifizierer und mehr)
  • Handbücher (vorwiegend in englischer Sprache)
  • Prüfberichte
  • Vollmacht

Zu beachten ist hier, dass ein Handbuch in Landessprache für eine Zulassung notwendig sein kann, beispielsweise in der Ukraine. Die jeweiligen nationalen Anforderungen wie Gesetzestexte sollten frühzeitig in das Handbuch übernommen werden.

Durchlaufzeiten von Zulassungen

Die Durchlaufzeit einer Hersteller-Konformitätserklärung ist sehr gering, so dass eine Zertifizierung dieser Art binnen weniger Wochen durchführbar ist. Für das Durchführen einer Zulassung durch eine Behörde muss eine wesentlich höhere Dauer der Zertifizierung eingeplant werden, bis das Gerät in den Verkehr gebracht werden kann. Die benötigte Prüfmusteranzahl muss zum Beispiel an ein zuständiges Prüflabor im Land weitergeleitet werden und dieses muss die Prüfungen durchführen. Zusätzlich muss bei einer Zertifizierung durch die Behörde auch das Überprüfen der Unterlagen durch diese berücksichtigt werden. All dieses kann im besten Fall nur ein paar Wochen dauern, allerdings kann die Dauer zwischen Einsenden der Prüflinge bis zur Ausstellung des Zertifikates auch viele Monate in Anspruch nehmen – ein Aspekt, den alle Beteiligten unbedingt berücksichtigen sollten.

Gültigkeits- und Änderungsmanagement

Nach der Durchführung der Zulassung können die Produkte vermarktet werden, allerdings gibt es einige Zulassungen, die nur für eine gewisse Dauer gültig sind. Bei solch einer zeitlich begrenzten Zulassung muss frühzeitig eine Verlängerung beantragt werden.

Erfolgt an einem bereits zugelassenen Gerät eine Änderung, dann muss diese abermals berücksichtigt werden. Jede Änderung am Produkt kann dazu führen, dass entweder die technische Dokumentation überarbeitet oder sogar eine Zulassung neu erwirkt werden muss. Daher ist die Überwachung der Zertifizierung und die zeitnahe Verlängerung der Zertifizierungen eine zeitintensive Tätigkeit, welche professionell gesteuert und überwacht werden sollte.

Bild 2: Ablauf der Funk-Zulassung in Brasilien.

Bild 2: Ablauf der Funk-Zulassung in Brasilien.Phoenix Testlab

Praktisches Beispiel am komplexen Zulassungssystem Brasilien

Eine brasilianische Zertifizierung umfasst im Wesentlichen sieben Schritte. Im ersten Schritt muss der Hersteller technische Informationen an den Organismo de Certificação Designado (OCD), die bestellte Zertifizierungsstelle durch die zuständige Behörde ANATEL, weiterleiten. Der OCD legt die erforderlichen Testanforderungen anhand der Dokumentation fest. Mit diesen Anforderungen kann ein anerkanntes Prüflabor beauftragt werden, die Prüfungen durchzuführen und einen Prüfbericht zu erstellen, so dass der Versand der Prüfmuster gleich an dieses Prüflabor erfolgt. Die Prüfung und das Erstellen des Prüfberichtes dauern in Brasilien typischerweise vier Wochen. Danach heißt es, den Prüfbericht eines solchen anerkannten Labors sowie die technische Dokumentation des Herstellers an den OCD weiterzuleiten.

Die Auswertung der Unterlagen durch den OCD dauert dabei ungefähr zwei Wochen. Nachdem die Anforderungen erfüllt sind, erfolgt die Ausstellung des Certificate of Conformity. Achtung: Dieses Zertifikat berechtigt noch nicht zur Einfuhr oder Vermarktung der geprüften Produkte! Nach der Erstellung des Certificate of Conformity durch den OCD überprüft die Behörde ANATEL die kompletten Unterlagen. Die Überprüfung kann dabei nochmals bis zu sechs Wochen in Anspruch nehmen, bevor die Behörde das Certificate of Homologation ausstellt. Erst das Certificate of Homologation entspricht der benötigten Zulassung, um Produkte importieren und vermarkten zu dürfen. Der komplette Zulassungsprozess von der Anfrage beim OCD bis zum erhalten des Certificate of Homologation dauert in im optimalen Fall 3 Monate. Nur Hersteller, Lieferanten oder brasilianische Importeure können brasilianische Zulassungen beantragen. Ausländische Unternehmen benötigen einen lokalen Vertreter, der die Zulassung beantragt.

Da eine Zulassung in Brasilien nur eine begrenzte Zeit – je nach Produktkategorie ein oder zwei Jahre – gültig ist, sollte daher frühzeitig eine Verlängerung beantragt werden, falls ein Produkt über die Gültigkeitsdauer in Brasilien verkauft oder importiert werden soll. Die Verlängerung muss beim OCD beantragt werden. Diese erneuert das Certificate of Conformity und leitet diese Informationen an ANATEL weiter, welche die Zulassung entsprechend verlängert. Falls die Behörde ANATEL nicht innerhalb der Gültigkeit einer Zulassung über die Verlängerung durch die OCD informiert wird, wird die Zulassung für sechs Monate ausgesetzt. Der Zulassungsinhaber hat nun innerhalb dieser Frist die Möglichkeit, die Zulassung zu verlängern. Nach Ablauf der Gültigkeit der Zulassung dürfen keine Produkte importiert oder verkauft werden. Wenn die Behörde auch sechs Monate nach Ablauf der Zulassung keine Information durch den OCD erhält, wird das Certificate of Homologation ungültig. Nachdem das Certificate of Homologation für ungültig erklärt wurde, kann dieses wieder erworben werden, indem das Produkt den kompletten Zulassungsprozess abermals durchläuft.

Fazit

Die national unterschiedlichen und sich ständig ändernden gesetzlichen Anforderungen machen die weltweite Zulassung von Funktechnologien zu einer komplexen, zeitraubenden und teilweise kostspieligen Aufgabe. Diese Herausforderungen müssen frühzeitig in die Planung der Produktentwicklung und in den zeitlichen Verlauf bis hin zur Vermarktung des Produktes integriert werden.

Uwe Dollitz

ist Graduated Certification Specialist im Bereich International Radio Type Approval bei Phoenix Testlab in Blomberg bei Bielefeld.

(av)

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