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(Bild: MTM Ruhrzinn)

MTM Ruhrzinn und Balver Zinn wollen ein nachhaltiges und gesetzeskonformes Lotrecycling sicherstellen: Die Kooperation soll die Branche der Elektronikfertigung für die Kriterien von §26 und 27 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, kurz KrWG sensibilisieren.

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Um Metallabfälle richtig zu entsorgen, hat Balver Zinn eine Vereinbarung mit MTM Ruhrzinn getroffen. MTM Ruhrzinn

Denn die Praxis sieht häufig so aus: Ist die Oberfläche des Lotbades zu sehr oxidiert und die Zinnkrätze muss entfernt werden, wandern diese mit Schöpflöffel in den Weißblecheimer. In der Regel ist damit der Reinigungsprozess abgeschlossen. Weist die SMT-Schablone zu viele Lotpastenrückstände auf, wird diese kurzerhand oft noch manuell gereinigt. Dabei kommen die Rückstände zurück in die Dose oder einen anderen Sammelbehälter.

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Lotabfälle rechtssicher zu entsorgen birgt viele Tücken: Gesetze schreiben den Entsorgungsweg für ein nachhaltiges Recycling vor. MTM Ruhrzinn

Was die wenigsten wissen: Der Mitarbeiter hat soeben nicht nur einen Schritt im Fertigungsprozess absolviert, sondern auch das Ende der Produkteigenschaft besiegelt. Im Tiegel war das oxidierte Zinn noch Produkt. Nach dem Abschöpfen ist es Abfall. Selbiges gilt für die Lotpaste nach dem Reinigungsvorgang. Von nun an ist der Baugruppenfertiger Abfallerzeuger und Abfallbesitzer, wodurch nun das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) greift.

Elektronikfertiger klar in der Pflicht

Was darauf folgt, ist nur in wenigen Fällen nachhaltig und noch seltener rechtssicher. Selbst die vermeintliche gesetzeskonforme Rückgabe der Abfälle an den Lothersteller, welche sich in der Elektronikbranche etabliert hat, birgt viele Tücken. „Die freiwillige Rücknahme der Lotabfälle über §26 KrWG ist nur dann gesetzeskonform, wenn die Abfälle beim Einsatz von Produkten desselben Lotlieferanten angefallen sind“, erläutert Dan Mutschler.

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Resscourcen sind endlich, ein geregeltes Recycling daher unabdingbar, damit der Stoffstrom der Metalle zurück zur Industrie gelangt. MTM Ruhrzinn

Was dies im Klartext bedeutet, erklärt der CEO von MTM Ruhrzinn ebenfalls: „Für jeden Baugruppenfertiger, der mehr als einen Lotlieferanten hat, kommt dieses Prozedere in der Praxis nicht mehr infrage, unter Umständen macht er sich sogar strafbar. Die Rückgabe an einen Distributor ist, mangels Genehmigung Abfälle lagern zu dürfen, in den meisten Fällen von vornherein rechtlich unzulässig.“

Dass die Gesetzesvorgaben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes nach wie vor sowohl von Abfallerzeugern als auch von Entsorgern stiefmütterlich behandelt werden, zeigt die Statistik des BKA der bekanntgewordenen Straftaten im Jahr 2016: Registriert wurden 12.149 Straftaten gegen die Umwelt, davon stehen 7.528 Fälle von unerlaubtem Umgang mit Abfällen und 415 unerlaubte Anlagen nach §327 StGB zu Buche.

Für Dan Mutschler bedeutet die Statistik vor allem eines: „Von der Selbstverständlichkeit der Pflichterfüllung und Regelkonformität von gesetzlichen Bestimmungen sind wir in der Elektronikbranche noch weit entfernt.“ Die meisten Lothersteller hätten es verpasst die Branche dafür zu sensibilisieren, ist er überzeugt und: „Sie tragen sogar aufgrund wirtschaftlicher Interessen dazu bei, dass die Entsorgungswege bleiben wie sie sind. Hier sind vor allem Unternehmensführer in der Organisationspflicht, ein gesetzeskonformes Verhalten der Abfallverantwortlichen im Betrieb sicherzustellen.“

Josef Jost macht auf einen weiteren Aspekt aufmerksam: „Lotabfälle sind eine günstige Möglichkeit an Zinn, Silber, Kupfer und andere Metalle zu gelangen, umso höhere Margen zu erzielen.“ Der CEO von Balver Zinn wendet daher ein: „Als Hersteller verfolgen wir jedoch die Politik, qualitativ hochwertige Elektroniklote zu produzieren. Dazu werden ausschließlich Primärrohstoffe verwendet, da die Verunreinigungen aus den Lotabfällen auf keinen Fall wieder in der Fertigung unserer Kunden landen dürfen.“

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Durch die richtige Kategorisierung wird der qualifizierte Recyclingvorgang für Lotabfälle gewählt. MTM Ruhrzinn

Dennoch müsse man als Systemlieferant den Kunden eine Möglichkeit bieten, Lotabfälle rechtssicher entsorgen und nachhaltig recyclen zu können, weshalb er bekräftigt: „Wir fühlen uns der Nachhaltigkeit verpflichtet und haben mit MTM Ruhrzinn einen Partner gefunden, der unsere Werte und Mission teilt und mit dem wir unseren Beitrag zum Umweltschutz leisten können, ohne dass unsere Kunden auf die gewohnte hohe Produktqualität verzichten müssen.“

Recycling unter die Lupe genommen

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Die Sicherstellung eines schnellen Recyclingvorganges für Abfallerzeuger ist absolut unverzichtbar, um nicht in Gesetzeskonflikt zu geraten. MTM Ruhrzinn

Oftmals wird der Begriff „Recycling“ gedanklich mit einer Branche verknüpft, die unter ihrem Ruf leidet. So wird Recycling schnell durch graue Schrottplätze, durch die Gegend fahrende Ankäufer und manchmal sogar fragwürdigen Handel visualisiert. Andere wiederrum denken dabei an schwere Industrieöfen und schmutzige Gießereien. „Recycling ist viel mehr als das“, unterstreicht Mutschler, der auch Parallelen zum Alltag zieht. „Fast niemand denkt beim Begriff „Recycling“ an Themen wie Umweltschutz, Ressourcenschutz und Nachhaltigkeit. Das sind Themen, die genauso wie Legal Compliance, digitale Entsorgungsnachweise oder Nachhaltigkeitszertifikate fundamental mit dem Recycling verknüpft sind. Sie stellen einen echten Wettbewerbsvorteil für jedes Unternehmen dar, das Recycling ernst nimmt.“

Gesetzkonformes Recycling

Die Kriterien von §26 und 27 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) wird bei einigen Elektronikfertigern nicht richtig abgebildet. Für Abhilfe will der zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb MTM Ruhrzinn mit Dienstleistungen und Schulungen sorgen. Die Kooperation soll für eine höhere Reichweite und weitere Recyclinglösungen sorgen. Weitere Informationen zum KrWG:

BMU

und

Zertifizierte Rechtssicherheit

Zudem sind Rohstoffe endlich. Versuche, die zukünftige Versorgung alleine mit Primärrohstoffen sicherzustellen, führen also zwangsläufig in die Sackgasse. Im Fall von NE- und Edelmetallen kommt noch hinzu, dass die Produktion aus Primärrohstoffen im Vergleich zum Recycling ein Vielfaches an Energie erfordert und CO2 erzeugt. Die Kooperation der beiden Unternehmen bildet daher einen noch nie dagewesenen Fokus auf Nachhaltigkeit und Legal Compliance in der Elektronikbranche. Wertvolle zinn- und edelmetallhaltige Abfälle werden von MTM Ruhrzinn aufgrund fundierter, metallurgischer Fachkenntnis, sinnvoll getrennt.

Durch die richtige Kategorisierung wird der qualifizierte Recyclingvorgang gewählt und der Stoffstrom der Metalle zurück in die Industrie gesichert. Geht es nach Dan Mutschler, ist die Sicherstellung eines schnellen Recyclingvorganges für Abfallerzeuger absolut unverzichtbar: „Was die wenigsten Abfallverantwortlichen wissen: Abfallerzeuger sind, laut §22 KrWG, auch nach dem Verkauf der Abfälle noch haftbar. Auch wenn es sich um einen qualifizierten Entsorger handelt: je länger die Abfalleigenschaft besteht, desto länger ist man als Unternehmen in der Haftung und trägt ein hohes Risiko. Dies zu vermeiden sollte das Primärziel eines jeden Abfallerzeugers sein.“

Wertvolles Zinn

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Nicht schön, aber wertvoll: Altlote und Lotabfälle mit ihren
zahlreichen Bestandteilen an Metallen lohnt den notwendigen Aufwand des Recyclings allemal.
zahlreichen Bestandteilen an Metallen lohnt den notwendigen Aufwand des Recyclings allemal. MTM Ruhrzinn

Mit rund 300 t Zinnabfällen im Jahr hat sich MTM Ruhrzinn als Anbieter von Recyclingdienstleistungen gut etabliert. Das Unternehmen übernimmt das Abfallmanagement für Altlot aus Tiegelwechsel, Krätzen aus der Wellenlötung, Aschen aus der Solder-Recovery-Anlage, überlagerte Lotpasten, lose Kupferstifte, alte Lötspitzen, edelmetallhaltige Stecker, Verbinder und Stanzabfälle, sowie für Kontakt- und Prüfstifte aus dem In-Circuit-Test. „Unser Leistungsportfolio bietet ein Alleinstellungsmerkmal in der Branche“, wirbt Mutschler, der als Entsorgungsfachbetrieb die „Höchste Zertifizierung in der Abfallbranche“ aufweisen kann. Damit sei das rechtssichere Recycling nicht lediglich sichergestellt, vielmehr werde abfallverantwortliches Personal der Baugruppenfertiger anhand von Compliance-Schulungen ausgebildet, versichert er. Wie wichtig aber gut geschultes Personal auch hinsichtlich Entsorgung ist, unterstreicht er ebenfalls: „In den meisten Betrieben weiß das für Abfall verantwortliche Personal nicht einmal, dass sie gegen das Kreislaufwirtschaftsgesetz verstoßen.

Das Thema „Entsorgung“ wird regelmäßig durch Mitarbeiter übernommen, die nicht dafür ausgebildet wurden und es entstehen Entsorgungswege, die nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.“ Daher setzt das Unternehmen einen Schwerpunkt auf Schulungen für Entscheider und Abfallverantwortliche, damit diese die Legal Compliance des Unternehmens wahren können. „Nur mit dem entsprechenden Wissen können Unternehmen sich selbst, die Unternehmensführung und den eigentlichen Abfallverantwortlichen vor sensiblen Strafen schützen“, bekräftigt er.

Josef Jost erklärt das Ziel der Kooperation: „Mit Voraus- und Weitblick haben wir beschlossen der Branche mehr zu geben als das, was sie bereits gewohnt ist. Wir wollen Lösungen für eine nachhaltige Zukunft bieten und das möchten wir tun, indem wir Know-how vermitteln und gleichzeitig Recyclinglösungen anbieten. MTM Ruhrzinn ist als Entsorgungsfachbetrieb exakt der richtige Kooperationspartner.“ Dan Mutschler zieht sein Fazit: „Balver Zinn war bereits bei der Umstellung auf der bleifreien Lote ein Pionier in der Branche und im Auftrag der Zukunft unterwegs. Zusammen werden wir auch jetzt die Innovation in der Branche vorantreiben, nicht nur im Bereich hochwertiger Lote, sondern auch im Bereich der Nachhaltigkeit.“ Für ihn steht fest: „Diese Kooperation ist ein Meilenstein in der Elektronikbranche.“

SMTconnect 2019:

Balver Zinn: Halle 4, Stand 231
MTM Ruhrzinn: Halle 4, Stand 230

Fünf Fragen an Dan Mutschler, CEO von MTM Ruhrzinn

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Dan Mutschler, CEO von MTM Ruhrzinn Marisa Robles

Sie betreuen Elektronikfertiger nach dem eigentlichen Fertigungsprozess. Was sind die Kernkompetenzen von MTM Ruhrzinn?

An den unterschiedlichsten Stellen während der Fertigungsprozesse entstehen Abfälle. Das sind oftmals noch wertvolle Rohstoffe, die jedoch als Abfall behandelt werden müssen. Wir sorgen unter anderem durch Schulungen dafür, dass die Elektronikfertiger die gesetzliche Regelung zur Handhabung dieser Produktionsabfälle kennen, rechtssichere Entsorgungswege selbst definieren können und somit Compliant sind. Außerdem übernehmen wir diverse zinn- und edelmetallhaltige Abfälle und managen diese innerhalb unseres Recyclingnetzwerkes rechtssicher, sodass wir von einem Rundum-Sorglos-Paket sprechen können.

Wieso ist dieses Konzept innovativ und inwiefern unterscheidet sich das Dienstleistungsportfolio von dem, was die Lothersteller anbieten?

Bis dato gibt es keinen weiteren Anbieter, der die Abfallthematik so angeht. Natürlich bieten Lothersteller die freiwillige Rücknahme an. Allerdings greift diese im Kreislaufwirtschaftsgesetz verankerte Möglichkeit nicht für alle Szenarien. So wird es für einen Elektronikfertiger mit zwei unterschiedlichen Lotlieferanten zum Beispiel äußerst schwierig, wenn nicht sogar praktisch unmöglich, die Rahmenbedingung dafür einzuhalten, sodass hier auch schnell von einer nicht gesetzeskonformen Entsorgung gesprochen werden kann. Lothersteller bieten hier bis dato wenig bis gar keine Unterstützung in rechtlichen Aspekten, ganz einfach deshalb, weil es nicht ihr Fachgebiet ist. Mit unserer Dienstleistung reden wir also nicht lediglich über Recycling, sondern setzen überhaupt erst den Grundstein dafür, dass Recycling von den Elektronikfertigern auch tatsächlich gesetzeskonform in die Wege geleitet werden kann. Dieser Ansatz ist innovativ.

Warum kooperieren Balver Zinn und MTM Ruhrzinn in dieser Thematik?

Die oben genannten Probleme bestehen mit allen Lotherstellern. Daher haben wir mit Balver Zinn beschlossen, einen „Green Deal“ abzuschließen, nicht etwa, um lediglich mit Schlagwörtern wie Recycling, Circular Economy und ähnlichen Begriffen um uns zu werfen, sondern dem Kunden auch mal wirklich die Lösung zu bieten. Elektronikfertigern, denen bisher mit der freiwilligen Rücknahme nicht wirklich geholfen war, haben jetzt die Möglichkeit, unser Dienstleistungsportfolio in Anspruch zu nehmen und somit die Entsorgungs-, beziehungsweise Recyclingprozesse zu optimieren. Wie das aussieht kann von Kunde zu Kunde unterschiedlich sein, da wir uns den Bedürfnissen des Kunden anpassen und nicht andersherum.

Welche Vorteile haben Kunden dadurch?

Rechtssichere Recyclingprozesse bei vernünftiger und marktgerechter Vergütung der Produktionsabfälle ohne auf Service verzichten zu müssen. Wer der Meinung ist, das hat er bei seinem Lothersteller jetzt auch schon, kennt den Umfang unserer Dienstleistung noch nicht.

Sind weitere Kooperationen geplant?

Tatsächlich gibt es aktuell Ansätze mit weiteren Herstellern, um unseren innovativen Ansatz auch auf andere Abfallprodukte auszudehnen und als Standard in der Branche zu etablieren. Es ist wahrscheinlich, dass weitere Kooperationen noch dieses Jahr bekanntgegeben werden.

Die Fragen stellte Marisa Robles, Chefredakteurin Productronic

Tamara Reinhard

Marketing Manager von MTM Ruhrzinn

(mrc)

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Unternehmen

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