Man entschied sich für die SoCs der Sitara-Serie von Texas Instruments. Die Rechnerplattform bietet einen ARM-Cortex-A8-Prozessor, einen Neon-Coprozessor und Funktionen wie 64-Kanal-DMA-Controller, Crypto-Einheit und ein Industrial-Communication-Subsystem (PRU-ICSS). Neben Standardschnittstellen wie 2 x Gigabit-Ethernet, 2 x High-Speed-USB, 6 x UART, 2 x SPI, 3 x SDIO, 3 x I²C und 2 x CAN 2.0B stehen auch ADC-Eingänge, PWM, Quadratur-Encoder sowie GPIOs zur Verfügung. Für User-Interfaces bietet das System Schnittstellen für 18/24-Bit-TFT-Displays, resistiven Touch und 2 x McASP Audio. Zur Realisierung aufwändiger Grafikanwendungen ist eine SGX530 Graphics Engine verfügbar, die vor allem 3D-Oberflächen in Hardware rendert. Standards wie OGL-ES, OpenVG, OpenMax und Direct3D Mobile unterstützt das API.

Plattform für die Zukunft

Als Systemanbieter für industrielle Elektronikanwendungen hat KIE in den letzten Jahren verschiedene ARM-, MIPS- und x86-Systeme für unterschiedliche Branchen realisiert. Mit einem neuen Rechnermodul sollte jetzt eine Basis für die Entwicklungen der nächsten Jahre geschaffen werden. Das leistungsfähige und vielfältig einsetzbare System hat ein sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis, einen skalierbaren SoC und eine Vielzahl von Schnittstellen. Mit dem SoC lassen sich echtzeitfähigen Feldbus-Schnittstellen realisieren, ohne die ARM-CPU zu belasten.

Für den industriellen Einsatz sind vor allem die Möglichkeiten echtzeitfähiger Feldbus-Schnittstellen interessant, die sich mit dem SoC realisieren lassen, ohne die ARM-CPU zu belasten. Durch den Wegfall von spezifischen Schnittstellen-ICs reduzieren sich außerdem die Komplexität der Baugruppe und letztendlich auch der Preis. Zur Verfügung stehen beispielsweise EtherCAT, Profibus, Profinet und Sercos. Die Hardware-Unterstützung einer solchen Vielzahl von Schnittstellen und Protokollen wird durch die sogenannten Programmable Realtime Units (PRU) ermöglicht. Diese eigenständigen Prozessoren haben je nach Konfiguration direkten Zugriff auf Schnittstellen des SoC, wie zum Beispiel Ethernet, UART, MDIO und eCAP. Damit können sie das Busprotokoll unabhängig vom Cortex A8 zur Verfügung stellen. In Assembler werden die PRUs programmiert, eine Programmierung durch Board Designer ist allerdings eher nicht vorgesehen. TI erstellt Code für die unterstützten Protokolle und stellt diesen teilweise ohne Lizenzgebühren zur Verfügung.

Müssen für unterschiedliche Anwendungen wie zum Beispiel User-Interface, SPS oder I/O-Board unterschiedliche Prozessoren und weitere spezielle ICs wie PLDs, FPGAs und ASICs für bestimmte Schnittstellen verwendet werden, entsteht ein hoher Entwicklungsaufwand. Enorm vereinfacht wird die Entwicklung der jeweiligen Hardware durch die Möglichkeit, mit einer einzelnen, kostengünstigen Rechnerplattform sämtliche Anwendungen zu realisieren. Zusätzlich reduzieren sich Entwicklungskosten und -zeit durch die Vereinheitlichung von Softwaretools und Systemlader wie Bootloader, Betriebssystem und Funktionsbibliotheken. Damit beschränkt sich der Aufwand für die Softwareentwicklung hauptsächlich auf die jeweilige Anwendungssoftware. Werden Bausteine verwendet, die bereits in anderen Anwendungen eingesetzt wurden, reduziert dies ebenso Aufwand und Risiken einer Hardware-Entwicklung.

Die große Anzahl von Schnittstellen und Funktionen zu einem guten Preis-/Leistungsverhältnis lässt sich durch die konsequente Mehrfachbelegung fast aller Ports des SoC realisieren. Aus diesem Grund sind nie alle Schnittstellen gleichzeitig nutzbar, die Aufteilung ist jedoch sinnvoll für verschiedene Arten von Geräten. So kann das Modul zum Beispiel zum Design eines Bedienterminals verwendet werden, das in der Regel nicht alle Feldbusse benötigt. Im anderen Fall kann eine Steuerung mit vielen industriellen Schnittstellen entworfen werden, wenn kein TFT-Display benötigt wird.

Der Entwurf eines Moduls nach Standards wie Qseven ist nicht machbar, ohne eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten von vorne herein auszuschließen. Daher stellt das Modul EPC35 alle verfügbaren I/O-Signale für das Basisboard zur Verfügung und ermöglicht so den Einsatz in verschiedensten Schnittstellenkombinationen.

Auch auf dem Modul wird die hohe Integrationsdichte des System-on-Chip beibehalten. Auf einer 70 mm x 40 mm großen Fläche sind das gesamte Power-Management, das DDR3 SDRAM sowie bootfähige Massenspeicher wie NAND Flash, serieller NOR Flash und microSD integriert.

Zur Spannungsversorgung wird nur eine einzelne Spannung von 5 V benötigt. Alle weiteren erzeugen die effizienten Schaltregler direkt auf dem Modul. Das gesamte Power Sequenzing wird auf dem Modul und dem Basisboard mit mehreren Power-Good-Signalen angezeigt. Verfügbar ist außerdem ein Powerfail-Signal, das dem Power-Management des Moduls den bevorstehenden Ausfall der Versorgungsspannung anzeigen kann.

Wie die meisten aktuellen ARM-Systeme kann das SoC von fast jedem Speichermedium gebootet werden. Direkt auf dem Modul sind NAND Flash, SPI Flash und microSD Card möglich. Andere Speicher lassen sich auf dem Basisboard bestücken. Zur Verbindung des Moduls wird ein 230-poliger MXM-Steckverbinder verwendet, wie er beispielweise bei Qseven-Modulen zum Einsatz kommt. Als Speicher kommen DDR3 SDRAM und NAND Flash zum Einsatz.

Das TI SoC ist in sechs pinkompatiblen Varianten verfügbar. Von der kleinsten AM3352 mit 270 MHz, ohne PRUs und ohne Grafikbeschleunigung bis zur größten AM3359 mit maximal 1 GHz Taktfrequenz können Rechenleistung und Funktionsumfang sehr gut auf den tatsächlichen Bedarf der Anwendung skaliert werden.

Bei kundenspezifischen Lösungen bietet Kurz Industrie-Elektronik die Möglichkeit, das Layout des Moduls in ein Single-Board-System zu integrieren. Damit wird eine weitere Kosteneinsparung für die Serie erreicht. Außerdem können so auch Systeme entworfen werden, die zum Beispiel wegen rauen Umgebungsbedingungen nicht mit mehreren Platinen realisierbar sind. Das Modul selbst ist für einen Einsatz in diesen Bereichen auch lackiert lieferbar.

Realisierbar sind unterschiedlichste Steuerungen

Mit dem gleichen Rechnermodul lassen sich sowohl Bedienterminals mit aufwändiger grafischer Benutzeroberfläche als auch reine Steuerungen mit verschiedenen Feldbussen realisieren. Durch das Pin-Multiplexing können entweder eine TFT-Schnittstelle, Touch und Audio oder Schnittstellen wie EtherCAT, Profibus und CAN genutzt werden. Dadurch lassen sich unterschiedlichste Steuerungen realisieren, wobei das gleiche Betriebssystem und die gleiche Toolchain für alle Varianten verwendet werden.

Um bei den vielen Möglichkeiten der Pinbelegung den Überblick zu behalten und die optimale Beschaltung für die jeweilige Anwendung zu finden, unterstützt TI die Entwickler mit einem kleinen PC-Tool, das die Auswahl der benötigten Schnittstellen erlaubt und die entsprechende Beschaltung anzeigt. So lässt sich sehr schnell eine Aussage treffen, ob die gewünschte Kombination mit dem System realisierbar ist. Das Programm kann die gewählte Beschaltung als Tabelle exportieren und auch Headerdateien erzeugen, die im Boot-Code verwendet werden, um das SoC entsprechend zu konfigurieren.

Die Chips von TI sind für den industriellen Einsatz vorgesehen und deshalb über lange Jahre verfügbar. DDR3 SDRAM bietet ebenfalls die Sicherheit, dass die Bauteile langfristig kostengünstig beschaffbar bleiben.

Über viele Jahre verfügbar

Neben den unterstützten Protokollen durch die PRUs, die nach und nach noch erweitert werden, werden auch die Chips kontinuierlich überarbeitet beziehungsweise für höhere Leistungen zertifiziert. So wurde die Taktrate des AM3359 von 800 MHz auf 1 GHz erhöht und der Zugriff auf das DDR3 SDRAM ist nun mit 400 MHz statt wie bisher mit 303 MHz möglich.

Da die Schnittstelle des Moduls zum Basisboard bei weitem noch nicht voll belegt ist, bietet sich damit die Möglichkeit, mit den neuen bei TI auf der Roadmap stehenden SoCs, die nächsten Generationen des Moduls pinkompatibel zum bestehenden EPC35 aufzubauen, das für eine Lieferzeit für viele Jahre ausgelegt ist.

Module, die für den Hersteller nur relativ kurze Zeit bei hohen Stückzahlen interessant sind, werden in der Regel sehr viel früher abgekündigt beziehungsweise verteuert. Muss nach wenigen Jahren ein Modul in großen Stückzahlen eingelagert werden, um den Bedarf für die restliche Lebensdauer der Anwendung zu decken, sind die anfänglichen Kostenvorteile damit sehr schnell wieder zunichte gemacht.

Zur Evaluierung des EPC35-Moduls und der Schnittstellen steht ein Basisboard zur Verfügung, das über zwei Ethernetschnittstellen, zwei galvanisch getrennte CAN-Schnittstellen und eine galvanisch getrennte RS485-Schnittstelle verfügt. Außerdem ist ein TFT-Display mit Touchscreen Teil des Evaluationpakets. Alle auf dem Basisboard nicht verwendeten I/O-Signale des Moduls sind auf einer Stiftleiste zugänglich.

Integrierbar in die meisten Anwendungen

Für das Evaluationboard ist eine Spannungsversorgung mit 8 V bis 50 VDC möglich, damit kann es direkt in die meisten Anwendungen integriert werden. Das Evaluationspaket wird mit Linux-3.8 und Windows CE 6.0 als Betriebssystem angeboten.

Andreas Lang

von Kurz Industrie-Elektronik.

(ah)

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