Lieber vorher simulieren als einfach einbauen: Für jeden Einsatzzweck muss die Batterie andere Anforderungen erfüllen. Simulationen erleichtern den Ingenieuren dabei die Arbeit.

Lieber vorher simulieren als einfach einbauen: Für jeden Einsatzzweck muss die Batterie andere Anforderungen erfüllen. Simulationen erleichtern den Ingenieuren dabei die Arbeit.Babimu – Fotolia.com

Im englischsprachigen Raum heißt die Lithium-Ionen-Zelle wegen ihrer Eigenschaft des Hin- und Herpendelns des Lithiums zwischen den positiven und negativen Elektroden ‚rocking chair battery‘, zu Deutsch Schaukelstuhl-Batterie. Die Aktivmaterialien innerhalb dieser Elektroden sind Partikel, die mit einem Bindemittel sowie mit leitfähigen Zusätzen gemischt und auf Metallfolien aufgetragen sind, die als niederohmige Stromabnehmer dienen. Dies führt zu einer porösen Elektrode, da sich rund um das Material herum viele, mit Elektrolyt gefüllte, Porenräume befinden. Beim Entladen löst sich das im negativen Aktivmaterial eingelagerte Lithium heraus und gelangt in Elektrolyten zum positiven Aktiv­material, wo es sich einfügt. Der umgekehrte Prozess findet während des Ladevorgangs statt. Basierend auf Konstruktion und Zusammensetzung der Zelle während der Verwendung, liegt die Problematik des Batteriemodellierens in der Vorhersage der Reaktion der Zellenspannung, des Stroms, der Temperatur und einiges mehr. 1979 veröffentlichen deshalb Altung, West und Jacobsen eine der ersten Publikationen im Journal of the Electrochemical Society, die sich mit einem Modell beschäftigte, welches die verfügbare Energie aufgrund des erforderlichen Stroms voraussagen kann.

Die Vorgänge verstehen können

Diese Veröffentlichung, die ein physikbasiertes, mathematisches Modell der porösen Einsteckelektrode vorschlägt, war zwar bemerkenswert. Aber es dauerte bis 1994 bis sich dieses Modell auf die Voraussage der Leistung einer kompletten Zelle aus zwei porösen Einsteckelektroden ausweiten ließ. Fuller, Doyle und Newman haben dieses Modell einer Lithium-Ionen-Zelle mit zwei porösen Einsteckelektroden beschrieben, das sogenannte Dual-Modell, was ein weiterer Meilenstein in der Beschreibung der Lithium-Ionen-Zellen war. Dieses Modell bezeichnete fünf abhängige Variablen zum Beschreiben beider Elektroden, um die Reaktion der Kathoden und Anoden innerhalb des elektrochemischen Systems und die Gesamtleistung der Zelle vorherzusagen. Dieses Modell bietet Einblick in die beschränkenden Faktoren eines vorgegebenen Zellendesigns. Es handelt sich dabei um den Ursprung des makrohomogenen Lithium-Ionen-Batterienmodells, dem Dual-Modell.

Wie wichtig dies ist, zeigt folgendes Beispiel: Ein Batterien-Ingenieur kann damit berechnen und veranschaulichen, wie sich die Leistung einer Zelle unter hohem Ladestrom durch die Geschwindigkeit begrenzen lässt, mit der die Lithium-Ionen in das Anodenmaterial eindringen. Früher musste er eine Zelle vielen Messreihen unterziehen, um die Gründe erkennen zu können, die zu einem Leistungsabfall bei hoher Beanspruchung führen. Die Kenntnisse bezüglich der Verbesserung der Zelle basierten jedoch vor allem auf Faustregeln. Jetzt erkennt der Ingenieur mithilfe des Modells die einschränkenden Faktoren innerhalb der Zelle und kann sie dementsprechend anpassen, um das Design innerhalb der festgelegten Grenzen zu nutzen. Seit der Veröffentlichung dieses Papiers gab es mehrere Ergänzungen, Varianten und Verfeinerungen zu diesem Modell, um mit den Entwicklungen im Lithium-Ionen-Technologiebereich Schritt zu halten.

Ein Modell entwickelt sich weiter

Obwohl das Dual-Modell einen gravierenden Schritt nach vorn in der Modellierungstiefe der Batteriezellen bedeutete, bestehen Beschränkungen, die erst durch den Anstieg an Größe und Kapazität der Lithium-Ionen-Zellen sichtbar wurden: Bei einer kleinen Knopfzelle beispielsweise in einer Uhr lässt sich davon ausgehen, dass die gesamte Kathode und Anode unter den gleichen elektrischen und thermischen Bedingungen arbeiten. Jedoch trifft diese Vermutung für größere Lithium-Ionen-Batterienzellen in Fahrzeugen nicht mehr zu. Daher mussten die Wissenschaftler ein Dual-Modell mit Verfahren kombinieren, die diese räumlichen Unterschiede auflösen.

Vergleich von simulierten Ergebnissen (rechts) mit zuvor gemeldeten IR-Temperatur-Messungen. Der dargestellte Temperaturverlauf zeigt, was sich für eine große Übereinstimmung mit dieser Methode erreichen lässt.

Vergleich von simulierten Ergebnissen (rechts) mit zuvor gemeldeten IR-Temperatur-Messungen. Der dargestellte Temperaturverlauf zeigt, was sich für eine große Übereinstimmung mit dieser Methode erreichen lässt.CD-Adapco

Eine der ersten Veröffentlichungen, die versuchte, diese Auswirkungen zusammenzufassen – allerdings bei Blei-Säurebatterien –, stammte von LaFollette und Harb. Sie haben das elektrochemische Modell angepasst, um die Funktion von mehreren Modellen innerhalb eines orthogonalen Rasters zu ermöglichen und gleichzeitig die Varianten entlang der Länge und Höhe der Batterie einzubeziehen. Dies war der nächste Schritt in der  Batteriezellen-Modellierung, wie sie in Fahrzeugbatterien angewendet wird. Dieses Modell ermöglicht die Simulation der internen Auslastungsunterschiede innerhalb der Zelle.

Dieses dreidimensionale Batteriemodellieren ermöglicht das Visualisieren von internen Gradienten über die Länge und Breite der Zelle. Die gleiche Herangehensweise lässt sich auf spiralförmig gewickelte Strukturen übertragen, wodurch sich spiralförmig gewickelte Batteriezellen und solche in Stack-Bauform modellieren lassen. In größeren Batterien sind sowohl die Stack- wie auch die Spiral­designs üblich. Weiterhin lässt sich ein einzelnes Zellenmodell wiederholt kopieren, wenn eine solche Simulationsarchitektur einmal vorhanden ist, um Module und Paketmodelle zu erstellen. Indem die Lösungen sowohl des elektrochemischen als auch des thermischen Umfelds eng verknüpft werden, lässt sich eine genaue Simulation erreichen. Dabei bildet eine Reihe von Zellen ein Modul, das drei pulsartigen Entladungen ausgesetzt wird.

Die elektrochemische Simulationsstruktur ist nun in den computergestützten 3D-Entwicklungsumgebung Star-CCM+ integriert. CD-adapco stellt dieses Tool zur Verfügung, um Nutzern die Möglichkeit zu geben, die Reaktionen von alleinstehenden Zellen, Modulen, Paketen und Systemen zu simulieren. Ein typisches Modell würde die elektrischen Brücken von Zelle zu Zelle beinhalten, die ebenfalls Wärme eintragen, sowie Systeme zur Flüssigkeits- oder Luftkühlung, welche die Temperatur der Zellen während des Betriebs steuern. Ein solches Modell, das zusätzlich die ausführliche elektrochemischen Formeln des Dual-Modells für mehrere Batteriezellen beinhaltet, die in Serie oder Parallel geschaltet arbeiten, stellt die modernste Modellierungsmethode für Lithium-Ionen-Zellen dar.

Steve Hartridge

ist Leiter der Abteilung Elektro- und Hybridfahrzeuge bei CD-adapco.

(dl)

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