Peter Schiefer (links, im Gespräch mit Alfred Vollmer, Chefredakteur AUTOMOBIL-ELEKTRONIK): „Derzeit sind in einem Durchschnittsfahrzeug Halbleiter im Wert von etwa 380 US-Dollar verbaut. Dabei beläuft sich der Halbleiterwert für die Automatisierung gemäß Level 2 heute auf 130 US-Dollar, und bis 2025 für die Automatisierung gemäß Level 3 wird dieser Wert auf 550 US-Dollar steigen.“

(Bild: Alfred Vollmer)

Alfred Vollmer: Herr Schiefer, wie laufen die Geschäfte?

Peter Schiefer: Die Automotive-Geschäfte laufen sehr gut. 2016 war ein wirklich gutes Jahr – vor allem in China und Asien, aber auch in Europa und Nordamerika. Und 2017 sieht bisher ebenfalls rundum gut aus. Infineon steht für Qualität, Kontinuität und Innovation. Wir wollen mitgestalten. Unser Weg: vom bloßen Produktdenken hin zum übergreifenden Systemverständnis. Wir wollen die Systeme, Anwendungen und Erfolgsfaktoren der weiterhin sehr dynamischen Autobranche immer noch besser verstehen. So können wir unseren Kunden – System- und Autoherstellern – neue Lösungen aufzeigen oder gemeinsam mit ihnen entwickeln. Global ausgerichtet und in enger Partnerschaft, machen wir so das elektrische, autonome und datensichere Fahrzeug zum Erfolg.

Wie positioniert sich Infineon?

Peter Schiefer: Wir sehen Infineon als Breitenanbieter für die Halbleiter der Automobilindustrie. Daher setzen wir uns mit den vier Megatrends der Branche auseinander – das sind Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes Fahren, die Elektrifizierung, die Vernetzung der Fahrzeuge untereinander beziehungsweise mit der Infrastruktur sowie , also Datensicherheit.

Peter Schiefer, Infineon: „Wir sehen Infineon als Breitenanbieter für die Halbleiter der Automobilindustrie. Daher setzen wir uns mit den vier Megatrends der Branche auseinander."

Peter Schiefer, Infineon: „Wir sehen Infineon als Breitenanbieter für die Halbleiter der Automobilindustrie. Daher setzen wir uns mit den vier Megatrends der Branche auseinander." Alfred Vollmer

Bei der Elektrifizierung widmen wir uns nicht nur den reinen E-Fahrzeugen und den Hybriden; vielmehr beschäftigen wir uns mit allen Fahrzeugkomponenten, die dazu beitragen, den Energieverbrauch zu senken. Mittlerweile trägt die Division Automotive mehr als 40 Prozent zum Gesamtumsatz des Unternehmens bei. Infineon zeigt mit mehr als 40 Jahren im Automotive-Business ein klares Commitment zur Automobilelektronik.

Was bedeutet „Automotive-Commitment“ für Sie in der Praxis?

Peter Schiefer: Vor allem Null-Fehler-Kultur und kontinuierliche Qualitätsverbesserung. Unsere Produkte liegen über den Anforderungen des Standards Q100 oder Q101; wir wollen sichergehen, dass es über ihre gesamte Lebensdauer keine Ausfälle gibt. Das Thema Zero-Defect hat bei uns einen ganz hohen Stellenwert. Bei unseren rund 5,5 Milliarden in 2016 gelieferten Produkten gab es im Feld quasi keine Ausfälle oder Defekte. Selbst bei sehr komplexen Produkten wie den Mikrocontrollern haben wir bereits Werte von 0,5 ppm, bei Spannungsreglern sogar 0,03 ppm erreicht. Mit dem Anstieg des Marktanteils von 10,4 Prozent im Kalenderjahr 2015 auf 10,7 Prozent für 2016 hat Infineon seine Position als Nummer zwei im 30,2 Milliarden Dollar schweren Markt für Automotive-Halbleiter weiter gefestigt; laut Strategy Analytics im April 2017. Den größten Marktanteilszuwachs erzielte Infineon mit 0,6 Prozentpunkten im Bereich Sensoren.

Was heißt das konkret?

Peter Schiefer: Infineon zeigt, wie autonomes Fahren möglich wird – dank Technologien wie 77-GHz-Radar und Lidar, 3D-Kameras zur Fahrerüberwachung und sicherer drahtloser Softwareupdates Over-the-Air (). Heute ist Infineon Weltmarktführer bei 77-GHz-Radarchips: Mit insgesamt mehr als 50 Millionen verkauften Radarsensorchips ist Infineon der Standard in radarbasierten Fahrerassistenzsystemen von Ober- und Mittelklasse sowie Kleinwagen. Und bei Sensoren werden wir unsere Marktposition in den nächsten fünf Jahren weiter erhöhen, sei es bei Radar, bei Lidar oder bei Drucksensorik für die Sicherheit, unter anderem für Airbags und .

Mit unseren Mikrocontrollern sind wir in verschiedenen Bereichen erfolgreich – Powertrain, , , Chassis und . Beim Motormanagement haben wir 40 bis 50 Prozent Marktanteil, bei Getriebesteuerungen 20 Prozent. Derzeit bringen wir die zweite Generation der Aurix-MCUs auf den Markt, die Schlüsselkomponenten fürs elektrifizierte und autonome Fahrzeug sind. Aurix bietet Echtzeitfähigkeit, Datensicherheit und funktionale Sicherheit, um ISO 26262-Systemanforderungen bis zu ASIL-D zu ermöglichen. Die dritte Generation befindet sich in der Definitionsphase.

Im am stärksten wachsenden Automotive-Teilbereich Leistungshalbleiter hat Infineon seine Marktposition um 0,4 Prozentpunkte auf 25,6 Prozent ausgebaut. Und weil wir für die Elektrifizierung der Fahrzeuge bestens aufgestellt sind, können wir trotz unseres hohen Marktanteils bei Leistungshalbleitern weiter wachsen. Wir sind besonders stolz darauf, dass wir im Wachstumsmarkt China auf Platz zwei vorgerückt sind. Hier haben wir bei regionaler Betrachtung den höchsten Marktanteilsgewinn erzielt: 2,2 Prozentpunkte. Wir beliefern mittlerweile über 500 lokale chinesische Unternehmen. In Korea sind wir Marktführer; es besteht eine langjährige Kooperation mit Hyundai.

Im Ausland spricht Infineon oft von „Premium Products and Premium Service“; was bedeutet das?

Peter Schiefer: Premium Products steht für differenzierende Produkte, die durch unseren sehr hohen Qualitäts- und Innovationsanspruch entstehen. Wir haben verstanden, dass wir die Applikationen und Systeme unserer Kunden sowie deren Roadmap noch besser verstehen müssen. Basierend auf diesem Wissen integrieren wir dann so viele Features wie auf einem Chip nötig, möglich und sinnvoll sind. Ein gutes Beispiel dafür finden wir im Bereich Motorsteuerung: Wo bisher ein separater LDOSpannungsregler, ein LIN-Transceiver, ein Mikrocontroller und ein Gate-Treiber sowie die MOSFETs erforderlich waren. Mit unserem System-on-Chip TLE987x integrieren wir das alles auf engstem Raum, sodass auf der Halbleiterseite nur noch die MOSFETs hinzukommen. Ein weiteres gutes Beispiel für Systemintegration findet sich im Bereich 77-GHz-Radar, wo wir mit einem neuen monolithisch integrierten Bauteil, das gerade auf den Markt kommt, drei bisherige Komponenten ersetzen.

Peter Schiefer, Infineon: „Der Druck auf Wandel steigt, und wenn wir bei der Halbleiterei von neuen Technologiegenerationen reden, dann ist das in der Regel ein langjähriger Entwicklungsprozess."

Peter Schiefer, Infineon: „Der Druck auf Wandel steigt, und wenn wir bei der Halbleiterei von neuen Technologiegenerationen reden, dann ist das in der Regel ein langjähriger Entwicklungsprozess." Alfred Vollmer

Viel wichtiger ist dabei jedoch, dass diese neue Single-Chip-Radarlösung exakt auf ein spezielles Derivat des Mikrocontrollers Aurix abgestimmt ist, und auch die Anbindung an eine fehlersichere Hypersonic-Stromversorgung schon mit berücksichtigt. Wir haben also die Endapplikation im Sinne des Gesamtsystems im Fokus. Dadurch können die Entwickler unserer Kunden sehr viel Zeit sparen, weil die Chips bereits aufeinander abgestimmt sind. Premium Service heißt für uns, dass wir weltweit geschulte Leute vor Ort haben, um die Kunden zu unterstützen. Diese Kollegen üben eine echte Beratungsfunktion aus und nicht nur eine klassische Vertriebsfunktion. Ganz wichtig ist mir auch, dass wir nicht nur rein technische Kompetenz vor Ort haben, sondern auch Qualitätskompetenz. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die digitale Planungskompetenz, die es ermöglicht, vieles besser abzuschätzen als es vielleicht früher der Fall war. Dabei geht es auch darum, sehr agil auf Bedarfsänderungen zu reagieren, um die Liefersicherheit für die Kunden hoch zu halten, während wir gleichzeitig kostenintensive Überkapazitäten vermeiden. Dieser Aspekt war schon immer wichtig, wird aber in Zukunft noch erheblich an Bedeutung zunehmen.

Infineon ist der bevorzugte Halbleiterpartner vieler Autohersteller. Infineon war der weltweit erste Partner im Halbleiterprogramm von Audi. Sehr eng haben wir mit BMW beim i3 und dem i8 zusammengearbeitet und mit Hyundai unter anderem bei Hybridfahrzeugen in Korea. In der strategischen Halbleiter-Partnerschaft mit Volkswagen spezifizieren wir im direkten Dialog Anforderungen an künftige Halbleiterlösungen und beschreiten neue Wege gemeinsamer Entwicklungen. Für mich ist diese enge Zusammenarbeit mit den OEMs ganz wichtig. Wir wollen dabei nicht in den Wettbewerb mit den Tier-1s treten, sondern da nahe genug dran sein, wo die Trends entstehen. Wir wissen, dass sich die Time-to-Market, also die Geschwindigkeit in den Entwicklungsprozessen, verbessern muss. Deshalb haben wir auch ein eigenes Team im Silicon Valley, wo sich vor allem im Bereich autonomes Fahren sehr viel tut. Der Druck auf Wandel steigt, und wenn wir bei der Halbleiterei von neuen Technologiegenerationen reden, dann ist das in der Regel ein langjähriger Entwicklungsprozess. Je früher wir ableiten können, was der Markt braucht, desto besser ist es. Wir können dann nämlich schon Vorentwicklungen starten und haben die Grundlagentechnologie zur Verfügung, wenn sie für die Produkte benötigt wird. Da hilft es eben sehr, auch mit den OEMs direkt zu sprechen; so lässt sich der ein oder andere Trend früher aufnehmen.

Peter Schiefer, Infineon: „Unser Ziel ist es, Lidar zu einer preisgünstigen Option für jeden Neuwagen weltweit zu machen.“

Peter Schiefer, Infineon: „Unser Ziel ist es, Lidar zu einer preisgünstigen Option für jeden Neuwagen weltweit zu machen.“ Alfred Vollmer

Was tut sich im Bereich automatisiertes Fahren?

Peter Schiefer: Bei uns sehr viel: sowohl fürs Fahrzeug als auch für die Infrastruktur. Für das automatisierte Fahren haben wir diverse Sensoren im Programm: Radar, Lidar und Innenraumkamera. Wenn es beispielsweise zur adäquaten Auslösung von Airbags erforderlich ist, die Position von Passagieren exakt zu bestimmen, dann können unsere ToF-Sensoren gute Dienste leisten. Um die Sicherheitsanforderungen im Rahmen der Sensorfusion abzudecken, sind entsprechende funktionssichere Host-Controller wie der Aurix erforderlich. Ist ein Fail-Operational-Betrieb gefragt, dann muss auf der Aktuatorseite beispielsweise die Servolenkung voll redundant arbeiten. Das wiederum stellt gewisse Anforderungen an die Leistungselektronik.

Beim automatisierten Fahren ersetzen /AD-Funktionen den Fahrer. Sie entscheiden, ob das Fahrzeug bremsen oder ausweichen soll, wenn zum Beispiel ein Kinderfahrrad auf die Straße fährt oder ein Ball auf die Straße rollt. Die daraus resultierende Aktion – beispielsweise nach links ausweichen oder bremsen – wird weiterhin von ECUs gesteuert, und diese Steuergeräte müssen eine höhere Performance aufweisen, fail-operational und secure, also datensicher sein. Die Funktionalitäten fail-operational und redundant lassen sich zwar mit einer Verdopplung umsetzen, aber das ist nicht kostengünstig. Bei einem guten Verständnis von System und Applikation lässt sich mit cleveren Lösungen viel Geld und Aufwand sparen. Derzeit sind in einem Durchschnittsfahrzeug Halbleiter im Wert von etwa 380 US-Dollar verbaut. In einem Durchschnittsfahrzeug gemäß Level 2 beträgt der Halbleiterwert für die Automatisierung heute 100 US-Dollar. Bis 2025 wird dieser Wert in einem Durchschnittsfahrzeug gemäß Level 3 auf mindestens 400 US-Dollar steigen.

Ein Thema, das beim automatisierten Fahren in erster Instanz oft unterschätzt wird, ist die Stromverteilung. Ab Level 3 ist nämlich eine Stromversorgung erforderlich, die fail-operational arbeitet und entsprechend abgesichert, aber auch diagnosefähig ist. Der Batterietrennschalter muss elektronisch arbeiten, und an Stelle von Sicherungen sind Halbleiter gefragt, denn, einmal ausgelöst, sind Schmelzsicherungen irreversibel zerstört. Ein Reaktivieren ist mit ihnen unmöglich. Dieses Thema wird derzeit noch nicht so stark diskutiert.

Es gibt ja verschiedene Konzepte auf dem Weg zum automatisierten Fahren – entweder eine hochperformante Datenvorverarbeitung im Sensor oder eine zentrale Sensordatenverarbeitung und -fusion in einem zentralen Steuergerät wie beispielsweise dem zFas im Audi A8. Wohin geht die Reise?

Peter Schiefer: Wichtig ist hierbei auch die Definition des Wortes Rohdaten. Wenn ein Level-4-Fahrzeug beispielsweise acht bis zehn Radarsensoren enthält, dann kommt allein auf der Radarseite bereits ein hohes Datenvolumen zusammen. Da stellt sich die Frage, ob man diese Daten wirklich unkomprimiert mit hohen Datenraten an einen Zentralcomputer übertragen möchte. Zwischenschritte zur Signalvorverarbeitung können dabei sehr sinnvoll sein – vor allem, wenn es einen Modus gibt, der einen selektiven Zugriff auf Rohdaten im Bedarfsfall ermöglicht. Unsere Aurix-Familie sorgt übrigens für die Verlässlichkeit des zFAS-Systems. In seiner Eigenschaft als Hauptcontroller gehen vom Aurix im automatisierten Betrieb die Steuerbefehle aus für Bremse, Lenkung, Motor und Getriebe. Neben der Steuerung von Aktuatoren hat Aurix eine weitere Schlüsselrolle als Sicherheitsanker, indem er die nicht nach den Standards der Automobilindustrie qualifizierten Komponenten absichert.

Wohin geht der Trend bei Radarsystemen?

Peter Schiefer, Infineon: „2016 waren wir in acht der zehn meistverkauften Elektroautos mit unseren Lösungen vertreten.“

Peter Schiefer, Infineon: „2016 waren wir in acht der zehn meistverkauften Elektroautos mit unseren Lösungen vertreten.“ Alfred Vollmer

Peter Schiefer: Infineon hat im letzten Jahr 30 Millionen Radarsensorchips verkauft, Tendenz weiter steigend. Beim 77-GHz-Fernbereichsradar mit Reichweiten von 200 bis 300 m wird auch weiterhin noch die Silizium-Germanium-Technologie dominieren. Auch Radarsensoren für automatische Notbremsungen sind noch auf SiGe-Basis, aber längerfristig könnte hier auch die hochintegrierte CMOS-Technologie ins Spiel kommen. Bei den einfacheren Radarsensoren zur Surround-Erfassung, die teilweise mit 24 GHz arbeiten, wird wohl auch eine Rolle spielen, vielleicht auch, um zu ersetzen. Obwohl auch wir CMOS-Radar entwickeln, wollen wir für anspruchsvolle Anwendungsfälle weiterhin spezielle SiGe-/BiCMOS-Produkte zu einem attraktiven Preis auf den Markt bringen.

Ab etwa 2022 bis 2024 kommt der Markt in eine neue Phase, in der sich verschiedene Funktionsumfänge als Standard herauskristallisieren. Dann ist der Zeitpunkt zur Integration von Hochfrequenzbausteinen und Mikrocontrollern gekommen; dann geht es stärker um die Kosten, weil die hauptsächlichen Features gesetzt sind.

Unser aktueller Lidar-Report erzeugte eine sehr positive Resonanz. Was tut sich in diesem Bereich?

Peter Schiefer: Neben der Kamera und dem Radar ist Lidar die dritte Sensortechnologie, die für das automatisierte Fahren ab Level 3 notwendig ist. Wir entwickeln bereits Chiplösungen für Lidarsysteme. (Anmerkung der Redaktion: Hier finden Sie Hintergrundinfos). Noch im 4. Kalenderquartal 2017 werden wir einen Demonstrator anbieten, mit dem Tier-1s die Wirkprinzipien dieser Lösung im Fahrzeug erarbeiten können. Das System besteht aus dem MEMS-Spiegel, einem Steuerungs-ASIC und einem Transceiver-ASIC als wesentliche Elemente. Wir arbeiten daran, die MEMS-Technologie in unser Werk nach Villach zu bringen, wo wir unter anderem sehr große Erfahrungen mit Siliziummikrofonen und TPMS gesammelt haben. Zum Start der Solid-State-Lidarsysteme ab 2020 werden wir bereit sein. Unser Ziel ist es, Lidar zu einer preisgünstigen Option für jeden Neuwagen weltweit zu machen. Lidar wird genauso wie Radar eine Erfolgsgeschichte werden.

Die Elektromobilität ist einer der Megatrends…

Peter Schiefer, Infineon: „2016 waren wir in acht der zehn meistverkauften Elektroautos mit unseren Lösungen vertreten."

Peter Schiefer, Infineon: „2016 waren wir in acht der zehn meistverkauften Elektroautos mit unseren Lösungen vertreten." Alfred Vollmer

Peter Schiefer: … bei denen wir schon seit Jahren eine prägende Rolle spielen. 2016 waren wir in acht der zehn meistverkauften Elektroautos mit unseren Lösungen vertreten. Von fertigen Modulen bis zum nackten Chip bieten wir viele Produkte für die Elektrifizierung des Antriebsstrangs an: unter anderem Mikrocontroller, Treiber, IGBTs, MOSFETs – diese auch auf Basis von Siliziumkarbid. Bei unseren Leistungsmodulen setzen wir auf Skalierbarkeit. So können wir optimal auf Kundenanforderungen eingehen: unser Modul HybridPACK Drive wurde ursprünglich für 150-kW-Umrichter entwickelt. Bei gleichem Footprint ermöglicht es heute Performance-Optionen zwischen 100 und 180 kW. Da immer der gleiche EDT2-IGBT zum Einsatz kommt, ist über den gesamten Leistungsbereich ein einheitliches elektrisches Verhalten sichergestellt.

Durch den Wechsel des Chipsatzes auf unsere erste Generation von SiC-Trench-MOSFETs steigt die Ausgangsleistung des HybridPACK Drive ab 2019 sogar auf über 300 kW – ein gewaltiger Performance-Sprung. Zwar ist bezogen auf die Wafer-Fläche deutlich teurer als Silizium, aber seine Stromtragfähigkeit ist auch ungleich höher: So kommt man für eine bestimmte Stromstärke mit weniger als einem Drittel der Halbleiterfläche aus. Unsere Trench-basierten SiC-MOSFETs fertigen wir übrigens von Anfang an auf 150-mm-Wafern. Zieht man die Vorteile auf Systemebene in Betracht – beispielsweise kompaktere Bauweise, geringerer Kühlaufwand, leichtere Systeme – dann ist SiC bereits heute in ersten Applikationen wettbewerbsfähig. Mit SiC-MOSFETs darf die Batterie bei gleicher Reichweite 5 Prozent kleiner ausfallen. Derzeit ist SiC primär für Premium-Elektroautos mit großen Batteriekapazitäten von über 40 kWh interessant, wobei sich mit Anhebung der Batteriespannung auf 800 V und den passenden Schnellladesystemen die Attraktivität von SiC noch weiter erhöht.

Und apropos xEV-System: Mit Aurix und abgestimmten Chipsetlösungen lassen sich effiziente Anwendungen für die Vehicle Control Unit, Motorcontrol (Inverter), DC/DC-Wandler, das Battery-Management-System und On-Board-Charging entwickeln.

Vor etwa zwei Jahren hat Infineon International Rectifier gekauft, und IR hat stark auf gesetzt. Was tut sich bei GaN?

Peter Schiefer: spielt ganz klar eine Rolle bei Infineon. Bei der Markteinführung im Consumer- und Industriesegment, wo die GaN-Eigenschaften den deutlichen Wettbewerbsvorteil bieten, machen wir tolle Fortschritte. Im Automotive-Bereich sehen wir derzeit jedoch noch keine geeigneten Einsatzmöglichkeiten. Nicht nur die Kosten sind hier gegenwärtig das Ausschlusskriterium, sondern die Zuverlässigkeit bezogen auf die im Auto auftretenden Lastprofile. Mit GaN sind sie noch nicht da, wo unsere Kunden sie erwarten. Vor 2020 sollte man daher nicht mit einer Einführung rechnen.

Welche Chips fertigt Infineon selbst, welche stellen Foundries her?

Peter Schiefer, Infineon: "Ohne Security kein automatisiertes Fahren."

Peter Schiefer, Infineon: "Ohne Security kein automatisiertes Fahren." Alfred Vollmer

Peter Schiefer: Wir wollen uns differenzieren. Wenn Fertigungstechnologie, Materialien oder Prozesse in Summe zu dieser Differenzierung beitragen, also wirklich ein Mehrwert für den Kunden entsteht, dann fertigen wir selbst. Anders bei Standard-CMOS-Prozessen. Hier greifen wir auf unsere Kooperationen mit TSMC und Global Foundries zurück.

Welche Bedeutung hat Security im Auto?

Peter Schiefer: Ohne Security kein automatisiertes Fahren. Für die Kommunikation ist sie unabdingbar – die fahrzeuginterne als auch die zu Infrastruktur beziehungsweise anderen Fahrzeugen. Dabei sind die speziellen Randbedingungen der Autobranche zu berücksichtigen: lange Produktlebenszeit, während derer die Integrität von Safety- und Cybersicherheitssystemen beizubehalten ist und zukünftige funktionale Erweiterungen, neue Dienste, Online-Services etc. berücksichtigt werden müssen. Gibt es eine Sicherheitslücke, muss man schnell reagieren und sie unverzüglich schließen können. Das heißt, schon heute gewisse Sicherheitsmechanismen einzubauen, die gegebenenfalls erst morgen gebraucht werden. Infineon bietet ein bezüglich der Sicherheit skalierbares Produktspektrum, mit dem sich verschiedene Sicherheitsstufen im Fahrzeug zu realisieren lassen. Es geht darum, Schlüssel abzusichern und kryptographische Funktionen zu realisieren, auf denen die Applikation aufgebaut werden kann. Unsere Security-Produkte fürs Auto umfassen 32-bit-Mikrocontroller wie Aurix mit monolithisch integriertem Hardware Security Module () für safety-kritische Anwendungen; außerdem Sicherheitscontroller für Embeddded-SIMs, Secure-Elements und Trusted Platform Module (TPM) mit sicherheitszertifiziertem Schlüsselspeicher sowie unterstützende Software-Pakete. Security ist ein Muss im Auto – und Infineon trägt dazu bei.

Welche Bedeutung hat der Fachkongress „Fortschritte in der Automobil-Elektronik“ für Sie?

Peter Schiefer: Der Automobil-Elektronik-Fachkongress in Ludwigsburg ist für uns immer ein Highlight. Es gibt dort nicht nur gute Vorträge sondern auch eine fantastische Möglichkeit, sich mit dem Who-is-Who der Automobilelektronik auszutauschen.

Das Interview führte Alfred Vollmer, Chefredakteur der AUTOMOBIL-ELEKTRONIK.

Alfred Vollmer

Chefredakteur AUTOMOBIL-ELEKTRONIK

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