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Auf einen Blick

EKG ganz einfach: Statt dem klassischen Bündel aus EKG-Elektroden genügen beim EPIC-Chip von Plessey zwei Sensoren, um das Herz zu überwachen. Gemeinsam mit Aventyn entstand ein kompaktes, mobiles Gerät mit verblüffend vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten.

Chronische und andere lange dauernde Krankheiten stellen einen hohen Prozentsatz von Notfallbehandlungen und Krankenhausaufenthalten dar. In den USA waren nach einer Untersuchung im Jahr 2007 etwa 28 % aller Todesfälle in Kliniken auf chronische Krankheiten zurückführbar. Mehrere dieser Krankheitskategorien, etwa Herzinsuffizienz, chronische Lungenprobleme, Zuckerkrankheit oder chronische Schmerzen, ließen sich mit der hier vorgestellten Innovation ohne stationären Aufenthalt kontrollieren und therapieren.

Schon 1991 hatten in den USA etwa 5,7 Millionen Menschen eine Anlage für Herzinsuffizienz. Von dieser Gruppe wurden 670.000 Fälle pro Jahr mit akutem Herzversagen diagnostiziert, was zu 870.000 stationären Aufnahmen und 200.000 Todesfällen führte. Die Ausgaben durch Herzinsuffizienz belaufen sich jährlich auf 50 Milliarden US-Dollar, was 10 % der aktuellen Krankenhaus-Gesamtkosten darstellt.

Per EKG gegen die Herzinsuffizienz

Bild 1: Vitalbeat gestattet die Anzeige und Überwachung von wichtigen Patientendaten auch durch Remote-Monitoring.

Bild 1: Vitalbeat gestattet die Anzeige und Überwachung von wichtigen Patientendaten auch durch Remote-Monitoring.Aventyn

Aus medizinischer Sicht wäre für diese Patienten ein EKG-Gerät sinnvoll, das sie bequem mit sich führen und das jederzeit ihren aktuellen Status ermitteln kann. Um das Gerät kompakt zu halten, bietet es sich an, ein Smartphone als Monitor zu nutzen und bei der Gelegenheit die Daten auch per Funk an den behandelnden Arzt zu senden. Genau eine solche Lösung haben Plessey Semiconductor und Aventyn entwickelt: Das medizinische Instrument namens Vitalbeat (Bild 1) besteht aus dem EPIC-Sensor von Plessey und der Applikations-Software von Aventyn. Es handelt es sich um ein portables Gerät zur Messung, Auswertung und Darstellung von EKG-Daten auf dem Mobiltelefon des Patienten und der Möglichkeit von Remote-Monitoring durch den Arzt.

Die mobile Applikation ist dazu geeignet, eine zielorientierte Medikation zu kontrollieren, damit sich der Zustand des Patienten nicht verschlechtert. Mit dieser Software ist es für den Arzt möglich, einen Risikopatienten via Smartphone oder Tablet aus der Ferne für einen längeren Zeitraum zu überwachen. Dadurch lassen sich Therapien verfolgen, um das Leben von Patienten für einen Bruchteil der Kosten eines Klinikaufenthalts zu verlängern. Die Applikation setzt den Arzt auch in die Lage, die Medikation zu überwachen und gegebenenfalls Alarmmeldungen auszulösen, falls der Patient gewisse Pegel überschreitet. Da das Smartphone auch den Zugang Twitter und Facebook ermöglicht, kann der Patient mit ebenfalls betroffenen Mitgliedern kommunizieren. Damit ergeben sich folgende Vorteile:

  • Geringere Kosten und höhere Sicherheit dank Remote-Monitoring und Krankheitsmanagement für chronisch kranke Herzgefäßpatienten
  • Sicherer Datenaustausch zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder Situation durch Connectivity und Datenschutz
  • Höhere Lebensqualität durch Erinnerungs- und Alarmsignale zur Einhaltung der verordneten Medikationen

Potenzialdifferenzen präzise messen

Bild 2: Schaltbild eines typischen EPIC-Sensors.

Bild 2: Schaltbild eines typischen EPIC-Sensors.Plessey

Der EPIC-Chip (Electric Potential Integrated Circuit) von Plessey ist für den Einsatz als EKG-Sensor (Eletrokardiogramm) optimiert, der mindestens so gute oder bessere Ergebnisse als konventionelle Elektroden ermöglicht. Man betrachtet den EPIC-Sensor dabei als nahezu perfektes Voltmeter, das so gut wie keine Belastung für das zu messende Signal darstellt (Bild 2). Die Sensorelektrode benötigt keinen ohmschen Kontakt mit dem Körper des Probanden, wodurch der Systemaufbau von Haus aus elektrisch isoliert ist.

Die EPIC-Produktfamilie besteht aus Sensoren mit Bandbreiten im Bereich von 0,01 Hz bis 100 kHz. Diese Werte lassen sich entweder während der applikationsspezifischen Entwicklungsphase erzielen oder durch die Auswahl von externen Komponenten. Das AC-Verhalten der EPIC-Sensoren macht sie unabhängig von statischen elektrischen Feldern wie dem Feld der Erde, womit ein stabiler Betrieb über den ganzen Frequenzbereich erreicht wird.

EPIC erlaubt sehr schnelle Messungen, was im Gesundheitssystem Geld und Zeit spart. Weiterhin bietet EPIC gegenüber Kontaktelektroden, die durch die Anwendung von Gelen auf der Haut des Patienten haften müssen, einen höheren Komfort und zuverlässigere Ergebnisse, da die Messungen kontaktlos erfolgen. Ohne das Gel wird auch die Reinigung des Sensor nach einer Anwendung sehr erleichtert. Demgegenüber müssen die Elektroden in konventionellen EKGs nach jeder Anwendung aus hygienischen Gründen entsorgt werden, was pro Anwendung zwei US-Dollar kostet.

Bild 3: Mit zwei Sensoren und integrierter Applikations-Software lässt sich eine komplette Plattform zur Diagnose und Überwachung von potenziellen Herzpatienten realisieren.

Bild 3: Mit zwei Sensoren und integrierter Applikations-Software lässt sich eine komplette Plattform zur Diagnose und Überwachung von potenziellen Herzpatienten realisieren.Aventyn

Zwei gewinnt

Mit EPIC genügen zwei Sensoren, um eine Potenzialdifferenz zu bestimmen. Die Sensoren messen sie im Bereich von Millivolt durch kapazitive Kopplung. Bei der Messung von Herzsignalen verursacht die elektrische Aktivität des menschlichen Herzens ein solches, genau definiertes EKG-Signal, das die EPIC-Sensoren erfassen. Dazu hält der Patient die beiden Sonden in den Händen, während man in bisherigen Systemen sechs und mehr Elektroden an diversen Körperstellen des liegenden Patienten anbringen musste (Bild 3).

Bild 4: Aufbau des EPIC-Sensors PS25201.

Bild 4: Aufbau des EPIC-Sensors PS25201.Plessey

Das Messverfahren des EPIC-Sensors ist so leicht zu handhaben, dass Plessey ein reichlich verblüffendes Testsystem aufgebaut hat: Die Briten setzen die Sensoren einfach in das Lenkrad eines Autos und senden die Messwerte per Bluetooth an ein Handy. Das fungiert dann wieder als Herzüberwachungsmonitor, der die Herzfrequenz eines Fahrzeuglenkers während der Fahrt überwacht. Damit erhält das Mobilgerät Hinweise auf psychologische und physiologische Daten, etwa die Aufmerksamkeit und die Kondition des Fahrers (Bild 4).

Auch das Vitalbeat eignet sich für zusätzliche Anwendungen: Mit diesem Gerät lässt sich nicht nur der Pulsschlag eines Patienten darstellen, sondern auch weitere Daten wie der Blutdruck, der Blut-Glukose-Wert, der Körpermasseindex BMI, die Hauttemperatur und das Gewicht, falls entsprechende Sensoren eingesetzt werden. Aufgrund der Connectivity von Vitalbeat kann man über die individuelle Anwendung an einem Patienten hinausgehen und landesweite Projekte durchführen, an denen sich eine große Zahl von Patienten mit den gleichen Krankheitssymptomen beteiligen kann. Die von den Patienten kommenden Daten gelangen unmittelbar auf das Portal des Mediziners. Aufgrund der internationalen Kommunikationsmöglichkeiten kann man sogar weltweite Studien mit Patienten in verschiedenen Kontinenten durchführen. Das eröffnet neue Wege für die effiziente Behandlung, die klinische Entscheidungsfindung und das langfristige Krankheits-Management.

Navin Govind

ist CEO von Aventyn in Carlsbad, Kalifornien.

(lei)

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