Hendrik Thiel: „Bei Start-ups sind die finanziellen Rücklagen oftmals nicht ausreichend, um die Liquidität des Unternehmens über einen länger andauernden Lock-Down sicherzustellen“.

Hendrik Thiel: „Bei Start-ups sind die finanziellen Rücklagen oftmals nicht ausreichend , um die Liquidität des Unternehmens über einen länger andauernden Lock-Down sicherzustellen“. (Bild: Heitec)

all-electronics hat eine Umfrage bei einer Reihe von Elektronik-Unternehmen zum Thema Umgang mit der Corona-Krise gestartet. Die Unternehmen berichten, welche Maßnahmen sie ergriffen haben, wie sie sich auf das Hochfahren der Geschäftstätigkeit vorbereiten und was sie von der Politik erwarten. In diesem Übersichtsbeitrag fassen wir die wichtigsten Aussagen zusammen.

Wie haben Sie sich bzw. ihr Unternehmen mit den Corona-Einschränkungen arrangiert? Welche Maßnahmen wurden getroffen, um mit der Situation zurecht zu kommen?

Hendrik Thiel:

  • Einzelfallprüfung pro Mitarbeiter, ob „Mobile Working“ möglich ist. Bei positiver Prüfung gibt es „Mobile Working“
  • Reduktion der Mitarbeiter-Anzahl am Standort zur Risikominimierung einer Übertragung der Infektion innerhalb der Firma
  • Vergrößerung der Abstände zwischen den Arbeitsplätzen in allen Bereichen (auch Fertigungen)
  • Engmaschiges Tracking / Kommunikation mit Lieferanten, um zeitnah reagieren zu können / die avisierten Liefertermine sicherzustellen
  • Bereitstellen von Desinfektionsmittel / Verstärkte Reinigung des Gebäudes v. A. von infektions-kritischen Bereichen
  • Sensibilisierung der Mitarbeiter durch regelmäßige Informationsveranstaltungen
  • Face-to-Face Meetings auf ein absolut nötiges Minimum reduziert, falls notwendig unter Einhaltung eines Minimal-Sicherheitsabstandes von 2 m
  • Verstärkte Nutzung von digitalen Tools (WebEx Meetings für Videokonferenzen) sowohl intern als auch lieferanten- und kundenseitig,
    papier- und kontaktlose Annahme und Abgabe im Warenein- und Ausgang
  • Einhaltung der Empfehlungen des RKI zur Selbstisolation des betroffenen MA im Verdachtsfall, bis negativer Befund über Covid-19-Infektion vorliegt
  • Kein Empfang / direkter Kontakt von Kunden / Lieferanten etc. innerhalb der Betriebsstätten von Heitec oder Besuch von Kunden / Lieferanten etc. durch Heitec-Mitarbeiter

Wie sieht die Exitstrategie aus, um zu einem ansatzweise „normalen“ Arbeitsalltag zurück zu kehren, und welchen Zeitraum planen Sie dafür ein?

Hendrik Thiel:

  • Schrittweises Zurückholen der Mitarbeiter aus dem Mobile Working ins Büro
  • Produktionen laufen aktuell gut ausgelastet, daher ist hier keine Exit-Strategie nötig
  • Zeitraum, um wieder in den Normalbetrieb überzugehen. Ca. 4 bis 6 Wochen nach Lockerung der Einschränkungen

Werden die Corona-bedingten Einschränkungen ihren Arbeitsalltag und -organisation auch nach Ende der Epidemie nachhaltig verändern?

Hendrik Thiel:

  • Covid-19 hat gezeigt, dass der Einsatz moderner Kommunikationstechnik (z.B. online Videokonferenzen) einige Direktbesuche ersetzen kann, und wird meiner Meinung nach daher v. A. auf Vertriebsseite verstärkt auch nach der Krise zum Einsatz kommen.
  • Generell denke ich, dass diese Krise uns gezeigt hat, dass sowohl modernes, flexibles Zeitmanagement als auch die „freiere“ Wahl des Arbeitsplatzes in Absprache mit dem jeweiligen Vorgesetzten in solcher Intensität möglich sind und beide daher wohl auch nach der Krise durch die Mitarbeiter weiter genutzt werden können.
  • Digitalisierung der Prozesse und der Arbeitsweisen. Verstärktes Schonen der Umwelt aufgrund der (nun gezwungenermaßen genutzten) digitalen Tool-Chain und die damit verbundenen Reduktion von Ausdrucken / Kopien

Welche Unterstützung seitens der Politik würden Sie sich dabei wünschen, bzw. welche Maßnahmen sind nötig, um wieder einen normalen Arbeitsalltag zu gewährleisten?

Hendrik Thiel:

  • Klare Vorgaben / Informationen darüber, wann und wie der Gesetzgeber die Maßnahmen reduzieren möchte
  • Damit verbundene Einhaltung / Klarheit über die Umsetzung / Aussetzung der Schutzmaßnahmen (Bsp.: Verdopplungszahl muss >10 sein, dann deutlich >10, nun deutlich >20)
  • Planungssicherheit durch klare Kommunikation und Information

Wie schätzen Sie die Folgen für Start-ups ein?

Hendrik Thiel:

  • Verheerend!
  • Gerade Einzelunternehmer, Kleinunternehmen  oder kleine Mittelständler, Gastronomie und Hotellerie werden mit den aktuell finanztechnischen Hilfsmaßnahmen nur schwer oder meines Erachtens nach in vielen Fällen gar nicht überleben.
  • Dasselbe gilt für Start-ups, da hier die finanziellen Rücklagen oftmals nicht ausreichend sind, um die Liquidität des Unternehmens über einen länger andauernden Lock-Down sicherzustellen.
  • Speziell in diesen Fällen können wir noch nicht vorhersehen, wie die Politik mit dem durch die Verabschiedung der Maßnahmen zu Eindämmung der Pandemie ausgehebelten Insolvenzrecht (COVInsAG) in der zur erwartenden Insolvenzwelle agieren wird.

(aok)

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