Das HiL-System LABCAR

… ermöglicht mit seiner modularen Architektur auch den Test von Invertersteuergeräten auf Signal- und Leistungsebene. Da das Simulationstarget auf einer Multicore-PC-Plattform läuft, wächst seine Performance quasi automatisch.

 

Der Einsatz von elektrischen Motoren als Antrieb von Kraftfahrzeugen stellt die Entwickler vor eine Reihe neuer Herausforderungen – unter anderem beim Test des Invertersteuergeräts, das die Umrich­tung von Gleichstrom in Wechselstrom für den Motorbetrieb beziehungsweise in umgekehrter Richtung im Gene­ratorbetrieb (Rekuperation) regelt. Dazu berechnet es aus den verschiedenen Eingangsgrößen wie zum Beispiel Fahrerwunsch, Geschwindigkeit und Batterieladezustand die notwendigen Ansteuerimpulse für die Leistungsschalter des Umrichters.

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Die hoch dynamischen Eigenschaften des elektrischen Systems stellen beträchtliche Anforderungen an die Geschwindigkeit des Testsystems, weil es mit der für den Betrieb der Maschine notwendigen hohen elektrischen Leistung zuverlässig umgehen und diese sicher schalten muss.

Klassische Tests auf Leistungsebene

Um die Regelalgorithmen und die Leistungselektronik der Invertersteuergeräte zu testen, bieten sich wie bei anderen Steuergeräten HiL-Systeme (HiL: Hardware-in-the-Loop) an, die reproduzierbar den Betrieb des Steuergeräts in einer simulierten realitätsnahen Umgebung erlauben. Hierbei gilt es, für den elektrischen Antriebsstrang echte elektrische Leistungen abzubilden. Bei diesen Tests auf Leistungsebene treten Leistungen von bis zu 150 kW auf. Bisher kamen dazu vorwiegend Prüfstände mit realen E-Motoren zum Einsatz. Wie beim Verbrennungsmotor-Prüfstand muss dabei eine Belastungsmaschine das Lastmoment auf die Motorwelle aufprägen, und hierdurch wird ein derartiges System sehr komplex, groß und teuer. Das Nachbilden dynami­scher Fahrprofile erfordert eine extrem leistungsfähige Lastmaschine, die der drehmomentstarken An­triebsmaschine in angemessener Art und Weise entgegenwirken kann.

Tests mit Emulatoren

Im Gegensatz zu realen Lasten bilden E-Maschinen-Emulatoren nur das elektrische Verhalten an den Klemmen eines Elektromotors ab. Sämtliche mechanischen Komponenten können entfallen, sodass ein Testen ohne rotierende Teile erfolgen kann. Die Charakteristik der Maschine lässt sich durch Wahl von Modellpara­metern in weiten Grenzen frei konfigurieren, sodass eine große Anzahl unterschied­licher Maschinen verschiedener Leistungsklassen mit dem gleichen Emulator darstellbar ist. Auch kann so die Regelelektronik für Maschinen getestet werden, die noch gar nicht als real existierende Muster verfügbar sind.

Im Zusam­menspiel mit einem Batterie-Emulator, der in der Lage ist, anhand eines passend parametrierten Batte­riemodells die Spannung und den Strom aus einer Hochvolt-Batterie nachzubilden, lassen sich somit die Hard­ware und die Regelalgorithmen (auch von seriennahen Steuergeräten) unter realis­tischen Bedin­gungen testen. Auch Tests in Grenzbereichen sind sicher beherrschbar – sei es bei Ein­zeltests oder im Dauerlauf.

Die Nachbildung des Niederspannungs-Bordnetzes sowie der Kom­mu­nika­tionsbusse und Kleinsignal-Sensorsignale übernimmt dabei ein klassisches HiL-System, das auch für die Simulation des Fahrzeugmodells zuständig ist und obendrein die Echtzeit-Steuerung der Emula­toren übernimmt. Allerdings sind auch solche Anlagen nicht nur sehr teuer, sondern sie erfordern darüber hinaus auch viel Platz.

Tests auf Signalebene

Für die Tests der Regelfunktionen im Steuergerät ist ein Motor oder ein Emulator prinzipiell nicht erfor­derlich, weil die Leistungs­endstufen des Inverters abgetrennt und die Hochvoltkomponenten von Batterie und E-Maschi­ne ebenfalls simuliert werden können. Derartige Tests auf Signalebene bieten einige Vorteile: Da die gesamte große und teure Hochleistungselektronik mit Drehstromanschluss und Küh­lung entfällt, ist der Einsatz an einem einfachen Laborplatz möglich. Sicherheitsvorkehrungen für hohe elektrische Leistungen und Ströme entfallen ebenfalls, sodass sich viele Funktionen im Steuergerät an relativ günstigen Test­plätzen testen lassen.

Bereiche des Tests auf Signal- und Leistungsebene. Die Simulationskarte ES5340 simuliert die elektrischen Leistungskomponenten.

Bereiche des Tests auf Signal- und Leistungsebene. Die Simulationskarte ES5340 simuliert die elektrischen Leistungskomponenten.E

Da Motor und Batterie virtuell nachgebildet sind, sind die Ingenieure in der Lage, die Eigenschaften des Testsystems per Mausklick zu verändern, was wiederum den schnellen Vergleich unterschiedlicher Varianten ermöglicht. Die Motormodelle kön­nen mit Simulink, ASCET oder auf Basis von C-Code realisiert werden. Sie enthalten keine hardware-abhängigen Elemente und ermöglichen somit Single-Source-Modelle über die verschiedenen Test­phasen und -varianten hinweg – eine Eigenschaft, die für die komplexen Elektro- und Hybridantriebe sehr wichtig ist.

Synchron zum Steuergerätetakt

Für den realitätsnahen Betrieb des Steuergeräts erlaubt das HiL-System eine zeitsynchrone Ver­mes­sung der Signale, mit denen die Ansteuerung der Gatetreiber des Inverters erfolgt. Dies bedeutet, dass spezielle Hardware das Taktsignal aus den Ansteue­rsignalen wiederherstellt und damit die Berechnung des Modells steu­ert. Innerhalb des Rechenrasters im Steuergerät besteht damit die Möglichkeit, die aktualisierten Sensorwerte für Ströme, Spannungen, Rotorposition und Rotorgeschwindigkeit zu berechnen, sodass diese Werte stets rechtzeitig vor Beginn des nächsten Rechenzyklus am Steuergerät zur Verfügung stehen, was wiederum einen fehlerfreien und realitätsnahen Betrieb des Steuergeräts am Testsystem ermöglicht.

Übersichtliche Darstellung der Informationen erleichtert das Arbeiten

Übersichtliche Darstellung der Informationen erleichtert das ArbeitenETAS

 

Schnelle Modellrechenzeiten sind für diese Art von Tests bei elektrischen Fahrzeugantrieben besonders wichtig. Mit dem RTPC besitzt das HiL-System LABCAR von ETAS eine ausreichend leistungsfähige Simula­tions­platt­form. Durch den Einsatz von Standard-PC-Technologie ist gleichzeitig die kontinuierliche Weiterent­wick­lung sichergestellt, sodass auch auf lange Sicht genügend Rechenleistung für zunehmend komplexe und rechenintensive Modelle zur Verfügung stehen wird.

Mit zunehmender Anzahl der Rechenkerne in Multicore-Prozessoren kann der Anwender quasi automatisch mehrere Modelle oder Modellteile parallelisieren. Derzeit liegen die Modellrechenzeiten deutlich unter 10 ?s. Noch schnellere Modellrechenzeiten von unter 800 ns ermöglicht ein FPGA-Modell – und zwar bei hoher Genauigkeit.

Durchgängig auf Signal- und Leistungsebene

Der Bereich Elektro- und Hybridfahrzeuge bei Bosch führt HiL-Tests von Invertersteuergeräten sowohl auf Signal- als auch auf Leis­tungsebene mit LABCAR durch, was mit der modularen Architektur von LABCAR einfach möglich ist. Dadurch lassen sich die Konfiguration der Benutzeroberfläche und der Testfälle sowie die automatisierten Tests beliebig zwischen den Systemen austauschen. Mit LABCAR schufen die Ingenieure eine durch­gän­gige, effiziente und zukunftssichere Testumgebung, sodass Bosch die Tests wirtschaftlich und umfassend sicherstellen kann.

 

 

 

 

Henrik Liebau, Jürgen Crepin

: Henrik Liebau, ist Produktmanager für Test und Validierung bei der ETAS GmbH in Stuttgart. Jürgen Crepin ist bei der ETAS GMBH in Stuttgart für die Kommunikation in den Bereichen Software-Engineering und Test verantwortlich.

(av)

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