Bild 3: Massive Einpresstechnik.

Bild 3: Massive Einpresstechnik. (Bild: Würth Elektronik ICS)

Ein Beispiel für die Verbannung ist die Löttechnik, hier ist Blei als Bestandteil des Lotes nahezu nicht mehr im Einsatz. In der Industrie spielt Blei jedoch nach wie vor eine wichtige Rolle. Denn der Einsatz von Blei verbessert das Gleit- und Reibverhalten und sorgt für hervorragende Zerspanbarkeit von Kupferlegierungen. Dort ist die Verwendung von Kupferlegierungen mit einem Massenanteil von bis zu 4 Prozent Blei aufgrund der noch bestehenden Ausnahmeregelung 6c in Anhang III der RoHS-Richtlinie noch möglich. Diese und weitere Ausnahmen enden nach heutigem Stand am 21. Juli 2021.

Eck-Daten

Verschiedene Richtlinien zum Schutz von Mensch und Umwelt verbieten schädliche Stoffe wie etwa Blei. Gerade in der Industrie spielt Blei aber aufgrund seines guten Gleit- und Reibverhaltens sowie seiner Zerspanbarkeit noch eine wichtige Rolle. Allerdings gibt es auch alternative Produkte. Würth Elektronik entwickelte eine bleifreie Produktserie an Powerelementen.

Nach dem Ende der Ausnahme dürfen in Europa keine Elektro- und Elektronikgeräte mehr verkauft werden, die die Grenze von 0,1 Prozent Blei in Werkstoffen überschreiten. Wie zu erwarten war, sind bei der zuständigen EU-Kommission zahlreiche Anträge für eine erneute Verlängerung der Ausnahmeregelung eingegangen. Einige Hersteller setzen daher auf längere Übergangszeiten bei diesen Ausnahmeregelungen. Diese Strategie birgt aber große Risiken. Sehr schnell könnten OEMs vor der Herausforderung stehen, ihre Elektronik-Baugruppen mit großem Aufwand und Investitionen aufgrund eines endgültigen Verbots von Blei neu entwickeln zu müssen.

Beispiel Powerelemente

Warum gibt es überhaupt diese Ausnahme im Bereich der Kupferlegierungen? Es geht um das sogenannte Zerspanungsmessing (CuZn39Pb3). Blei als Nebenbestandsteil von rund 3 Prozent sorgt hier für einen guten Spanbruch und eine leichte Schmierung. Dadurch reduziert sich die Reibung, was eine geringere Wärmeentstehung im Zerspanungsprozess zur Folge hat. Ohne Blei verschlechtert sich die Zerspanbarkeit, und die bisherigen Bearbeitungsprozesse können nicht ohne Weiteres auf Messinglegierungen ohne Blei übertragen werden. Wer mit diesem Messing arbeitet, muss neue Bearbeitungsprozesse entwickeln.

Bild 1: Bleifreie Hochstromkontakte von Würth Elektronik ICS: LF Powerelements.

Bild 1: Bleifreie Hochstromkontakte von Würth Elektronik ICS: LF Powerelements. Würth Elektronik ICS

Ein Hersteller hat dies für ein wichtiges Produkt getan: Die von Würth Elektronik ICS erfundenen Powerelemente sind Kontakte für Hochstromanschlüsse bis 1 000 A an Leiterplatten. Es gibt diese Powerelemente in zahlreichen Ausführungen, unter anderem als lötbare Bauelemente. Ganz zentral aber ist die Einpresstechnik. In Automotive-Anwendungen etwa müssen Wire-to-Board- und Board-to-Board-Verbindungen möglichst robust und vibrationsbeständig sein. Dank ihrer mechanischen und elektrischen Eigenschaften bietet die Einpresstechnik genau dies. Außerdem zeigen die Powerelemente in Einpresstechnik ein gutes thermisches Verhalten bei hohen Strömen aufgrund des geringeren Übergangswiderstands zwischen Pin und Leiterplatte. Die Einpresspins, die durch Kaltverschweißung robuste und gasdichte Verbindungen mit der Leiterplatte ermöglichen, sind aus Messing und werden aus dem Vollen herausgefräst. Deshalb war CuZn39Pb3 hier bisher das Material der Wahl – jetzt hat Würth Elektronik ICS eine bleifreie Alternative vorgestellt: Die bleifreien Powerelemente stehen für verschiedenste Anwendungen zur Verfügung, einfach zu erkennen am “LF” vor der Produktbezeichnung (LF = lead free).

Es geht auch ohne Blei

Bild 2: Anwendungsbereiche von Powerelementen.

Bild 2: Anwendungsbereiche von Powerelementen. Würth Elektronik ICS

Als Erfinder und Hersteller der Powerelemente aus Zerspanungsmessing hat Würth Elektronik ICS die Initiative ergriffen und ergänzt sein Produktportfolio nun um bleifreie Alternativen – egal, ob die aus der Industrie vorgebrachten Anträge auf Verlängerung der Ausnahmeregeln Erfolg haben oder nicht. Würth hat in Abstimmung mit den Herstellern von Vormaterialien unterschiedliche bleifreie Werkstoffe in den unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen untersucht und getestet. Die Tests bezogen sich sowohl auf die mechanischen und elektrischen Eigenschaften als auch auf die Verarbeitung der bleifreien Materialien im Herstellungsprozess.

Bild 3: Massive Einpresstechnik.

Bild 3: Massive Einpresstechnik. Würth Elektronik ICS

Zu Beginn der Initiative „Let it be – Lead-Free“ analysierte Würth Elektronik die Anwendungsfälle, für die im Standardproduktportfolio in die Ära der bleifreien Hochstromkontakte gestartet werden sollte. Das Ergebnis sind zahlreiche Bauteilvarianten als ein- und zweiteilige Powerelemente, steckbare Powerelemente oder Powerelemente für die SMT-Bestückung. Das Standardproduktportfolio ist im Powerelement Online Shop von Würth Elektronik ICS erhältlich. Dort finden die Interessenten auch die technischen Informationen zu den bleifreien Produkten und können kostenlose Muster anfordern. Sollten sie besondere Anforderungen haben unterstützt der Hersteller die Kunden außerdem mit kundenspezifischen bleifreien Lösungen.

Blei in den Richtlinien

RoHS (Restriction of Hazardous Substances). Ziel der EU RoHS Richtlinie 2011/65/EU ist es, die Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten zu begrenzen und so den Eintrag dieser Substanzen in die Umwelt zu minimieren. RoHS dient weltweit zur Orientierung für die jeweiligen regionalen Verordnungen. Blei hat als ein Stoff, der RoHS-Beschränkungen unterliegt, eine definierte zulässige maximale Höchstkonzentration in homogenen Werkstoffen von 0,1 Gewichtsprozent. Über die bestehende Ausnahmeregelung 6c sind „Kupferlegierung mit einem Massenanteil von bis zu 4 % Blei“ zulässig. Diese Ausnahmeregelung läuft formell zum 21. Juli 2021 aus.

REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals). EG Nr. 1907/2006 regelt das Herstellen, das Inverkehrbringen und die Verwendung chemischer Stoffe und daraus hergestellter Gemische. 2018 wurde Blei auf die Liste besonders besorgniserregender Stoffe (SVHS-Liste: Substance of Very High Concern) gesetzt. Gemäß Artikel 33 der REACH-Verordnung folgt daraus eine Informationspflicht entlang der Lieferkette. Wenn Halbzeuge oder andere Erzeugnisse aus Kupferlegierungen gefertigt wurden, die mehr als 0,1 % Blei enthalten, ist bei Lieferung darauf hinzuweisen.

ELV (End of Life Vehicles) „Altautorichtlinie“. Die Richtlinie 2000/53/EG regelt die stoffliche Verwertung von Kraftfahrzeugen durch Recycling innerhalb der Europäischen Union. Auch hier gilt für Blei der Grenzwert von max. 0,1 %. Für Kupferlegierungen wurde eine Ausnahme geschaffen, die einen Gehalt von max. 4 % Blei erlaubt. Diese Ausnahme wird 2021 überprüft.

Achim Engel

Business Development bei Würth Elektronik ICS

(prm)

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