Der erste europäische Hochtemperatur-Supraleiter-Motor ist seit einem Jahr im Siemens-Forschungszentrum Erlangen in Betrieb. In einem ausführlichen Testprogramm wurde die Synchronmaschine sowohl als Generator wie auch als Motor am Netz geprüft. Jetzt ist darüber hinaus ein entscheidender Schritt zur Anwendbarkeit dieses neuen Maschinentyps gelungen: Mit einem Umrichter versehen läuft er als drehzahlgeregelter Antrieb.


Der HTS-Motor kann mit dem Umrichter aus dem Stand frequenzvariabel hochgefahren werden. Ein im Labor bei den bisherigen Versuchen zum Anfahren erforderlicher Hilfsantrieb ist damit nicht mehr erforderlich. Außerdem ist der Rotor so ausgelegt worden, dass die Oberwellen des Umrichters in der empfindlichen HTS-Wicklung keine unzulässigen Verluste auslösen, das heißt der Motor ist für die „rauhe Welt“ der heutigen Leistungselektronik tauglich.


In den letzten zwölf Monaten wurde der neue Motor auf Herz und Nieren geprüft. Dabei erwiesen sich die neuen Ansätze als tragfähig: Dies gilt sowohl für den Stator mit seiner unkonventionellen Luftspaltwicklung als auch für den Läufer, der als rotierender Vakuumbehälter (Kryostat) konstruiert ist. Die Rotorwicklung aus Hochtemperatur-Supraleiter (HTS) zeigt sich den mechanischen Belastungen voll gewachsen. Das geschlossene Kühlsystem arbeitet seit einem Jahr vollautomatisch und erfüllt alle Erwartungen.


Die Prüfergebnisse bestätigen bzw. übertreffen die an die Maschine gestellten Erwartungen. Obwohl nicht auf hohen Wirkungsgrad gezüchtet, konnten geringere Verluste festgestellt werden als bei einem konventionellen Motor gleicher Leistung – auch unter Berücksichtigung der erforderlichen Kühlleistung für den HTS-Rotor. Der Motor wurde für 380 kW Leistung ausgelegt. Auf dem Teststand konnte jedoch eine Dauerleistung von 450 kW nachgewiesen werden – im Kurzzeitbetrieb sogar 600 kW. In Versuchen konnten weitere charakteristische Eigenschaften demonstriert werden. Die Maschine ist unempfindlich gegenüber großen Lastschwankungen und hoch überlastbar.


Die Vorteile zukünftiger HTS-Maschinen liegen aber nicht nur in den möglichen Energie-Einsparungen, die letztlich auf den verlustlosen Stromfluss im Supraleiter zurückgehen. Die Supraleitung ermöglicht mit ihrer hohen Stromdichte besonders kompakte Antriebslösungen, bis zu einem Faktor 4 verglichen mit konventioneller Technik. Dies kann vorteilhaft beispielsweise im Schiffsbau zum Tragen kommen. Es existiert jedoch eine breite Palette möglicher Anwendungsfelder. Diese reicht von Langsamläufern wie Windkraftgeneratoren über drehzahlvariable Antriebe in der Prozessindustrie bis hin zu schnelllaufenden Maschinen, die getriebelos direkt an eine Gasturbine angekuppelt werden können.


Der Modellmotor ist das Ergebnis einer BMBF-geförderten Zusammenarbeit von A&D Large Drives und Corporate Technology.

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