Zum Energiemanagement verpflichtet: Über Analysen und Berichte erhalten Unternehmen Aufschluss über ihren Energieeinsatz und die Produktionsprozesse.

Zum Energiemanagement verpflichtet: Über Analysen und Berichte erhalten Unternehmen Aufschluss über ihren Energieeinsatz und die Produktionsprozesse. (Bild: Oskar Frech)

Im Maschinenbau liegt der Fokus bislang auf dem Endprodukt sowie unmittelbar damit zusammenhängenden Services wie Customizing, Montage und Wartung. Mit der Umsetzung von Industrie 4.0 verliert die einzelne Komponente jedoch an Relevanz für ein produzierendes Unternehmen: Herstellerübergreifend vernetzte Systeme gewinnen an Bedeutung. Ihre Währung sind Daten, die von verschiedenen Maschinen und Anlagen erzeugt, gesammelt und durch entsprechende Software-Systeme ausgewertet werden. Damit rückt eine IT in den Vordergrund, die mit offenen Schnittstellen und Standards eine umfassende Datenaggregation und -analyse ermöglicht. Wollen Maschinen- und Anlagenbauer dieses Feld nicht Wettbewerbern oder branchenfremden Anbietern aus der IT-Branche überlassen, sind sie gefordert, selbst derartige Systeme zu unterstützen und für ihre eigenen Produkte, beispielsweise als Kits zur Nachrüstung zu konzipieren.

Als Einstiegspunkt hierfür bietet sich das betriebliche Energiemanagement an. Denn es basiert auf einem etablierten Geschäftsmodell – mit steigender Nachfrage. Seit Frühjahr 2015 muss sich jedes größere Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern, einem Jahresumsatz von über 50 Millionen Euro oder einer Jahresbilanzsumme von über 43 Millionen Euro für ein Energiemanagement nach ISO 50001 zertifizieren lassen oder ein Energie-Audit durchführen. Für die Auditierung muss das Unternehmen mindestens 90 % seines Energieverbrauchs erfassen und über ein Jahr aufzeichnen. Vorteilhaft ist, dass Unternehmen mit einem zertifizierten Energiemanagement-System den Spitzenausgleich der Energie- und Stromsteuer bei entsprechender Kriterienerfüllung in Anspruch nehmen können. Dabei profitieren sowohl Großunternehmen als auch KMU von Einsparungen beim Energieverbrauch: Ein Energiemonitoring-System lohnt sich erfahrungsgemäß für alle Unternehmen ab Energiekosten von rund 400 000 Euro pro Jahr.

2 in 1: Energiemanagement und Prozessanalyse

Für Industrie-4.0-gerechte Lösungen müssen auch die Energiemanagement-Komponenten deren Anforderungen genügen, das heißt offene Standards statt proprietäre Systeme sowie vielfältige Schnittstellen zur unternehmensweiten Datenintegration. Ist dies der Fall, unterstützt die Lösung nicht nur das Energiemanagement, sondern ermöglicht auch eine Analyse des gesamten Produktionsprozesses und damit dessen Steuerung und Optimierung sowie eine präventive Wartung. Econ Solutions hat für diese Anforderungen schlüsselfertige und Industrie-4.0-konforme Komponenten zusammengestellt, die Maschinenbauer sowohl in Neu- als auch Bestandsanlagen als ‚Energiemanagement-Kits‘ integrieren können.

Die Basis: Messtechnik

Das Multifunktionsmessgerät ermittelt detailliert zentrale Parameter der Energie und integriert sich über fünf Schnittstellen nahtlos in bestehende Infrastrukturen.

Das Multifunktionsmessgerät ermittelt detailliert zentrale Parameter der Energie und integriert sich über fünf Schnittstellen nahtlos in bestehende Infrastrukturen. Econ Solutions

Um die Daten mit dem notwendigen Detailierungsgrad zeitnah und automatisiert während des laufenden Betriebs erfassen zu können, ist in der Regel die Nachrüstung von Messtechnik erforderlich. Das Multifunktionsmessgerät Econ Sens3 ist für die Montage während des laufenden Betriebs und den sofortigen Einsatz vorkonfiguriert, sodass es sich innerhalb weniger Minuten installieren lässt. Es ermittelt die zentralen Parameter der elektrischen Energie wie Wirk-, Blind- und Scheinleistung je Phase sowie Strom und Spannung. Der integrierte Datenlogger zeichnet mit einer Auflösung bis zu 100 ms sowie in aggregierter Form auf Minuten-, Stunden- und Tagesebene ausgewählte Werte auf. Über verschiedene Schnittstellen (Modbus TCP, Modbus RTU, S0-Impuls, Webinterface) lässt sich das Messgerät in bestehende Infrastrukturen integrieren. Über ein LOG-Upgrade erhält das Multifunktionsmessgerät Datenlogger-Funktionen: Damit können bis zu vier bestehende Zähler oder Fühler über digitale oder analoge Eingänge angebunden und erfasst werden. Das Modell Sens3 Pro überwacht zusätzlich die Netzqualität und ermöglicht eine Netzanalyse nach EN 50160, die zum Beispiel bei der Beurteilung von Gewährleistungsansprüchen hilfreich sein kann.

Oft eignet sich für den Einstieg die temporäre Messung von Anlagen beziehungsweise Maschinen oder einzelnen Aggregaten. Die zeitlich begrenzten Messungen führen oft zu unerwarteten, jedoch positiven Erkenntnissen mit Ansätzen für Verbesserungen. Für die Übermittlung der Messdaten stehen zwei Varianten zur Auswahl: In der Basisvariante sendet der Anwender seine Messdaten via E-Mail an ein Energiedaten-Portal. Bei der komfortableren Variante sind die Messgeräte direkt in das Portal eingebunden, sodass die Daten automatisiert regelmäßig via Ethernet oder Mobilfunk an das Portal gesendet und unmittelbar aufbereitet werden.

Datenanalyse

Mit der Spektralanalyse (auch Heatmap oder Carpet Plot genannt) lassen sich Leistungsspitzen und wiederkehrende Ereignisse schnell identifizieren.

Mit der Spektralanalyse (auch Heatmap oder Carpet Plot genannt) lassen sich Leistungsspitzen und wiederkehrende Ereignisse schnell identifizieren. Econ Solutions

Mithilfe der Messtechnik verfügen Unternehmen über eine Datenbasis für eine energetische Prozessanalyse. Für die Datenauswertung und Visualisierung können Maschinen- und Anlagenbauer auf die Software Econ 3 zurückgreifen, deren Bedienoberfläche sich an das Corporate Design des Maschinen- und Anlagenbauers anpassen lässt. Die webbasierte Anwendung folgt mit ihrer herstellerunabhängigen Schnittstellenintegration den Grundprinzipien der Industrie 4.0: Offenheit. Durch die Zusammenführung von Technologien wie OPC, BacNET und SQL, Datenloggern verschiedener Hersteller sowie CSV-Formaten fließen die Messdaten unterschiedlicher Energieträger ebenso wie Produktions- und Prozessdaten aus bestehenden MDE-/BDE und ERP-Systemen in die Analysen ein. In umgekehrter Richtung lassen sich alle Daten für die Weiterverarbeitung auch exportieren, zum Beispiel in Microsoft Excel.

Im Ergebnis erhalten Nutzer sowohl alle Analysen und Kennzahlen für ein betriebliches Energiemanagement und eine ISO-50001-Zertifizierung als auch Informationen über ihr – in der Regel heterogenes – Produktionssystem und dessen Anlagenteile sowie den gesamten Produktionsprozess. Dies umfasst zahlreiche produktionsbezogene Kennzahlen, etwa Energiekosten pro produziertem Stück, Rüst- und effektive Produktionszeiten, Energiekosten für Stillstände sowie die Verursacher der Energiekosten in verschiedenen Produktionszuständen. Energieverlaufsentwicklungen einzelner Maschinen oder Anlagen ermöglichen ein Condition Monitoring, sodass Defekte identifiziert und behoben werden können bevor sich diese in einer verminderten Produktivität oder Qualität niederschlagen.

Ein automatisierter Berichtsversand versorgt Nutzer auf Wunsch regelmäßig mit individuell zusammengestellten und relevanten Auswertungen. Diese können die Nutzer auch auf das anwenderspezifisch konfigurierbare Dashboard legen, das direkt nach dem Login alle Informationen auf einen Blick zeigt. Zudem sind die Analysen individuell konfigurierbar. Als webbasierte Software läuft sie auf allen gängigen Browsern und ist von mehreren Anwendern gleichzeitig nutzbar. Auf diese Weise lassen sich sowohl Neu- als auch Bestandsanlagen ausstatten. Durch die einzelnen Komponenten aus Messtechnik, Datenlogger und Software können Hersteller für verschiedene Anforderungen eine schlüsselfertige Lösung zusammenstellen – schrittweise oder gleich komplett.

Dr. Stephan Theis

ist Geschäftsführer der Econ Solutions GmbH.

(mns)

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