Immer größer werdende Lötflächen führen dazu, dass beim Druck- und Bestückprozess höhere Luftmengen in der Lötverbindung eingeschlossen werden. Diese Erfahrung hat Claus Zabel zu Genüge gemacht. Der technische Geschäftsführer und Mitbegründer der Asscon Systemtechnik-Elektronik weiß, dass sich Lunker recht leicht bilden können, etwa durch das Ausschöpfen von Lotpaste wegen nicht ausreichender Rakelunterstützung: „Werden diese Lufteinschlüsse oder Lunker nicht entfernt, führt dies zu eklatanten Beeinträchtigungen elektronischer Baugruppen.“ Neben der eingeschränkten Wärmeabfuhr aus Bauteilen zur Leiterplatte (Heat-sink) haben die Lufteinschlüsse auch eine reduzierte Festigkeit von Lötverbindungen genauso zur Folge wie die reduzierte Vibrationsbeständigkeit bestückter Leiterplatten. Das führt zu einer verringerten elektrischen Belastbarkeit von Bauteilen, vor allem bei den dicht bestückten Powermodulen.

Die immer größer werdenden Lötflächen und das damit verbundene höhere Pastenvolumen führen außerdem dazu, dass Lunker immer schwieriger ausgetrieben werden können. Ein einfacher Vakuumschritt kann diese Lunker nicht in jedem Fall mehr sicher aus der Lötverbindung herausarbeiten. Die mit den diversen Lötlegierungen einhergehenden unterschiedlichen Viskositäten des geschmolzenen Lotes beeinflussen die Bewegungsfreudigkeit der Lunker während des Vakuumprozesses. Maßnahmen zur Reduktion des Lunkeranteils vor dem Löten gibt es einige. Neben dem Einsatz entsprechend optimierter Lotpasten sorgt die Verwendung spezieller Geometrien wie etwa Stern- oder Kreuzgeometrien im Pastendruck dafür, dass sich ein Ausschöpfen der Lotpaste durch den Rakel vermindern lässt. Auch die exakte Anpassung des Lotpastenvolumens an die Anschlussgeometrie der Pads hilft Lunker zu vermeiden. Das Verwenden von Metallisierungen auf den Platinenoberflächen mit niedrigem Oxidationsgrad reduziert die Voidbildung auch. All diese Maßnahmen tragen dazu bei, Lunkerraten zwischen 10 und 15 Prozent in der Serie zu erreichen.

Multivakuum für Lötprozesse

Zweifelsohne kommt dem Lotpastenauftrag eine große Rolle in der Baugruppenzuverlässigkeit zu. Doch damit sei es nicht getan, meint Axel Wolff, Sales Representative und Key Accounts von Asscon, mit Blick auf das derzeitige Flaggschiff, der inlinefähigen Multivakuum-Dampfphasen-Lötanlage VP7000 für die Großserienfertigung: „Mit dem Einsatz der Dampfphasen-Vakuumlöttechnik – konkret mit der Multivakuumtechnik der VP7000 – lassen sich Lunkerraten bis weit unter 1 Prozent in Serie reduzieren, selbst bei der Verlötung von großflächigen Strukturen.“ Doch damit nicht genug: „Um ein exakt reproduzierbares Lötprofil sicherzustellen, das auf die Gegebenheiten des Produktes optimiert ist, ist ein Dynamic Profiling unabdingbar“, erläutert er und meint das eigens entwickelte System zur automatischen Erstellung und aktiven Regelung von Temperaturprofilen.

Geht es nach Claus Zabel, dann ist „die Dampfphasen-Lötanlage VP7000 die einzige echte auf dem Markt verfügbare werkstückträgerlose Inline-Anlage für das Dampfphasenvakuumlöten“. Er muss es wissen: Dieses Jahr kann er das 20-jährige Jubiläum von Asscon feiern. Bereits im Jahr 1999 gelang Asscon mit der Erfindung des laut Zabel „weltweit ersten Dampfphasen-Vakuumlötprozesses“ ein Meilenstein für die industrielle Elektronikfertigung. „Durch den Vakuumlötprozess konnten immer anspruchsvollere Lötaufgaben mit stetig kleiner werdenden Prozessfenstern erfolgreich gelöst werden“, berichtet er nicht ohne Stolz. In dem etwa 2000 m² umfassenden Fertigungswerk, produzieren rund 45 Mitarbeiter Lötanlagen für Labore, kleine und mittelständische Unternehmen sowie global agierende Konzerne. Grund zur Zuversicht hat er allemal: „Die rapide steigende Zahl an Dampfphasen-Vakuumlötanlagen belegt die zentrale Rolle, die der Vakuumlötprozess in der Elektronikfertigung mittlerweile eingenommen hat. Anwendungen der Zukunft werden jedoch eine weiterentwickelte Vakuumtechnologien notwendig machen.“ Abhängig von der Anlagengröße laufen bis zu 15 Anlagen monatlich vom Band. Die dieses Jahr auf den Markt gebrachte VP7000 wurde bereits dreimal ausgeliefert und für 2016 rechnet er mit einer zweistelligen Zahl an Auslieferungen weltweit. Die Produktion jedenfalls platzt heute schon aus allen Nähten, weshalb derzeit über Möglichkeiten zur Schaffung zusätzlicher Kapazitäten nachgedacht wird.

Frei einstellbare Vakuumschritte

Im Multivakuumlötprozess wird eine Baugruppe während eines Lötvorgangs mehreren Vakuumanwendungen unterzogen. Dabei bietet das Verfahren die Möglichkeit, Vakuumprozesse sowohl vor als auch während des Aufschmelzens der Lotpaste auszuführen. Durch mehrere frei einstellbare Vakuumschritte lässt sich der Vakuumprozess problemlos an die Erfordernisse des einzelnen Produktes anpassen. Um die Lunker aus der noch flüssigen Lötverbindung effektiv zu entfernen, sollte die Baugruppe in kurzfristiger Abfolge mehreren unabhängig steuerbaren Vakuumprozessen unterzogen werden. Durch dieses mehrfache aufeinanderfolgende Evakuieren gelingt es, Lufteinschlüsse in der Lötverbindung so zu bewegen, dass sie in die Randbereiche der Lötstelle gelangen und dort effektiv entfernt werden können. Vor allem bei großflächigen Lötverbindungen lassen sich damit signifikant mehr Lufteinschlüsse entfernen als mit lediglich einem einzelnen Vakuumschritt.

VP7000 in Kürze

Die Dampfphasen-Vakuum-Lötanlage VP7000 eignet sich für die lunkerfreie Serienfertigung hochkomplexer Baugruppen inklusive 3D-MID im Dauerbetrieb (24/7). Verarbeitet werden können Baugruppen mit Abmessungen von bis zu 1000 mm x 450 mm x 60 mm. Zudem besticht das System neben dem verfahrensbedingt um bis zu 60 Prozent niedrigeren Energieverbrauch (im Durchschnitt 3,5 kW/h) auch durch seine hohe Betriebssicherheit. Weitere Leistungsmerkmale sind ein oxidationsfreier Lötprozess in sauerstofffreier Dampfzone ohne Verwendung von Schutzgas, die Einstellbarkeit der Temperaturgradienten während des gesamten Aufheizprozesses, die sichere Vermeidung von Überhitzung oder Zerstörung der elektronischen Baugruppen sowie von Abschattungen, die gleichmäßige Erwärmung der Baugruppen sowie u.a. das absolut reproduzierbare Temperaturprofil auch bei unterschiedlichen Baugruppen. Kurze Aufheizzeiten, bedienerfreundliche Mikroprozessorsteuerung, ein ausgeklügeltes Überwachungs- und Störmeldesystem (OPC = optical-process-control, visuelle Prozesskontrolle) und ein guter Maschinenzugang für Wartung und Service, sind weitere Features. Der Einsatz von TGC und ASB ermöglicht eine hohe Prozesssicherheit. ASB steht für „automatic-solder-break“, also die automatische Erkennung des erfolgreichen abgeschlossenen Lötprozesses, und TGC für temperature-gradient-control, also die einstellbaren Temperaturgradienten im gesamten Lötprozess. Auf Basis gängiger Schnittstellen ist eine Integration und automatischer Betrieb in einer Produktionslinie sichergestellt. Optional steht eine Schnittstelle für den Produktionseinsatz nach ISO 9000 zur Verfügung, ebenso optional ist der Betrieb unabhängig von externem Kühlwasser durch ein integriertes Kühlsystem möglich.

Der Multivakuumprozess ermöglicht insbesondere bei Produkten mit überdurchschnittlichem Ausgasungspotenzial, wie etwa bei Multilayern mit hoher Lagenanzahl oder recht großen Prozessoren, lunkerfreie Lötverbindungen. Gase die hier noch während des ersten Vakuumschritts in die Lötstelle eintreten, lassen sich durch weitere Vakuumschritte ebenfalls wirkungsvoll aus der noch flüssigen Lötstelle entfernen. Nach Abschluss des letzten Vakuumschritts ist es notwendig, die Lötverbindung sofort unter Liquidus abzukühlen. Durch die Anordnung der Vakuumzone außerhalb des heißen Prozessbereichs kann daher bereits mit dem Belüften der Vakuumkammer ein effektiver Kühlvorgang gestartet werden.

Daneben bietet der Multivakuumprozess noch einen weiteren essenziellen Vorteil, indem er das Risiko von Lötfehlern minimiert: „Wird ein großer Ausgangslunker einem zu schnellen oder zu hohen Vakuum ausgesetzt, sind häufig Solderballs, Bridging und in extremen Fällen gar ein Verrutschen oder regelrechtes Absprengen von Bauteilen zu beobachten“, erläutert Axel Wolff und fügt hinzu: „Das Multivakuumverfahren ermöglicht es nun, solche großen Ausgangslunker in kürzester Prozesszeit auszusetzen.“ Der Ausgangslunker ließe sich in „mehreren kleinen Schritten aus der Lötstelle entfernen, ohne dass es zu den erwähnten Lötfehlern kommt.“

Einfache und schnelle Temperaturprofilerstellung

Zwar basiert erfolgreiches Löten elektronischer Baugruppen auf der Erfahrung des Prozessingenieurs. Einfach und flexibel einstellbare Temperaturgradienten sichern jedoch für jedes Produkt das optimale, absolut reproduzierbare Temperaturprofil. Der Schlüssel für ein gutes Lötergebnis liegt indes in der genauen Dosierung der erforderlichen Wärmemenge. Mit der Weiterentwicklung des automatischen Temperaturprofilerstellungs- und aktiven Regelungssystems Dynamic Profiling will Asscon eine weitestgehend absolute Prozesssicherheit im Serienbetrieb ermöglichen. Das Regelsystem erlaubt die Echtzeitmessung jedes Lötvorgangs auf Produktebene und die automatische Erstellung und Regelung des Lötprofils. Zu diesem Zweck kommen drei Messnormale zum Einsatz, die zusammen mit der Baugruppe in der Anlage erwärmt werden. So lässt sich zerstörungsfrei das Temperatur- und Aufwärmverhalten des Produkts ermitteln und protokollieren. Das Verhalten des Messnormals wird als Stellgröße zur aktiven Profilregelung während des Lötvorgangs verwendet.

Für den Dampfphasenlötprozess stellt Dynamic Profiling Plus eine wichtige Komponente zur Minimierung der Fertigungsvorbereitung zur Verfügung, indem sich die anlageninterne Messeinrichtung zur Erstellung und Überwachung von Lötprofilen selbst konfiguriert und auf das gemessene Temperaturverhalten der Baugruppe hin optimiert. Eine gesicherte Rückverfolgbarkeit und Kontrolle beziehungsweise Nachprüfung der Lötprofile ist mit dem Softwaretool BDE/SQL-Datenbank jederzeit möglich. Das Tool speichert und archiviert alle relevanten Anlagendaten und Temperaturprofile.

Lötprozess der Zukunft

Die steigende Beanspruchung elektronischer Baugruppen der Zukunft geht direkt einher mit der Forderung nach maximaler Ausfallsicherheit. Der Einsatzbereich der elektronischen Baugruppen der Zukunft erfasst mehr und mehr zentrale Bereiche der täglichen Versorgung. Lunker stellen dabei erhebliche Ausfallrisiken dar und beeinträchtigen auch die Lebensdauer dieser Baugruppen. Eines der Hauptziele des Lötprozesses der Zukunft wird es daher sein, Lunkerfreie Lötverbindungen zu erreichen. Der Multivacuum-Lötprozess ist die Antwort auf die Herausforderungen zukünftiger Produkte.

Productronica 2015: Halle A4, Stand 265

Marisa Robles Consée

Chefredakteurin Productronic

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Asscon Systemtechnik-Elektronik GmbH

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