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Die Anlage im Überblick: links die achtspurige Zuführung, rechts die leeren Metallbehälter für die Fertigteile, hinterm Zaun der Roboter und die Werkzeugmaschine (Bild: Ralf Högel)

Wieland Electric ist ein mittelständisches Familienunternehmen mit Stammsitz in Bamberg und zählt zu den Pionieren der elektrischen Verbindungstechnik. Im Laufe ihres über 100-jährigen Bestehens hat sich die Firma zu einer internationalen Gruppe mit über 2200 Mitarbeitern weltweit entwickelt. Heute versteht sich das Unternehmen als mittelständischer Global Player mit klarer Befürwortung des Standorts Deutschland, wo noch immer der Großteil der Produkte gefertigt wird.

So entstehen auch die robusten Gehäuse für die Industriesteckerserie revos im fränkischen Bamberg. Ein S500 Bearbeitungszentrum von Müga übernimmt dabei die spangebende Bearbeitung der Gehäuseober- und unterteile, bei der insbesondere Bohrungen einzubringen und Gewinde zu schneiden sind. Die Be- und Entladung der Werkzeugmaschine fand in der Vergangenheit in Handarbeit statt.

Handarbeit Ade

Ralf Högel

Der Sechsachser holt ein Gehäuseteil an der Zuführung ab...

Ralf Högel

Eben dieser Aspekt war Frank Hennemann, Fertigungsplaner bei Wieland, seit geraumer Zeit ein Dorn im Auge: „An der Maschine waren Mitarbeiter mit einfachen, monotonen Arbeitsinhalten beschäftigt, die wir für höherwertige Aufgaben dringend benötigten.“ Zudem war die manuelle Beschickung auch aus Produktivitätsgründen nicht optimal. „Um hier Abhilfe zu schaffen, nahmen wir mit EGS Automatisierungstechnik Kontakt auf, da wir wussten, dass man dort über eine ausgewiesene Expertise bei der Automation von Werkzeugmaschinen verfügt“, so Hennemann.

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...und legt es in die Spannvorrichtung des Bearbeitungszentrums. Ralf Högel

EGS hat bereits hunderte Werkzeugmaschinen automatisiert. Dennoch stellte sich die Aufgabenstellung bei Wieland als echte Herausforderung dar, wie EGS-Vertriebsleiter Heiko Röhrig schnell bemerkte: „Zwei Faktoren waren es, die uns die Konzeption erschwerten: Erstens die hohe Anzahl an Gehäusevarianten und zweitens das Arbeiten von Schüttgut in Schüttgut.“ Das heißt, die Gehäuse kommen ungeordnet in Metallbehältern an und sollen die Anlage auch wieder als Schüttgut verlassen.

Hochflexibles Zuführsystem als Lösung

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Der MH12 kann das gesamte Teilespektrum aufgrund der identischen Breite mit einem Greifer handhaben. Ralf Högel

Obwohl eine geordnete Bereitstellung der Teile in Werkstückträgern oder Paletten somit nicht in Betracht kam, fand sich im Standardprogramm von EGS ein passendes Zuführsystem, das mit wenigen Modifikationen das Problem lösen konnte: der Sumo Flexiplex. Dieses flexible Beladesystem transportiert die Werkstücke über mehrbahnige Staubänder.

Großer Vorteil dieser Lösung: Alle Varianten der Steckergehäuse verfügen mit einer Breite, die immer zwischen 42,5 und 43,5 mm liegt, über ein identisches Merkmal. Somit muss die Spurbreite des Flexiplex bei einer Umrüstung nicht verstellt werden, weshalb die Zuführung bei Wieland auf diese Verstelloption komplett verzichtet. Mit der unterschiedlichen Teilelänge, die je nach Variante zwischen 60 und 140 mm variiert sowie der Höhe der Gehäuse, die im Bereich von 24 bis 90 Millimeter liegt, kommt die Zuführlösung zurecht. Ebenso wie mit den vielen Sonderformen der Gehäuse, die teilweise über Edelstahlbügel oder Verriegelungsbolzen verfügen. Es brauchte lediglich ein Teileniederhalter.

Im Gegensatz zur Zuführung gestaltete sich die Wahl des richtigen Roboters einfach. Dazu Röhrig: „Obgleich wir auf Kundenwunsch Roboter aller Hersteller einsetzen können, haben wir uns aus gutem Grund auf Yaskawa spezialisiert. Die Motoman Sechsachser sind aufgrund ihrer robusten Ausführung geeignet für den rauen Einsatz an und in Werkzeugmaschinen. Außerdem überzeugen sie durch hohe Präzision und Dynamik sowie ein gutes Preis-Leistungsverhältnis.“

Im konkreten Fall wählte EGS den Motoman MH12 für die Handhabungsaufgaben innerhalb der mit einem Schutzzaun gesicherten Zelle. Die lagerichtige Bestückung der insgesamt acht Spuren des Flexiplex mit unbearbeiteten Teilen bleibt ebenso Aufgabe des Anlagenbedieners wie die Bevorratung leerer Metallbehälter für die Aufnahme bearbeiteter Teile. Die Behälter werden über eine angetriebene Rollenbahn in den Arbeitsbereich der Zelle gebracht und in gefülltem Zustand auf eine Pufferstrecke ausgeschleust. Ein Vorteil: Diese Tätigkeiten können auch hauptzeitparallel erfolgen.

Der Arbeitsablauf im Überblick

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Die Position des Roboters ermöglicht weiterhin den ­Zugang zum Bearbeitungszentrum. Ralf Högel

Nach Start des Automatikbetriebes gelangen die Werkstücke auf dem Zuführband in den Arbeitsbereich des Roboters. Der MH12, der das gesamte Teilespektrum aufgrund der identischen Breite mit einem Greifer handhaben kann, greift dazu ein Teil ab und legt es in die Spannvorrichtung der Maschine ein. Sind nacheinander alle Nester der Spannvorrichtung bestückt, löst der Roboter die Spannung der Rohteile aus und gibt das Freigabesignal zur Bearbeitung an die Maschine. Die Maschine dreht daraufhin die beladene Seite ihres Schwenktisches in den Bearbeitungsbereich und gibt die Fertigteile in den Be- und Entladebereich des Roboters. Daraufhin holt der Sechsachser die Fertigteile ab und legt sie in den bereitstehenden Metallbehälter. Danach startet der Zyklus erneut.

Jürgen Eisinger, Gruppenleiter Fertigungsplanung, ist mit dieser Lösung zufrieden: „Was uns besonders am Herzen liegt, ist die Prozesssicherheit von Zuführung und Robotik. Störungen oder gar längere Ausfälle kennen wir an dieser automatisierten Bearbeitungsmaschine nicht. Zudem setzt die Anlage Maßstäbe hinsichtlich der Taktzeiten, die bei vier Teilen pro Minute liegt.“ Und auch die erreichbare Autonomie, die je nach Teilevariante einige Stunden betragen kann, überzeugt die Wieland-Mannschaft. Ausschlaggebend für einen möglichst langen autonomen Betrieb sind die maximal mögliche Bevorratung von Rohteilen durch das Zuführsystem sowie die Bereitstellung der maximalen Anzahl an leeren Metallbehältern im System.

Mitarbeiter nicht aus den Augen verloren

Aber Autonomie und Produktivität allein sind für Jürgen Eisinger nicht die einzigen Aspekte, die für die Automatisierungslösung sprechen. Für den Gruppenleiter stehen vielmehr die Mitarbeiter im Mittelpunkt. Der permanente Kontakt mit den Steckergehäusen bei der manuellen Handhabung birgt gewisse Risiken, denn die Teile sind mit Kühlschmierstoffen behaftet, die auf der Haut zu Reizungen führen können. „Deshalb sehen wir es gerne, wenn unsere Mitarbeiter die angenehmen Tätigkeiten verrichten, während die Roboter die monotonen und schmutzigen Arbeiten übernehmen“, erklärt Eisinger.

Dem Yaskawa Sechsachser kann die Beaufschlagung mit Kühlschmierstoffen oder Spänen nichts anhaben. Aufgrund der Ausführung seiner Handachsen in Schutzart IP 67 zeigt sich der Roboter selbst vom groben Abblasen von Teilen und Spanneinrichtungen in der Maschine unbeeindruckt. Um diese Reinigungsschritte ausführen zu können, hat EGS den Roboter eigens mit einer Ausblasvorrichtung ausgestattet.

Für die Auswahl des Motoman MH12 gab es einen weiteren Grund, wie Röhrig betont: „Wir haben die Maschine auch aufgrund ihrer großen Reichweite ausgewählt. Denn nur dadurch konnten wir den Roboter in ausreichendem Abstand von der Bearbeitungsmaschine positionieren, so dass diese bei Bedarf manuell zu bedienen ist.“  Diese Option wollte sich Wieland für die händische Bearbeitung etwaiger Kleinstserien offenhalten.

Ralf Högel

freier Journalist

(ml)

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