Auf einen Blick

Wer glaubt, das Internet of Things sei nur eine hohle Marketing-Idee, verkennt die technische Entwicklung. Freescale setzt dem eine Systematik entgegen, die ausgehend von möglichen Einsatzszenarien die nötigen Bausteine darstellt. Große Stückzahlen erwarten die Experten zwar erst in einer Dekade, aber für die Entwicklung gilt es heute, die Weichen richtig zu stellen.

Prognosen gehen davon aus, dass es im Jahr 2025 eine Billion mit dem Internet vernetzte Geräte geben wird; Handys gelten dabei als Augen und Ohren der Applikationen, die alle diese vernetzten Dinge miteinander verbinden. Andere Experten zeigen weniger Handy-zentrische Szenarien auf oder sprechen von Geräteklassen, die es heute noch gar nicht gibt – und alle nennen es IoT, das Internet of Things.

In unserer Welt ist Elektronik längst allgegenwärtig, kaum ein Gerät kommt ohne MCU und HMI aus. Das Embedded-Processing gibt den Devices eine gewisse Intelligenz. Da liegt es nahe, sie zu vernetzen, um neben einer manuellen Fernsteuerung auch Dinge und Abläufe zu automatisieren. Basis vieler IoT-Applikationen ist eine ausgeklügelte Cloud-basierte Verarbeitung. Damit das klappt, sind leistungsfähige Kommunikationsprozessoren sowie sichere und zuverlässige Netzwerke unabdingbar, die den Ansturm auch bewältigen. Gleichzeitig sollen der Energieverbrauch und die Gerätekosten sinken – Halbleiterhersteller müssen schon jenseits des Moore‘schen Gesetzes innovativ sein, um das auch zu liefern.

Applikationskategorien

Die Welt des Internet of Things: Nur wenn Technologie, Software und Anwendung zueinander passen, werden Produkte erfolgreich sein.

Die Welt des Internet of Things: Nur wenn Technologie, Software und Anwendung zueinander passen, werden Produkte erfolgreich sein.Freescale

Grob lassen sich zwei Applikationskategorien für das IoT unterscheiden. Kategorie eins umfasst die Idee von Millionen heterogener, wissender und vernetzter Geräte mit unverwechselbaren IDs, die mit anderen Maschinen/Objekten, der Infrastruktur und ihrer direkten Umgebung interagieren und in die Sparte TCC&R (Remote Track, Command, Control and Route) einzuordnen sind. Hier nehmen die Themen Sicherheit und Schutzfunktionen einen übergeordneten Stellenwert ein. Solche Applikationen drehen sich um den Ausbau der Automation mit M2M- (Machine-to-Machine), M2I- (Machine-to-Infrastructure) und M2N-Kommunikation (Machine-to-Nature) und deren Potenzial, den Menschen das Leben weiter zu erleichtern.

Im Mittelpunkt der zweiten Kategorie stehen die Nutzung der durch die Endknoten (intelligente Geräte mit Sensoren und Netzwerkfunktion) gesammelten Daten und die Auswertung dieser Daten nach Trends und Verhaltensmustern, woraus sich nützliche Marketinginformationen für zusätzliche Geschäfte gewinnen lassen. Es ist insbesondere diese zweite Kategorie, die Diskussionen über Privatsphäre, Sicherheit, Datenschutz und soziale Verantwortung auslöst, die angesichts einer solchen allwissenden vernetzten Welt aufkommen. Dieser Beitrag beschränkt sich daher auf die erste Kategorie.

Einsatzszenarien

Wenn Geräte über Sensoren ihre Umwelt erkennen und per Internet kommunizieren, dann müssen sie nicht alles selbst berechnen, sondern können sich Cloud-Dienste zunutze machen. Ausgefeilte Analysen, komplexe Entscheidungen und eine rasche Reaktion trotz begrenzter eigener Rechenressourcen sind damit leicht möglich. Folgende Einsatzszenarien für das Internet of Things scheinen realistisch:

Das IoT wird bis hinein in die Medizintechnik reichen und den Ärzten ganz neue Möglichkeiten eröffnen.

Das IoT wird bis hinein in die Medizintechnik reichen und den Ärzten ganz neue Möglichkeiten eröffnen.Freescale

  • TCC&R: Ständige Nachverfolgung, Überwachung, Befehlsgabe, Steuerung und Weiterleitung für Aufgaben und Prozesse, die heute manuell ablaufen oder nur mithilfe zusätzlicher Infrastruktur ferngesteuert werden.
  • Warenverfolgung: Eine spezielle TCC&R-Ausprägung, die heute über Barcodes und viele manueller Schritte erfolgt. In Zukunft aber wird man dank intelligenter Etiketten, Nahfeldkommunikation (NFC) und RFID alle Arten von Objekten interaktiv und weltweit nachverfolgen. In diese Kategorie fallen auch diverse Telemedizin-Anwendungen.
  • Prozesssteuerung und -optimierung: Um einen Prozess fernzusteuern, werden unterschiedliche Arten von Sensoren für Überwachung und Datenakquisition eingesetzt. Diese Aufgabe kann in Echtzeit erledigt werden, indem man die Daten an einen dezentralen Computer sendet, der sie analysiert und seine Befehle zurück in die Fertigungslinie schickt.
  • Ressourcenzuweisung und -optimierung: Das Smart-Energy-Segment ist ein klassische Beispiel für dieses Einsatzszenario – durch Zugang zu den Energieverbrauchsdaten kann der Anwender reagieren und die Zuweisung von Ressourcen (Energie) optimieren.
  • Kontext-bezogene Automation und Entscheidungsfindung: Diese faszinierende Kategorie zielt auf die Überwachung unbekannter Faktoren (Umweltparameter, Interaktion zwischen Maschinen und Infrastruktur und mehr). Maschinen treffen dann Entscheidungen, die möglichst menschlich ausfallen sollen – nur besser. Beispielsweise ein Unfallvermeidungssystem, bei dem Fahrzeuge miteinander sowie mit einem Zentralrechner kommunizieren.

All diese Einsatzszenarien haben im Grunde recht ähnliche Anforderungen an die vernetzten Geräte und die Infrastruktur: Ihre Bausteine sind Sensorenknoten, lokale Embedded-Processing-Knoten, Konnektivitätsknoten, Automatisierungssoftware, Cloud-Funktionen (dezentrale Processing-Knoten) sowie signalpfadübergreifende Sicherheitsfunktionen.

Die systematische Analyse des IoT zeigt, dass Sensoren, Prozessoren und Konnektivität an vielen Stellen entscheidend sind.

Die systematische Analyse des IoT zeigt, dass Sensoren, Prozessoren und Konnektivität an vielen Stellen entscheidend sind.Freescale

Bausteine des IoT

Die für das IoT benötigten Arten von Sensorknoten unterscheiden sich je nach Szenario drastisch – zum Beispiel ein Kamerasystem für die Bildüberwachung; Wasser- oder Gaszähler für intelligente Energieversorgung; Radar-gestützte Bilderkennung für Sicherheitsprojekte; RFID-Lesegeräte für die Erfassung eines Objekts oder einer Person; Türen und Schlösser mit Erkennung des Schließzustandes für intelligentes Gebäudemanagement. Diese Knoten sind alle mit einer unverwechselbaren ID ausgestattet und können getrennt voneinander über eine Fernsteuer- und Kontrolltopologie angesteuert werden. Heute schon gibt es Einsatzgebiete, bei denen ein Smartphone mit RFID, NFC oder GPS bei Annäherung an einzelne RFID/NFC-fähige Dinge in einem Gebäude die Kommunikation mit diesen aufnimmt und den physikalischen Standort im Netzwerk hinterlegt.

Lokale Verarbeitungsknoten: Embedded-Processing bildet das Herzstück des IoT. Lokale Verarbeitungsfunktionen werden meistens in Form von MCUs, Hybrid-Mikrocontrollern und Mikroprozessoren (MCUs/MPUs) oder integrierten MCU-Bausteinen realisiert, welche die benötigte Embedded-Verarbeitung in Echtzeit bereitstellen. Die Einsatzszenarien unterscheiden sich signifikant, entsprechend muss die Hardware skalierbar sein, da eine Größe nicht für alles passt. Für den Einsatz im Internet of Things braucht eine MCU typischerweise:

  • Energieeffizienz
  • Embedded-Architektur mit einer umfangreichen Softwarelandschaft
  • Breit angelegtes Portfolio mit der Möglichkeit zur Software-Skalierung
  • Breit angelegtes, kosteneffizientes Portfolio, das unterschiedliche Leistungsklassen und einen soliden Mix von I/O-Schnittstellen unterstützt
  • Kosteneffizienz
  • Qualität und Zuverlässigkeit
  • Sicherheit

Kommunikation als Schlüsselaufgabe

Die Rolle des Kommunikationsknotens besteht darin, von den Sensorknoten aufgenommene und von den lokalen Embedded-Processing-Knoten verarbeitete Informationen an ihre Bestimmungspunkte weiterzugeben und neue Anweisungen zu empfangen. Das IoT wird alle Aspekte des Alltagslebens umfassen und es gibt keine Grenzen hinsichtlich der Entfernungen, über die Befehle und Steuerungsdaten hinweg kommuniziert werden.

Das IoT wird darüber hinaus dem WSAN-Konzept (Wireless Sensor and Actuator Networks) den Weg bereiten. Diese bestehen aus Netzwerken mit Sensor- und Embedded-Processing-Knoten, die ihr Umfeld kontrollieren können. Wie bei jedem neu aufkommenden Marktsegment gibt es vermutlich eine Übergangsperiode, bevor eine Systemoptimierung einsetzt und Technologien sich besser für die IoT-gestützten Endanwendungen eignen.

Für die Kommunikation von Embedded-Geräten stehen bereits heute sehr viele Standards bereit – und es werden immer mehr.

Für die Kommunikation von Embedded-Geräten stehen bereits heute sehr viele Standards bereit – und es werden immer mehr.Freescale

Zukunftsmarkt

Größere Stückzahlen für den IoT-Markt werden wahrscheinlich erst in zehn bis 12 Jahren realisiert werden, daher könnten sich die dann verfügbaren Kommunikationstechnologien deutlich von denen unterscheiden, die heute in Betracht kommen. Einen Vorgeschmack für künftige Funknetzwerke mag Weightless abgeben: das Konsortium arbeitet an neuen Technologien. Doch bei allen Entwicklungen ist klar, dass der IoT-Markt so divers, groß und kostenbewusst sein wird, dass man ein ganzes Spektrum unterschiedlicher Technologien benötigt, auch heutige Lösungen wie WAN, LAN, WPAN, WBAN und mehr.

Die Anforderungen an die Kommunikationsfunktionen sind fast die gleichen wie für die Embedded-Processing-Knoten:

  • Kosteneffizienz
  • Geringe Stromaufnahme
  • Qualität und Zuverlässigkeit
  • Sicherheit

Der Schlüssel zur erfolgreichen Verbreitung der Technologie liegt darin, alle Segmente des IoT miteinander kommunizieren und interagieren zu lassen, und das heißt, eine ungeheure Menge an Software (und Middleware) zu entwickeln, die dafür sorgt, dass unterschiedliche, heterogene Geräte miteinander und der sie umgebenden Infrastruktur sprechen.

Die Cloud

Da es noch keine branchenweit gültigen und allgemein verabschiedeten Modelle für die Umsetzung des IoT gibt, propagieren viele Anbieter von Komponenten die Verbindung zwischen Geräten und der Cloud als eine Anbindung an ihre Nischen-Cloud und nicht an die Cloud im Allgemeinen. Einige Unternehmen vermitteln das Bild, dass alle Geräte dumme Knoten sein werden und die ganzen Verarbeitungs- und Entscheidungsprozesse in der firmeneigenen Cloud stattfindet. Andere dagegen glauben, dass man für Internet-gestützte Dienste nur minimale Zugriffe auf die Cloud benötigen wird und der Großteil des Denkens vor Ort erfolgen wird. Die Architektur und die Bausteine des IoT eröffnen eine ganze Reihe unterschiedlicher Ansätze, die man vermutlich auch alle brauchen wird.

Egal wie der konkrete Ansatz dann aussieht: Volle Sicherheit über den gesamten Signalpfad hinweg ist unerlässlich. Ohne einen soliden Sicherheitsmechanismus steht die Allgegenwart des IoT infrage. Der Begriff Sicherheit meint dabei Datensicherheit:

  • Daten müssen verfügbar sein, wenn sie gebraucht werden
  • Daten müssen vertraulich bleiben
  • Die Integrität der Daten muss gewährleistet sein

Die Sicherheit eines Systems ist nur so gut wie die letzte Bedrohung, die es abwehren konnte, und wenn es geknackt wird, muss man neue Wege finden, um es wieder sicher zu machen.

Sichere Geräte

Auf Bausteinebene gibt es verschiedene Arten (MCU, Hybrid-MCU/MPU, integrierte MCUs) und Ebenen der Embedded-Verarbeitung in den unterschiedlichen Knoten des IoT, und jedes Gerät, das als intelligent gelten soll, muss einen Embedded-Prozessor enthalten. Embedded-Prozessoren werden im IoT allgegenwärtig sein, und man sollte sie daher sehr sicher gestalten.

Schon jetzt sollte klar sein, dass Netzwerke der Zukunft mehr Objekte, Maschinen und Infrastruktur als Menschen an ein globales neutrales Netz Cloud-basierter Dienste anbinden werden. Im Herzen des IoT sitzen viele Schichten der Embedded-Verarbeitung, vom entferntesten Satelliten-Sensorknoten bis zum Kern des Netzwerks. Die Vielfalt der für das IoT geplanten Dienste bedeutet, dass kein Unternehmen alleine ganzheitliche Lösungen und die zugehörigen IoT-basierten Innovationen entwickeln kann. IoT-basierte Innovationen setzen eine breit angelegte, umfassende Landschaft von Partnerunternehmen voraus, die IoT-basierte Dienste gemeinsam auf den Markt bringen.

Wann wird das IoT zur Realität?

Embedded-Processing ist heute schon überall Wirklichkeit. Sogar Haushaltsgeräte wie Toaster besitzen eine Embedded-MCU, die den Bräunungsgrad des Toastbrots exakt steuert und für die funktionale Sicherheit des Gerätes sorgt. Es gibt energiebewusste Klimaanlagen, die einen Aktivitätsbericht über den Haushalt erstellen und Empfehlungen geben, wie die Bewohner den Energieverbrauch senken könnten. Die Umstellung von Autos auf Elektroantrieb und noch komplexere Elektronik findet gerade statt. Ähnliche Umbrüche erleben wir in Fabriken, in den Verkehrs- und Schulsystemen, in Stadien und anderen öffentlichen Einrichtungen. Embedded-Processing ist überall.

Die Anbindung dieser intelligenten Geräte (Knoten) an das Internet hat längst begonnen. Die Einzelteile des Technologiepuzzles ergeben ein großes Ganzes und bereiten dem Internet of Things den Weg. Das Phänomen Internet selbst ist noch gar nicht so alt, und das Internet of Things wird in weniger als zehn Jahren jeden Aspekt unseres Lebens berühren. Besonders für Entwickler bedeutet das, sich rechtzeitig darauf einzurichten.

Kaivan Karimi

ist Executive Director bei Freescale in Austin, Texas. Er verantwortet das globale Strategie- und Business-Development für MCUs.

Meera Balakrishnan

ist Smart Energy Segment Marketing Manager bei Freescale in München.

(lei)

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