Conrad Business Supplies

Stefan Fuchs gehört seit dessen Gründung zum Team von Conrad Business Supplies. Heute ist er Vice President des Unternehmens. (Bild: Conrad Business Supplies)

In diesem Jahr feiert Conrad Business Supplies 20-jähriges Jubiläum. Wo standen Sie damals – und wo heute?

Stefan Fuchs. Vor 20 Jahren waren wir komplett auf das B-2-C-Geschäft eingestellt. Wir hatten viele Kataloge, darunter den klassischen Hauptkatalog, viele Filialen und sind mit unserem Shop gerade online gegangen.  Trotzdem erzielten wir einen relativ hohen Anteil des Umsatzes bei Firmenkunden. Also haben wir überlegt, ob es sinnvoll wäre, sich in einen B-2-C- und B-2-B-Bereich aufzuspalten. Damals führten wir gerade einmal 25.000 bis 30.000 Artikel im Sortiment, darunter viele Produkte, die nicht für B-2-B-Kunden geeignet waren. Es fehlten A-Brands und für Firmenkunden ansprechende Kommunikationsplattformen. Es gab noch nicht einmal die zugehörigen Ansprechpartner im Innen- oder Außendienst. All das sind wir vor 20 Jahren angegangen. Seit dieser Zeit sind wir – abgesehen von zwei Jahren – jedes Jahr zweistellig im B-2-B-Bereich gewachsen. Wir haben seitdem unsere B-2-B-Strategie im Unternehmen konsequent verfolgt, indem wir über Jahre viel in Systeme, Sortimente, den Vertrieb und die verschiedenen Kanäle wie unseren B-2-B Online-Shop, Print-Kataloge oder Telemarketing investiert haben. Zwischenzeitlich nimmt der B-2-B-Bereich einen deutlich größeren Anteil ein als das B-2-C-Segment. Vor einigen Jahren haben wir festgelegt, dass Conrad sich vor allem als B-2-B-Company versteht. Dementsprechend setzen wir alles daran, die Ressourcen in diese Richtung zu forcieren

Welche Rolle spielt dabei der Conrad Marketplace, den sie im letzten Jahr an den Start gebracht haben?

Dem Einkauf kommt bei vielen Distributoren eine Schlüsselstelle zu. Zum einen muss er auf den Bedarf und die Anforderungen  der Kunden eingehen, zum anderen muss er sich auch mit Herstellern auseinandersetzen, über Verträge, Einlistungen und Priorisierungen sprechen. Für Conrad und andere Distributoren bleibt der Einkauf ein Flaschenhals.

Vor diesem Hintergrund haben wir uns vorgenommen, schneller nach oben zu skalieren. Die Geschäftskunden erwarten ein deutlich breiteres Sortiment –  auch mit Warengruppen wie Pneumatik, die nicht unbedingt zur Elektronik gehören. Zugleich muss das Sortiment in die Tiefe gehen – selbst exotische Widerstandsreihen, die man nicht unbedingt bräuchte, werden als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt. Alldem wollten wir über einen Online-Marktplatz gerecht werden. Das interne Kick-off dazu fandim September 2016 statt, im Mai 2017 sind wir damit an den Start gegangen – eine Rekordzeit, um so einen Marktplatz von null nach oben zu schieben. Unseren B-2-B-Kunden erwartet somit ein größeres Sortiment als bis dato, und zwar mit einem Single Sign-In. Sie können entscheiden, ob sie das regulär gelistete Produkt oder das Marktplatzprodukt möchten.Conrad bietet beides an.

Welche Erfahrungen haben Sie in den letzten Monaten gemacht?

Wir hatten uns eigentlich ein deutlich schnelleres Wachstum erwartet. Doch gerade B-2-B-Kunden müssen erst einmal realisieren, dass ein spezielles Angebot überhaupt besteht. Bis der Demand vorhanden ist, dauert es einige Monate. Zwischenzeitlich entwickeln wir uns prächtig von einem sehr kleinen zu einem sehr ansprechenden Niveau. Im Sortiment sind wir innerhalb von neun Monaten um 450.000 Teile gewachsen. Bis Ende 2019 wollen wir von 750.000 regulär gelisteten Produkten beziehungsweise 1,2 Millionen Produkten auf dem Marktplatz auf insgesamt 10 Millionen Artikel kommen. Dabei spielt der Marktplatz eine zentrale Rolle, da wir dieses Vorhaben über den klassischen Einkauf nur selektiv lösen können. Der Zuspruch von den Sellern ist überwältigend. Viele Partner treten mit uns in Kontakt und wollen wissen, was sie tun müssen, um auf dem Marktplatz tätig zu werden. Das geht beim Hersteller los, kommt aber auch von Distributoren, ob das jetzt High-Value-Added-Distributoren wie Conrad oder Großhändler im Bereich der Elektriker-Installation sind.

Zum Prinzip des Marketplace gehört, dass es nicht nur einen Anbieter gibt. Warum nimmt Conrad andere Seller mit hinein?

Bei der Auswahl der Seller sind wir sehr restriktiv. Wir wollen unbedingt vermeiden, dass jeder x-beliebige Anbieter  auf unserem Marktplatz Ware verkaufen kann, die möglicherweise auf dubiosen Wegen beschafft wurde. Unser Ansinnen ist, ein seriöses B-2-B-Geschäft für unsere B-2-B-Kunden zu ermöglichen. Deswegen legen wir extremen Wert auf die ISO-Zertifizierung nach DIN 9001, die jeder unserer Seller haben muss – auch wenn wir ohne dieses Kriterium deutlich schneller wachsen könnten. Neben dieser Mindestanforderung muss ein Seller auch sein E-Commerce-Geschäft verstehen und vielleicht in einem ähnlichen Umfeld tätig gewesen sein. Und last but not least muss das Sortiment ins Conrad-Portfolio passen.

Auf der nächsten Seite geht es um den Stellenwert des Vertriebs innerhalb einer B-2-B-Strategie und den potenziellen Konkurrenten Amazon.

Schaffen Sie sich auf diese Weise nicht auch Konkurrenz für das eigene Sortiment?

Ein Nebeneffekt des Marktplatz-Phänomens ist, dass wir mit einigen Distributoren und Wiederverkäufern zusammenarbeiten, die dann eine Vertragsbeziehung mit unseren Kunden eingehen. . Damit bietet sich hier auch eine Chance für Distributoren, neben dem eigentlichen Geschäft den Conrad Marketplace für Kundengewinnungsmaßnahmen zu nutzen. Bei Conrad sehen wir in dem Modell den Mehrgewinn, dem Kunden relativ schnell ein millionenfaches Sortiment anbieten zu können.

Wie macht sich – neben dem Marketplace – der B-2-B-Fokus im Unternehmen bemerkbar?

Unter anderem am Vertrieb. In unserem Geschäft geht es immer noch um Menschen. Zwar bestellen viele B-2-B-Kunden auch online, aber wenn die berühmten großen DAX-Konzerne bei einem Distributor wie Conrad anklopfen, gibt es andere Erwartungshaltungen. Wir haben europaweit über Hundert Vertriebsmitarbeiter, die auf individuelle Vertragsgegebenheiten und eProcurement spezialisiert sind. In den letzten Jahren haben wir nicht nur in Online-Shops und -Funktionalitäten investiert, sondern auch in Vertriebsmitarbeiter, die die berühmten Automobilisten vor Ort besuchen. Hinzu kommen Inside Sales People, die im Innendienst tätig sind und sich als Consultant für den Kunden verstehen.  Sie sind dann zuständig, wenn es etwa heißt „Mensch, ich brauche ganz geschwind noch ein Angebot.“ oder  für komplexere Fragestellungen. Gefordert ist zudem eine permanente Optimierung der Logistikleistung. Eine Lieferzeit von 24 Stunden ist heute State of the Art, vor sechs oder sieben Jahren war Conrad einer der ersten Anbieter in Deutschland, der eine Lieferung binnen 24 Stunden gewährleisten konnte. Wir können das nach wie vor.

Es gibt immer wieder Überlegungen, dass Amazon stärker in das Elektronikgeschäft einsteigen könnte – ein potenziell starker Konkurrent. Wie sind Sie für diesen Fall aufgestellt?

Amazon betreibt sein Geschäftsmodell mit einer Konsequenz, die bewundernswert ist. Das Unternehmen hat ja bereits viele Warenbereiche erobert, in denen es auch von B-2-B-Kunden respektiert und als echte Alternative wahrgenommen wird. Letztlich muss der Kunde entscheiden, ob er zum Produkt auch einen darüber hinausgehenden Service und eine persönliche Betreuung wünscht. Hinzu kommt oft die Frage des Handlings. Bei vielen Bauelementen spielen Richtlinien wie RoHS oder REACH, Zertifizierungsangelegenheiten, das ESD-Handling und vieles mehr eine Rolle. Alle diese Themen müssen Sie als Distributor beherrschen. Ob Amazon es kann,  dazu muss sich jeder seine Meinung bilden. Ich kann nur sagen, Conrad kann’s.

Therese Meitinger

ist Redakteurin bei den Hüthig Elektronik Medien

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