Integrierte Automatisierung steht allgemein in der Automatisierungstechnik meist nur für mehrere Software-Werkzeuge – gestartet aus einem Programm. Bei B&R sind die Funktionalitäten für Controls, Motion und Visualisierung seit vielen Jahren voll integriert und besitzen die gleichen Variablen- und Datenbasis. Einmal deklarierte Variablen sind über die gesamte Funktionalitätsbandbreite verfügbar. Was andere jetzt erst entwickeln oder als Innovation vorstellen, gibt es bei B&R schon lange.

Mithilfe des Automation Studios lässt sich der gesamte Lebenszyklus einer Maschine berücksichtigen und so die Voraussetzungen schaffen, ein Entwicklungswerkzeug vollständig in die Unternehmensprozesse zu integrieren. So gilt, dass ein modernes Entwicklungswerkzeug den Maschinen- und Anlagenbau in der Umsetzung einer Idee unterstützen muss. Durch das Verwenden von Standards im Bereich der Programmierung werden langfristig Investitionen gesichert. Eine offene Architektur ermöglicht das direkte Anbinden von ERP- und CAD-Systemen und spart so Ressourcen. Zudem senkt es die Kosten in der Entwicklungsphase sowie während der Maschinenfertigung und ist eine wichtige Voraussetzung für wettbewerbsfähige Maschinen – kurz gesagt die Zukunft der Automatisierung. Auch alle Hardwarekomponenten sind fein skalierbar einsetzbar, im eigenen Haus entwickelt und produziert. Hier sehen wir wertvolle Alleinstellungsmerkmale, die zu Innovations- und Kostenvorteile des Kunden beitragen.

Die lückenlose Durchgängigkeit der Ebenen – Leit-, Prozess-, Feldebene – ist wohl die Zukunft der Automatisierung?

Schauen Sie sich unsere integrierte Software-Entwicklungsumgebung Automation Studio an, sie beinhaltet bereits die Werkzeuge für alle Projektabschnitte – ob Steuerung, Antrieb, Kommunikation oder Visualisierung. Mit der anlagenorientierten Sichtweise des Projektes und der Gliederung in funktionale Pakete können umfangreiche Projekte übersichtlich gestaltet und programmiert werden. Fertig programmierte und konfigurierte Maschinenteile lassen sich verschiedenen Hardware-Konfigurationen zuweisen. Somit können in einem Projekt verschiedene Auslieferungszustände sowie auch die Testumgebung eines Maschinentyps verwaltet werden, die sich in Softwareumfang und Hardwareausführung unterscheiden können. Natürlich lassen sich auch verschiedene CAD-Daten einlesen und weiterverarbeiten. Ebenso ist eine automatische Codegenerierung mit Matlab und Simulink möglich. So lässt sich das Verhalten kritischer Maschinenteile simulieren und entsprechende Steuerungsalgorithmen in einer Simulation erproben, bevor sie auf die reale Anlage übertragen werden. Auf diesem Weg können die Anlagenkonstrukteure Konzeptfehler frühzeitig erkennen und eventuell beheben. Fakt ist, die Projektlaufzeit wird verkürzt und Kosten reduziert. Das ist schon eine lückenlose Durchgängigkeit für die Automatisierung. In wie weit man dies noch herunterbrechen könnte und sollte, ist auch eine Gewissensfrage, denn das würde dann auch wieder eine gewisse Standardisierung bedeuten.

Ein Zusammenführen der drei Ebenen hieße ja auch Offenheit und somit Standardisierung?

Die Frage lautet, will man Standardisierung oder möchte man Innovation? Wenn folglich ein Maschinenhersteller eine Innovation auf seine Maschine bringen möchte, dann muss er wohl auch Funktionen erfüllen, die er auf Anhieb nicht in eine mathematische Funktion bringen kann. Er muss sich diese mühevoll erarbeiten. Damit verschafft er sich einen Vorsprung gegenüber anderen. Das wäre dann vergleichbar mit der Hardware-Standardisierung und ob man das bei der Software möchte, ist fraglich. Denn dann ist die Innovation nur noch eine Standardisierung von Funktionalitäten, die ich abrufen kann und natürlich auch eine gewisse Offenheit.

In der Prozessleittechnik haben wir dies. Aus Bibliotheken kann der Anlagenbauer alle erdenklichen Funktionen ziehen, setzt diese als Grafik in einem Ablaufplan zusammen und generiert mittels Aprol, unserem Prozessleitsystem, automatisch den Ablaufcode für den Prozess. Wobei dies sequenzielle Vorgänge sind, die hintereinander ablaufen – zuweilen auch parallel. Aber immer noch überschaubar. Bei Fertigungsmaschinen ist dies diffiziler, weil ein gewisses Zeitverhalten in den parallelen Abläufen dazu kommt, also zeitliche Abhängigkeiten, was doch relativ schwierig zu beschreiben ist.

Verschiebt sich in Zukunft die Programmierung in Richtung Engineerings-Konstruktionsphase?

Ja, das gilt aber immer. Je idealer ich konstruiere, umso weniger muss ich über die Programmierung richten. Um die Konstruktions- und Programmierungsprozesse zu parallelisieren, wäre es doch notwendig mit einem CAD-Hersteller zusammen zu arbeiten? Nicht zwingend notwendig, denn die Schnittstellen sind ja definiert und offen für alle gängigen CAD-Systeme. Ich kann mit dem Automation Studio alles verarbeiten. Außerdem haben sich Kunden und Branchen seit vielen Jahren individuell für unterschiedliche Systeme und Hersteller entschieden. Die Idee aber, CAD und Programmiersystem miteinander zu verheiraten, nach der Prämisse, dass am Ende der Ablaufcode steht, wäre gut, ist aber für einige Funktionalitäten noch Zukunftsmusik.

B&R wollte Softwarefunktionalität in die Hydraulik bringen und Sie haben auf der Euroblech bereits etwas vorgestellt. Wie wurde dies angenommen?

Die Hydraulik folgt der Charakteristik der Ventile, was ich berücksichtigen muss. So hängt die Regelungseigenschaft bei der Hydraulik vom Trägheitsmoment des aktiven hydraulischen Verbrauchers ab. Wie im Acopos lassen sich je hydraulische Achse eigene Reglerparametersätze hinterlegen. Dazu ist von uns eine umfangreiche Softwarebibliothek im Automation Studio integriert mit hydraulikspezifischen Regelungsalgorithmen für eine einfache Reglerparametrierung verfügbar. Als offene Lösung ermöglicht Automation Studio auch einfache Erweiterungen der Bibliothek für Sonderfälle. Des Weiteren lassen sich sowohl hydraulische als auch elektrische Achsen einfach, zum Beispiel über Powerlink, verbinden und synchronisieren. Dazu ermöglicht die Einbindung eines servoelektrischen Pumpenantriebs via Automation Studio die integrierte Softwareentwicklung sowohl der Ablaufsteuerung als auch der Bewegungssteuerung innerhalb einer einzigen Entwicklungsumgebung.
Der Maschinenbauer kann nun frei entscheiden, welche Maschine er mit welcher Bewegung/Achse ausrüstet. Der Schritt von der elektrischen Achse, die wir schon länger hervorragend beherrschen, zur hydraulischen Achse, war schon eine Herausforderung, aber sie ist uns gelungen. Das Zauberwort heißt Generic Motion Control.

Der Trend vieler Unternehmen, alles aus einer Hand anzubieten, ist erkennbar. Ist dies auch ein Beweggrund von B&R gewesen, mit Cognex eine technologische Partnerschaft einzugehen?

Man sieht die Notwendigkeiten für eine Zusammenarbeit immer an exponierten Stellen, denn ohne eine entsprechende Sensorik im Raum kann ich zwar Bewegungen ausführen, aber im Sinne der Sicherheitstechnik genügt dies nicht. Von der Anschauung her, was ein Anbieter anbieten können muss oder in Zukunft sollte, ist es logisch, wenn ich sichere Bewegungsausführungen in der Robotik anbieten kann. Dazu gehört entsprechende Sensorik. So etwas muss ich nicht selber entwickeln, wenn es Unternehmen gibt, die das schon gut können.

B&R-Produkte sind für Robot & Handling prädestiniert. Ist dies mit ein Grund für die Bildverarbeitungaktivitäten?

Ich sagte bereits, ich muss im Raum erkennen, wo ich hin verfahre. Ansonsten greift Safety hier nicht. Man kann ja nicht immer mit reduzierter Geschwindigkeit Achsen verfahren. Der Maschinen- und Anlagenbauer möchte die bei uns verfügbaren Dynamiken auch ausnutzen und muss so auch unter extremen Bedingungen selektieren können, wann und wo er eine sichere Funktion einleiten muss. Dies ist unser Ansatzpunkt.

Vor einem Jahr war das Thema ‚Erneuerbare Energie‘ vorherrschend. Haben sich neue Produkte oder Projekte ergeben?

Die Projekte laufen schon länger und neue Produkte sind im Laufe der Projekte entstanden beziehungsweise mit dazugekommen. Wir haben mit konventionellen Produkten die Projekte gestartet und neue Komponenten innerhalb unseres X20-Systems hinzufügen können. Es gibt interessante Windkraftprojekte sowie im Bereich der Energieoptimierung, bei welchen auch das Prozessleitsystem Aprol eine wesentliche Rolle spielt. Das zeigt auch wieder, dass wir unter dem Aspekt Gesamtlieferant alles abdecken können, um zum Beispiel einen Windpark zu kontrollieren und zu managen.

Wenn Sie sagen Gesamtlieferant, wo sehen Sie noch Schwachstellen im Produktportfolio bei B&R?

Die Technologie schreitet rasant voran und wir werden mit X20 und den anderen Produkten den jeweils neuesten Anforderungen entsprechen, in Innovation, Technologie und Skalierbarkeit. Uns geht es aber auch immer darum, unseren Kunden bei der Projektierung von Gesamtlösungen zu helfen, noch schneller und kostensparender zu sein.

Bietet B&R Unterstützung bei der Projektierung an, also in einer frühen Phase des Engineering?

Unser Motto lautet: Gemeinsam in den Serienzustand der Maschine. Und was dafür erforderlich ist, können und wollen wir auch leisten. Auch unsere Engineeringkapazität ist darauf ausgelegt. Der Kunde hat damit auch immer die Sicherheit, dass seine neue Maschine beziehungsweise Anlage zum richtigen Zeitpunkt in Betrieb gehen kann. Und wir sorgen für schlanke Lösungen.

Herr Winter, es gibt eine Aussage von Ihnen, die lautet „Die Maschinenbauer sind anspruchsvoller und selbstbewusster geworden“. Wie ist dies zu verstehen?

Wir freuen uns darüber, wenn die Maschinenbauer uns fordern. Zwar ist es zweischneidig für den Maschinenbauer, mit einer Idee in einem frühen Stadium an einen Automatisierungshersteller heranzutreten, aber doch auch ein Vertrauensbeweis für uns. Wenn wir uns in einem frühen Stadium beratend beteiligen können, lassen sich Unwägbarkeiten oft verhindern. Generell kann man festhalten: Alle Projekte, ob Sonder- oder Serienmaschinen, haben für uns einen technologischen Reiz und wir identifizieren uns mit den Aufgabenstellungen unserer Kunden.

Harald Wollstadt

: Chefredakteur der IEE

(hw)

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