Pnoz ist das Gerät, mit dem Pilz großgeworden ist. Für was steht die Begrifflichkeit?

Eine häufig gestellte Frage. Auch wie man es ausspricht. Pnoz steht für Pilz Not Aus zwangsgeführt. Es ist also ein Not Aus-Sicherheitsschaltgerät, welches im Relais-Aufbau zwangsgeführt ist, das bedeutet, die Schaltrelais verfügen über die Eigenschaft der Zwangsführung. Den Anfang machte in den achtziger Jahren Pnozclassic, wie sie schon erwähnten, mit dem Pilz, das Fundament für seinen Ruf als Sicherheitsexperte legte. Darauf baute dann die Serie der Sicherheitsschaltgeräte auf.

Wie breit ist das Produktspektrum um die Reihe Pnozsigma?

Es umfasst einmal die Baubreite von 17,5 bis 45 mm und innerhalb dieses Spektrums, sind die Gehäuse-Baubreiten kombinierbar, zum Beispiel mit einem Grund- und einem Erweiterungsgerät. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal für den Anwender oder Konstrukteur ist die Versorgungsspannung. Die Produktfamilie zeichnet sich auch dadurch aus, dass es hierfür ein Weitspannungsnetzteil beinhaltet.

Desweiteren steht standardmäßig auch die Festspannung von 24 V DC als Spannungsversorgung zu Verfügung. Für das kompakte Sicherheitsschaltgerät gibt es auch noch ein sogenanntes Funktionspaket. Mit den Betriebsarten-Wahlschaltern lassen sich die Geräte auf ihre Prozess- und Sicherheitsanforderungen einstellen. Neben den Startarten (manuell, automatisch, überwacht, mit Anlauftestung) sind auch die Betriebsart (mit oder ohne Querschlusserkennung), die Zeitverzögerungen (von 0 bis 300 s) sowie verschiedene Zeitfunktion (anzugverzögert, rückfallverzögert, wischend) einstellbar. Das konfigurierbare Steuerungssystem Pnozmulti schließt dann die Lücke zwischen klassischen Sicherheitsschaltgeräten und programmierbaren Steuerungssystemen.

Wie geht man bei der Beratung eines Kunden vor?

Bei sicherheitsgerichteten Anlagenkomponenten steht meist der Performance Level (PL) am Anfang der Beratung. Das heißt, für welche Sicherheitsfunktion soll das Gerät eingesetzt werden und für welchen Performance Level. Wir haben Geräte im Produktspektrum, die Funktionen bis zu einem PLe erfüllen. Danach stehen Funktionen wie Versorgungsspannung, Anzahl der Eingangskreise sowie Startmöglichkeiten zur Auswahl. Aber der Einstieg erfolgt immer mit der Frage nach der Sicherheitsanforderung.

Wie gut ist der Wissenstand der Anwender oder die Errechnung des PL?

Sie sprechen da ein heikles Thema an. Die Meisten denken noch in den Kategorien der EN954-1, übertragen aber ihr Wissen auf die EN ISO 13849-1. Dadurch ist ein gewachsenes Hintergrundwissen vorhanden. Wir bieten hier allerlei Hilfsstellungen. Neben der Beratung vor Ort, haben wir auch noch unseren Safety Calculator Pascal, eine Berechnungssoftware zur Verifikation funktionaler Sicherheit.

Damit lässt sich der erreichbare PL (Performance Level) und SIL (Safety Integrity Level) von Sicherheitsfunktionen in Maschinen und Anlagen abhängig von den verwendeten Komponenten berechnen. Das Ergebnis wird mit dem erforderlichen PL nach EN ISO 13849-1 beziehungsweise SIL nach EN/IEC 62061 verifiziert und ein eventueller Handlungsbedarf aufgezeigt. Durch die grafische Darstellung der Ergebnisse erkennt der Anwender, an welchen Stellen und mit welchen Komponenten der erforderlichen Sicherheitslevel wie gut erreicht wird.

Ist das Sicherheitsschaltgerät Pnoz energieeffizient und wenn ja, inwiefern?

Energieeffizient, einmal wegen der geringen Baubreite, der geringen Eigenleistung sowie der effektiven Netzteiltechnik. Das bedeutet, der Anwender spart Kosten beim Schaltschrankaufbau, genauer, er spart Kosten bei der Auslegung der Klimatisierung des Schaltschrankes. Die Netzteiltechnik, die wir verwenden, ist Kosten- und Nutzen-optimiert, sprich wir kombinieren Baubreite mit Funktion auf ein Optimum.

In einem Schaltschrank sind ja viele Komponenten verbaut. Wie sehr legt der Anwender Wert auf die Energieeffizienz in einem Schaltschrank?

Anwender legen wohl Wert auf diesen Punkt. Energieeffizienz ist die Summe der einzelnen Komponenten. Bei Komponenten wie einem Frequenzumrichter, der über eine Rückspeiseeinheit verfügt, wird die gewonnene Restenergie in das Netz zurückgespeist, ist dies unerheblich. Die Summe der kleinen Verbraucher ist es, die letztendlich die Energieeffizienz sowie den Temperaturverlauf innerhalb des Schaltschrankes bestimmt.

Ich habe so meine Bedenken, dass sich die Anwender gerade bei einem Schaltschrank großen Gedanken um Energieeffizienz machen. Wie messe ich den Energieverbrauch innerhalb eines Schaltschrankes?

Bereits bei der Schaltschrankauslegung kann der Konstrukteur Produktmakros von Pilz in die Zeichnung importieren. Diese Makros enthalten unter anderem auch den Eigenverbrauch, die Leistungsaufnahme und die Schaltleistung. Daraus lässt sich dann in Summe der Energieverbrauch des Schaltschranks errechnen. Die technische Dokumentation zu unseren Produkten erlaubt es ebenfalls diese Werte direkt abzulesen. Die Summe aller im Schaltschrank verwendeten Komponenten ist die Grundlage zur Bestimmung der Klimatisierung.

Ich möchte nochmals nachhaken. Misst der Anwender seine Verbraucher beziehungsweise die Verbrauchsspitzen in einem Schaltschrank oder sogar in der kompletten Anlage?

Meist nicht. Meist wird nur eine Schaltung definiert, ein Bauraum belegt, ein Schaltschrank konstruiert und in der Anlage installiert. Erst im Laufe der Zeit zeigt sich dann, wie die Umgebungsbedingungen, also Kälte, Wärme, Feuchtigkeit, Betauung oder aber auch Störungen des Versorgungsnetz, sich auf den Leistungsverbrauch auswirken.

Wir haben eingangs die Historie von Pnoz gestreift. Welcher technologische Sprung ist von der letzten Generation zur aktuellen vollzogen worden. Und gleich anschließend die zweite Frage ‚Wo wird es in der nächsten Generation hingehen‘?

Ein großer Sprung ist im Bereich der Baubreite und der Variantenreduktion vollzogen worden. In Zukunft wird es Gehäuseoptimierungen geben, also Neuentwicklungen im Designbereich und in der Technologie als Grundsteine für kommende Produktgenerationen. Denn kleiner bedeutet einfach auch effizienter. Daneben wurde das Sicherheitsschaltgerät Pnozmulti weiterentwickelt, so dass man jetzt Sicherheitsfunktionen einfach konfigurieren, nicht zu verwechseln mit programmieren, kann.

Was kann an Funktionen in Zukunft noch dazu kommen?

Eine Erweiterbarkeit einerseits in Richtung zentral im Schaltschrank und andererseits dezentral. Eine zentrale Erweiterbarkeit im Schaltschrank, also mehr E/As, um dort eine zentrale logische Verdrahtung zu erreichen. Und für dezentral, also ‚raus aus dem Schaltschrank‘, benötigen wir IP67 konforme Funktionen, hier haben wir für das konfigurierbare Sicherheitsschaltgerät Pnozmulti mini Neuerungen vorgesehen.

In wieweit spielt die neue Maschinenrichtlinie Ihnen in die Karten?

Naja, dass möchte ich so nicht sagen. Wir bieten durchgängig Sicherheitskennzahlen zu unseren Produkten nach der gültigen Normenlage an. Der Anwender kann, unterstützend natürlich, auch unser frei nutzbares Softwaretool, den Safety Calculator Pascal, nutzen. Zudem bieten wir unterstützende Schulungen für einen sicheren Umgang mit der aktuellen Normenlage.

Als Engineeringdienstleister möchte sich Pilz aber nicht aufstellen?

Wir bieten dem Anwender ein breites Spektrum an Dienstleistungen an. Bereits bei der Beratung zur Produktauswahl gehen wir auf die Anlagenkonzepte des Anwenders ein. Wir erstellen aber auch Schaltpläne und nehmen Anlagen in Betrieb und Sicherheitskonzepte ab, bis zur hin CE-Kennzeichnung. Wir bieten also komplette Consulting-Leistungen an und dies produktunabhängig. Ebenso bei Umbau von Altanlagen betrachten wir mit dem Anwender gemeinsam seine Anlage, erstellen auf der Basis der für ihn gültigen Normen ein Gesamtpaket bis hin zur Abnahme der Anlage.

Beim Thema Sicherheit drängt sich eine weitere Frage auf. Ein hoher Anteil der Unfälle treten durch Manipulation der Sicherheitsfunktionen auf. Hat Pilz Funktionen eingebaut, dass eine Manipulation nicht möglich ist?

Gerade im Bereich Sensorik wird oft Manipulation betrieben. Wir versuchen dies mittels eines sogenannten Umgehungsschutzes auszuschließen und setzen unteranderem auf RFID-Technik, die ein klassisches Überbrücken ausschließt. Aber bei allen technischen Möglichkeiten, Manipulation zu verhindern, stellt sich doch die Frage ‚Warum kommt es überhaupt zu Manipulation‘? Meist doch wegen einer zu geringen Produktivität. Ein Werker beispielsweise möchte schnellstens einen ins Stoppen geratenen Materialfluss beheben, aber die Sicherheitseinrichtung verhindert dies. Bis also die Anlage gestoppt wäre und er eingreifen könnte, dauert es eine gewisse Zeit. Was macht der Werker? Er glaubt, das Risiko einschätzen zu können, häufig ist ein Unfall dann die Folge.

Sicherheit beginnt bei der Konstruktion. Wie groß ist Ihre Erfahrung, ob unser Ingenieursnachwuchs für dieses Thema sensibilisiert wird?

Meist ist ein Basiswissen vorhanden, aber im Speziellen ist oft eine vertiefende Schulung von Nöten. Wir bieten zum Beispiel in Kooperation mit dem TÜV eine Weiterbildung zum zertifizierten Maschinensicherheitsexperten an.

Abschließend noch ein Hinweis zum Thema Sicherheit, den sie Anwender mit auf dem Weg geben könnten?

Ich empfehle, fundiertes Wissen aufzubauen, denn Halbwissen kann hier gefährlich werden. Auch empfehle ich kleineren Unternehmen, dass sie einen Sicherheitsexperten aufbauen, der das Know-how ins Haus trägt.

Harald Wollstadt

: Chefredakteur der IEE

(hw)

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