Die schnellen I/Os ermöglichen es, in vielen Applikationen künftig leistungs-optimierte CPUs wie die X20-Steuerungen mit integrierten I/Os und 200/400 MHz-CPUs bei entsprechend geringeren Kosten einzusetzen.

Die schnellen I/Os ermöglichen es, in vielen Applikationen künftig leistungs-optimierte CPUs wie die X20-Steuerungen mit integrierten I/Os und 200/400 MHz-CPUs bei entsprechend geringeren Kosten einzusetzen.B&R

Field Programmable Gate Arrays, kurz: FPGAs sind unschlagbar, wenn es gilt, Verknüpfungen extrem schnell zu bearbeiten. Nicht ohne Grund gibt es Anbieter wie Xilinx, die komplette Multicore-CPUs in FPGAs nachbilden. Der Nachteil – bislang jedenfalls – liegt in der komplexen Tool-Chain und Generierung des VHDL-Codes, der in den FPGA geladen wird beziehungsweise die Gatterverschaltung im FPGA bewirkt.

VHDL steht für Very High Speed Integrated Circuit Hardware Description Language und definiert modellhaft den Aufbau einer physikalischen Schaltung. Anders als die meisten Programmiersprachen, die den sequentiellen, zeitlichen Ablauf einzelner Anweisungen festlegen, beschreibt VHDL die Funktionsstruktur der verschiedenen Hardware-Module in einem FPGA. Durch die spezifische Konfiguration der internen Strukturen können in einem FPGA verschiedene Schaltungen realisiert werden, die simultan arbeiten. Genau das macht die I/O-Module so schnell.

I/O-Modul mit schnellen Reflexen

Bei einer mittleren Anzahl von verschalteten Funktionsblöcken (etwa zehn) beträgt die Abarbeitungszeit im FPGA rund 0,8 µs. Auch bei Schaltungen mit 100 Funktionsblöcken und jeweils durchschnittlich drei miteinander verschalteten Ein- oder Ausgängen erreicht der FPGA eine Zykluszeit von 8 µs. Realistische Anwendungen benötigen jedoch wesentlich weniger Verschaltungen. Beispielsweise veranschlagt B&R für eine anspruchsvolle Einspritz-Steuerung von Spritzgießmaschinen lediglich 1 µs Zykluszeit im FPGA.

Bezogen auf das I/O-Modul und dessen Gesamt-Reaktionszeit gilt es, weitere Komponenten zu berücksichtigen: Je nach Modul-Typ betragen die physikalischen Wandlungszeiten der digitalen Ein- oder Ausgänge weniger als 2 µs. Analogeingänge gehen mit 5 µs Wandlungszeit in die Berechnungen ein. Damit liegt man immer noch deutlich unter den mit klassischen Lösungen realisierbaren Reaktionszeiten.

Kurze Reaktionszeiten als Inspiration: die Einsatzszenarien

Neben der schnellen Umschaltung der Einspritzregelung bei Spritzgießmaschinen sieht B&R ein vielfältiges Einsatzpotenzial in den unterschiedlichsten Branchen, darunter in der Druckvor- und -nachbearbeitung, in der Verpackungs- und Abfülltechnik oder Flaschensortierung. Die Performanceanforderungen reichen hier von wenigen Mikrosekunden bis zu 50 oder 80 µs. Das sind Anforderungen, die bisher in der Regel nur von dezidierter Hardware erreicht wurde.

Wie bei den Applikationen sind der Kombination von Reaction-I/Os mit anderen Automatisierungskomponenten keine Grenzen gesetzt. Beispielsweise können die im FPGA-I/O berechneten Ergebnisse genutzt werden, um Ausgänge anderer I/O-Module zu setzen. Das funktioniert in einem Feldbusknoten über die X2X-Backplane genauso wie direkt über das Powerlink-Netzwerk zwischen zwei I/O-Modulen (Cross Communication) oder über eine zentrale CPU. Bei diesen Szenarien sind dann die Zykluszeiten für die Kommunikation und das Steuerungsprogramm zu berücksichtigen.

Keine Angst vorm FPGA: Die Programmierung erfolgt im Automation Studio in FUB und einer entsprechenden Bausteinbibliothek. Selbst bei solch umfangreichen Function Charts beträgt die Zykluszeit des FPGA weniger als 1 µs.

Keine Angst vorm FPGA: Die Programmierung erfolgt im Automation Studio in FUB und einer entsprechenden Bausteinbibliothek. Selbst bei solch umfangreichen Function Charts beträgt die Zykluszeit des FPGA weniger als 1 µs.B&R

Raus aus der Nische: FUB-Programmierung macht‘s möglich

Diese Flexibilität ließ sich nur realisieren, weil der FPGA im Engineering-Framework wie ein Standard-Controller abgebildet und programmierbar ist. Für das gewohnte Handling und die Programmierung sorgt eine IEC-61131-kompatible Funktionsblock-Bibliothek, mit der im Standard-FUB-Editor des Automation Studio die FPGA-Module programmiert werden. Die Bibliothek ermöglicht den Zugriff auf digitale und analoge Signale des Moduls und den Datenaustausch mit dem zentralen Steuerungsprogramm. An logischen Operationen stehen UND, OR, XOR und NOT zur Verfügung. Ergänzt um arithmetische Operationen wie ADD, SUB, MUL, DIV sowie FlipFlop, PWM, Komparator und Zähler sind vielfältige Funktionen realisierbar.

Die per FUB erstellten Verschaltungen lassen sich wie klassischer Steuerungscode testen, bevor sie in den FPGA übertragen werden. Grundlage für die Flexibilität bildet die Fähigkeit der Engineering-Umgebung, das Steuerungsprogramm zu strukturieren und auf einzelne Hardware-Komponenten modular aufzuteilen – auch auf die Reaction-Module. Dort können durch dynamisches Nachladen Bibliotheken von Funktionsblöcken hinterlegt werden.

Zur Markteinführung der Reaction-Technologie stehen drei Module mit unterschiedlicher I/O-Konfiguration bereit: zwei X20-Module (X20RT8001 und RT8201) und ein X67-Modul. Die RT8001-Scheibe verfügt über vier digitale Eingänge mit variablem Eingangsfilter und weitere vier konfigurierbare digitale Ein/Ausgänge, deren physikalische Wandlungszeit unter 2 µs liegt. Das X20-Modul RT8201 hat zusätzlich zwei Analog-Eingänge (±10 V) mit 12 Bit Auflösung und 5 µs Wandlungszeit. Das für schaltschranklose Automatisierungskonzepte gedachte IP67-Modul (X67BC81RT) stellt zwei digitale Eingänge (24 V C) und weitere drei Eingänge (5 V DC) sowie vier konfigurierbare I/Os bereit. Neben zwei Analog-Eingängen wurde ein Analogausgang (±10 V) mit 12 Bit Auflösung zusätzlich integriert.

FPGA-Modul ermöglicht CPU-Downgrading

Die Auslagerung schneller Prozesse in FPGA-I/Os entlastet die Steuerung, die in Zukunft nicht mehr entsprechend der minimal notwendigen Zykluszeit spezifiziert werden muss. In Kombination mit den schnellen I/Os reicht eine weniger leistungsfähige, kostengünstigere CPU. Dieser Logik folgend hat B&R parallel zu den Reaction-Klemmen eine kompakte Steuerungsfamilie mit integrierten I/Os entwickelt, darunter auch eine Variante mit der Reaction-Technology. Serienmäßig sind die X20-Steuerungen mit 32 digitalen und analogen I/Os on board ausgerüstet und verfügen über einen x86-Prozessor. Daneben gibt es zwei analoge Eingänge, konfigurierbar für Strom- oder Spannungsmessung und einer davon wahlweise für Temperaturmessung. Ethernet Powerlink, Standard-Ethernet, CAN, RS232 und USB stehen ebenfalls als Schnittstellen zur Verfügung. Für weitere Feldbusanschlüsse kann jede CPU mit einem Interface-Modul aus dem X20-Standardportfolio erweitert werden. Lokal erweiterbar, lassen sich bis zu 250 I/O-Module direkt oder bis zu 100 m abgesetzt anreihen. Die Kompaktsteuerung gibt es mit zwei unterschiedlichen Prozessorleistungen: 200 und 400 MHz. Je nach Variante sind bis zu 256 MB Arbeitsspeicher und 16 kB nullspannungssicheres RAM on board. Für Applikation und Datenablage steht ein fest eingebauter Flash-Drive mit bis zu 4 GB zur Verfügung. Die CPUs sind lüfter- und batterielos und daher wartungsfrei. Die Reaction-Technologie steht bei zwei Steuerungsvarianten zur Verfügung.

Stefan Kuppinger

ist Chefredakteur der IEE.

(sk)

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