IPTE-Heroldsberg

Blicken zuversichtlich in die Zukunft (v.l.n.r.): Wolf Erdmann (kaufmännischer Geschäftsführer), Karl Schmaußer (technischer Geschäftsführer) und Rainer Krohmann (Vertriebsleiter) von IPTE Germany. (Bild: Marisa Robles)

Wolf Erdmann ist kaufmännischer Geschäftsführer mit langjähriger Erfahrung in der Elektronik- /Maschinenbaubranche und ein Kenner Chinas. IPTE kennt er aus seiner Zeit in China so wie aus Zeiten, in denen IPTE ein Wettbewerber für ihn war. Karl Schmaußer ist technischer Geschäftsführer und hat eine sehr große Erfahrung in der Produktion und Maschinenbau aufzuweisen. Rainer Krohmann ist ein versierter Vertriebsleiter mit hoher Expertise in der Elektronikfertigung. Mit diesen drei Experten ihres jeweiligen Fachs hat die Mutter IPTE Holding bei IPTE Germany eine komplett neue Führungsriege in Heroldsberg aufgesetzt und mit einer schwierigen Aufgabe betraut: den Standort wieder stramm auf Kurs zu bringen.

In den vergangenen zwei Jahren hat IPTE Germany eine schwierige Zeit durchlebt, stark geprägt durch ein auf Folgeprojekte ausgelegtes Großprojekt, das letztlich nicht im geplanten Umfang umgesetzt wurde. Wie umgehen mit einem großen Bestand an Lagerkapazitäten und Personal? Und wie die verflossene Zeit wieder aufholen, in der keine Akquise für weitere Projekte vorgenommen wurde? Daraus lernend wurde die bisherige Strategie überdacht und ein neues, multikulturelles Produktions-Sharing-Programm aufgebaut. Denn schließlich gilt es, global agierende Kunden vor Ort zu unterstützten, wo immer sie produzieren. Damit ist IPTE strategisch über die gesamte Erde gut aufgestellt.

In welche Richtung wollen Sie die künftige Ausrichtung des Unternehmens prägen?

Wolf Erdmann: Die erste Frage, die wir uns als neue Führungsriege gestellt haben war, wo wir uns in fünf Jahren positioniert haben wollen. Denn im Projektgeschäft, ist man sehr kundengetrieben und auf die jeweiligen Projekte fokussiert. Aber wir müssen uns als IPTE – also mit den Bereichen Test, Assembly und Systems – entsprechend den absehbaren Trends weiterentwickeln. Zwischenzeitlich sind wir auf einer sehr stabilen Basis, um künftig eine größere Kundenbreite angehen zu können. 75 Prozent unseres Umsatzes bestreiten wir aber weiterhin mit Kunden der Automobilindustrie.

Trends sind sicherlich sinnvoll abzuwägen für eine neue strategische Ausrichtung. Die weitere Marktentwicklung sollte jedoch parallel dazu ebenfalls mit ins Kalkül gezogen werden.

Wolf Erdmann: Derzeit haben wir einen sehr guten Auftragsbestand. Aber sicherlich müssen wir uns auf ein konjunkturbedingtes geringeres Wachstum des Markts zumindest vorbereiten. Dies, obwohl wir am Markt zwar immer wieder Hinweise darauf bekommen, unsere Geschäftslage und die Anfragen trotzdem auf einem starken Niveau sind. Wir sehen uns hier gut aufgestellt. Sollte es beispielsweise zum drastischen Markteinbruch oder zur Rezession kommen, sehen wir Möglichkeiten des weiteren Wachstums darin, dass wir unter den verschiedenen Standorten sozusagen atmen und etwa ein Produktions-Sharing vornehmen. Außerdem sind wir unter anderem in Märkten wie Batterie und E-Mobilität etabliert, welche aktuell stetig wachsen.

Können Sie ein Beispiel nennen, wie das Atmen zwischen den Standorten aussehen könnte?

Wolf Erdmann: Sollte es beispielsweise zum Abschwung oder gar zu einem Markteinbruch kommen, gehen wir nicht davon aus, dass alle Bereiche gleichzeitig betroffen sein werden. Wenn Kunden zum Beispiel in unserem Geschäftsbereich Test und Assembly zögerlicher werden, dann können wir intern die Ressourcen von Test und Assembly auf den Bereich Systems verlagern und entsprechend ausbauen. Dieser Geschäftsbereich läuft übrigens momentan sehr gut.

Wir sind natürlich sehr eng in Kontakt mit der Industrie, also nicht nur mit den Kunden, sondern auch unseren Lieferanten, um den Markt besser beobachten zu können. Und natürlich schauen wir uns an, was unsere Wettbewerber machen.

IPTE-Heroldsberg

Straffere Strukturen und eine langfristigere Kapazitätsplanung ermöglichen es IPTE in Heroldsberg, die Kunden auf dem weltweiten Parkett zuverlässig zu betreuen und mit prozesssteigernden Maschinen und Anlagen auszustatten. Marisa Robles

Rainer Krohmann: Durch die strategische internationale Ausrichtung von IPTE sehen wir sehr große Entwicklungschancen. Wir können einerseits bei Lieferengpässen mit unseren anderen Fertigungsstätten weltweit kooperieren. Das ermöglicht es uns, beispielsweise Aufträge in ein so genanntes Produktions-Sharing aufzuteilen. Andererseits profitieren alle Niederlassungen auch vom Know-how untereinander. Das sind wichtige Voraussetzungen, um einen global agierenden Kunden auch international begleiten zu können.

Karl Schmaußer: Das Gute ist, wir haben in allen unseren drei Bereichen Test, Assembly und Systems die gleiche Auslastung. Dadurch können wir nicht nur zwischen den Ressourcen, sondern auch zwischen den Standorten atmen. Und dieses Switchen zwischen Standorten betreiben wir intensiv. Erst kürzlich waren Mitarbeiter aus Mexiko hier in Heroldsberg, um unser Team zu unterstützen und somit Produktionsspitzen rasch abzubauen. Dadurch eliminieren wir diese Hire-and-Fire-Mentalität und sorgen für eine hohe Stabilität innerhalb der IPTE. Dadurch wird gewissermaßen eine langfristige Planung ermöglicht.

Wolf Erdmann: Deutschland und China ist für uns eine sehr starke Achse, vor allem, weil wir stark im Automotive-Sektor engagiert sind. Denn jeder Automobilhersteller, der hier präsent ist, ist automatisch auch in China aktiv. Deshalb – um ein weiteres Beispiel zu nennen – haben wir derzeit einige Mitarbeiter aus unserem chinesischem Standort in Shanghai für ein Projekt eines chinesischen Kunden hier in Heroldsberg zu Gast. Diese Mitarbeiter begleiten das Projekt ganzheitlich, weil sie später die Verantwortung für dieses Projekt in China haben werden. Damit stellen wir unseren Know-how-Transfer sicher.

Anfänglich stand bei der Unternehmensgründung die Idee im Mittelpunkt, universelle Lösungen für die Testautomatisierung anzubieten. Welche Synergieeffekte ergeben sich mit den weiteren Geschäftsbereichen Assembly und Systems?

Rainer Krohmann: Heute entwickelt IPTE schlüsselfertige Automatisierungssysteme für Produktion, Test und Bearbeitung von Leiterplatten und Baugruppen sowie für Endmontage und Test elektrischer, elektronischer und anderer, auch sehr komplexer Geräte. Daraus ergeben sich durchaus Synergieeffekte. Dadurch müssen wir uns beim Kunden nicht mit einer Second-Source auseinandersetzen. Wir können alles aus einer Hand anbieten – und zwar ab Losgröße 1.

Innerhalb der IPTE haben sich über die Jahre auch einige Spezialitäten herauskristallisiert. Bestes Beispiel ist IPTE Platzgrummer in Dachau. Die IPTE-Tochter entwickelt maßgeschneiderte Produktionsausrüstungen und Montagelösungen, beginnend bei Einzel-Montagezellen bis hin zu vollautomatisierten Montage-, Test- und Produktionslinien. Überdies hat sich der Standort im spanischen Reus nahe Barcelona zu Vision-Spezialisten entwickelt. Andererseits holen wir uns aus Belgien das Know-how für das Laser-Durchstrahlschweißen. Und so ergänzen wir uns über die Standorte hinweg.

Universelle Automatisierungs-
lösungen

Seit 1992 produziert IPTE universelle Hightech-Automatisierungslösungen für die Elektronik- und Mechanikindustrie. Das Produkt- und Leistungsangebot ist kontinuierlich erweitert worden – sowohl aus eigener Kraft, als auch durch geeignete Akquisitionen. Eine Besonderheit in Heroldsberg ist das Produkt-Design und die Prototypenentwicklung.

Dafür sind sicherlich auch langfristige Planungen notwendig.

Wolf Erdmann: Das ist richtig. Als neue Führungsriege haben wir viel Zeit darauf verwandt, eine vorausschauende Planung auf den Weg zu bringen. Dafür haben wir einen Fünf-Jahres-Plan aufgesetzt, um unsere Technologien und die Kundenbindung zu verbessern. Parallel dazu haben wir unsere Lieferantenstruktur gestrafft. Im besonderen Fokus stand und steht die Kapazitätsplanung, die unter anderem Tools und Software einschließt, um interne Arbeitsprozesse zu verbessern. So wurden die Lagerverwaltung und die Durchlaufzeiten in der Fertigung und damit letztendlich die Qualität optimiert. Uns geht es dabei um die Auslastung und damit einher um die Kapazitäten, um diese standortübergreifend über alle Fertigungsstätten hinweg ausgleichen zu können.

Inwiefern werden Ihre Planungen von Faktoren wie Fachkräftemangel und den steigenden Anforderungen im Maschinenbau beeinträchtigt?

Wolf Erdmann: Wir hinterfragen Projekte, ob und wie diese zu uns passen. Wir können nicht jedem Trend folgen, jedoch sind unsere Maschinen beispielsweise für Industrie 4.0 gerüstet. Der immer höhere Anteil an Software in Maschinen kann für den Maschinenbau Fluch und Segen zugleich sein. Der Blick nach Asien zeigt, dass man in China hier schon sehr viel weiter ist und flexibler auf Anforderungen eingehen kann.

IPTE-Heroldsberg

In der strategischen internationalen Ausrichtung sieht die IPTE-Führungsriege sehr große Entwicklungschancen. Marisa Robles

Der Anteil an Software steigt rapide und wir haben deshalb einen sehr hohen Bedarf an Software-Ingenieuren. Software ist als Stärke und Chance anzusehen, die man ausbauen und vorantreiben muss. Eine unserer größten Stärken ist ja, dass wir nicht nur die Software auf der Maschine schreiben, sondern wir arbeiten mit unseren Großkunden im Automobilbereich auf deren Softwareplattform mit. Aber wir sind hier in Heroldsberg in einer boomenden Region und wir tun uns gerade im Mechatronik- und Softwarebereich schwer, passende Fachkräfte zu finden. Derzeit sind etwa 20 Mitarbeiter bei uns im Softwarebereich beschäftigt. Parallel dazu beträgt der weltweite Anteil an Engineering-Kräften rund 43 Prozent aller Mitarbeiter. Rund 10 Prozent des Gesamtumsatzes fließen ins Unternehmen für F&E und Ressourcen für Business-Development zurück. Im Jahr 2018 erzielte IPTE insgesamt einen Umsatz von gut 133 Mio. Euro.

Karl Schmaußer: Im Bereich Systems konnten wir unsere Kapazitäten bündeln und so vor kurzem die gesamte Aktivität inklusiver aller Mitarbeiter vom Standort in Fürth nach Heroldsberg zurückholen. Hierbei war es möglich, große Entwicklungssprünge im Bereich standardisierter Systeme zu realisieren. Die Standardisierungen haben nicht nur den Zweck, die Nutzentrenner schneller aufbauen zu können, sondern die Systeme arbeiten selbst viel flotter. Auch wollen wir mit diesen Standardisierungsbestrebungen ein Stück weit die Lieferzeiten reduzieren.

Rainer Krohmann: Hinsichtlich der Software profitieren wir über unser hauseigenes Netzwerk. Denn unser rumänischer Standort hat sich über die Jahre zu einer sehr guten Softwareschmiede etabliert, von der unsere Kunden, aber auch alle weiteren Fertigungsstätten so wie auch wir profitieren. So sind gerade fünf Programmierer aus Rumänien hier an unserem Standort, um bei einem Projekt mitzuwirken. Dennoch: Der Mangel an Talenten – sei es für Software, Mechatronik oder Fertigungsspezialisten – ist enorm und wir nutzen jede Gelegenheit, um an solche Talente ranzukommen und sie für IPTE zu begeistern. Wir sind zuversichtlich, dass uns dies gelingen wird.

Das Interview führte Marisa Robles, Chefredakteurin Productronic

SMTconnect: Halle 5, Stand 434B

Marisa Robles

Marisa Robles
Chefredakteurin Productronic

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IPTE GmbH

Schleifweg 14
90562 Heroldsberg
Germany