Der Sicherheitsstandard IEC 60601-1 und die vorgeschriebene Potenzialtrennung für Geräte, die in Kontakt mit Patienten und Bedienpersonal kommen, sind das A und O bei der Entwicklung von medizinischem Equipment. Der Standard spezifiziert viele Aspekte moderner elektrischer medizinischer Geräte, um Patienten und Bedienpersonen vor gefährlich hohen Spannungen und Strömen zu schützen.

Robuste Lösung für eine unterbrechungsfreie Kommunikation selbst bei hohen Spannungsspitzen: Der Isolierbaustein LTM2881.

Robuste Lösung für eine unterbrechungsfreie Kommunikation selbst bei hohen Spannungsspitzen: Der Isolierbaustein LTM2881.Linear Technology

Einer der wichtigsten Aspekte der menschlichen Sicherheit und ein herausfordernder Teil der Produktentwicklung lautet: Leckströme, inklusive der Wechselströme, minieren. Weil die Isolationsgrenze immer eine Kapazität bedeutet, muss sie regelmäßig reduziert werden, um Leckwechselströme zu begrenzen, die von der Signalgebung und den Spannungen der Schaltnetzteile hervorgerufen werden. Daraus resultieren kapazitve Ströme. Diese kapazitven oder AC-Ströme existieren unabhängig von der Art der Potenzialtrennung, wie einer induktiven oder optischen Trennung, weil immer eine Sperrkapazität auftritt. Die strengsten Leckstromgrenzen müssen dort bestehen, wo ein potenzialfreies angeschlossenes Gerät, Typ CF, beispielsweise eine ECG/EKG-Sonde, an einen Patienten angelegt ist. Im Nomalbetrieb muss der kombinierte AC/DC-Leckstrom dabei unter 10 µA liegen.

Des Weiteren müssen Patienten und Bedienpersonen vor Leckströmen geschützt werden, die vom Gehäuse oder den Zubehörteilen der Ausrüstung ausgehen. Diese Ströme, denen ein Patient oder eine Bedienperson ausgesetzt sein können, sind auch als so genannte Berührungsströme bekannt. Unter normalen Bedingungen sollte der Berührungsstrom von oder zwischen Teilen der medizinischen Geräte in der Umgebung des Patienten 100 µA nicht übersteigen. Die Begrenzung des Berührungsstroms liegt bei 500 µA während einer einzelnen Fehlerbedingung (Single-Fault-Condition, SFC). Se tritt auf, wenn eine Schutzvorrichtung defekt ist oder eine Betriebsbedingung nicht erfüllt wird.

Schutzmaßnahmen ergreifen

Elektrische Medizinausrüstungen sollten über zwei Schutzvorrichtungen (Mean of Protection, MOP) verfügen, um zu verhindern, dass angelegte Teile oder andere zugängliche Teile zu große Leck- oder Berührungsströme aufweisen. Ein MOP beinhaltet Potenzial­trennung, Luftspalte, Kriechstrecken, Impedanzen und Schutz­erdungen. Es gibt zwei grundlegende Klassen von medizinischen Geräten: Klasse I bezieht sich auf elektrische Ausrüstungen, die eine Grundpotenzialtrennung plus zusätzliche Schutzmaßnahmen für zugängliche Teile hat, also schutzgeerdet sind. Klasse II bietet Schutz vor einem elektrischen Schlag – einmal durch Grundpotenzialtrennung und zum anderen durch doppelte oder verstärkte Isolierung. Um die Anforderungen der Klasse-II-Sicherheit zu erfüllen, sind allerdings Schutzerde oder bestimmte Installationsbedingungen nicht vorgesehen.

Die doppelte Potenzialtrennung ist durch Basispotenzialtrennung und eine zusätzliche Isolierung gekennzeichnet. Sie hat zwei Schutzvorrichtungen. Bei der verstärkten Potenzialtrennung handelt es sich um ein einziges Isolierungssystem mit zwei Schutzvorrichtungen. Um zwei Maßnahmen des Patientenschutzes (Mean of Patient Protection, MOPP) zu erfüllen, müssen die Komponenten an AC-Testspannungen angelegt werden. Mit einer für 5 kVRMS ausgelegten Komponente mit solider Potenzialtrennung, bedeutet dies 707 VPK oder 500 VRMS Arbeitsspannung. Komponenten für die Potenzialtrennung in medizinischen Geräten müssen über einen minimalen Abstand für die Isolierung von 0,4 mm verfügen. Das ist ein Kriterium für eine solide Potenzialtrennung, die eine doppelte oder verstärkte Potenzialtrennung erfüllen muss. Zudem muss die Potenzialtrennung aus mindestens zwei Metalllagen bestehen, die dielektrischen Stresstests unterzogen werden. Für die verstärkte Potenzialtrennung muss der geeignete dielektrische Stresstest für zwei Schutzvorrichtungen ausreichend sein.

Anforderung: Sichere Potenzialtrennung

Die IEC 60601-1 spezifiziert die Leckströme für Patienten bis hinunter auf 10 µA DC für den Normalbetrieb und 50 µA DC für eine einzige Fehlerbedingung. Akzeptable Patienten-Leckströme liegen im Bereich zwischen 10 µA und 1 mA. Das ist abhängig von der Art des Geräts, normalen Betriebsbedingungen sowie Fehlerfall, und wie viele Teile an den Patienten angelegt sind. Der sicherste Fall für die Patienten sind F-Typ-isolierte (floating) angeschlossene Teile, in denen die Anschlüsse zum Patienten von den anderen Teilen des medizinischen Equipments isoliert sind. Diese Potenzial­trennung muss verhindern, dass ein höherer Strom als der erlaubte Patienten-Leckstrom fließt. Das muss auch dann garantiert sein, wenn eine unbeabsichtigte Spannung durch eine externe Quelle an den Patienten angelegt wird und deshalb zwischen der Patientenverbindung und Erde anliegt. Angelegte F-Typ-Teile sind darüber hinaus als BF (Body Applied Floating) oder CF (Cardio Type Floating) klassifiziert.

Die abgebildete Tabelle zeigt eine Zusammenfassung der Ströme, die an Patienten anliegen dürfen. Sie beinhaltet individuell angelegte Teilströme sowie den Gesamtstrom. Dieser gilt als Maßstab für den Leckstrom, wenn alle für den Betrieb erforderlichen Geräte in Kontakt mit dem Patienten sind. Ebenfalls aufgelistet ist der Berührungsstrom. Dabei handelt es sich um einen Leckstrom, der vom Gehäuse oder von Teilen des Gerätes im Normalbetrieb über einen externen Pfad oder einen anderen Pfad als der Schutz­erde, zur Erde oder einen anderen Teil des Gehäuses fließt. Ausgenommen ist die Verbindung zum Patienten. Der Begriff hat die gleiche Bedeutung wie der Begriff Gehäuse-Leckströme und ist nun zwischen IEC60601 und IEC60950 abgestimmt. Er reflektiert anschaulich die Tatsache, dass der Leckstrom auch an Geräteteilen anliegen kann, die normalerweise schutzgeerdet sind.

Nach dem IEC60601-Standard müssen Komponenten, die den doppelten Schutz der Patienten erfüllen, eine Potenzialtrennung von 4 kVRMS über eine Minute lang gewährleisten. Dieser Standard definiert auch die Schutzwirkung für den Patienten, die die erforderliche Potenzialtrennung definiert, um das Risiko eines elektrischen Schlags für den Patienten zu vermeiden.

Darüber hinaus fallen weitere Schutzvorrichtungen ins Gewicht, die insbesondere für die Bedienpersonen gelten. Medizinische Geräte benötigen zwei Schutzvorrichtungen, um das Risiko eines elektrischen Schlags für den Patienten und die Bedienpersonen zu reduzieren, wenn beispielsweise Fehler oder Kurzschlüsse bei einer Schutzvorrichtung auftreten. Die Anforderungen an die Schutzwirkung schließen die als Minimum vorhandenen Kriech- und Luftstrecken, Potenzialtrennung und Kontakte der Schutzerde, Verschmutzungsgrad und Spezifikation des Gesamtleckstroms mit ein. Zwei MOOPs (Mean of Operator Protection) erfordern eine Verdoppelung der Kriech- und Luftstrecken. Viele medizinische Geräte werden von der Standard-Netzspannung mit 120 oder 240 VAC versorgt, wobei diese Standard-Betriebsspannung üblicherweise auf 250 VAC aufgerundet wird. Die erforderliche Kriechstrecke für einen MOPP beträgt 4 mm und für zwei MOPPs entsprechend 8 mm. Diese 250 VRMS entsprechen 354 VDC (oder Spitze) und erfordern eine Testspannung für zwei MOPPs von 4 kVRMS.

Herausforderung: Defibrillations-sicher

Wie dargelegt, ist die aktuelle Anforderung an die Potenzialtrennung 4 kVRMS. Es gibt optionale Anforderungen, die für diverse medizinische Geräte zutreffen und die eine Spannung von bis zu 5 kVPK isolieren müssen, was wiederum die Notwendigkeit für 4 kVRMS bestätigt. Das ist dann der Fall, wenn die medizinischen Geräte und angelegte Teile Defibrillations-sicher sein müssen. Ein als Defibrillations-sicher angelegtes Teil ist eines, das gegen die Auswirkungen der Entladung eines Defibrillators für den Patienten isoliert ist.

Ein Defibrillator ist grundsätzlich ein geladener Kondensator, der in Reihe mit einer Spule geschaltet ist, um den Strom zu begrenzen. Er erzeugt eine abklingende Sinuswelle, wenn er eingeschaltet wird. Die Spitzenspannung des ersten Stromstoßes kann wesentlich höher sein, als die des Kondensators selbst. Es ist in der IEC60601 festgeschrieben, dass die 5 kVPK der maximale Wert dieses Spannungsstoßes ist. Das ist erforderlich, um den Pa­tienten vor einem elektrischen Schlag zu schützen, wenn eine Potenzialgrenze während des Defibrillationsprozesses zusammenbricht.

Eine unterbrechungsfreie Kommunikation gewährleisten

Diese Entwicklungsumgebungen sind äußerst anspruchsvoll. Es ist notwendig, die Anforderungen nach IEC60601 einzuhalten, um Produkte für die Medizintechnik zu entwickeln. Linear Technology hat diverse Isolierbausteine im Produktportfolio, die dabei hilft, die Anforderungen der Potenzialtrennung in medizinischen Geräten zu erfüllen. Linear Technology wird 5-kVRMS-Isolierbausteine mit integrierter Stromversorgung vorstellen, die eine Leistung von bis zu 1 W liefern und über eine isolierte Datenschnittstelle verfügen – ohne dafür externe Komponenten zu benötigen. Die Produktfamilie basiert auf dem isolierten 2,5-kVRMS-RS485-µModule-Transceiver LTM2881, der eine unterbrechungsfreie Kommunikation bei Hochspannungsspitzen mit Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 20 Mbit/s ermöglicht.

Safety First

Wo hohe Ströme fließen und hohe Spannungen auftreten, gelten enorme Sicherheitsanforderungen. Das trifft insbesondere in der Medizintechnik zu, wo eine Missachtung zu schweren Verletzungen oder Schlimmerem führen kann. Hier gilt es den Sicherheitsstandard IEC 60601-1 strengstens zu beachten, der unter anderem eine hohe Potenzialtrennung vorschreibt. Um diese Vorgabe erfüllen zu können, stellt Linear Technology Herstellern von medizinischen Geräten Isolierbausteine zur Verfügung, die eine Spannung von bis zu 5 kVPK isolieren und eine robuste Lösung für eine unterbrechungsfreie Kommunikation darstellen, auch bei Spannungsspitzen von über 30 kV/µs.

Das Modul enthält einen isolierten 1-W-DC/DC-Wandler mit bis zu 62 % Wirkungsgrad, der überschüssige Leistung an einen auf 5 V geregelten Ausgang bringt. Alle Komponenten, angefangen von Entkoppelkondensatoren über Dioden bis hin zu selbstschaltenden Abschlusswiderständen, sind im Modul integriert. Die Isolationssperre ist mit zwei Lagen dielektrischem Material aufgebaut, die in der Lage sind, bis zu 5 kVRMS zu sperren. Das erfüllt die Anforderungen an die Kriech- und Luftstrecken der Spezifikation. Der LTM2881 verfügt über einen ±15 kV ESD-Schutz an den Transceiver-Pins und über die Isolationssperre hinweg.

Optimal geschützt

Ein ausfallsicherer Empfänger garantiert, dass der Empfängerausgang auf logisch hoch bleibt, wenn die Eingänge nicht betrieben werden, sprich es zum Kurzschluss kommt oder die Eingänge offen beziehungsweise abgeschlossen sind. Die Schaltschwellen des Empfängers sind ausbalanciert, um einen Datentaktzyklus mit langen Netzwerkverbindungen aufrecht zu erhalten. Der LTM2881 schützt auch sich selbst, indem er die Treiber- und Empfänger-Pins bei einer zu hohen Verlustleistung deaktiviert. Mittlerweile vereinfacht es ein Stromversorgungspin für 1,62-V- bis 5,5-V-Logik, Verbindungen zu digitalen Komponenten herzustellen, während TIA/EIA-kompatible RS485-Signale mit entweder 3,3 V oder 5 V Versorgungsspannung beibehalten werden. Der LTM2881 verfügt über einen Abschaltmodus mit niedrigem Stromverbrauch: Er zieht weniger als 5 µA, wenn er nicht kommunizieren muss.

Fazit: Linears moderne Bausteine stellen eine robuste Lösung für eine unterbrechungsfreie Kommunikation dar – selbst für den Fall, wenn Spannungsspitzen über 30 kV/µs auftreten. Der LTM2881 glänzt mit niedriger EMI, einer nominalen Sperrkapazität von > 6 pF und erfüllt alle Anforderungen der EN55022/CISPR 22 Class B für abgestrahlte Leistung, wenn den Layout-Vorschlägen gefolgt wird. Versionen für die Potenzialtrennung von RS232 und digitaler Logik stehen ebenfalls zur Verfügung. 

Jeff Marvin

: Design Center Manager, Mixed Signal Products, Linear Technology.

(eck)

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