Veranstalter Messe München hatte das Thema „Fertigungstechnologien für Kabel und Steckverbinder“ zu einem der Productronica-Highlights auserkoren. Am Mittwoch, den 13. November 2013, war das Innovations-Forum in der Halle B2 der zentrale Kabel- und Steckverbinder-Treffpunkt: Das vom VDMA organisierte Highlight-Forum „Cables and Connectors – Production aspects and application examples“ beleuchtete und diskutierte in zahlreichen Vorträgen intensiv die Herausforderungen und die aktuellen Trends: Von Herstelleranforderungen bis Maschinenlösungen, von Markt und Technologie bis zur Firmen- und Branchenstrategie – also alles, was die Branche derzeit bewegt. Gleichwohl war dieser Schwerpunkt für die Productronic eine Besonderheit: Die Resonanz der Podiumsdiskussion „Kabel und Steckverbinder als einfache Ware? – Anwendungsbezogene Herstellung und Trends“ war überwältigend. Bis auf dem letzten Platz war das Innovations-Forum mit interessierten Zuhörern belegt. Und wer keinen Platz fand, begnügte sich mit einem Stehplatz an den Seiten.

Kabel sind oft die letzten Bauteile, die Entwickler während ihres Systemdesigns auswählen. Tatsächlich sind Kabel die Lebensader fast aller elektronischen Systeme: Versagen Kabel bei der Verlegung oder nach dem Einbau sind die Folgen teuer oder sogar fatal – egal ob im Auto, im Kraftwerk oder im Flugzeug. Die Verbindungstechnik ist ebenfalls eng mit der Kabeltechnik verbunden. Die Zuverlässigkeit eines Kabels basiert sowohl auf seiner Haltbarkeit und Robustheit als auch auf seiner Signalintegrität. Das ideale Kabelsystem sollte so konstruiert sein, dass es in jeder beliebigen Umgebung über die gesamte Lebensdauer des Produkts hinweg ordnungsgemäß funktioniert. Auch müssen die Anwender einerseits die wachsenden Anforderungen der eingesetzten Kabel in ihren elektronischen Systemen gewährleisten und andererseits die Kosten für die Kabelsysteme so gering wie möglich halten. Zuverlässigkeit fängt bereits bei der Materialauswahl und Kabelherstellung an und muss auch bei der Kabelverarbeitung sichergestellt sein. Auch Ersatz von teurem Kupfer durch Aluminium im Fahrzeugbau hat weitreichende Auswirkungen: So muss die Crimptechnik für Steckverbinder neu angepasst werden.

Leichtbau im Bordnetz

Der Kabelstrang ist mit bis zu 70 kg in einem Premium-Fahrzeug nicht nur das Schwergewicht im Automobil, sondern ein entscheidender Faktor für das Fahrzeugpackage. Deshalb forscht und arbeitet die Branche mit Hochdruck daran, die Leitungsstrang-Topologien im Auto zu optimieren. Delphi entwickelt Boardnetzysteme für alle OEMs. Der Fokus liegt klar darauf, Gewicht und Bauraum zu reduzieren, erläutert Andreas Müller, Technical Expert Crimp Technology von Delphi Deutschland. „Mit jeder neuen Autogeneration erhöhen sich die Anforderungen, da immer mehr Applikationen zu berücksichtigen sind – das sind aktuelle Herausforderungen, denen wir begegnen müssen. Parallel dazu wird der Bauraum immer kleiner.“ Das Bordnetz besitze einen deutlichen Stellhebel für die Kerneigenschaften des Fahrzeugs, weshalb eine aktive Gestaltung notwendig sei. Eine Möglichkeit, diesen Herausforderungen zu begegnen, ist die Dezentralisierung der Bordnetzsysteme. So könnten dezentrale Systeme für höhere Zuverlässigkeit und gleichzeitig für signifikante Gewichtseinsparungen sorgen.

Parallel dazu will man mit kleineren Drahtdurchmessern ebenfalls für mehr Leichtigkeit sorgen. Mittlerweile verbaut Delphi seit dreieinhalb Jahren erfolgreich Leitungen mit Querschnitten von 0,13 mm², während nach wie vor 0,35-mm²-Leitungen der übliche Standard sind. „Kabel mit einem Querschnitt von 0,13 mm² und dazugehörige Steckverbindungen ermöglichen deutlich platzsparendere Netzarchitekturen“, ist sich Müller sicher. Mit den dünneren Leitungen will Delphi bei der Vielzahl von Signalleitungen innerhalb eines Kabelbaums für bis zu zwei Drittel weniger Bauraumbedarf sorgen – allerdings noch nicht überall: Bei sicherheitsrelevanten Funktionen wie der Airbag-Ansteuerung sind dünnere Kabelquerschnitte bisher noch nicht systemgetestet. Wichtiger Nebeneffekt dieser Miniaturisierung sind Gewichtsreduzierungen von bis zu 60 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Systemen. Der Einsatz von miniaturisierten platzsparenden Netzwerken hängt allerdings stark vom Vorhandensein prozesssicherer Fertigungstechniken ab – vor allem ist die Entwicklung von gedichteten Steckverbindungen noch nicht für alle Komponenten abgeschlossen.

Aluminium ist eine ernsthafte Alternative – mit neuen Herausforderungen

Ein weiterer Ansatz zur Gewichtseinsparung ist die Verwendung von Aluminium statt dem klassischen Kupfer. Ein Aspekt, der für Aluminium spricht, ist das im Vergleich zu Kupfer geringe Gewicht, aber auch die Verfügbarkeit spricht für das Leichtmetall, da die Nachfrage nach Kupfer rasant ansteigt. Aluminium ist ein guter elektrischer Leiter. Im Automobilbau ersetzt dieser Leichtbauwerkstoff zunehmend Kupfer in vielen Einsatzbereichen bei Stromleitern. Trotz der Tatsache, dass Aluminiumleiter einen größeren Querschnitt besitzen müssen, um die gleiche elektrische Leitfähigkeit sicher zu stellen, ermöglicht die Aluminiumtechnologie eine Gewichtsreduktion um rund 50 Prozent im Vergleich zu Kupferkabeln. Der Einsatz von Aluminiumprodukten führt, soweit dies heute sinnvoll ist, zu einer Verringerung des Bordnetz-Gewichts um etwa 10 Prozent. Das Gewicht eines Mittelklassefahrzeugs lässt sich durch den Einsatz von Aluminiumkabeln um 2 bis 3 kg reduzieren, was zu einem reduzierten Kraftstoffverbrauch führt und den CO2-Ausstoß senkt. Neben seinen Stärken hat Aluminium aber einige Eigenschaften, die seine Verwendung als Leiterwerkstoff erschweren, führt Marc Schürmann, Vice President Sales von Komax Wire, aus: „Die Qualitätsanforderungen bei Aluminium sind hoch, vor allem hinsichtlich der elektrochemischen Korrosion beim Crimp- und Abisolierprozess.“ Ein weiteres Manko von Aluminium ist das so genannte Kriechen (unter mechanischer Last und bei deutlich niedrigeren Temperaturen als Kupfer) und die geringere Festigkeit gegenüber Kupfer.

Gerade beim Abisoliervorgang sei eine intensive Qualitätsüberwachung notwendig, damit die „Leitungen nicht berührt werden und wenn dies passiert, dies auch detektiert wird“. Neben dem Schneideprozess kann sich auch das Führen oder die Ablage der Leitungen schwierig gestalten. Die Aluminiumleitungen sind in verschiedenen Querschnitten unterschiedlich aufgebaut (zum Beispiel als einfache Litze), zudem sind unterschiedliche Alumina im Einsatz – etwa als Mischlegierungen. Als Basismaterial dient in den meisten Fällen Al99,5 (EN AW-1050A). Auf diese Weise lassen sich die Festigkeitswerte in weiten Grenzen erhöhen und auch andere Eigenschaften beeinflussen. „Das sind Einflusskriterien, die bei der Kabelverarbeitung, beim Schneiden und Crimpen zu neuen Erkenntnissen in Überwachungssystemen führen“, merkt Martin Stier, Leiter Maschinenentwicklung von Schleuniger, ergänzend an.

„Das Aluminiumschweißen ist eine klare Herausforderung“, nimmt Axel Schneider, Business Unit Manager Metal Welding von Telsonic, Anlauf: Um dies besser zu veranschaulichen, greift er ins Fussballmetier: „Kupferschweißen ist Regionalliga und Aluminium ist Bundesliga. Das Fenster ist wesentlich enger und man muss auch viel mehr auf Dinge achten, die im Vorfeld beim Kupferschweißen nicht in dem Maße berücksichtigt werden mussten, wie das beim Aluminiumschweißen nun der Fall ist.“

Miniaturisierung treibt Automatisierung voran

Die voranschreitende Miniaturisierung ermöglicht im Maschinenbau durchaus Innovationen. Die Verarbeitung von 0,13-mm²-Leitungen auf einer Maschine bedingt bestimmte Anforderungen an Präzision, Qualitätsüberwachung und Genauigkeit der Automaten. Allerdings ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Derzeit in der Diskussion sind Querschnitte von 0,08 mm². „Den nächsten Schritt auf 0,08 mm Querschnitt zu gehen ist möglich. Wir haben Versuche gefahren, auch im Bereich Automatisierung haben wir erfolgreich Tests durchgeführt“, erläutert Andreas Müller von Delphi. Allerdings müsse man die Bereitschaft bei den OEMs wecken, in neuen Systemen und Strukturen zu denken, führt er aus: „Die Kunden können uns nicht so schnell folgen. Auch müssen mehr Komponenten hierfür zur Verfügung stehen.“

Nicht zu unterschätzen ist auch der Qualitätsaspekt: Eine Kabelleitung setzt sich aus dem Kabel und einem Kontaktteil zusammen. Crimpbereiche müssten entwickelt werden, die wiederum eine saubere und sichere Qualitätsüberwachung möglich machten, argumentiert Martin Stier von Schleuniger: „Es ist immer eine ganze Kette, die dahinter steckt.“ Aus Sicht der Verbindungstechnik sei dies eine Herausforderung, pflichtet Axel Schneider von Telsonic, bei. Aufgrund der vielen sequenziell hintereinander geschalteten Prozesse werden rund 85 bis 90 Prozent der Verkabelung im Auto in manuellen Prozessen verarbeitet, also von Hand gefertigt. Wegen der hohen Komplexität der Bordnetzstrukturen sowie der hohen Produktvielfalt im Bereich der Leitungen, Kabel und Steckverbindungen ist es bislang kaum möglich gewesen, den Automatisierungsgrad wesentlich zu steigern. „Allerdings steht die Industrie jetzt an einem Punkt, wo sich das zumindest in Teilbereichen ändern muss. Wegen der Miniaturisierung – also der immer kleiner werdenden Drahtquerschnitte – stößt die manuelle Verarbeitbarkeit schlicht an ihre Grenzen.“ Vor allem deshalb, weil der Faktor Mensch häufige Fehlerquelle ist, bekräftigt Marc Schürmann von Komax Wire: „Die immer dünner werdenden Leitungen auf der einen Seite, aber auch, dass künftig immer mehr hochpolige Gehäuse bestückt werden müssen, sind Herausforderungen, die vom Werker künftig schwer zu bewältigen sein werden. Es passieren Fehler, die dann viel Geld kosten, wenn sie in Form von Rückrufaktionen zum Vorschein kommen. Das sind Gebiete, wo die Automatisierung unumgänglich ist, um prozesssicher zu fertigen.“

Kabel- und Konfektionierungslösungen: Wertvolle Handarbeit

Warum ist es dennoch so schwierig, die Bewegungsabläufe bei der Kabelbaumherstellung sinnvoll zu automatisieren? Die Variantenvielfalt erschwert die Automatisierungsbestrebungen auch weiterhin. Schließlich werden Kabel nach wie vor nach Konstruktionsangaben auf einer speziellen Werkbank oder auf einem Nagelbrett (Formbrett) zu einem Kabelbaum kombiniert und miteinander verklammert. Dieser nur noch begrenzt flexible Baum wird dann eingebaut. „Heute wird automatisiert, das heißt: Auch der Steckvorgang ist auf Maschinen möglich“, beschwichtigt Marc Schürmann von Komax Wire. „Man hat aber in den letzten Jahren erkannt, die gesamte Wertschöpfungskette miteinzubinden.“ Dadurch stünde die Topologie des Kabelsatzes auf dem Prüfstand. Nicht nur gelte es, die Vielfalt der Komponenten zu reduzieren (Stichwort: Standardisierung), sondern auch die Automatentauglichkeit der Komponenten zu verbessern: „Nicht jedes Steckverbinder-Gehäuse lässt sich optimal automatisch bestücken. Das sind Themen, die in den letzten Jahren gerade bei den deutschen OEMs erfolgreich diskutiert wurden, wobei auch die Maschinenbauer, Konfektionierer und Komponentenhersteller an den runden Tisch gebeten wurden und sich so gut einbringen konnten – das war ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg.“

Neben der Kontaktteilbestückung bedürfen sicherlich auch das Verlegen von Leitungen oder das Tapen einer Automatisierungslösung. Beides hat einen recht großen Anteil an der Wertschöpfungskette, weiß Axel Schneider von Telsonic zu berichten: „Das Automatisierungspotential des Kabelsatzes ist unendlich groß. Allerdings ist die steigende Komplexität seit wenigstens 10 Jahren der Treiber gegen die Automatisierung.“ Ein weiteren Aspekt bringt Andreas Müller von Delphi ins Spiel: „Die Komplexitätsreduzierung wäre die Grundvoraussetzung, um erfolgreich weiter zu automatisieren. Wir haben standardisierte Möglichkeiten geschaffen: die Komponenten sind da, die 0,13-mm²-Leitungen lassen sich prozesssicher verarbeiten, die Terminals sind genauso vorhanden wie die Steckverbinder-Gehäuse. Allerdings ist die Struktur so, dass jede Automobilgeneration anders ist, so dass es schwierig wird, standardisierte Terminals im Markt durchzusetzen.“ Ihm schwebt eine Automatisierung in Modulbauweise vor, jedoch: „Da ist noch wenig Unterstützung da und das wird sich so schnell nicht ändern.“ Die Forderung von OEM-Seite ist indes groß: Als Konfektionierer werde man immer wieder mit dem Wunsch konfrontiert, in Billiglohn-Länder auszuweichen, weil sich dort eine günstigere Fertigung realisieren lasse, macht er die Erfahrung: „Gleichzeitig stehen die selben Leute, die das fordern hinter uns und drängen uns, die Produkte wieder zurück nach Europa zu holen, in eine Fertigung zurück, die wieder bei uns um die Ecke ist, weil wir da mehr Qualitätsvertrauen haben. Das wäre mit einer Automatisierung deutlich einfacher.“

Marktentwicklung der Kabelindustrie

Europa ist für die Kabelindustrie ein großer und auch wichtiger Markt. Die Kabelkonfektion gerade für die Automobilindustrie wird eine Verlagerung nach Asien zumindest vorerst nicht erleben, davon sind die Experten überzeugt. Die jeweiligen Veränderungen zur nächsten Automobilgeneration erschweren Verlagerung, weil die Kommunikation deutlich schwieriger und vor allem aufwändiger sei, als mit hiesigen Anbietern. Dennoch könnte sich eine direkte Konkurrenz ergeben, weil Asien billiger fertigen kann. Allerdings steigen gerade in China die Lohnkosten zunehmend, so dass sich die Kosteneinsparpotentiale wieder relativieren. Dadurch bleibt Europa in der nächsten Zukunft weiterhin konkurrenzfähig.

Geht es nach dem ZVEI, dann blickt die Kabelindustrie in Deutschland für 2012 auf eine leicht rückläufige Geschäftsentwicklung zurück. Die durch die Eurokrise geschwächten Absatzmärkte in Europa sowie das gesunkene Niveau der Notierungen an den Metallbörsen führten zu einem Rückgang des Gesamtumsatzes um 5 Prozent auf knapp 7,5 Mrd. Euro, berichtet der Fachverband in seinem Geschäftsbericht 2012/13. So sank die DEL-Notiz im Jahresdurchschnitt auf 626,51 Euro je 100 kg und lag damit um 2,4 Prozent unter dem Vorjahreswert. Die Notierungen für Aluminium in Kabeln sank auf 202,16 Euro pro 100 kg. Dies bedeutete einen Rückgang von 7,7 Prozent. Umgelegt auf die einzelnen Segmente, erzielte der Bereich der Starkstromleitungen mit 2.432 Mio. Euro Umsatz den größten Anteil am Kuchen, gefolgt von der Fahrzeugindustrie, die einen Umsatz von 1.819 Mio. Euro erreichte. Der Bereich Kommunikationskabel mit 1.176 Mio. Euro Umsatz wurde auf den dritten Platz verwiesen, während die Starkstromkabel-Industrie einen Umsatz von 1.021 Mio. Euro generierte. Mit 769 Mio. Euro steht der Bereich Wickeltechnik auf Platz 5 während die Verbindungstechnik mit 205 Mio. Euro Umsatz das Schlusslicht bildet.

Neue Materialien für mehr Umweltschutz

Halogenfrei, schwer entflammbar und selbstverlöschend. Diese Schlagwörter zu mehr Nachhaltigkeit geistern durch die Kabelfertigung und beschwören die weitere Erforschung neuartiger Materialien und entsprechender Prüfmethoden. In die Pflicht genommen werden sie zudem durch zudem durch die RoHS-Richtlinie (Restriction of Hazardous Substances), die REACH-Verordnung (Registration, Evaluation, Authorization of Chemicals) oder die WEEE-Verordnung (Waste of Electrical and Electronic Equipment). Gerade die RoHS-Richtlinie beschränkt die Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten. Produkte, die darunter fallen, dürften demnach keine nach der Definition gefährlichen Stoffe enthalten und müssen vom Hersteller entsprechend mit einer CE-Kennzeichnung versehen sein. Die veränderten Rahmenbedingungen bergen zusätzliche Herausforderungen in der Kabelfertigung, erläutert Axel Schneider von Telsonic: „Aus Ultraschallsicht kann jede Entgasung die sich irgendwie auf die Litze auswirkt, zu veränderten Schweißergebnissen führen. Das zu untersuchen ist nicht einfach, da dies nicht auf Anhieb erkennbar ist.“

Steht der Konfektionierprozess, können kleinste Änderungen das Gefüge empfindlich stören. „Eine kleine Prozessänderung macht Ultraschallschweißen und nachfolgende Prozesse zu einem Riesenthema, das ist vorab nicht offensichtlich und somit nicht ganz vermeidbar“, führt Andreas Müller von Delphi aus. Über die Problemstellung werde die Lösung erarbeitet – Spezifikationen seien zwar mehr als erwünscht, aber im Moment schlicht Fehlanzeige. „Gerade im Bereich Kabel sehen wir noch große Lücken“, betont Müller. Denn eine Spezifikation nach einer beispielsweise deutsch-amerikanischen Kabelnorm hat noch große Lücken bei der Verarbeitung des Kabels: „Eine vom Kunden freigegebene Leitung heißt noch lange nicht, dass jeder auch diese gut verarbeiten kann, selbst mit den besten Maschinen nicht. Kommt eine kleine Prozessänderung, steht man im wahrsten Sinne des Wortes hilflos da. Gerade bei Aluminium sehen wir, dass die Vorgaben nicht genügend spezifiziert sind, um Probleme im Feld von vornherein auszuschließen.“ Deshalb werden alle Kabel – die ausnahmslos vom Kunden freigegeben sind – zunächst auf Herz und Nieren geprüft, um sicherzustellen, dass sie sich auch wirklich problemlos verarbeiten lassen.

Auch der Maschinenbau ist gefordert, merkt Martin Stier von Schleuniger ergänzend an. Denn die Diskussionen beschränkten sich nicht nur auf das Kontaktteil oder die Aluminiumleitungen: „Die Probleme die auftauchen, müssen wir bereits im Maschinenbau lösen. Wir sehen es daher als positiv an, dass wir bei den aktuellen Trendthemen in den entsprechenden Arbeitskreisen von Anfang an dabei sind und bei richtungsweisenden Ausführungen der Kontaktteile oder Leitungen mitbestimmen können.“ Ein Beispiel sind die Aluminiumleitungen. Verschiedene Leitungen liegen da noch unter den Spezifikationen. Verschiedene Hersteller produzieren diese Leitungen in unterschiedlichen Legierungen – dem Variantenreichtum sind da kaum Grenzen gesetzt. Auf der anderen Seite stehen die Kontaktteilhersteller, die Kontaktteilsysteme für Aluminiumleitungen auf den Markt bringen. Positiv wäre es da, wenn die Spezifikationen auf die Qualitätsüberwachsungssysteme der Automaten adaptiert seien.

Letztlich geht es auch um die Effizienzsteigerung der Produktion und die Verbesserung des Verarbeitungsprozesses. Die verschiedenen Kabeleigenschaften machen das Ausmessen schwierig. Die Trends zu kleineren Kabelquerschnitten, dünneren Isolationsstärken und neuartigen Kabelmaterialien haben einen entscheidenden Einfluss auf die Verarbeitung der Kabel. So können die Beschichtungen je nach Anwendung klebrig, steif, oder hart sein. Aber auch ungleichmäßige Isolationsstärken, verdrillte Litzen und mehrschichtige Leitungen stellen sehr hohe Ansprüche an den Schneideprozess. „Wir sind interessiert daran, dass wenig umgerüstet werden muss an der Maschine, dass keine Leitung zur anderen gewechselt wird. Insofern ist es wichtig, dass die Oberflächenbeschaffenheit der Isolation respektive die Steifigkeit dergestalt ist, dass sich beim Schneid- und Crimpprozess kaum Abdrücke bilden können“, fasst Marc Schürmann von Komax Wire die heutigen Automatenanforderungen zusammen. Die Verarbeitung von halogenfreien Leitungen war anfangs noch mit Schwierigkeiten verbunden, heute lassen sie sich hingegen wie konventionelle PVC-Kabel verarbeiten. Bei biegeschlaffen Leitungen bieten die Maschinenbauer eine dedizierte Luftunterstützung an. Bestimmte Greiferprofile vermeiden Abdrücke auf den Kabeln. „Die Parametrierbarkeit unserer Anlagen ist so ausgelegt, dass sich die Fördergeschwindigkeit oder Anpressdrücke problemlos auf die jeweiligen Kabelbeschaffenheiten anpassen lassen“, fügt Martin Stier von Schleuniger hinzu.

Herausforderungen bleiben

Die Podiumsdiskussion „Kabel und Steckverbinder als einfache Ware? – Anwendungsbezogene Herstellung und Trends“ hat gezeigt, dass es noch diverse technologische Herausforderungen in der Zukunft geben wird, welche die Branche beschäftigen wird: Das ist die Miniaturisierung, die sichere Verarbeitung von Aluminium, aber auch ganz stark die Automatisierung. Dabei gilt es, den Spagat zwischen marktgerechten Lösungen voranzutreiben und gleichzeitig die technischen Anforderungen der Kunden zu erfüllen.

Teilnehmer der Podiumsdiskussion

Marc Schürmann von Komax Wire.

Marc Schürmann von Komax Wire.Hüthig Verlag

Marc Schürmann, Vice President Sales von Komax Wire.

Komax Wire bietet automatisierte Lösungen für Anwendungen der Kabelkonfektionierung. Im Bereich der Kabelverarbeitung fertigt das Unternehmen unter anderem Schneid- und Abisoliermaschinen, Crimpvollautomaten und Kabelbaumfertigungsmaschinen für die Automobilindustrie. Komax entwickelt, produziert und vertreibt Maschinen, die Kabel vollautomatisch abmessen, abschneiden, abisolieren und mit Kontakten versehen. Diese vorkonfektionierten Kabel können dann durch Roboter in Gehäuse eingeführt und zu Kabelbäumen verarbeitet werden.

Martin Stier von Schleuniger

Martin Stier von SchleunigerHüthig Verlag

Martin Stier, Leiter Maschinenentwicklung von Schleuniger

Das Thuner Unternehmen Schleuniger ist eine weltweit tätige Technologiegruppe und ein führender Ausrüster in der kabelverarbeitenden Industrie. Kunden der Schleuniger-Gruppe beliefern vorwiegend die Automobil-, Unterhaltungs- und Informationsindustrie sowie die Kommunikationsbranche. Die Produkte von Schleuniger finden überall dort Anwendung, wo präzise Kontaktverbindungen eine Rolle spielen.

Axel Schneider von Telsonic

Axel Schneider von TelsonicHüthig Verlag

Axel Schneider, Business Unit Manager Metal Welding von Telsonic

Die Telsonic-Gruppe ist eine der führenden Anbieterinnen im Markt der industriellen Ultraschallanwendungen. Das Unternehmen besitzt zahlreiche Patente und setzt die Ultraschalltechnologie zum Schweißen, Trennschweißen, Reinigen und Sieben sowie in chemischen Prozessen und im Packaging ein. Das Ultraschallschweißen findet seinen Einsatz im Hochleistungsbereich für die Automobilindustrie sowie der Herstellung sicherer Verbindungen bei Aluminium- und Kupferleitungen. Im August 2013 haben Schleuniger und Telsonic eine Zusammenarbeit vereinbart, die darauf abzielt, die jeweiligen Marktpositionen und Innovationskraft beider Unternehmen zu stärken. Durch die Partnerschaft profitieren Kunden von einer besseren Integration von Ultraschallschweiß-Lösungen in deren Wertschöpfungsketten.

Andreas Müller von Delphi Deutschland.

Andreas Müller von Delphi Deutschland.Hüthig Verlag

Andreas Müller, Technical Expert Crimp Technology von Delphi Deutschland

Die Delphi Corporation ist ein 1998 gegründeter amerikanischer Automobilzulieferer mit Standorten auf der ganzen Welt. Das Unternehmen entwickelt für die Fahrzeugindustrie elektronische, elektrische  mechatronische Systeme. Darüber hinaus forscht Delphi an modernen Motor-Einspritzsystemen und thermischen Anlagen für Fahrzeuge. Weitere Forschungsschwerpunkte sind Materialien und Konzepte zur Gewichtsreduzierung von Elektronik- und Elektrik-Bauelementen und neue Produktionsverfahren in der Kabelkonfektion.

Marisa Robles Consée

ist freie Redakteurin Productronic

(mrc)

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