Start in ein neues Kapitel deutscher Raumfahrt: Mit der „Fram2“-Mission hebt Rabea Rogge als erste deutsche Frau ins All ab.

Start in ein neues Kapitel deutscher Raumfahrt: Mit der „Fram2“-Mission hebt Rabea Rogge als erste deutsche Frau ins All ab. (Bild: DLR)

Deutschlands Raumfahrt erfährt gerade einen doppelten Schub: Während Start-ups wie Isar Aerospace an eigenständigen Orbitalraketen vom europäischen Boden arbeiten und ihre ersten – mehr oder weniger erfolgreichen – Testflüge absolvieren, ist mit Rabea Rogge die erste deutsche Frau ins Weltall gestartet.

Denn: Als am frühen Dienstagmorgen die Triebwerke der Falcon-9-Rakete aufleuchteten, schrieb die deutsche Raumfahrtgeschichte ein neues Kapitel. An Bord der SpaceX-Mission „Fram2“: Rabea Rogge, 29-jährige Elektroingenieurin aus Berlin – und die erste deutsche Frau überhaupt im All (nach 12 Männern vor ihr). Für die Robotik-Forscherin ist der Raumflug der vorläufige Höhepunkt einer außergewöhnlichen technischen Laufbahn, die mit einem Studium an der ETH Zürich begann.

Mit Elektrotechnik in den Orbit

Rogge steht sinnbildlich für eine Generation junger Ingenieurinnen, die komplexe Technologien nicht nur verstehen, sondern aktiv gestalten. Ihr Studiengang: Elektrotechnik und Informationstechnologie an der ETH Zürich. Ihr Spezialgebiet: Robotik in extremen Umgebungen – unter anderem mit autonomen Systemen in polaren Forschungsmissionen. Für ihre Doktorarbeit wechselte sie an die Technisch-Naturwissenschaftliche Universität Norwegens. Was in Spitzbergen begann, endete schließlich auf einer Umlaufbahn über den Polarregionen der Erde.

Die Mission „Fram2“, benannt nach dem gleichnamigen norwegischen Forschungsschiff, wird auf einer neuartigen polaren Umlaufbahn in 425 bis 450 Kilometern Höhe durchgeführt. Anders als bei bisherigen Missionen erlaubt dieser Orbit einen direkten Blick auf Nord- und Südpol – eine Premiere selbst im Vergleich mit Apollo- oder ISS-Flügen.

Interview mit Rabea Rogge – die erste deutsche Astronautin 3 Monate vor dem Start

Raumfahrt ohne Raumanzugspatent

Interessant ist die Zusammensetzung der Crew: kein einziger ausgebildeter ESA-Astronaut ist an Bord. Neben Rogge gehören der australische Polar-Guide Eric Philips, die norwegische Filmemacherin Jannicke Mikkelsen und der Missions-Finanzier Chun Wang, ein Bitcoin-Milliardär, zur Besatzung. Wang hatte Rogge bei einem Expeditionstraining auf Spitzbergen kennengelernt – und später als wissenschaftliche Spezialistin für den Flug angefragt. Ihre Aufgaben an Bord: Koordination der Forschung und Bedienung der Bordtechnik.

Die Dragon-Kapsel, entwickelt von SpaceX, ist dabei so stark automatisiert, dass selbst Pilotenscheine nicht mehr zwingend erforderlich sind. „Es geht darum, Raumfahrt zugänglicher zu machen“, erklärte Rogge vor dem Start. Und tatsächlich: die „Fram2“-Mission ist die dritte rein zivile Raumfahrtmission des Unternehmens – nach „Inspiration4“ und „Polaris Dawn“.

Von ARIS zum Orbit – Raumfahrt beginnt im Team

Rogges Weg ins All nahm seinen Anfang nicht erst in der Promotionsforschung, sondern bei ARIS (Akademische Raumfahrt Initiative Schweiz). Dort leitete sie als Studentin das Satellitenteam „SAGE“ und entwickelte gemeinsam mit ihrem Team einen funktionalen Satellitenprototyp, der in nur einem Jahr zur parabolischen Testflugreife gebracht wurde. Diese Zeit bei ARIS prägte sie nachhaltig: „Wir waren Studierende, aber niemand konnte uns aufhalten“, so Rogge.

Forschung unter extremen Bedingungen

Insgesamt 22 wissenschaftliche Experimente werden während der vier Tage im All durchgeführt. Darunter Untersuchungen von Polarlichtern, erste Röntgenaufnahmen von Menschen im All, und sogar der Anbau von Pilzen unter Schwerelosigkeit. Ziel ist es, mehr über die menschliche Anpassungsfähigkeit an Extrembedingungen zu lernen – eine Grundvoraussetzung für langfristige Raumfahrtmissionen, etwa zum Mars.

Aus technischer Sicht bietet die Mission auch spannende Einblicke in die Belastbarkeit elektronischer Systeme im All. Wie verhalten sich Sensoren, Aktoren und embedded Systeme unter kosmischer Strahlung und thermischen Schwankungen? Solche Fragen stehen im Zentrum zukünftiger Entwicklung – nicht nur in der Raumfahrt, sondern auch in der polaren Robotik und in terrestrischen Anwendungen etwa in der Offshore-Industrie oder der Arktisforschung.

Frauen im All – eine kurze Chronik der Pionierinnen

Seit 1963 haben mutige Frauen weltweit Raumfahrtgeschichte geschrieben – mit Premieren, die bis heute nachwirken. Hier ein Überblick über einige der bedeutendsten Wegbereiterinnen:

  • 1963 – Walentina Tereschkowa (UdSSR): Erste Frau im All. Sie umkreiste als einzige Raumfahrerin allein die Erde – drei Tage lang an Bord von Wostok 6.
  • 1983 – Sally Ride (USA): Erste Amerikanerin im All. Sie flog mit dem Space Shuttle Challenger und war die jüngste US-Astronautin ihrer Zeit.
  • 1991 – Helen Sharman (UK): Erste Westeuropäerin im All. Sie besuchte die Raumstation Mir im Rahmen der privat finanzierten „Juno“-Mission.
  • 2006 – Anousheh Ansari (USA/Iran): Erste Weltraumtouristin. Sie besuchte als Selbstzahlerin die ISS und finanzierte den „Ansari X Prize“.
  • 2019 – Christina Koch & Jessica Meir (USA): Erste rein weibliche Außenbordmission der NASA an der ISS.
  • 2025 – Rabea Rogge (Deutschland): Erste deutsche Frau im All. Als Elektroingenieurin und wissenschaftliche Spezialistin fliegt sie mit Fram2 über die Polarregionen der Erde.

Von Berlin ins All – mit Otto Lilienthal im Gepäck

Ein Hauch von Berliner Luft war übrigens auch mit an Bord: Rabea Rogge nahm eine Ehrenmedaille des Technikmuseums Berlin mit – als Hommage an Flugpionier Otto Lilienthal. Ob dieser bei einem Röntgenbild in der Schwerelosigkeit wohl gestaunt hätte?

Rogge ist nicht nur Raumfahrerin, sondern auch ein Vorbild für den technisch-wissenschaftlichen Nachwuchs. Ihre Botschaft: „Sag niemals 'nein' zu den Träumen anderer Menschen.“

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large
(Bild: Hüthig)

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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