Karriere

25. Jun. 2025 | 09:30 Uhr | von Martin Probst

Interview mit Susanne Storch von Conrad Electronic

Was macht eigentlich eine Einkäuferin für elektrische Messtechnik?

Die ersten Elektronik-Experimente und Computer-Erfahrungen am Sinclair ZX81 mit dem Vater, danach Ausbildung zur Kommunikationselektronikerin, dann zu Conrad Electronic: Susanne Storch ist Technikerin durch und durch – und brennt für ihren Job.

Susanne Storch arbeitet bei Conrad Electronic als Einkäuferin für elektrische Messtechnik und hat unter anderem Messgeräte von Voltcraft mitentwickelt.

Susanne Storch arbeitet bei Conrad Electronic als Einkäuferin für elektrische Messtechnik und hat unter anderem Messgeräte von Voltcraft mitentwickelt. (Bild: Conrad Electronic/Susanne Storch)

Welche Position haben Sie bei Conrad Electronic und wie kam es dazu?

Mein genauer Titel lautet Senior Expert Test & Measurement. Konkret heißt das: Ich bin bei Conrad im Einkauf tätig und arbeite als Produktmanagerin im Bereich der elektrischen Messtechnik. Auf diese Stelle habe ich mich vor 6,5 Jahren intern beworben.

Vorher waren Sie also auch schon bei Conrad beschäftigt?

Das kann man in der Tat so sagen. In diesem Jahr feiere ich mein 30-jähriges Jubiläum. Klingt verrückt, ist aber so. Nach meiner Ausbildung zur Kommunikationselektronikerin habe ich zunächst in der Conrad Filiale in Wernberg-Köblitz angefangen und dort an der Bauteile-Theke gearbeitet. Jahrelang habe ich dort Kunden beraten und bedient, aber irgendwann war mir das zu langweilig. Ich habe mich dann bei der technischen Kundenberatung beworben – und die Stelle bekommen. Von da an hieß es Telefonanrufe entgegennehmen, Datenblätter raussuchen, bei technischen Fragen Rede und Antwort stehen – schon damals mit meinem besonderen Fokus auf Elektronik und Messtechnik. Am Anfang haben wir sogar noch Briefe bekommen, denn ein E-Mail-Programm wurde erst später eingeführt.

Was macht eigentlich ein...? – Jobs in der Elektronik

Elektronik Entwickler Karriere
(Bild: golubovy @ AdobeStock)

Kaum ein Industriezweig bietet so viele verschiedene Karrieremöglichkeiten wie die Elektronikbranche. Ob Programmierer in der Automatisierung, Entwickler für Elektronik-Systeme, Chip-Designer oder vielleicht doch lieber technischer Redakteur in Marketing und PR – die Auswahl an Jobs in der Elektronik ist riesig. Wir haben mit Entwicklern und Elektrotechnikern gesprochen:

Ein nächster entscheidender Wendepunkt ereignete sich dann 14 Jahre später?

Genau. Und er wurde von einer einfachen Frage eingeläutet, die da hieß: „Susi, hast du Lust mit auf Messe zu fahren?“. Ich hatte Lust und habe dort zum ersten Mal und so richtig geballt Kunden und Lieferanten an einem Ort und in ihrem Element erlebt. Das war wie ein echtes Erweckungserlebnis für mich. Ich hatte unfassbar viel Spaß an diesem Messestand. Nach zwei Stunden Messe kam der damalige Vertriebsleiter auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, das immer zu machen. Da musste ich nicht lange überlegen.

Sie sind dann in den Vertriebsinnendienst gewechselt. Was waren dort Ihre Aufgaben?

Mein technisches Wissen einbringen und nutzen war natürlich auch hier gefragt. Vor allem kam jetzt aber noch das Thema Beziehungsarbeit dazu. Im Tun ist mir immer deutlicher klar geworden, wie gerne ich auf Leute zu- und mit Menschen umgehe. Diese Fähigkeiten und die Lust, mit dem Gegenüber in Kontakt zu gehen, sind im Vertrieb essenziell. Ich bin dann recht schnell Teamlead für die Region Nord-Ost geworden und habe vom Büro aus hauptsächlich unsere KMU-Kunden in erster Linie telefonisch betreut, wie es sich damals klassisch für den Innendienst gehört hat. Mir hier meinen eigenen Kundenstamm auf- und auszubauen und mein Gegenüber bei seinen täglichen Herausforderungen zu unterstützen, hat mir enorm viel Spaß gemacht.  

Was hat Sie zu Ihrem aktuellen Traumjob als Einkäuferin im Bereich Messtechnik geführt?

Fakt ist, ohne technischen Background bist du auf dieser Stelle aufgeschmissen. Außerdem wurde jemand mit Branchenkenntnis gesucht. Beides kann ich und habe mich deshalb vor über sechs Jahren erfolgreich auf die Stelle beworben.

Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag in dieser Position aus?

Ein großer Posten ist der kaufmännische Teil. Das heißt, Konditionen mit Lieferanten verhandeln, Verkaufspreise festlegen, bei Ausschreibungen unterstützen, entscheiden, welche neuen Artikel wir einlisten. Entscheidend ist aber vor allem, dass ich den Markt und unsere Kunden im Blick habe. Welche technischen Neuheiten bringen unsere Kunden weiter? Welche Trends in der Messtechnik gibt es? Das sind Fragen, mit denen ich mich tagtäglich beschäftige.

Um sie zu beantworten, braucht es jede Menge technischen Background…

Absolut. Wir kaufen und verkaufen High-End-Messtechnik für B2B-Kunden: Oszilloskope, Spektrumanalysatoren, Netzwerk-Analysegeräte. Zu wissen, wie diese Spezialmesstechnik funktioniert, würde Einkaufsverantwortliche ohne technischen Background überfordern. Dank meiner langjährigen Erfahrung bin ich in der Lage, mit meinen Lieferanten auf Augenhöhe über ihre Produkte zu sprechen. Hin und wieder ist es sogar so, dass der eine oder andere Ansprechpartner bei Detailfragen an eine Grenze kommt und dann echt froh ist, eine kompetente und erfahrene Technikerin auf der anderen Seite sitzen zu haben.

Was zeichnet Sie und Ihre Art zu arbeiten aus?

Ich bin etwas detailverliebt. Und sachorientiert. Im B2B-Bereich brauchen wir keine schicken Hochglanzfotos von unseren Produkten. Denn Profis wissen genau, was sie wollen. Wir kaufen und verkaufen elektrisches und elektronisches Equipment, das echt nicht sexy daherkommt, das aber unfassbare Dinge kann und leistet. Da bleibt es auch bei mir nicht aus, dass es Themen gibt, in die ich mich noch reinfuchsen kann. Genau das gefällt mir an meinem Job. Außerdem bin ich quasi ein wandelndes Auskunftsbüro. Ich bin so lange dabei, habe so viel gesehen. Irgendwie gehöre ich bei Conrad fast schon zum Inventar. Und dieses Wissen teile ich gerne. Konkurrenzdenken gibt es bei uns nicht und das empfinde ich für mich und mein So-Sein als großes Privileg.

Was denken Sie, sind wichtige Eigenschaften im Einkauf?

Flexibilität, Einfallsreichtum, Mut, fachlicher Background, gern mit Menschen sein. Am Ende sehe ich immer den Kunden, seine Einsatzszenarien und seine Anforderungen. Diese Haltung ist mir aus meiner Zeit im Sales geblieben. Und vermutlich ist es genau diese Kundenorientierung, die mir dabei hilft, eine gute Einkäuferin zu sein.

Sie haben als Produktmanagerin auch im Bereich Produktentwicklung mitgewirkt. Wie und warum genau?

Damals war ich für die Messtechnik-Marke Voltcraft zuständig. Wir haben hier als Produktmanager großes Mitspracherecht, können Kundenwünsche einbringen und in der Tat mitentwickeln, um die Anforderungen der Kunden noch besser zu treffen. Im Falle eines Voltcraft Digitalmultimeters steht sogar mein Name in der Patentschrift mit drin. Das ist schon toll, wenn deine Ideen Realität werden und du das „Baby“, in dem dein Hirnschmalz verbaut ist, dann verkaufen darfst.

Als Sie damals im technischen Vertrieb bei Conrad angefangen haben, waren Frauen in diesem Bereich vermutlich eher die Ausnahme. Wie war das und was hat sich in den Jahren verändert aus Ihrer Sicht?

Zu Beginn meiner Karriere war ich tatsächlich als Frau allein auf weiter Flur. Es gab aber schon damals männliche Kollegen, die beeindruckt waren von meiner Expertise und die zu mir gesagt haben: „Warte mal ab Susi, in ein paar Jahren sind die Hälfte der Techniker Frauen.“ Das kann ich Stand heute, zumindest mit Blick auf mein Arbeitsumfeld, nicht unterschreiben. Was aber definitiv Fakt ist: Wir Mädels in der Technik- und Elektronikbranche halten zusammen. Wir sind gut im Netzwerken. Wir kennen uns, unterhalten uns, tauschen uns aus. Das empfinde ich als große Bereicherung.

Was braucht es sonst noch, um als Frau in einem klassischen Männerberuf bestehen zu können?

Los geht es, denke ich, mit einem Elternhaus, das dein Interesse fördert. Das dir vermittelt, dass du keine Berührungsängste mit Technik haben brauchst. In Ermangelung eines Sohnes hat mein Vater, seines Zeichens Nachrichteningenieur, mich geschnappt und mir viel über Technik beigebracht. Er hat mich auch gelehrt, wie wichtig es ist, eine eigene Meinung zu haben. Das hat mir enormes Selbstbewusstsein und Sicherheit gegeben. Wenn du dann noch kommunikativ bist, stehen dir alle Türen offen.

Welchen Rat würden Sie jungen Frauen geben, die einen technischen Beruf ergreifen wollen?

Ich glaube, das Wichtigste ist es, keine Angst vor Dingen zu haben, die man nicht kennt. Wenn das Interesse da ist, sei mutig und lass dich einfach drauf ein. Gib Gas und schau, wie weit du kommst. Der richtige Weg findet sich dann von ganz allein.

Der Autor: Martin Probst

Martin Probst
(Bild: Hüthig)

Zunächst mit einer Ausbildung zum Bankkaufmann in eine ganz andere Richtung gestartet, fand Martin Probst aber doch noch zum Fachjournalismus. Aus dem Motto „Irgendwas mit Medien“ entwickelte sich nach ein wenig Praxiserfahrungen während des Medienmanagement-Studiums schnell das Ziel in den Journalismus einzusteigen. Gepaart mit einer Affinität zu Internet und Internetkultur sowie einem Faible für Technik und Elektronik war der Schritt in den Fachjournalismus – sowohl Online als auch Print – ein leichter. Neben der Elektronik auch an Wirtschafts- und Finanzthemen sowie dem Zusammenspiel derer interessiert – manche Sachen wird man glücklicherweise nicht so einfach los. Ansonsten ist an ihn noch ein kleiner Geek verloren gegangen, denn alles was irgendwie mit Gaming, PCs, eSports, Comics, (Science)-Fiction etc. zu tun hat, ist bei ihm gut aufgehoben.

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