Zahlenmäßig liegen Europa und auch die USA gegenüber China bei der Zahl der High-Tech-Patente zurück, Tendenz weiter steigend. A. T. Kearney.

Zahlenmäßig liegen Europa und auch die USA gegenüber China bei der Zahl der High-Tech-Patente zurück, Tendenz weiter steigend.

(Bild: A. T. Kearney)

Zu diesen und weiteren Ergebnissen kommt die Studie „The tipping point for European high-tech: catch up or lose out“ der Unternehmensberatung A. T. Kearney. Die Studie hat die Machtverhältnisse der globalen High-Tech-Branche und die Abhängigkeiten der europäischen Industrie insbesondere von China untersucht.

Unter anderem wurden etwa 100 Top-Manager in Europa, China und den USA befragt: Gut 80 % bewerten Chinas High-Tech-Fähigkeiten auf einem hohen oder sehr hohen Niveau, mehr als in jedem europäischen Land. 58 % der europäischen Führungskräfte sehen eine hohe oder sehr hohe Abhängigkeit ihres Unternehmens von China bei der Lieferung von High-Tech-Komponenten. Trotzdem planen immerhin rund 70 % der befragten europäischen Führungskräfte, F&E-Fähigkeiten in ihr Heimatland zurückzuholen.

Patente: China stark wachsend, Europa stagniert

China kämpft sich in den kritischen High-Tech-Bereichen Richtung Spitze. 2019 wurden in China 3,6 Mal so viele High-Tech-Patente angemeldet wie 2014. Anders ausgedrückt: Auf ein europäisches High-Tech-Patent kamen 2019 mehr als 12,2 High-Tech-Patente aus Fernost, insbesondere in den Bereichen Batterie, Cloud und Künstliche Intelligenz (KI). 2014 lag dieses Verhältnis noch bei 1 zu 3,2. Bei den Ausgaben der Unternehmen für Forschung und Entwicklung liegt Europa (EU-27) um das 1,3-fache hinter den USA und China und gibt im Verhältnis zum lokalen Bruttoinlandsprodukt weniger aus als Japan. „Zwar kann der europäische Wirtschaftsmotor Deutschland mit anderen wichtigen Akteuren wie Südkorea und Japan konkurrieren, bei Großbritannien, Frankreich und Italien sieht das Bild jedoch verheerend aus“, erklärt Arndt Heinrich, Co-Autor der Studie.

Entwicklung bei Telekommunikation und Halbleitern

Im Telekommunikationsbereich plant China die alte Welt vom Thron zu stoßen. Speerspitze ist hier Huawei. Das Unternehmen habe sich mit seinen Entwicklungen im 5G-Bereich einen Technologie-Vorsprung von zwei Jahren gegenüber seinen europäischen Wettbewerbern wie Nokia und Ericsson sichern können, meint A. T. Kearney. Bei Halbleitern seien die USA und Europa jedoch noch führend bei der Festlegung globaler Standards und einer Vielzahl weiterer Anwendungen. Diese Führungsposition könnte sich jedoch angesichts der Agenda Chinas ‚Made in China 2025‘ schnell ändern.

Neue Abhängigkeit bei Li-Ionen-Batterien

Bei der Herstellung von Li-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge rutscht Europa nach Einschätzung von A. T. Kearney in eine Abhängigkeit von China. Mittlerweile werden etwa 70 % aller Lithium-Ionen-Batterien in China gefertigt, in Europa aber nur 3 %. Die steigende Nachfrage in Europa soll zwar mit dem Bau neuer Batteriefabriken befriedigt werden, doch sieht die Unternehmensberatung hier einen Haken: „Da Europa weltweit im Jahr 2023 einen Anteil von 35 Prozent an Batterie-elektrischen Fahrzeugen halten wird und doch nur 15 Prozent am globalen Lithium-Ionen-Batteriemarkt, wird die stetig wachsende Nachfrage der Automobilbauer nicht befriedigt werden können“, sagt Dieter Gerdemann, Partner und Technologie-Experte der globalen Managementberatung Kearney.

Europäer sollen länderübergreifend kooperieren

Gerdemann empfiehlt daher, dass sich Unternehmen in länderübergreifenden Kooperationen mittels Schutzmaßnahmen entlang der gesamten Wertschöpfung von Forschung und Entwicklung, Innovation, geistigem Eigentum bis hin zu Lieferung und Fertigung gegen Störungen der globalen Versorgung mit Technologie absichern. Europa müsse eigene technologische Assets mit globaler Bedeutung halten. Nur so könne eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen den Regionen geschaffen werden und Europa sich vor Protektionismus in einzelnen Regionen schützen.

(dw)

Sie möchten gerne weiterlesen?