Eigentlich schade, dass es dieses Produkt nur in den Niederlanden zu kaufen gibt: Das Unternehmen Qtwee Group erhielt zu Beginn dieses Jahres vom niederländischen NMI Nederlands Meet Institut (Niederländisches Messinstitut) die Typenzulassung für das Quipment-Taxameter. Inzwischen ist das All-in-One-Gerät bei annähernd 300 Taxibetrieben im Einsatz. Über 6.000 Chauffeure rechnen täglich mehr als 100.000 Fahrten damit ab. Daraus ergeben sich über 2.000.000 Datenberichte, die täglich im System abgehandelt, gespeichert und ausgewertet werden. Qtwee selbst ist mit acht Fahrtenplanungssystemen verbunden. Beispielsweise wird der Taxameter-Typ Focus in vier verschiedenen Varianten an Software angeboten: Neben der Taxameterfunktion sind Navigation, Fahrtenverwaltung und das bargeldlose Zahlen per Kreditkarte integriert. Zudem ist die Anbindung eines externen Alarms eines GSM-Telefons und eines GPRS-Netzwerks möglich. Zwei verschiedene Produktvarianten stehen zur Wahl: Focus und Command.

Das Herzstück: die Elektronik

Herzstück ist die von Venne Electronics entwickelte Elektronik. Damit alle integrierbaren und gewünschten Funktionen auch funktionieren, wird nach jedem Layoutschritt eine 3D-Animation durchgeführt. So lässt sich die sichere Funktion realistisch darstellen und beurteilen. Sollte letzten Endes beim Test der ersten bestückten Baugruppe dennoch ein Mangel auftreten, wird noch einmal die gesamte Phase der Entwicklung durchgespielt. Steht der Entwurf, werden die für die Bestückung und das Testen erforderlichen Programme generiert.

Bereits beim Entwurf ist zu berücksichtigen, dass jede Baugruppe getestet werden muss. Im frühestmöglichen Stadium der Schaltungsentwicklung wird über den Test und damit auch den Adapterbau entschieden. Schon in der Designphase lassen sich durch Einhaltung der DFT-Regeln (Design for Testability) die optimalen Testverfahren für eine Baugruppe vorbereiten. Es ist mitunter auch sinnvoll, eine Leiterplatte einer Nachentwicklung zu unterziehen, um die Test- und Kontaktierfähigkeit zu optimieren. Die Crux dabei: Jedes Testverfahren erfordert andere DFT-Regeln. Nur so lassen sich Entwicklung und Testbarkeit unter einen Hut bringen. An dieser Stelle ist die Entwicklung besonders gefordert, denn sie muss letztlich sicherstellen, dass in der Produktion mit ihren Vorgaben wirtschaftlich getestet werden kann. Das setzt wiederum frühes interdisziplinäres Handeln voraus. Der Projektverantwortliche aktiviert das Netzwerk so frühzeitig, dass zu diesem Zeitpunkt weder Kosten für fehlende, prozessbedingte Entwicklungsarbeiten, Tester oder Adapterlösungen und Prüfprogramme angefallen sind. Innerhalb der einzelnen Projektphasen werden auch regelmäßig die technischen Rahmenbedingen abgestimmt.

Annähernd 40 unterschiedliche Produkte laufen auf den Fertigungslinien am Venne-Standort Maastricht. Die eigentliche Herausforderung liegt in der Vielfalt der Typen mit variierenden Auflagen. Speziell das Testen ist davon betroffen. Eine hohe Flexibilität wird damit automatisch zur Pflicht. Für den Bediener bedeutet das möglichst kurze Rüstzeiten mit wenigen Handgriffen und eine einfach strukturierte Bedienoberfläche des Testers. Gebraucht werden schnelle und sichere Testabläufe mit zuverlässigen und aussagekräftigen Ergebnissen. Auch das Abgleichen per Laser, Funktionstests und In-Circuit-Tests (ICT) könnte sich je nach Aufgabenstellung anschließen. Die Bediener müssen auf die notwendigen Adapter zugreifen. Partiell muss ein Teil der Adapter schnell angepasst oder auch komplett neu aufgebaut werden. Änderungen an Adaptern werden sorgfältig auf mögliche Modifikationen und deren Auswirkungen auf die Kosten genau geprüft. Mitunter ist es besser einen Adapter zu verwerfen, wenn die Änderungen in keinem vernünftigen Verhältnis zu den Kosten stehen. Werden Leiterplatten dagegen komplett geändert oder neu konzipiert, lässt sich in der Regel ein neuer Aufbau nicht umgehen.

Der Weg zum CT350 Comet T

Michel Rison, Manager Development von Venne, war klar, dass mehrere Testverfahren nötig sind, um die von Beginn an definierte Testtiefe und Testabdeckung zu erzielen und gleichzeitig die gefertigten Volumina zu bedienen. Zwar hatten die Venne-Elektroniker anfänglich mit ihren selbstgebauten Testsystemen gute Erfahrungen gemacht, doch bei diesem elektronisch umfangreichen Projekt wollte man doch auf einen professionellen Anbieter zurückgreifen. Flying-Probe-Testsysteme kamen ins Gespräch, schließlich entschied man sich für Dr. Eschke Elektronik.

Was waren die Hauptgründe? Zum einen überzeugte die Schnelligkeit der Signalübertragung zwischen Tester und PC über die USB2-Schnittstelle und das rasche Abarbeiten der Befehle im Rechner. Auch die Leistungsfähigkeit der integrierten Module in einer kompakten Einheit traf die Vorstellungen. Die unter Windows üblichen Latenzzeiten, die Zeitspanne zwischen einer Aktion und dem Eintreten einer verzögerten Reaktion, wurden durch die Programmstruktur minimiert. Für den MDA beziehungsweise ICT sind alle notwendigen Funktionen wie CAD-Import, automatische Programmgenerierung, Debugging, Logging und Statistik sowie eine papierlose Reparierstation verfügbar. Parallel zum ICT und Funktionstest wurde für die Tester eine Boundary-Scan-Software geliefert.

Das Testsystem ist in weiten Grenzen erweiterungsfähig. Dazu steht eine breite Palette an Modultypen parat. Zusatzgeräte lassen sich über Standard-Schnittstellen vollständig in das System und seine Umgebung einbinden. Aufgrund seiner Architektur zählt das System laut Hersteller mit zu den schnellsten Board Testsystemen der Industrie. Das zentrale Steuermodul SM2-5 ist mit einem neuen Prozessor mit höherer Taktfrequenz als bisher, neuer Firmware und mit Realtime-Kernel, einem Echtzeitprozessor, ausgestattet. Dazu gesellen sich vier Versorgungsspannungen und eine extern verfügbare 24-V-Spannung, die bereits das Steuermodul mit zur Verfügung stellt.

Das zentrale analoge Messmodul AM2 (System PMU), enthält ein Digitalscope, einen Arbiträr-Generator, zwei Vier-Quadrantenquellen, zwei A/D-Wandler-Kanäle für Standardmessungen, einen Frequenzzähler und zwei Guarding-Verstärker. An jeden Testpunkt im Adapter lässt sich über die Scanner-Matrix das Digitalscope der zentralen analogen Messeinheit schalten. Patternraten bis max. 300 MSteps/s oder 1 GSample/s ermöglichen es, den Anforderungen moderner Testobjekte zu folgen und entsprechende volldynamische Tests mit Echtzeitbewertung der Signalverläufe durchzuführen. Bemerkenswert ist, dass an den Digitalmodulen bidirektionale analoge und digitale Messungen an ein und demselben Pin durchgeführt werden können. Die Messung von Strömen beginnt im Bereich von 1 pA und reicht gegenwärtig bis zur Nachbildung der Bord-Stromversorgung des Airbus A380 mit einer Generatorleistung von 6 kW und der zugehörigen Messung sehr großer Ströme. Mit von der Partie ist das analoge Hochkanal-Messmodul AM4-24, das über 32 Stimuli- und 64 Acquisition-Kanäle mit 24 Bit Auflösung verfügt.

Vier hochintegrierte Scannermodule SC3 mit Relais gehören zur Ausrüstung des Testers. Die bekannten aufwändigen und eigentlich unvermeidlichen Reparaturen an elektromechanischen Scannern mit den üblichen Reed-Kontakten entfallen. Automatische Abgleichfunktionen für die Testermodule sichern einen stabilen Einsatz der Testsysteme. Die Pin-Scan-Technik dient zum Aufspüren nicht gelöteter IC-Pins und verpolt aufgesetzter Elektrolytkondensatoren. Eine weitere Besonderheit stellt das High-Pin-Count-Interface dar. Ein schneller Adapterwechsel ist aufgrund der Federkontaktstifte im Handumdrehen realisierbar. Zudem ist das Interface mit maximal zehn 170-kanaligen Interfaceblöcken bestückbar. Jeweils ein Block für den Vakuumanschluss und das Acht-Wege-Pneumatik-Interface sind zusätzlich bestückt.

Boundary-Scan im Testsystem

Die Komplexität der Baugruppen wächst: Bauteile mit stets engeren Pitchabständen erschweren auf der Leiterplatte den physikalischen Zugang. Eine kostengünstige Alternative heißt Boundary Scan. Dr. Eschke hat eigens ein Boundary-Scan-Modul entwickelt, das in allen CT3XX-Testern integriert ist. In Circuit Test, Funktionstest und Boundary Scan laufen unter einer konsistenten Bedienoberfläche und Steuersoftware und sind auf keine Fremdtools angewiesen.

Die Fachleute bei Venne Electronic sehen den Einsatz von Boundary-Scan pragmatisch. Das Verfahren lässt sich bereits in der Designphase einsetzen. Über das Boundary-Scan-Modul werden die Pegel auf den Leiterbahnen (Netzknoten) über die Pins der damit verbundenen Boundary-Scan fähigen Bauteile getrieben und gemessen. Ob High-, Low- oder Tristate-Zustände an dem Pin eingestellt werden sollen, oder ob der Pin-Status einfach zurück gelesen wird, legt der Operator über eine Benutzeroberfläche fest. Die Digitalmodule machen externe Konverter überflüssig. Die Logging-Daten können in verschiedenen Formaten, einschließlich eines Formats zur Kopplung mit SQL-Datenbanken, ausgegeben werden. Anstelle von Hochsprachen oder sonstigen Scripten werden vollgrafische Eingabemasken für das Programmieren genutzt.

Konfektion der BCT-Systeme

Steht die Elektronik, folgt die Konfektion des BCT. In der Konfektionshalle steht das Material für die Konfektion ähnlich einer vollautomatisierten Fertigungshalle zum Einsatz bereit. Es muss mit großer Sorgfalt und Vorsicht gearbeitet werden, weshalb die Mitarbeiter Handschuhe tragen, um weder die Elektronik noch das Gehäuse oder den Touchscreen mit Fingern anzufassen. Vorsichtig setzen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Elektronik ein und verfestigen sie. Je nach Bestellung kommen die gewünschten Ausstattungsmerkmale hinzu: Softwareanpassungen, USB-Stick anstelle Festplatte oder die Aktivierung der Überwachungskamera.

Dazu gibt es noch eine drahtlose Version. Da kann das BCT zusätzlich für die Datenkommunikation eingerichtet werden. Via Cloud kann der Taxibetreiber rund um die Welt zugreifen. Quipment hat dazu vier Datenzentren über den Erdball verteilt: In den Niederlanden, Deutschland, Indien und USA. Die meistgeorderte Ausführung hat zusätzlich die Navigation integriert. Den Touchscreen kann jeder Fahrer einfach bedienen. Nach dem Zusammenbau werden noch spezielle Funktionstests mit den fertigen Geräten durchgeführt.

Vielseitiges Testsystem

Mit dem CT350 Comet lässt sich eine viel höhere Testabdeckung als mit einem reinen In-Circuit-Tester oder Flying-Prober erreichen. Zudem erfordert die Programmierung einen geringen Aufwand. Die Tester unterstützen nahezu alle industriellen Standard-Interfaces. Ein umfangreiches Software-Paket zählt zur Standardausstattung. Enthalten sind die für den Kombinationstest erforderlichen Komponenten vom CAD-Import, automatisierte Programmgenerierung, Bibliotheken für schnelles komfortables Programmieren, einfaches Debugging, leistungsfähige Analyse- und Statistikfunktionen bis hin zur komfortablen Repair Station.

electronica 2014: Halle A1, Stand 615

Manfred Frank

ist freier Fachjournalist

(mrc)

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