Christian Leeser zum Performancesprung bei magnetischen Drehgebern

„Unsere Technologie schließt die Lücke zwischen den klassischen analogen Resolvern und den deutlich aufwändigeren optischen Abtastsystemen,“ Christian Leeser, Vorstand Fraba B.V. (Bild: Fraba)

Herr Leeser, lehnen Sie sich nicht etwas weit aus dem Fenster mit der Ansage, dass induktive Geber den optischen das Wasser reichen können?

Christian Leeser: Keineswegs, denn unsere Technologie in Kombination mit einem günstigen Preis schließt die Lücke zwischen den klassischen analogen Resolvern und den deutlich teureren, digitalen, optischen Abtastsystemen – zumindest zu den Standard-Ausführungen.

Und was ist das Besondere daran?

Christian Leeser: Der Clou sind die komplexen Filtertechniken und die aufwändigen mathematischen Algorithmen, die von unseren F&E- und IT-Teams entwickelt wurden. Sie sorgen für die Performance des Encoder-Kits – eine elektronische Auflösung von 17 Bit und Latenzzeiten im Bereich von Mikrosekunden. Damit ist das System fit für zeitkritische Aufgaben wie Motorfeedback oder hochdynamische Positionieraufgaben. Diese Einsatzszenarien waren lange den optischen Systemen vorbehalten.

Ein weiterer Pluspunkt ist die Montagefreundlichkeit. Während lagerlose optische Systeme hohen manuellen Justier-Aufwand – und damit viel Zeit – erfordern, sind Installation und Inbetriebnahme bei unserem System ein Kinderspiel, denn zwei Schrauben reichen – und das System ist einsatzbereit.

Was kann denn ihr Drehgeber besser als bisherige Systeme?

Christian Leeser: Anders als viele Resolver, die nur mit einer analogen Schnittstelle aufwarten, sind wir digital aufgestellt. Weil unsere Messtechnik kontaktlos arbeitet und bis auf den Magneten keine beweglichen Teile hat, ist sie stoß- und vibrationsresistent. Und neben Singleturn können wir auch Multiturn. Da wir ohne aufwendige Getriebe und störanfällige Codescheiben auskommen, liegen wir bei rund 40 % geringeren Fertigungskosten. Unterm Strich ist der Preis unser größtes Plus.

Ist das Messprinzip beziehungsweise sind die Filter patentiert?

Christian Leeser: Zum magnetischen Aufbau und der automatischen Kalibrierung sind mehrere Patentanmeldungen in Arbeit.

Der Drehgeber-Bausatz passt in Motoren ab Flanschmaß 40

Der Drehgeber-Bausatz passt in Motoren ab Flanschmaß 40 mm. Fraba

Und 17 Bit Auflösung sind das Maximum?

Christian Leeser: Aktuell gehen wir mit 17 Bit für Singleturn- und Multiturn-Anwendungen an den Start. Im Prinzip ist hier aber noch Luft nach oben. Wir arbeiten intensiv daran.

Wie speichern und erfassen sie die aktuelle Position bei einem Netzausfall?

Christian Leeser: Hier sind wir mit Wiegand Wire, einem autarken Energy Harvesting-System, gut gerüstet. Es erzeugt unabhängig von der Geschwindigkeit einer Drehbewegung genug Energie, um den Rotationszähler und die dazu gehörige Elek­tronik ständig zu aktivieren. Dieses seit Jahren bewährte Prinzip garantiert absolute Multiturn-Positionsmessungen – ganz ohne Batterie und wartungsfrei.

Bei den Eigenschaften dürfte es um die Zukunft optischer Drehgeber schlecht bestellt sein?

Christian Leeser: Wir sehen tatsächlich drastische Marktverschiebungen, auch in unserem eigenen Drehgebergeschäft. Optische Systeme, die wir als etablierter Drehgeberhersteller schon lange im Portfolio haben, werden durch kostengünstigere magnetische Systeme ersetzt. Nur im Highend-Segment werden optische Systeme weiterhin bestehen, etwa an CNC-Werkzeugmaschinen, die Auflösungen von 22 Bit und mehr benötigen.

Präzision kommt vom patentierten Filter

Das Geheimnis der Präzision liegt in der zum Patent angemeldeten Anordnung der vier Hall-Sensoren und den Filteralgorithmen, die das Magnetfeld mit 17 Bit Auflösung digitalisieren. Fraba

Wie erfolgt die Adaption beziehungsweise Befestigung im Motor?

Christian Leeser: Für die Elektronik braucht man zwei zentrale Bohrungen mit Gewinde und zwei Schrauben – das wars. Der Permanentmagnet wird auf der Motorwelle fixiert, am Motorflansch darüber das kompakte Elektronikmodul, das kaum größer als eine Zwei-Euro-Münze ist. Die Feedback-Kits sind problemlos unter normalen Fabrikbedingungen montierbar – sogar ohne ESD-Schutzmaßnahmen. Und die integrierte Kalibrierung, die nach der Installation automatisch greift, stellt das Feedback-System auf die Motoreigenschaften ein.

An welche Motoren passt Ihr Drehgeber?

Christian Leeser: Mit 36 mm Durchmesser und 24,2 mm Bauhöhe fällt der Einbausatz für einen Multiturngeber sehr klein aus; passt also problemlos auch an kompakte Motoren mit einem 40er Flanschmaß. Bei Bedarf lässt sich das Kit problemlos auch auf andere Wellenformate adaptieren. Für verschiedene Norm-Motoren haben wir passende Adapterplatten aus gefrästem Aluminium oder preiswertem Kunststoff entwickelt.

Welche Kommunikationsschnittstellen unterstützt das System?

Christian Leeser: Während viele optische Einbau-Kits mit proprietären Schnittstellen aufwarten und so eine direkte Abhängigkeit vom Drehgeber-Hersteller erzeugen, haben wir bewusst einen anderen Weg gewählt. Unser Einbausatz ist mit den digitalen Kommunikationsschnittstellen Biss-C oder SSI erhältlich. Aktuell arbeiten wir an der asynchronen Biss-Line-Schnittstelle und stellen damit die Weichen in Richtung
Einkabel-Technologie.

Ist das Messverfahren prinzipiell auch Safety-fähig?

Christian Leeser: Die Safety-Fähigkeit haben wir bereits in unseren magnetischen Ixarc-Drehgebern verfügbar. Dieses Know-how werden wir gezielt auch für die entsprechende Auslegung und Zertifizierung unseres Kits nutzen.

Wer ist die Zielgruppe für den magnetischen Drehgeber?

Christian Leeser: Immer mehr Hersteller wollen die absoluten Drehgeber im Motor integriert haben. Mit den Kits erschließen wir uns dieses Geschäftsfeld, das volumenmäßig sehr interessant ist. Gerade bei kleinen Motoren liegt der Aufwand für die bisher eingesetzten optischen Systeme oft bei 50 Prozent der Gesamtkosten. Mit den hochauf­lösenden magnetischen Einbau-Kits gehen wir auf Tuchfühlung mit der
Performance optischer Geber – bei einem deutlich besseren Preis-/Leistungsverhältnis.

Sie adressieren also nur OEMs?

Christian Leeser: Aktuell ja. Hier liegt das unmittelbare Potenzial. Allerdings sehen wir für die magnetischen Encoder-Kits künftig noch ganz andere Applikationen. Ich denke etwa an den Aufzugsbau oder den Einsatz in Magnet-Ventilen.

Das Interview führte IEE-Chefredakteur Stefan Kuppinger.

(sk)

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