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Schrauben identifizieren, vereinzeln und gezielt nach einer greifen – Roboter können dem Menschen schon einige Aufgaben abnehmen, aber Schüttgutkisten haben durchaus ihre Tücken – noch. (Bild: Fraunhofer IPA)

Körperliche Arbeit in Industrie und Logistik kann für Menschen nicht nur anstrengend sein, sondern mitunter gesundheitliche Folgen haben. Ein weiteres Problem ist, dass Menschen vor allem bei sich ständig wiederholenden Bewegungen und Arbeitsschritten aufgrund von Monotonie zu Fehleranfälligkeit neigen. Mangels Alternativen werden solche Aufgaben jedoch weiterhin manuell bewältigt.

Künstliche Intelligenz spart Kosten und Arbeitsaufwand

Die Probleme der Belastung und Fehleranfälligkeit sollen zukünfig durch automatisierte Verfahren gelöst werden. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA entwickelt die Software bp3TM für einen Roboterarm, der auf den ‚Griff–in-die-Kiste‘ in industriellen und logistischen Bereichen spezialisiert ist.

Doch wie genaufunktioniert der Vorgang? Mit Hilfe von 3D-Sensoren erfasst die Software die Lage der Bauteile in der Kiste. Eine zuverlässige Erkennung, hohe Genauigkeit und geringe Rechenzeit sind dabei wichtige Faktoren. „Anschließend soll der Roboter das Objekt an bestimmten Punkten greifen, eine kollisionsfreie Bahn zum Ziel planen und letztlich die Ablageposition bestimmen“, erklärt Werner Kraus, Leiter des Projekts ‚Deep Grasping‘ am Fraunhofer IPA.

Das Besondere bei ‚Deep Grasping‘ ist die Art der Datenverarbeitung. Bisher mussten die Algorithmen des Roboterarms für jede Arbeitsaufgabe, für jedes Werkstück neu programmiert werden, was zusätzlichen Arbeitsaufwand und Kosten bedeutete. Bei ‚Deep Grasping‘ ersetzt das Maschinelle Lernen diesen Prozess. „Der Roboter ist in der Lage, Objekte zu erkennen, die er noch nie gesehen hat, und Strategien zu entwickeln, wie er sie handhabt“, so Kraus.

Lernen durch Simulationen in einem neuronalen Netz

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Dr. Werner Kraus vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA: „Der Roboter ist in der Lage, Objekte zu erkennen, die er noch nie gesehen hat, und Strategien zu entwickeln, wie er sie handhabt." Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA

Vor zwei Jahren veröffentlichte Google eine Arbeit, die zeigte, wie mehrere Roboterarme das Greifen eines bestimmten Objekts erlernen. Der Schlüssel war, die Roboter 800 000 Mal die gleiche Bewegung ausführen zu lassen. Die Software lernte so lange aus Fehlversuchen, bis sie keine Fehler mehr machte. Die Forscher des Fraunhofer IPA verfolgen einen ähnlichen, aber in einem entscheidenden Punkt unterschiedlichen Ansatz: ‚Deep Grasping‘ übt nicht im realen Arbeitsumfeld, sondern in einer Simulation, wo die Arbeitsumgebung nachgestellt ist. Die Lernerfahrung macht der Roboterarm in einem sogenannten neuronalen Netz, also mit einem System, das dem menschlichen Gehirn nachempfunden ist. Dort können die Objekterkennung und der Ablauf trainiert werden, das erlernte Wissen wird später auf den Roboter übertragen. Schäden an Bauteilen durch fehlerhafte Abläufe werden vermieden und der Roboter kann ohne zusätzlichen Programmieraufwand mit seiner Arbeit beginnen.

Gegenwärtig sind fünfzehn ‚Griff-in-die-Kiste‘-Systeme des Fraunhofer IPA in der Industrie im Einsatz, allerdings noch ohne Künstliche Intelligenz. Die Forscher ‚Deep Grasping‘ testen die neuronalen Netze zurzeit in einer Laborumgebung. Allerdings soll bald aus dem Laboraufbau ein Demonstrator werden und in ein bis zwei Jahren Pilot-Projekte mit Partnern aus der Industrie anlaufen. Erste Forschungsergebnisse werden Kraus und sein Team von 19. bis 22. Juni auf der Automatica 2018 in München präsentieren. Daneben wird in Halle A4, Stand 421 ein zweiarmiger Demonstrator die jüngsten Fortschritte beim Griff-in-die-Kiste mit der Software bp3TM veranschaulichen.

(ml)

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