Die Preisverleihung des Young Engineer Award gehört zu den Highlights der PCIM und damit zum Elektronikmessegeschehen im bundesrepublikanischen Frühjahr. Bewertet werden die dafür eingereichten Beiträge von Hauptautoren, die höchstens 35 Jahre alt sein dürfen, nach den Kriterien Neuigkeitsgehalt zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung und Aktualität des Themas. 2014 waren die Gewinner Dr. Vinoth Kumar Sundaramoothy von ABB in der Schweiz, Hidekazu Umeda von Panasonic in Japan und Gang Yang von Valeo in Frankreich. 2015 konnten sich Jan Richter vom KIT, Marinus Petersen von der Universität in Kiel und André Schön von der Universität in Bayreuth über das Preisgeld von je 1000 Euro freuen.

Gewinner 2014

Leo Lorenz (ECPE in Deutschland und General Conference Director PCIM Europe) überreicht Vinoth Kumar Sundaramoothy die Urkunde. Im Hintergrund die beiden anderen Gewinner Hidekazu Umeda (links) und Gang Yang (mitte).

Leo Lorenz (ECPE in Deutschland und General Conference Director PCIM Europe) überreicht Vinoth Kumar Sundaramoothy die Urkunde. Im Hintergrund die beiden anderen Gewinner Hidekazu Umeda (links) und Gang Yang (mitte).Mesago

Der mit seiner Arbeit „Simultane Online-Abschätzung der Sperrschichttemperatur und des Stroms von IGBTs über die parasitäre Emitter-Induktivität eines Hilfs-Emitters“ 2014 siegreiche Dr. Sundaramoothy wurde in Chennai, Indien, geboren. Er studierte an der Universität von Madras und schloss sein Studium 2002 mit dem Titel eines Bachelor in Elektrotechnik und Elektronik ab. 2003 beendete er erfolgreich das Master-Studium in Nachrichtentechnik an der Oxford Brookes Universität in UK. Daran anschließend begann er seine Promotion an der Universität in Nottingham, die er 2008 mit einem Doktortitel abschloss.

Im August 2008 begann er seine berufliche Laufbahn als Forscher in der Leistungshalbleiter-Forschungsgruppe im Forschungszentrum von ABB in Laufen (Schweiz). Er widmete sich besonders der Entwicklung und der Charakterisierung von Leistungshalbleitern wie Schottky-Dioden, IGBTs und MOSFETs. Dabei untersuchte er insbesondere die Zuverlässigkeit der Leistungshalbleiter und die dazu notwendigen Diagnosemethoden der Simulation, Charakterisierung und Analyse. Im Rahmen dieser Tätigkeit erforschte er unterschiedliche Methoden zum Bestimmen der Sperrschichttemperatur von IGBT-Modulen. Daneben untersuchte er auch die verschiedenen Arten von Fehlermechanismen bei IGBT-Modulen, um damit die Vorstufensignale herauszufinden, die vor einem Ausfall des IGBT vorhanden sind.

IGBT-Sperrschichttemperatur bestimmen

Eckdaten

Dr. Sundaramoothy arbeitet im Forschungszentrum von ABB in der Schweiz an der nächsten Generation von Simulationswerkzeugen, Charakterisierungs- und Fertigungsverfahren für Leistungshalbleiter und gewann den Young Engineer Award 2014.

Jan Richter, der Gewinner 2015, promoviert derzeit am Elektrotechnischen Institut des Karlsruher Instituts für Technologie zum Thema „Modellbildung, Parameteridentifikation und Regelung hochausgenutzter permanentmagneterregter Synchronmaschinen“.

Auf der PCIM 2014 präsentierte Sundaramoothy eine neuartige Methode zur Bestimmung der Sperrschichttemperatur von Halbleitern in einem IGBT-Modul, die auf dem Spannungsabfall an der parasitären Induktivität zwischen den Anschlüssen des Haupt-Emitters und eines Hilfs-Emitters basiert. Denn normalerweise ist der Emitter-Anschluss eines IGBT aufgeteilt in den Leistungs- oder Haupt-Emitter, der mit der Leistungsschaltung verbunden ist, und den Hilfs-Emitter, der mit der Gate-Treiberschaltung verbunden ist. Dabei verursachen die internen Verbindungen des IGBT-Moduls aufgrund von Bonddrähten und den Schraubverbindungen parasitäre Induktivitäten an den Anschlüssen von Haupt- und Hilfs-Emitter.

Im Betrieb des IGBT fließt der Kollektorstrom nur durch die Induktivität des Haupt-Emitters und der Gate-Strom nur durch die Induktivität des Hilfs-Emitters. Da während des Schaltens der Spannungsabfall an der parasitären Induktivität des Haupt-Emitters dominiert, kann er dazu dienen, sowohl den Strom als auch die Sperrschichttemperatur zu bestimmen. Sundaramoothy fand heraus, dass die Spitzenamplitude dieses Spannungsabfalls bei einem bekannten Strom und DC-Linkspannung von der Sperrschichttemperatur abhängt. Dabei lässt sich gleichzeitig auch der Kollektorstrom bestimmen, wenn man den Spannungsabfall ohne Zuhilfenahme eines zusätzlichen Sensors integriert.

Experimentelle Ergebnisse

Hier entwickelt und simuliert Sundaramoothy Power Semiconductor Devices.

Hier entwickelt und simuliert Sundaramoothy Power Semiconductor Devices.Vinoth Kumar Sundaramoothy

Zum Nachweis seiner theoretischen Erkenntnisse in der Praxis baute Sundaramoothy ein Testsystem auf, um die Spitzenamplitude des Spannungsabfalls am Haupt-Emitteranschluss und den Strom im normalen Betrieb zu messen. Damit wurden die Spitzenamplituden von unterschiedlichen IGBT-Modulen gemessen (zwei verschiedene 1,2-kV-/300-A-Module, ein 1,7-kV-/650-A- und ein 1,7-kV-/1,6 kA-Modul). Es zeigte sich, dass der Spannungsabfall als Funktion der Temperatur bei allen gemessenen Strömen und allen vier Modulen linear abnimmt. Sundaramoothy konnte auch nachweisen, dass die Werte der Spitzenamplitude bei einer gegebenen Sperrschichttemperatur bei höheren Strompegeln auch höher wurden. Dabei erkannte er aber auch, dass die Spitzenamplitude bei identischen Schaltbedingungen auch unterschiedlich bei unterschiedlichen Modultypen ist. Außerdem wurde der Spannungsabfall als Funktion der Sperrschichttemperatur bei unterschiedlichen Strompegeln und Zwischenkreisspannungen gemessen.

Hier zu sehen ist das Static Characterization Test Set-up.

Hier zu sehen ist das Static Characterization Test Set-up.Vinoth Kumar Sundaramoothy

Sundaramoothy stellte fest, dass die Spitzenamplitude bei gegebener Sperrschichttemperatur bei höheren Strompegeln anstieg. Sie zeigte unter allen Messbedingungen aber keine signifikante Änderung bei unterschiedlichen Zwischenkreisspannungen. Es zeigte sich auch, dass der Spannungsabfall bei höheren Strompegeln eine größere Temperaturempfindlichkeit aufwies. Durch ein Benchmarking der Spitzenamplitude des Spannungsabfalls am Anschluss des Haupt-Emitters für einen gegebenen IGBT-Modultyp bei unterschiedlichen Schaltbedingungen (wie Strom, Spannung und Temperatur) ließ sich die Sperrschichttemperatur des IGBT bestimmen.

Hier verarbeitet Sundaramoothy die Leistungshalbleiter.

Hier verarbeitet Sundaramoothy die Leistungshalbleiter.Vinoth Kumar Sundaramoothy

Die im Experiment eingesetzte Messschaltung wurde anschließend in einen kompakten 1-MW-Leistungswandler von ABB implementiert, um die Sperrschichttemperatur von IGBTs in Echtzeit zu bestimmen. Die Ergebnisse bestätigten die Experimente eindrucksvoll. Deshalb ist sich Sundaramoothy auch sicher, dass seine Methode neue Möglichkeiten für das Verständnis des Verhaltens und der Leistungsfähigkeit von Leistungselektronikmodulen in realen Anwendungen eröffnet, mit der langfristigen Auswirkung, die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit von Leistungselektroniksystemen deutlich zu verbessern.

Sieger 2015

Jan Richter, Gewinner eines Young Engineer Award 2015, wurde 1984 in Heidelberg geboren. Er begann sein Studium der Elektro- und Informationstechnik im Jahre 2005 an der Universität Karlsruhe, das er 2011 mit einem Diplom am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) abschloss. Seit Mitte 2011 promoviert er am elektrotechnischen Institut des KIT zum Thema „Modellbildung, Parameteridentifikation und Regelung hochausgenutzter permanentmagneterregter Synchronmotoren“. Im Rahmen seines Studiums absolvierte Richter einen Auslandsaufenthalt am Dalian Institute of Chemical Physics in Dalian (China), der ihm neben der Anfertigung einer Studienarbeit auf dem Gebiet der Hochtemperaturbrennstoffzelle (Herstellung und Charakterisierung) auch Grundkenntnisse der chinesischen Sprache einbrachte.

Bei der Verleihung 2015 (v.l.n.r.): Dr. Gourab Majumdar (Mitsubishi Electric in Japan und Sponsor des Young Engineer Award), Jan Richter (Gewinner des Young Engineer Award) und Prof. Leo Lorenz (ECPE in Deutschland und General Conference Director PCIM Eur

Bei der Verleihung 2015 (v.l.n.r.): Dr. Gourab Majumdar (Mitsubishi Electric in Japan und Sponsor des Young Engineer Award), Jan Richter (Gewinner des Young Engineer Award) und Prof. Leo Lorenz (ECPE in Deutschland und General Conference Director PCIM EurMesago

In seinem Vortrag „ Dämpfen von Stromoberwellen in umrichtergespeisten synchronen Permanentmagnet-Motoren mit nicht-linearer Magnetik“ beschreibt er das Problem, dass Nichtlinearitäten von Umrichtern und räumliche Harmonische zu unerwünschten Stromoberwellen an Motoren führen, die wiederum instabile Regelschleifen, zusätzliche Verluste und Drehmomentschwankungen hervorrufen. Als Lösung präsentiert er eine Methode, die das Erkennen und Kompensieren dieser beiden Effekte für anisotrope permanenterregte Synchronmotoren mit nicht-linearer Magnetik ermöglicht. Diese Methode benötigt keine zusätzlichen Sensoren und nur fundamentale Komponenten der Parameter der Motormodelle. Sie kann über Softwareaktualisierungen einfach in bestehende Umrichtersysteme implementiert werden.

Einfluss von Harmonischen

Jan Richter im Vordergrund und im Hintergrund zwei Schaltschränke mit den leistungselektronischen Schaltungen.

Jan Richter im Vordergrund und im Hintergrund zwei Schaltschränke mit den leistungselektronischen Schaltungen.Jan Richter

Die Einflüsse von Oberwellen des Motorstroms auf umrichtergespeiste Antriebe sind allgemein bekannt. Sie werden durch drei Effekte hervorgerufen: Umrichterschalten, Nichtlinearitäten des Umrichters und räumliche Oberschwingungen (spatial harmonics) des Motors. Alle diese drei Effekte führen zu Spannungsoberwellen, die wiederum zu Oberwellen im Phasenstrom führen. Harmonische, die durch das Schalten des Umrichters verursacht werden, sind unvermeidbar, da sie dem Arbeitsprinzip des DC/AC-Umrichters und der Pulsmodulation folgen. Oberwellen, die von Nichtlinearitäten des Umrichters hervorgerufen werden, können jedoch vermindert werden.

Die meisten bekannten Verfahren benutzen dazu ein Modell des Umrichters. Die Modellparameter werden dabei entweder aus Datenblättern, Messungen zur Charakterisierung oder aus einer Kombination aus beiden gewonnen. Je nach Komplexität des Modells werden die Effekte der Totzeit des Umrichters, der Klemmung bei Nulldurchgang des Stroms und der Kapazität der Diode betrachtet. Einige Methoden arbeiten teilweise im Betrieb, um die Parameter anzupassen oder den Nulldurchgang des Stroms genauer zu bestimmen. Da alle diese Umrichtermodelle Fehler enthalten und alle physikalischen Effekte berücksichtigen, führt dies zu komplexen Modellen und einer umfangreichen Parametrierung. Andere bekannte Methoden minimieren die Stromoberwellen, die von den räumlichen Harmonischen des Motors hervorgerufen werden.

Harmonische wirksam dämpfen

Front-End der Schaltschränke: Neben Hauptschalter und Not-Stop werden sicherheitskritische Größen analog angezeigt. Im unteren Teil zu sehen ist das im ETI selbst entwickelte digitale Signalprozessorsystem.

Front-End der Schaltschränke: Neben Hauptschalter und Not-Stop werden sicherheitskritische Größen analog angezeigt. Im unteren Teil zu sehen ist das im ETI selbst entwickelte digitale Signalprozessorsystem.Jan Richter

Allerdings haben auch diese Methoden ihre speziellen Nachteile, sodass Richter und seine Kollegen am KIT eine neue Methode vorschlagen, um die Stromharmonischen aufgrund von Nichtlinearitäten des Umrichters und räumlichen Oberwellen zu dämpfen. Diese Methode nutzt dazu einen rotororientierten Stromcontroller. Dahinter stehen zwei Gedanken: Erstens die Identifizierung des gesamten Spannungsfehlers über die Referenzspannungen des Controllers, die gemessenen Ströme und den Rotorwinkel. Zweitens, das Prinzip der repetierenden Regelung, weil die Spannungsfehler abhängig vom Rotorwinkel abgespeichert werden, der sich periodisch wiederholt. Die Vorwärtsregelung der gespeicherten Spannungsfehler resultiert in einer deutlichen Dämpfung. Die repetierende Regelung wurde bereits eingesetzt, um periodische Fehler in der Geschwindigkeits- und Positionsregelung von Harddisks und optischen Laufwerken zu beseitigen.

Die Dämpfungswirkung ist im stationären Betrieb am Besten, da dann die Gesamtspannungsfehler periodisch sind. Diese Methode eignet sich für alle mit Permanentmagnet erregten Synchronmotoren, weil damit sowohl die nichtlineare Magnetik als auch die magnetische Richtungsabhängigkeit des Rotors abgedeckt sind. Zudem werden alle Harmonische gedämpft: Das liegt einerseits an den physikalischen Grenzen des Systems und dessen Abtastfrequenz beziehungsweise dem Abtasttheorem. Außerdem wirkt sich die Spannungsbegrenzung des Umrichters hier aus. Die Implementierung in einen Mikrocontroller ist einfach, da sowohl die Anzahl der Berechnungen als auch der Bedarf für zusätzlichen dynamischen Speicher sehr gering sind.

Ein Bild vom Prüfling (maximale Leistung: 100 kW). Der Elektromotor ist ein Traktionsantrieb für Elektrofahrzeuge und wird vom Schweizer Hersteller Brusa produziert.

Ein Bild vom Prüfling (maximale Leistung: 100 kW). Der Elektromotor ist ein Traktionsantrieb für Elektrofahrzeuge und wird vom Schweizer Hersteller Brusa produziert.Jan Richter

Dieses Funktionsprinzip lässt sich auch auf andere Motorarten oder Anwendungen in Stromversorgungsnetzen übertragen und erlaubt damit die Dämpfung von Stromoberwellen in einem weiten Feld unterschiedlicher Anwendungen. Messungen haben signifikante Verbesserungen in gesamten Arbeitsbereich nachgewiesen. Messungen im Normalbetrieb zeigten eine Gesamt-Oberschwingungsverzerrung von 0,28 Prozent, was einer Verbesserung des Werts auf ein Siebtel im Vergleich zum nicht kompensierten Wert entspricht. Da sich das Funktionsprinzip dieses Verfahrens zur Dämpfung von Stromoberwellen auf viele weitere Anwendungen übertragen lässt, ist Richter vom Erfolg seiner Methode überzeugt.

Wolfgang Patelay

ist freier Fachjournalist.

(jck)

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