High-Voltage-Haube

Bild 1: Eine solche High-Voltage-Haube kommt zum Beispiel beim Testen von IGBT-Modulen zum Einsatz. (Bild: bsw TestSystems & Consulting)

Leistungselektronik hilft unter anderem, Ladungsspeicher wie Batterien effektiv und schnell aufzuladen, kontrolliert deren Zustand, wie zum Beispiel Temperatur oder Restladung, und regelt die Abgabe von Leistung an die jeweiligen Verbraucher. Auch Netzteile oder Umrichter lassen sich für eine breite Palette von Anwendungen mit Leistungshalbleitern kompakt und mit hohem Wirkungsgrad konstruieren.

Standen der Leistungselektronik früher im Wesentlichen nur die Familie der Thyristoren zur Verfügung, so hat sich das Angebot in den letzten Jahren durch Leistungs-MOSFETs und IGBTs erweitert. Der erhöhte Einsatz neuer Technologien und Materialien (Wide Bandgap, zum Beispiel Siliziumkarbid) führt hier zu konstanten Innovationen und Leistungssteigerungen. Um die Vorteile neuer Leistungshalbleiter optimal ausnutzen zu können, ist es wichtig, deren individuelle elektrische Parameter im Detail zu kennen. Dies erfordert, Bauteile in unterschiedlichsten Bauformen und Packages exakt zu messen.

Bauformen und Fassungen

Die übliche und auch am einfachsten zu handhabende Bauform sind verpackte Bauelemente mit Lötfahnen für die sogenannte Through-Hole-Montage. Die Bauteile (zum Beispiel Transistoren im TO220-Package) sind vergleichsweise groß. Es sind auch Zero-Insertion-Force-Testfassungen verfügbar, um lötfrei zu kontaktieren.

High-Voltage-Haube

Bild 1: Eine solche High-Voltage-Haube kommt zum Beispiel beim Testen von IGBT-Modulen zum Einsatz. bsw TestSystems & Consulting

Sollen diese Bauteile aber zusätzlich noch über der Temperatur charakterisierbar sein, braucht es Fassungen, die eine hohe Stabilität aufweisen. Hier kommt eigentlich nur Keramik in Frage. Auch sind die Bauteile aufgrund der auftretenden Temperaturausdehnung mit Schrauben oder aufwändigen Klemmmechanismen zu fixieren. Das zur Konstruktion erforderliche Material und der Arbeitsaufwand bei sehr kleinen Stückzahlen machen solche Fassungen teurer als Standardware.

Eine Alternative, die auch gerne für SMD-Bauteile mit kleiner Baugröße und ohne Anschlussdrähte zum Einsatz kommt, ist, die Bauteile auf ein Tochterboard fest aufzulöten. Dieses Board lässt sich bei Bedarf auch aus bedingt temperaturstabilem Material fertigen, sodass in eingeschränktem Maß Charakterisierungen über der Temperatur möglich sind. Der Tester ist entweder direkt über Kabel oder über eine Zwischenfassung mit einem universellen Kammstecker verbunden. Solche Lösungen sind bei Anwendern wegen ihrer vermeintlich universellen Einfachheit beliebt. Es bleibt aber zu beachten, dass das Tochterboard und der Adapter mit dem Kammstecker die anwendbaren Ströme und Spannungen limitieren können. Deshalb ist es nötig, die so ins Spiel gebrachten parasitären Größen (Kapazitäten, Leckströme etc.) im Auge zu behalten.

Am anderen Ende der Palette der verfügbaren Bauelemente stehen die Leistungsmodule. Zum Anschluss der leistungstragenden Kontakte kommen hier oft solide Schraubanschlüsse vor. Herausfordernd beim Test dieser Gruppe von Bauelementen ist ihre Größe. Meist sind herkömmliche Testfassungen nicht mehr in der Lage, Bauteile dieser Größe aufzunehmen. Eine offene Verkabelung der Bauteile auf einem Labortisch verbietet sich, durch die zur Charakterisierung erforderlichen lebensgefährlichen Spannungen, von selbst.

High-Voltage-Hauben und Chuck

Eine elegante Lösung stellen hier sogenannte High-Voltage-Hauben dar. Diese bieten einen ausreichend großen Arbeitsraum, der sich bei Bedarf mit einer Haube sicher abschließen lässt und während des Hochspannungstests den Prüfraum verriegelt. Um Verluste zu vermeiden, sind die Anschlüsse des Testers möglichst weit in den Prüfraum integriert. So gelingt es oft, eine mobile Einheit zu schaffen, indem der Prüfer das Messgerät mit der Haube auf ein Fahrgestell montiert (Bild 1).

Haben die bislang angesprochenen Prüflinge noch ausgeprägte elektrische Kontaktflächen zum Löten, Stecken oder Schrauben, so sind bei vereinzelten Chips oder ganzen Wafern keine regulären Kontakte mehr vorhanden. Interessant sind diese nackten Bauteile aber trotzdem, weil der Prüfer hier den reinen Halbleiter messen kann, ohne vielleicht störende Einflüsse von Bonddrähten, Leadframes und Packages. Auch lassen sich Chips beziehungsweise Wafer wesentlich eleganter und einfacher temperieren und der Einfluss auf das elektrische Verhalten messen.

Beispiel einer High Current Probe.

Bild 2: Beispiel einer High Current Probe für das Messen besonders hoher Ströme. bsw TestSystems & Consulting

Zum Testen von Halbleitern auf Wafern, Teilwafern oder vereinzelten Chips kommen hier sogenannte (Wafer-)Prober zum Einsatz. Grundsätzlich sind diese Geräte bekannt, jedoch muss ein Prober zum Testen von Leistungshalbleitern ganz speziell ausgerüstet sein.
Die Aufnahme für den Wafer – genannt Chuck – muss grundsätzlich triaxial ausgeführt sein. Hier ist die im Kontakt mit dem Wafer befindliche Oberfläche (Top Layer) mit einer isolierten zweiten Schicht versehen, dem sogenannten Guard Layer. Dieser Guard Layer wird bei Bedarf vom Messgerät auf das gleiche elektrische Potential gelegt wir der Top Layer und verhindert so Leckströme und verringert die kapazitive Last. Als dritte Lage kommt noch ein Ground hinzu.

Der Chuck muss zudem für die geforderten Testspannungen und –ströme geeignet sein. Hier sind momentan Spannungen von 3 kV Standard und 10 kV (oder noch mehr) im Kommen, ebenso wie Ströme von mindestens 100 A (gepulst) und mehr. Da Übergangswiderstände bei On-Wafer-Messungen eines der größten Probleme sind, sollten die Verantwortlichen das Oberflächenmaterial und die Gestaltung der Chuckoberfläche sorgfältig auswählen. Wenn irgend möglich, kommt Gold als Oberfläche zum Einsatz. Wafer sind mit Vakuum auf der Chuckoberfläche fixiert. Die Gestaltung der Vakuumkanäle ist jedoch wichtig – soll doch das Vakuum einerseits für beste elektrische Kontakte homogen und stark wirken, andererseits aber die empfindlichen, gedünnten Wafer nicht zerbrechen. Es stehen verschiedene Thermochucks mit unterschiedlichen Temperaturbereichen zur Verfügung. In Verbindung mit einer „Local Enclosure“ sind hier sogar Charakterisierungen weit unterhalb der Raumtemperatur ohne Betauung oder Vereisung möglich.

Probes als Herausforderung

Auch die Probes („Nadeln“) stellen eine Herausforderung dar. Bei hohen Strömen teilt sich die Last auf eine Anzahl von Nadeln auf, was jedoch platzintensiv ist. Auch gilt es, diese komplexen und teuren Probes auszurichten, auch planarisieren genannt. Das wiederum macht aufwendigere, mechanische Nadelhalter (Manipulatoren) notwendig. Neuerdings gibt es für Ströme >100 A (gepulst) „Blunt Needles“ – einzelne Nadeln mit großem Durchmesser und großer Verrundung (Bild 2).

Für hohe Spannungen stehen speziell isolierte Nadelhalter zur Verfügung. Hauptproblem beim Hochspannungstest sind ungewollte Überschläge, da den unverpackten Chips die Isolation der Vergussmasse fehlt. Hier hilft es, den Wafer in eine Wanne mit zum Beispiel Flourinert zu geben.Gerade bei Messungen mit hohen Spannungen, sind auch hohe Sicherheitsanforderungen an die Anlage zu stellen. Heutige Waferprober sind flexibel bedienbar und gleichzeitig sicher, indem sie spezielle Lichtschranken einsetzen. Der Prober bleibt gut zugänglich, aber die Lichtschranke unterbricht die gefährlichen Spannungen, sollte ein Eingriff in das System erfolgen. Um bei Tests mit hohen Spannungen auch die Restladungen aus dem Chuck (der als Kondensator wirkt) zu bekommen, sind spezielle Entladespannungen im Einsatz.

Norbert Bauer

Applikations- und Vertriebsingenieur bei bsw TestSystems & Consulting

(aok)

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