Der Leitfaden gibt detaillierte Auskunft über die weitreichenden Aspekte der technischen Sauberkeit und liefert Tipps zur Reinigung.

Der Leitfaden gibt detaillierte Auskunft über die weitreichenden Aspekte der technischen Sauberkeit und liefert Tipps zur Reinigung.ZVEI

Was ist ein sauberes Bauteil? Wie lässt sich der den Grad der Sauberkeit eines Bauteils bestimmen? Ab wann ist ein Bauteil zu stark verschmutzt? Fragen, die in mechanischen Fertigungen schon länger relevant sind, erreichen durch kleiner werdende Bauteile und entsprechend steigende Bauteildichten auch die Elektronikfertigung. Beispielsweise können metallische Partikel zu Kurzschlüssen führen und nichtmetallische Partikel können ein korrektes Bestücken von Leiterplatten verhindern. Überdies können sie nicht nur Fertigungsprozesse sondern auch die korrekte Funktion des Bauteils oder der Baugruppe beeinträchtigen.

Der Arbeitskreis Bauteilsauberkeit der beiden ZVEI Fachverbände PCB and Electronic Systems und Electronic Components and Systems (ECS) hat sich auf die Suche begeben, und in einer rund zwei Jahren währenden Tätigkeit ein umfassendes Werk zum Thema technische Sauberkeit im Bereich der Fertigung von elektrischen, elektronischen, elektromechanischen Bauelementen, Leiterplatten und elektronischen Baugruppen zusammengetragen. Auf der Messe Productronica 2013 stellte der Fachverband seinen Leitfaden mit dem Titel „Technische Sauberkeit in der Elektrotechnik“ dem Fachpublikum vor: „Mit dieser Publikation zur Bauteilsauberkeit leisten wir Pionierarbeit“, betont Dr. Marc Nikolussi, Vorsitzender des ZVEI-Arbeitskreises Bauteilsauberkeit, „denn es werden auf dem Gebiet der technischen Sauberkeit zum ersten Mal Ergebnisse unterschiedlicher Industriebereiche verglichen. Zudem wurden erstmals vergleichende Messungen ausgewertet und veröffentlicht und so der Grundstein für eine aussagekräftige Statistik hinsichtlich der  technischen Sauberkeit in der Elektrotechnik gelegt.“

Partikelbelastung unter die Lupe

Unter technischer Sauberkeit sind Partikelbelastung von Bauteilen und Baugruppen zu verstehen. Technische Sauberkeit ist ein Begriff, der durch partikelbedingte Ausfälle von Systemen in der Automobilindustrie geprägt wurde und sich dabei stets auf die Funktion von Bauteilen, Baugruppen und Systemen bezieht. So kann beispielsweise ein leitfähiges Partikel aus einem Aluminiumdeckel einer elektronischen Steuerung zu einem Kurzschluss auf einer Leiterplatte und damit zu einem Funktionsfehler führen. Aus diesem Grund gelten Sauberkeitsforderungen in der Automobilindustrie häufig für komplette Systeme, wobei das partikelempfindlichste Bauteil (das schwächste Glied der Kette) oft die Sauberkeit und deren zulässige Grenzwerte für das ganze System und aller darin verbauten Bauteile bestimmt. Projiziert auf Bauteile bedeutet technische Sauberkeit die Festlegung, Einhaltung und Überprüfung der Grenzwerte zum Beispiel nach Gewicht des Restschmutzes, Anzahl, Art und Größe von partikulären Verunreinigungen. Gleichzeitig werden in der Automobilindustrie Fehler nur noch im ppm-Bereich toleriert.

Aus der Automobilindustrie heraus hat sich der Bedarf nach einer allgemeinen Standardisierung der Technischen Sauberkeit von Bauteilen entwickelt. So kam es zur Bildung des Industrieverbunds Technische Sauberkeit Tecsa im Sommer 2001. Aus diesem Gremium wurde im Jahre 2004 die Richtlinie VDA 19 ‚Prüfung der Technischen Sauberkeit – Partikelverunreinigung funktionsrelevanter Automobilteile‘ veröffentlicht. Das internationale Gegenstück zur VDA 19 ist die Norm ISO 16232, die im Jahr 2007 erschienen ist. Zudem wurde im Jahr 2010 der Leitfaden VDA 19 Teil 2 ‚Technische Sauberkeit in der Montage‘ veröffentlicht.

Praxisbeispiele als Lösungsansätze

Der ZVEI-Arbeitskreis Bauteilsauberkeit hat sich zum Ziel gesetzt, ergänzend zur VDA 19 und ISO 16232 diesen Leitfaden zu erarbeiten, der offene Fragestellungen praxisbezogen behandelt und Lösungen vorschlägt. So wird etwa die Ist-Situation der technischen Sauberkeit in der Elektronikindustrie analysiert und die Ermittlung der möglichen Herkunft von Partikeln in der Produktion aufgezeigt. Reflektiert wird dabei das Auftreten von Partikeln in Abhängigkeit von Prozessen und Materialien. Zudem wird beispielhaft deren Auswirkung auf die Funktion und Zuverlässigkeit aufzeigt. Neben den Erfahrungswerten, welche die Arbeitsgruppe erzielen konnten, geben die Experten auch Tipps, beispielsweise zur Reinigung von Hand und zeigen beschreiben geeignete Maßnahmen gegen Verschmutzungen.

Daher ist das Dokument zur Orientierung und als Basis für Vereinbarungen zwischen Kunden und Lieferanten gedacht. Zudem soll der Leitfaden eine Konkretisierung des VDA-Bands 19 für den Bereich der Fertigung von elektrischen, elektronischen, elektromechanischen Bauelementen, Leiterplatten und elektronischen Baugruppen darstellen. Diese Konkretisierung umfasst eine Empfehlung für eine standardisierte und damit vergleichbare Durchführung von Sauberkeitsanalysen und die Darstellung deren Ergebnisse. Es wird ein Ansatz vorgestellt, wie die Ergebnisse solcher Sauberkeitsanalysen statistisch einzuordnen und zu verstehen sind.

Weiter listet der Leitfaden Ursachen für das prozessbedingte und materialabhängige Auftreten von unerwünschten Partikeln auf, stellt seine möglichen negativen Folgen für die Funktion und Zuverlässigkeit dar und zeigt Möglichkeiten zur Schmutzprävention auf. Darüber hinaus beschreibt der Leitfaden in Abhängigkeit von den aktuell üblichen Produktionstechniken, was für ein Grad an technischer Sauberkeit für den Bereich der Fertigung von elektrischen, elektronischen, elektromechanischen Bauelementen, Leiterplatten und elektronischen Baugruppen zu erwarten ist.

Reinigung im Fokus

Der ZVEI-Arbeitskreis Bauteilsauberkeit hat in dem Leitfaden unterschiedliche Aspekte der Bauteilsauberkeit aufgegriffen. Dabei wurden neue Ansätze zur statistischen Beurteilung der Daten gefunden. Auch weiterhin wird der ZVEI-Arbeitskreis Bauteilsauberkeit das umfangreiche Thema im Fokus behalten: Bei einer Revision sollen weitere Bauteilklassen aufgenommen werden. Eine englische Ausgabe ist für 2014 vorgesehen.

SMT Hybrid Packaging 2014: Service 9, Mitte

Marisa Robles Consée

ist freie Redakteurin Productronic

(mrc)

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