Beispiel Bündelverseilung: Bei 18 Adern werden die Adern nicht in mehreren Lagen übereinander verseilt, sondern es werden zunächst sogenannte Dreierbündel miteinander verseilt und dann diese Bündel in einer Gesamtverseilung verseilt.

Beispiel Bündelverseilung: Bei 18 Adern werden die Adern nicht in mehreren Lagen übereinander verseilt, sondern es werden zunächst sogenannte Dreierbündel miteinander verseilt und dann diese Bündel in einer Gesamtverseilung verseilt.Igus

In den späten Achtzigerjahren traten immer wieder Schäden an flexiblen Leitungen beim Einsatz in Energieketten auf. Gerade in den schneller werdenden automatischen Regalsystemen kam es zu Stillständen in den langen Gassen, da die Leitungen sich nach und nach aufwickelten – es kam zum gefürchteten Korkenzieher-Effekt. Die Arbeit an flexiblen Leitungen für die Anwendung in Energieketten begann. Da es auf dem Markt keine verlässlichen Standards oder Normen für Leitungen in Enegieketten gab, definierte Igus eigene Fertigungsnormen und Versuchsstandards. Gleichzeitig wurde in ein Labor investiert, das sich mit der Erforschung von Leitungen in dauerbewegten Energieketten-Anwendungen beschäftigte. Als dieses fertig gestellt war, wurden zunächst die vorhanden am Markt erhältlichen hochflexiblen, sogenannten kettentauglichen, Leitungen getestet und die Ergebnisse ausgewertet. Diese zeigten, dass die vorhanden Verseilungskonzepte und die verwendeten Werkstoffe nach den einschlägigen Normen nicht schlecht gewählt und für normale flexible Anwendungen durchaus ausreichend waren. Aber im dauerbewegten Einsatz in Energieketten kamen diese Leitungen an ihre Grenzen.

Die Idee vom Stahlseil geliehen

Bei der Suche nach einer eigenständigen Lösung wurde das Unternehmen bei Stahlseilen fündig – wo die Bündelverseilung ebenfalls verwendet wird. Die Bündelverseilung ist eine besondere Art, wie die Adern um das Zentrum der Leitung verseilt werden.

Dabei unterscheidet sich die Bündelverseilung deutlich von den bis dahin verwendeten und auch heute noch üblichen Verseilkonzepten, den sogenannten lagenverseilten Leitungen. Bei lagenverseilten Leitungen werden die Adern in mehreren Lagen um das Zentrum der Leitung verseilt. Häufig werden zwischen den Lagen noch Folien oder Vliese eingebracht. Der Hauptnachteil dieses kostengünstigeren Fertigungsverfahrens liegt darin, dass die Adern bei der Biegung innerhalb des Energieketten-Radius starken Streck- und Stauchkräften ausgesetzt sind. Diese Kräfte führen dann zu den gefürchteten Korkenziehern – besonders bei langen, gleitenden Verfahrwegen.

Im inzwischen mit 1.750 m² weltweit größten Testlabor der Branche werden die Energieketten und Leitungen getestet und aufeinander abgestimmt.

Im inzwischen mit 1.750 m² weltweit größten Testlabor der Branche werden die Energieketten und Leitungen getestet und aufeinander abgestimmt. Igus

Mehrfach verseilt hält besser

Anders das Verfahren bei der bündelverseilten Chainflex-Leitung: Bei beispielsweise 18 Adern werden diese nicht in mehreren Lagen übereinander verseilt, sondern zunächst in sogenannten Dreierbündeln miteinander verseilt. Anschließend werden dann diese insgesamt sechs Bündel in einer Gesamtverseilung miteinander verseilt. Durch diese mehrfache Verseilung, die auch mit unterschiedlichen Rückdrehverfahren gefertigt wird, wird sichergestellt, dass eine Überdehnung der einzelnen Adern innerhalb des Energieketten-Radius vermieden wird. Unterstützt wird dies zusätzlich durch die zwickelfüllend extrudierten Innen- und Außenmäntel, bei dem die Zwischenräume zwischen den Adern völlig mit dem Mantelwerkstoff ausgefüllt sind. So kann sich die Verseilung während der Bewegung in der Kette nicht aufdrehen. Lagenverseilte Leitungen hingegen werden häufig mit auf den Schlauch extrudierten Außenmänteln gefertigt. Dadurch kann der Außenmantel die Verseilung nicht zusammenhalten, was das Risiko eines Korkenziehers weiter erhöht.

Doch der für die Chainflex Leitungen typische zwickelfüllend extrudierte Mantel bringt den Nachteil mit, dass sich das Abmanteln der Leitung als nicht besonders anwenderfreundlich erweist. So muss man hierbei den Mantel aus dem Zwickel schneiden, während man bei anderen kettentauglichen Leitungen einfach den Mantel im Rundschnitt einschneiden und dann abziehen kann. Doch diesen Nachteil konnte das Unternehmen durch den CFRIP-Reißfaden beseitigen. Dieser ermöglicht ein einfaches Absetzen, das gerade bei langen Absetzlängen um 80 % schneller ist als die herkömmlichen Methoden. Dabei wird ein orangefarbener Faden in der Leitung einfach als Reißfaden für die TPE- oder PVC-Mäntel genutzt, wodurch sich die Leitung wie eine Banane aus der Schale schälen lässt.

Der Reißfaden ermöglicht ein einfaches Absetzen, das gerade bei langen Absetzlängen um 80 % schneller ist als die herkömmlichen Methoden.

Der Reißfaden ermöglicht ein einfaches Absetzen, das gerade bei langen Absetzlängen um 80 % schneller ist als die herkömmlichen Methoden.Igus

Die Verseilung ist wichtig, doch auch der richtige Werkstoff ist entscheidend. Interessant bei den vielen Versuchsreihen waren die Erkenntnisse zu den Werkstoffen. Also wie hoch die Abhängigkeit der Werkstoffe untereinander sowie der verschiedenen Extrusionsverfahren voneinander ist. Als die ersten Steuerleitungsfamilien CF1 und CF2 mit den neuen bündelverseilten Verseilaufbauten und Biegeradien für Energieketten von 5xd erstmals auf der Hannover Messe vorgestellt wurden, wurde diese ungewöhnlichen Leitungen zunächst argwöhnisch beäugt, da sie so ganz anders aussahen im Vergleich zu langverseilten Leitungen. Bald darauf folgten weitere bündelverseilte Leitungstypen aus dem Chainflex-Programm mit dem gleichen Verseilaufbauprinzip, aber unterschiedlichen Werkstoff- und Zulassungskombinationen. Denn eines wurde bei den Testreihen immer deutlicher. Das Thema ‚Kunststoff und Leitungen‘ war der Schlüssel zum Erfolg für eine lange Haltbarkeit in der Kette. Deswegen konzentrierte sich Igus immer weiter auf die Themen Verbesserung und Vergleich der miteinander ständig in Kontakt tretenden Kunststoffe der Leitungen und der Energieketten.

Versuch 4536: Das vermeidlich identische bündelverseilte Produkt (links) fiel bereits nach 2,5 Millionen Hüben mit Mantelabrieb und Mantelbruch aus.

Versuch 4536: Das vermeidlich identische bündelverseilte Produkt (links) fiel bereits nach 2,5 Millionen Hüben mit Mantelabrieb und Mantelbruch aus. Igus

Test im Labor für Energieketten-Leitungen

25 Jahre nach der ersten bündelverseilten Chainflex Leitung und Millionen von Metern an produzierten Leitungen, erfüllen diese ihren Dienst inzwischen in hunderttausenden Anwendungen. Gleichzeitig bleiben Forschung und Entwicklung – im inzwischen mit 1.750 m2 weltweit größten Testlabor der Branche – die Basis, um Verfahren und Werkstoffe weiter zu verbessern. Gerade Vergleichsversuche von vermeintlich gleichen Leitungen zeigen, wie wichtig die Kombination aller Maßnahmen und Konstruktionsdetails ist. So hat zum Beispiel der Versuch 4536, der im Sommer 2012 gestartet wurde, wo der Unterschied liegt: So wurde die Igus CF10.25.12 mit einer am Markt frei verkäuflichen bündelverseilten Leitung mit in einem Biegeradius von 75 mm und einem Testverfahrweg von 1,2 m verglichen. Das vermeintlich identische bündelverseilte Produkt fiel bereits nach 2,5 Millionen Hüben mit extremen Mantelabrieb und Mantelbruch aus. Hingegen ist der immer noch laufende Versuch der CF10.25.12 inzwischen bei rund 21 Millionen Doppelhüben angekommen. Die Leitung weist dabei keinerlei Ermüdungserscheinungen auf. Damit zeigt sich, dass nur das kontinuierliche Testen und Vergleichen eine reproduzierbare Sicherheit möglich macht.

SPS IPC Drives 2014
Halle 4, Stand 250

Rainer Rössel

ist Leiter Geschäftsbereich Chainflex Leitungen bei der Igus GmbH in Köln.

(mf)

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Igus GmbH

Spicher Straße 1a
51147 Köln
Germany