Einfach, präzise, kontaktlos

Dem linearen Wellenmotor liegen drei grundlegende Auslegungskonzepte zugrunde: Einfachheit, hohe Präzision, Kontaktlosigkeit. Lineare Wellenmotoren sind einfach und bestehen aus lediglich zwei Teilen, einer magnetischen Welle und einem Treiber aus zylindrischen Spulenwicklungen. Die Spulen des linearen Wellenmotors sind zylindrisch ausgelegt und äußerst steif ohne die Verwendung externer Versteifungsmaterialien (z. B. Eisen, wie es in flachen Linearmotoren eingesetzt wird).

Der lineare Wellenmotor ist ein hochpräziser direktangetriebener linearer Servomotor, der aus einer Welle aus Seltenen Erden Eisen-Bor-Neodym-Dauermagneten sowie einem Treiber aus zylindrischen Spulenwicklungen besteht, der mit optionalen Hall-Effekt-Geräten angeboten wird (Bild 1). Die Welle sorgt für die magnetischen Felder, auf die der Treiber wirkt. Die Treiberbaugruppe in Kombination mit dem Verstärker und der Steuerelektronik erzeugt die Kraft für den Motor. Die Hall-Effekt-Geräte können mitgeliefert werden, wenn sie für eine ordnungsgemäße Kommutierung eines bürstenlosen Linearmotors des von ihnen ausgewählten Servoantrieb erforderlich sind und werden in die Treiberbaugruppe integriert.

Anwendungsbeispiel von linearen Wellenmotoren.

Anwendungsbeispiel von linearen Wellenmotoren.Nippon Pulse Motor/Dynetics

Grundaufbau eines linearen Wellenmotors

Weder in der Welle noch im Treiber des linearen Wellenmotors ist Eisen vorhanden, was für eine hohe Präzision und Coggingfreiheit sorgt, wie man dies bei einer kernlosen Auslegung erwartet. Die Spulen selbst bilden den Kern und geben dem Motor so die Steifigkeit, wie sie in einem Eisenkernmotor erwartet wird. Lineare Wellenmotoren sind kontaktlos (Bild 2). Da sich die Spule vollständig um die Magneten wickelt, wird die magnetische Flussdichte wirksam genutzt. Dies ermöglicht einen großen (0,5 bis 5 mm) ringförmigen Nennluftspalt. Dieser Luftspalt ist nicht kritisch in dem Sinne, dass es zu keinen Kraftveränderungen kommt, da der Spalt über den Hub des Geräts variiert.

Der magnetische Aufbau der Welle ist so geformt, dass kein Raum zwischen jedem Magneten besteht und er vollständig selbstgestützt ist (Bild 3). Der magnetische Aufbau wird dann in ein Edelstahl-Schutzrohr eingesetzt. Dies ist ein Verfahren, das durch zahlreiche Patente in der ganzen Welt geschützt ist. Dieses patentierte Verfahren, das im linearen Wellenmotor zum Einsatz kommt, erzeugt ein sehr starkes magnetisches Feld. Es ist zweimal so stark wie das anderer Linearmotoren.

Die Spulen, die um die Magnete gewickelt sind, ermöglichen einen optimalen Einsatz der gesamten magnetischen Flussdichte. Dies bewirkt, dass der Luftspalt nicht kritisch ist. Solange der Treiber nicht mit der Welle in Kontakt kommt, gibt es keine Veränderungen in der Linearkraft. Der magnetische Fluss schneidet Motorwicklungen rechtwinklig ab und sorgt so für eine maximale Wirksamkeit. Alle Spulenseiten sind so positioniert, dass sie eine maximale Wärmeabführung ermöglichen. Der wirksamere lineare Wellenmotor erfordert weniger Leistung in einer kompakteren Bauweise und erzeugt eine Kraft, die mit der Kraft herkömmlicher Linearmotoren ähnlicher Größe vergleichbar ist. Merkmale des Linearen Wellenmotors:

  • Entwickelt eine hohe Schubkraft (bis zu 100.000 N).
  • Ruhiger reibungsloser Lauf, der einzige mechanische Kontaktabschnitt ist die Linearführung. Ein vollständig kontaktloser Betrieb ist mithilfe eines Luftlagergleitstücks möglich.
  • Das einfache Design der Einheit ermöglicht einen Hub bis zu 4,6 m.
  • Hohe Präzision (0,07 nm).
  • Hochgeschwindigkeitsantrieb (größer als 10 m/s) mit Beschleunigung bis zu 20 G.
  • Niedergeschwindigkeitsantrieb (8 μm/s)
  • Ermöglicht einen Parallelantrieb mit nur einem Encoder und einem Antrieb.
  • Nahezu keine Drehzahlschwankungen (± 0,006 % bei 100 mm/s).
  • Langlebige Bauweise, Betrieb sogar unter Wasser oder im Vakuum.

Traditionellerweise wurden elektrische Linearmotoren als Gegenstück zu ihren rotierenden Ausführungen ausgelegt. Daher gibt es für jeden rotierenden Motor einen linearen Gegenmotor, obwohl das Gegenteil nicht immer der Fall ist. Es gibt den Gleichstrommotor und als Gegenstück den Wechselstrom-Induktionsmotor, und entsprechend den Schrittmotor und den Synchronmotor, den linearen Gleichstrommotor, den linearen Induktionsmotor, den linearen Schrittmotor und den linearen Synchronmotor. Obwohl dies eine Lösung bietet, gibt es eine Vielzahl inhärenter Nachteile.

Wie beim Schwingspulenmotor verläuft die Kraft-Geschwindigkeits-Kurve des linearen Wellenmotors in einer geraden Linie von der Spitzengeschwindigkeit zur Spitzenkraft. Die Kraft-Geschwindigkeits-Kurve des linearen Wellenmotors ist in drei Bereiche geteilt. In den Veröffentlichungen von Nippon Pulse wird die erste Kraft Dauerkraft genannt. Es ist der Bereich, in dem der Motor unbegrenzt betrieben werden kann, ohne dass eine externe Kühlung einschließlich Kühlkörper notwendig ist. Die zweite Kraft ist die Beschleunigungskraft. Es ist die aufzuwendende Kraft, die der Motor 40 s lang erzeugen kann, ohne dass eine externe Kühlung einschließlich Kühlkörper notwendig ist. Der dritte Bereich (nicht veröffentlicht) wird nur durch die Kraft, die bereitgestellt werden kann und die Einschaltdauer begrenzt. Es handelt sich um die Spitzenkraft und diese ist auf 1 bis 2 s begrenzt.

Der lineare Wellenmotor ist eine einfache Ausführung, die aus einer Spulenbaugruppe (Treiber), die eine patentierte runde Magnetwelle umgibt, besteht. Die Ausführung hat im Vergleich zu anderen linearen Motorsystemen zahlreiche Vorteile

Präzisionsluftspalte ist überflüssig

Im Gegensatz zu anderen linearen Motortypen ermöglicht die zylindrische Ausführung des linearen Wellenmotors einen sehr langen (0,5 mm bis 5 mm) nicht kritischen Luftspalt. Dies sorgt für eine konstante lineare Kraft, die von einer richtigen oder falschen Ausrichtung des Treibers (Spule) auf die Welle (Magnete) nicht berührt wird. Dies ermöglicht eine schnelle und einfache Montage in das Endprodukt ohne aufwändiges Bearbeiten oder Ausrichten.

Die patentierte Wellenauslegung und das erzeugte magnetische Feld ermöglichen eine beispiellose Magnetfeldstärke. Ein kleiner Strom erzeugt eine große Kraft. Einhergehend mit der zylindrischen Ausführung, durch die das Kupfer, der Strom und das Magnetfeld die Kraft zu 100 % nur in Fahrtrichtung erzeugt.

Flache Linearmotoren verfügen aufgrund ihres Eisenkerns über eine sehr hohe Steifigkeit. Dieser Eisenkern sorgt für die Erzeugung von Wirbelströmen, die große Mengen an Wärme erzeugen bei gleichzeitiger mäßiger Wärmeabführung. Der Eisenkern sorgt ebenfalls für große Aufnahmekräfte zwischen Stator und Armatur und führt zu Cogging in der linearen Bewegung. U-förmige Linearmotoren verwenden andererseits einen Epoxidkern, der keine Wirbelströme oder Aufnahmekräfte erzeugt. Dieser Motortyp weist eine Steifigkeit von bestenfalls 1/125 und entspricht der eines ähnlichen Eisenkernmotors. Das Einklemmen der Spule zwischen der Magnetspur und die niedrige Wärmeleitfähigkeit des Epoxids erzeugen einen thermisch sehr eingeschränkten Motor. Der lineare Wellenmotor ist auf eine Motorsteifigkeit ausgelegt, die 100 mal höher ist als die eines U-förmigen Motors bei einer vier Mal größeren Wärmeabführung als bei ähnlich dimensionierten flachen Linearmotoren.

Keine Schmierung/Einstellwartung erforderlich

Der lineare Wellenmotor erfordert kein Fetten wie bei einem Kugelgewindetrieb und zeigt keinen Leistungsabfall aufgrund von Verschleiß/Alterung wie bei einem Kugelgewindetrieb und Riemensystemen. Seine wartungsfreie lange Lebensdauer trägt zu einer lebenslangen Kostenreduzierung bei. Das Spiel zwischen Welle und Treiber macht Einstellungen wie die Positionierung der Führung oder konzentrische Einstellungen überflüssig, wie sie bei Kugelgewindetrieben notwendig wären.

Staub und Geräusche, die bei Kugelgewindetrieben und pneumatischen Systemen notwendig sind, kommen beim kontaktlosen linearen Wellenmotor nicht vor. Dies ist nicht nur von Vorteil bei Reinraumanwendungen, sondern trägt durch die Geräusch- und Staubeliminierung zur Verbesserung der Arbeitsumgebung bei.

Der lineare Wellenmotor ermöglicht einen Präzisionsgrad wie er von Kugelgewindetrieben nicht erreicht wird. Die Genauigkeit der Wiederholpositionierung hängt von der Auflösung des linearen Encoders ab. Darüber hinaus ist eine ausreichende Gerätesteifigkeit notwendig. Auch hängt eine absolute Positionierungspräzision wesentlich vom linearen Encoder ab. Sie ist nicht von der Ausdehnung oder Zusammenziehung abhängig, die durch die Wärme des linearen Wellenmotors verursacht wird. Die hohe Präzision des linearen Wellenmotors bei Hochgeschwindigkeitsanwendungen verkürzt die durch Kugelgewindetriebe erforderliche Fahrzeit.

Im Präzisionsbetrieb erfordern andere lineare Mechanismen eine strenge Kontrolle der Arbeitsumgebung einschließlich der Temperatur. Der lineare Wellenmotor, der ohne direkten Kontakt läuft, ermöglicht konstante Präzision, die nicht durch umgebungsbedingte Veränderungen beeinflusst wird und führt zu hohen Kosteneinsparungen bei der Klimaregelung.

Linearer Wellenmotor im Einsatz

Die Auslegung des linearen Wellenmotors ermöglicht den Ersatz des Standard-Kugelgewindetriebsystems durch einen linearen Wellenmotor und erreicht höhere Drehzahlen und eine höhere Auflösung. Um jedoch die bestmögliche Leistung mit einem linearen Wellenmotorsystem zu erreichen, muss die gesamte Systemstruktur optimiert werden. Es gibt unterschiedliche Ausführungsüberlegungen, die sich etwas von der herkömmlichen Servosystempraxis unterscheiden. Dabei geht es um die Hauptbauteile, die benötigt werden, um ein lineares Wellenmotorsystem zu schaffen sowie um die Faktoren, die es bei der Systemauslegung zu berücksichtigen gilt.

Bei der Auswahl des korrekten linearen Wellenmotors unterstützt der Auswahlassistent SMART-Tool (Linear Shaft Motor Application Resource Tool). Der Wellenmotor sollte so nah wie möglich am Schwerpunkt der sich bewegenden Last und am Arbeitspunkt der Maschine montiert werden. Wenn der Motor und die Rückkoppelung zu weit voneinander entfernt sind, müssen der Maschinenaufbau und die Linearführungen (Lager) eine ausreichende mechanische Steifigkeit aufweisen, um die dynamischen Ablenkungen des Aufbaus zu minimieren. Es muss sichergestellt sein, dass ausreichend Raum für eine Lüftung und für Zugänge zu Wartungs- und Inspektionszwecken vorhanden sind.

Ben de Vries

: Ben de Vries ist geschäftsführender Gesellschafter der Dynetics GmbH, Nettetal-Kaldenkirchen.

(jj)

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