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(Bild: Wolf)

Alles ist in diesem Jahr anders, denn viele wollten kommen, durften aber nicht,“ verkündete Geschäftsführer Dr. Ernst Wolf bei seiner Eröffnungsansprache. Der Maschinenbauer aus dem Schwarzwald hatte es sich trotz massiver Auflagen der zuständigen Behörden nicht nehmen lassen, sein alljährlich immer am Mittwoch in der „Motek-Woche“ geplantes Seminar zum Thema Speziallöttechnik stattfinden zu lassen. Ob Löt-Einsteiger oder erfahrener Anwender, bei den abwechslungsreichen Vorträgen war für jeden der 56 Teilnehmer etwas dabei. Das Spektrum des Seminars reichte von Themen wie Lote und Flussmittel über die Prozessbeobachtung bis hin zur Fehleranalyse.

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Geschäftsführer Dr. Ernst Wolf betonte in seiner Begrüßung, wie überaus wichtig er in diesen Zeiten die persönliche Kommunikation findet. Wolf

Schon wieder eine neue Lötspitze?

Uwe Niedermayer, Sales Manager bei Almit, sprach in seinem Vortrag „Lote für selektive Lötverfahren“ über die Besonderheiten beim Lötdrahtaufbau und machte deutlich, wie wichtig eine homogene Flussmittelverteilung im Draht für ein gleichmäßiges Lötergebnis ist. Beim Einsatz von bleifreien Loten ist allerdings bekannt, dass diese in der Regel einen deutlich schnelleren Verschleiß von Lötspitzen begünstigen, als bei der Verwendung von bleihaltigen Loten. Der Grund liegt im Flussmittel:  Je aggressiver das Flussmittel ist, desto höher die Lötspitzenabnutzung. Dem Entwicklungsteam der Almit-Forschungslabore ist es jedoch gelungen, den bleifreien Lotdraht Gummix LFM-23 S mit innovativer Eisen-/Gallium-Verbindung zu entwickeln, der die Lötspitzen schont. Diese Eisen-/Gallium-Verbindung reduziert die Oxidation und minimiert den Eisen-Abtrag an der Lötspitze. Im Vergleich zu einem herkömmlichen bleifreien Lot, zeigt das entsprechende Schliffbild nach 20.000 Lötpunkten, dass die Lötspitzen-Standzeit bei der Verwendung von LFM-23 S um ein 5-faches höher ist.

Höhere Effizienz durch blaues Laserlicht

Mittels Laserlöten können selbst kleinste Lötstellen auf Leiterplatten gelötet werden. Ob Laserlöten mit einer, sechs oder elf Laserquellen – Katrin Wolf und Nico Reinheimer zeigten mit vielen Videodarstellungen, welchen Einfluss die Laserquelle auf den Lötprozess hat. Dabei gilt es immer, folgende Probleme zu vermeiden:

  • Verbrennungen auf der Leiterplattenoberseite durch Reflexionen an der Lötstelle.
  • Verbrennungen unterhalb der Leiterplatte durch Laserstrahlen, die durch den Spalt zwischen Pin und Leiterplattenbohrung durchstrahlen.

Im Laufe der Jahre wurde daher beim Spezialmaschinenbauer ein konzeptioneller Ansatz zur Reduzierung der typischen Verbrennungen verfolgt: Statt mit einem Laserstrahl („Single Laser“ entwickelt vor 23 Jahren) wird mit sechs Laserstrahlen („SixPack“), die aus unterschiedlichen Richtungen kommen, gelötet. Damit ist die Strahlungsintensität für potenzielle Verbrennungen auf ein Sechstel reduziert. Doch damit nicht genug. Die neuste Entwicklung ist der blaue Diodenlaser XXElf Blue mit elf Laserstrahlen. Die direkte Erzeugung von je 3,6 W Laserleistung pro Laserstrahl im 450-nm-Wellenlängenbereich erhöht die Absorption und damit die Prozesseffizienz im Vergleich zu einem SixPack-Laser deutlich. In der Summe ergibt sich so eine Laserleistung zum Löten von ca. 40 Watt. Die Prozessexperten bei Wolf sehen durch den neuen blauen Laser ein großes Einsatzpotenzial nicht nur beim Löten.

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Auch für den Erfahrungsaustausch mit anderen Seminarteilnehmern blieb ausreichend Zeit. Wolf

Fehlinterpretationen von Analyseergebnissen

Eine fortschrittliche Fehleranalyse ist die Grundlage für Qualität, Zuverlässigkeit und zuverlässige Funktion elektronischer Produkte im Produktlebenszyklus. Der Vortrag von Helge Schimanski, Gruppenleiter Modul Services am Fraunhofer ISIT in Itzehoe, begann mit einer Definition der Begriffe Qualität und Zuverlässigkeit, anschließend wurden aktuelle Analyseverfahren und Inspektionskriterien vorgestellt. Auf Basis der Anforderungen an elektronische Produkte und Definition der Abnahmekriterien wurden Beispiele zerstörungsfreier und zerstörender Qualitätsbewertung aus der Praxis gezeigt. Fehler, die durch Korrosion und elektrochemische Migration, falsches Baugruppenhandling, thermischen Stress und Feuchteempfindlichkeit (MSL) zu verarbeitender Bauelemente entstehen, werden auch mit 3D-Röntgeninspektion und Zielpräparation als Mittel der Querschliffanalyse dargestellt. Hierbei wird immer wieder Ursachenforschung betrieben und es werden Wege aufgezeigt, wie sich Anlieferqualität und Fertigungsprozesse verbessern lassen, was letztendlich die Grundlage für zuverlässige Elektronik darstellt.

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Aufgeteilt in kleine Gruppen konnten die neusten Maschinen und Anlagen von Wolf besichtigt werden. Wolf

Norm erfüllt – Kunde unzufrieden

Welche Möglichkeiten und Grenzen allein die visuelle Inspektion von elektronischen Baugruppen hat, zeigte Karl Ring vom Fraunhofer EMFT, Weßling, anhand von vielen Reklamationsfällen aus seiner langjährigen Berufspraxis. Für ihn ist die visuelle Inspektion nur eine Teilbewertung, denn auch die Eignung der Baugruppe zur Zuverlässigkeit und Betriebsbeanspruchung muss beachtet werden. Zudem sollte sich die visuelle Inspektion nicht nur auf die Lötstellen beschränken. Er empfiehlt, sich mehr nach den Standard J-STD-001 und IPC-6012 zu richten als nach IPC-A-610 und IPC-6012. Eine Spezifizierung der Bauteilqualität würde Karl Ring auch begrüßen.

Die Branche tauscht sich aus

Ergänzt wurde das durchweg kurzweilige Vortragsprogramm durch die Besichtigung von Vorführmaschinen und Anlagen im Aufbau sowie das informelle Gespräch mit Branchenkollegen.

Petra Gottwald

Chefredakteurin Productronic

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Wolf Produktionssysteme GmbH & Co. KG

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