Digitale Zwillinge sollen in dem Konzept Industrie 4.0 eine wichtige Rolle spielen. So formuliert das Digital Twin Consortium: „Als Methode bietet der digitale Zwilling vor allem Unternehmen der Infrastruktur-, Rohstoff-, Fertigungs- und Luft- und Raumfahrtindustrie die Chance, ihre Produkte schneller und robuster zu entwickeln, optimal zu steuern und Ausfallzeiten zu minimieren sowie Konzepte zu testen.“ Um diese Technologie voranzutreiben, haben sich die Unternehmen Ansys, Microsoft, Dell und Lendleas zusammengeschlossen und das Digital Twin Consortium gegründet. Damit wollen sie „Einfluss auf die Entwicklung, Nutzung und Standards für digitale Zwillinge“ nehmen und „physikbasierte digitale Zwillinge über alle Branchen hinweg schneller im Markt etablieren“. Als Branchen namentlich genannt werden auf der Homepage beispielsweise Infrastruktur, Bergbau und die Fertigung aber auch Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigung, also ein militärischer Einsatz.
Physikbasierte digitale Zwillinge, also virtuelle Modelle eines Prozesses, einer Anlage oder Dienstleistung, die eine Datenanalyse und Systemüberwachung durch Simulation ermöglichen, seinen für Betreiber von unschätzbarem Wert. Sie würden dabei helfen, den Wartungsbedarf sowie die Nachhaltigkeit, Effizienz und Leistung zu überwachen und so Erkenntnisse für den optimalen Betrieb zu gewinnen. Allerdings erschwere ein Mangel an gemeinsamen Standards und einer Terminologie vielen Unternehmen die Einführung digitaler Zwillinge in der Industrie.
Digitale Zwillinge von Ansys
Einheitliche Terminologie vereinfacht Einführung digitaler Zwillinge
Warum Digitale Zwillinge zum Mainstream werden
Digitale Zwillinge haben offensichtliche Vorteile. Warum also gibt es bisher so wenige? Die Antwort: zu teuer und kompliziert. Doch das muss nicht sein.
Eine führende Rolle bei der Definition von Standards für digitale Zwillinge will Ansys einnehmen. Als Gründungsmitglied des Konsortiums will es maßgeblich an der Schaffung einer einheitlichen Terminologie zur Vereinfachung der Einführung digitaler Zwillinge beteiligt sein. Dies soll dazu beitragen, die Technologie für digitale Zwillinge branchenübergreifend zu schneller etablieren. „Wir freuen uns auf die enge Zusammenarbeit mit Microsoft, Dell und Lendlease, um Best Pactices, Standards und Architekturen in diesem Bereich aufeinander abzustimmen und Kunden den Weg zu ebnen, die Produktzuverlässigkeit zu verbessern, die Markteinführungsgeschwindigkeit zu erhöhen, den Bedarf an physischen Tests zu reduzieren und das Produktdesign zu verbessern“, sagt Dr. Richard Soley, Executive Director des Digital Twin Consortiums.
Was ist mit Siemens & Co.?
Natürlich sind die Mitglieder des Digital Twin Consortiums nicht die einzigen, die das Potenzial der digitalen Zwillinge ausschöpfen wollen. Dabei sind vor allem der Branchenprimus Siemens zu nennen, der sich durch Zukäufe und ein eigenes Elektro-CAD dem Thema widmet. Auch andere Automatisierungsschwergewichte haben Geld in die Hand genommen, um sich Know-How einzukaufen. (Warum Rockwell und Schneider Electric Milliarden in den digitalen Zwilling investieren.) Bisher taucht keiner dieser 3 großen in der Mitgliederliste des Digital Twin Consortiums auf, wobei sich das noch ändern könnte.
Update vom 24.09.2020: Siemens und Schneider Electric sind Gründungsmitglieder der Industraiel Digital Twin Association. Diese wurde vom VDMA und dem ZVEI sowie weiteren nahmhaften Unternehmen gegründet, um die Entwicklung des digitalen Zwillings in der Industrie voranzutreiben.
Auch eine Kryptowährung ist an Bord
Neben den vier Gründungsmitgliedern Ansys, Microsoft, Dell und Lendlease gehören zum Konsortium: Air Force Research Lab (US), Bentley Systems, Executive Development, Gafcon, Geminus.AI, Idun Real Estate Solutions AB, imec, IOTA Foundation, IoTIFY, Luno UAB, New South Wales Government, Ricardo, Willow Technology und WSC Technology.
Mit der IOTA-Stiftung befindet sich also eine Kryptowährung in dem Konsortium. Diese ist auf eine sichere Kommunikation und Zahlung zwischen zwei Maschinen im Rahmen des Internet der Dinge ausgerichtet. Unter anderem arbeitet die Foundation mit dem Kabelproduzent NKT, Bosch, der Deutschen Telekom und VW an Anwendungen.
We look forward to collaborating closely with @ObjectMgmtGroup & other leading companies in the Digital Twin Consortium to accelerate the use of #digitaltwin technology across different industries. https://t.co/wKRrHMvCM1#IOTA
— IOTA (@iotatoken) May 19, 2020
wie entsteht ein digitaler Zwilling?
Im klassischen Prozess – also vor der Möglichkeit einer virtuellen Inbetriebnahme – nahmen Hersteller den direkten Weg über Entwicklung über Montage, Inbetriebnahme und Produktion beim Betreiber. Aber oftmals mit fatalen Folgen: Ohne die Möglichkeit, virtuell die Konzepte zu testen, kamen erst mit der realen Inbetriebnahme Fehlplanungen, Ungereimtheiten oder notwendige Änderungen zum Vorschein. Und es kostet viel Zeit und Geld, an einer fertiggestellten Maschine Änderungen vorzunehmen. Daher können Unternehmen heutzutage auf das Absichern aller Entwicklungsschritte und später der realen Maschine für Unternehmen kaum noch verzichten.
Möglich macht das die virtuelle Inbetriebnahme, mit der sich durch einen Digital Prototyp diese Risiken minimieren lassen – wenn nicht gar ausschließen. Denn: die virtuelle Inbetriebnahme kann so oft wiederholt werden, bis alles nach den eigenen Wünschen funktioniert. Erst dann wird die Maschine gebaut. Der sogenannte Gefahrenübergang verschiebt sich im Laufe des Prozesses immer weiter nach vorne. Und die damit lauernden Unwägbarkeiten werden im Vergleich zum klassischen Prozess immer kleiner.
Doch wie entsteht der digitale Zwilling überhaupt? Machineering teilt den Lebenszyklus des digitalen Zwillings in drei Phasen ein:
- Design- und Herstellungsphase: Hier geht es darum, Konzepte zu testen, zu modifizieren und zu optimieren. Die Basis des digitalen Zwillings auf Maschinenebene bildet ein Simulationsmodell, dem alle Eigenschaften und Funktionen des geplanten Produkts zugewiesen sind – vom Material über die Sensorik bis hin zur Bewegung und Dynamik der realen Maschine. So kann unter nahezu Realbedingungen der digitale Prototyp entstehen – die Basis für ein ganzheitliches Engineering (Continuous Commissioning).
- Operative Phase: Wenn die reale Maschine in Betrieb genommen ist, steht der „echte“ digitale Zwilling zur Verfügung. Während des Entwicklungsprozesses mit allen relevanten Daten gefüttert, kann dieser mit der realen Inbetriebnahme die Messungen und Überwachung im laufenden Betrieb übernehmen. Nachbesserungen und Modifizierungen sind umsetzbar.
- Erweiterung der Maschine: Die Erkenntnisse, die aus dem Betrieb des digitalen Zwillings gewonnen werden, fließen in die Weiterentwicklung ein. Das Simulationsmodell steht dabei beim Maschinenbauer zur Verfügung, um alle geplanten Erweiterungen vorab sicher durchzuspielen.
Dr. Martin Large
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