Der Sensor auf Magnetfeld-Basis lässt sich auf menschliche Haut auftragen und ermöglicht intuitivere und natürlichere Interaktionen in Umgebungen der virtuellen oder erweiterten Realität. Bisher sind Versuche, berührungslose und Funktionen mit direktem Kontakt in einem Sensor zu vereinen, an den sich überschneidenden Signalen der verschiedenen Stimuli gescheitert. Dem Forscherteam um Dr. Denys Makarow vom Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) und Prof. Martin Kaltenbrunner am Soft Electronics Laboratory der Universität Linz ist es gelungen, ein elektronisches Gegenstück zur menschlichen Haut herzustellen. Bisherige Systeme funktionieren nur, indem sie tatsächliche Berührungen registrieren oder indem sie Objekte über technische Mittel berührungslos verfolgen. Beide Interaktionswege sind nun zum ersten Mal auf dem m-MEMS-Sensor (magnetisches mikroelektromechanisches System) vereint.
„Unser Sensor verarbeitet die elektrischen Signale der berührungslosen und der taktilen Interaktionen in unterschiedlichen Regionen“, erläutert Dr. Jin Ge vom HZDR, Erstautor der im Journal Nature Communications veröffentlichten Studie. Dadurch könne der Sensor den Ursprung der Reize in Echtzeit unterscheiden und störende Einflüsse von anderen Quellen ausblenden. Auf einer dünnen Polymer-Folie wurde zunächst ein auf dem GMR-Effekt (Giant Magneto Resistance) basierender Magnetsensor angebracht. Diese Folie verschließt ein Loch, das genau in der Mitte einer zweiten Silizium-basierten Polymerschicht (Polydemethylsiloxan) liegt. In diese Aussparung fügten die Forscher einen Permanentmagneten ein, aus dessen Oberfläche weiche, pyramidenartige Spitzen herausragen. Der Sensor bleibt dadurch äußerst flexibel und passt sich an alle Umgebungen an. Er lässt sich so beispielsweise auch auf der Fingerspitze platzieren.
Gänseblümchen als Testobjekt
Genau auf diese Weise haben die Forscher ihrer Entwicklung getestet, beschreibt Jin Ge: „Wir haben auf das Blatt eines Gänseblümchens einen Permanentmagneten angebracht, dessen Feld in die entgegengesetzte Richtung zu den in unserer Plattform eingebauten Magneten zeigt.“ Wenn sich der Finger nun diesem externen Magnetfeld nähert, sinkt der elektrische Widerstand des GMR-Sensors – und zwar bis der Finger tatsächlich das Blatt berührt. In diesem Moment steigt er schlagartig an.
Auf diese Weise kann die m-MEMS-Plattform sofort eindeutig den Wechsel von der berührungslosen zur taktilen Interaktion registrieren. So lassen sich mit dem Sensor sowohl physische, als auch virtuelle Objekte gezielt steuern, wie ein Experiment zeigt: Auf eine mit einem Permanentmagneten versehene Glasplatte wurden virtuelle Knöpfe projiziert, die reale Bedingungen, zum Beispiel die Raumtemperatur oder die Helligkeit, manipulieren. Durch das Zusammenspiel mit dem Magneten und mit der elektronischen Haut auf einem Modellfinger ließen sich ohne Berührung zunächst die virtuellen Funktionen auswählen. Sobald der Finger die Platte berührte, sprang die m-MEMS-Plattform automatisch auf den taktilen Modus um. Damit lassen sich Handlungen, die bisher mehrere Interaktionen erforderten, auf nur einen „Klick“ statt „Klick, Klick, Klick“ reduzieren.
(na)