SPE System Allianz Mitglieder

(Bild: SPE System Allianz)

Logo SPE System Allianz

Unter diesem Logo vereinigen sich die Mitglieder der SPE System Allianz. (Bild: SPE System Allianz)

Das Thema Single Pair Ethernet, kurz SPE, gehört zu den größten Trends in der Automatisierung. Kurz gesagt, soll über ein Kabel mit nur einem verdrillten Adernpaar die Durchgängigkeit von Ethernet von der Feldebene bis in die Cloud möglich sein. Ein Problem dabei: Um das „richtige“ Steckgesicht, das sich im Markt durchsetzen wird, ist eine Situation zwischen zwei Lagern entbrannt, bei der manche Protagonisten gar von einem Steckerkrieg sprechen. (Zur Situation der Normierung von SPE)

Auf der einen Seite steht das vor der SPS 2019 gegründete SPE Industrial Partner Network rund um die Firmen Harting, TE Connectivity, Escha und viele weitere mehr. Dem gegenüber steht eine bis Anfang März noch namenlose Normungs-Allianz, die von den Unternehmen Phoenix Contact, Weidmüller Interface, Reichle & Massari (R&M), Belden (Hirschmann) sowie Fluke Networks vor der Hannover Messe 2019 gegründet wurde.

was ist die Single-Pair-Ethernet-Technologie (SPE)?

Durch die SPE-Technologie wird neben der Datenübertragung per Ethernet auch eine gleichzeitige Spannungsversorgung von Endgeräten via PoDL – Power over Data Line – ermöglicht. Anstatt der bisher benötigten zwei Doppeladern für Fast Ethernet (100 MB) beziehungsweise vier Doppeladern für Gigabit Ethernet, benötigt Single Pair Ethernet (SPE) für die Übertragung nur noch ein Paar Kupferadern. SPE bietet so neue Möglichkeiten und Einsatzfelder für das Industrial Ethernet im industriellen Umfeld. In der Praxis erlaubt SPE die barrierefreie Anbindung von Geräten, insbesondere Sensor/Aktortechnik mittels durchgängiger TCP/IP-basierter Kommunikation bis in die Feldebene. SPE liefert den entscheidenden Vorteil zu Bussystemen oder analogen Strom- und Spannungsschnittstellen, wie sie heute noch in der Feldebene vorzufinden sind. Der Einsatz von SPS-Technologie unterstützt die Umsetzung von Integrated Industry und IIOT.

Homepage der SPE System Alliance ist online

Seit dem 20.4 gibt es auch offizielle Informationen zur SPE System Alliance, so der Name des Konsortiums. Unter der Homepage singlepairethernet.com stellen sich die Mitglieder vor. Zu den Gründungsmitgliedern von 2019 neu dazugekommen sind: Telegärtner, Rosenberger, Datwyler, Kyland, ORing, University4Industry, Microchip, Draka Comteq und Sick. Doch auch ein Abgang ist zu verzeichnen, denn Hirschmann ist dem SPE Partner Netzwerk beigetreten. (Lesen Sie hier, wie Dr. Oliver Kleineberg, CTO Hirschmann Automation and Control, diesen Schritt begründet: „Einen ‚Steckerkrieg‘ kann sich der Markt nicht leisten“)

 

Das Netzwerk dient laut eigener Aussage der Zusammenarbeit an technologischen Herausforderungen bei der Umsetzung von SPE in IIoT-Anwendungen. Die Unternehmen hätten das Ziel, den eigenen Know-how-Aufbau für die SPE-Technologie zu beschleunigen und darüber eine schnellere und zuverlässigere Implementierung in ihre Produkte zu ermöglichen. Durch die Ausrichtung zu einer branchen- und applikationsübergreifende Austauschplattform kommen Unternehmen aus allen zukünftigen SPE-Ecosystemen zusammen. Der Blick sei dabei nicht auf Einzelaspekte wie die Anschlusstechnik fokussiert. Es geht um Fragenstellungen und Herausforderungen, die im Zusammenhang mit SPE bei vielen Marktteilnehmern nach wie vor bestehen. Die Mitglieder arbeiten bereits in ersten Subcommunities zusammen, unter anderem in den Bereichen der Anschlusstechnik, Normung, SPE-Use-Case-Beschreibung oder auch für Kabellösungen.

Single Pair Ethernet in allen Lebenslagen

Bei den möglichen Anwendungsgebieten für SPE hat die Technologiepartnerschaft aus dem Vollen geschöpft. Von Single Pair Ethernet im Bereich Automotive über die Gebäudeautomation und Prozessautomation bis hin zur Anschlusstechnik in der Fabrikautomation. Überall dort gibt es Szenarien, in denen die Vorteile von SPE zum Tragen kommen sollen.

So soll bei industriellen Anwendungen eine durchgängige IP-Kommunikation von der Feld- bis in die Unternehmensebene ermöglichen und damit die Umsetzung von Industrie 4.0 in Form des Industrial Internet of Things (IIoT) vereinfachen. Beispielsweise wollen Phoenix Contact, Weidmüller, Reichle & De Massari, Rosenberger und Telegärtner kompakte Geräte- und Kabelsteckverbinder nach den normierten und kompatiblen Schnittstellen nach IEC 63171-2 (IP20) und IEC 63171-5 (IP67) entwickeln. Das Steckgesicht lässt sich in marktgängige und normierte Steckervarianten (M8/M12) integrieren. Ein Feature, das laut Weidmüller ein Grund dafür war, dass sich mit Sick ein großer Sensorhersteller für die Allianz entschieden hat.

Speziell im Bereich der Sensorik soll die mit SPE einhergehende Miniaturisierung der Anschlusstechnik dazu führen, dass auch kleinere und kompakte Sensoren an Ethernet-Netzwerke angeschlossen werden können. Ein weiterer Vorteil ergibt sich durch die Kombination von SPE mit der Energieeinspeisung über die Datenleitungen (Power over Data Line – PoDL). Zusätzlichen Steckverbindungen zur Spannungsversorgung sollen hierbei entfallen.

Zwei Standards, ein Standard, kein Standard?

Am Ende favorisieren also zwei Interessensgruppen unterschiedliche, inkompatible Stecker – mal wieder. Sicher werden auch die großen Benutzerorganisationen das Zünglein an der Waage sein, wenn es an die Entscheidung geht, welcher SPE-Steckverbinder sich für die Ethernet-basierte Kommunikation durchsetzen wird. (Karsten Schneider, Vorstandsvorsitzender von Profinet & Profibus International, bezieht Stellung: „Es darf nur einen Stecker geben“). An diesem Punkt waren sich bisher Vertreter beider Gruppen einig: Single Pair Ethernet hat nur eine Chance, wenn sich der Markt auf ein Steckgesicht einigt. Natürlich jeweils mit der Hoffnung, dass es das ihre wird, dass das Rennen gewinnt.

Wie alles begann – die aktuellen IEEE802.3 Standards

Ausgangspunkt für die Entwicklung von SPE ist der BroadR-Reach Standard, der von der Broadcom Corporation entwickelt wurde. Nachdem die Automobilindustrie auf der Suche nach einem Nachfolger für den CAN-Bus dieses TCP/IP-basierte Übertragungsverfahren identifiziert hatte, wurde der erste SPE-Standard von der IEEE 802.3 als Standard 100BASE-T1 in IEEE 802.3bw-2015 Clause 96 veröffentlicht. Technologien wie teilautonomes Fahren erfordern jedoch noch höhere Datenraten. Und so folgte dem SPE-Standard für 100 Mbit/s recht schnell auch die Gigabit-Variante (IEEE 802.3bp 1000BASE-T1), die bereits 1 GBit/s unterstützt. Ende 2019 wurde der IEEE 802.3cg Standard verabschiedet, der Übertragungsraten von bis zu 10 Mbit/s über maximal 1 000 m Distanz ermöglicht. Speziell dieser Standard hat für viele Bereiche der Industrie besondere Relevanz, da sich mit diesen Eckdaten nahezu alle Feldbusse durch SPE ersetzen lassen. Aktuell arbeitet die IEEE an einem weiteren Standard für Datenraten bis 10 Gbit/s (IEEE 802.3ch), der für hochauflösende Sensoren und Videoübertragungen benötigt wird.

Dr. Martin Large

Redakteur IEE

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Unternehmen

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Flachsmarktstraße 8
32825 Blomberg
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Rosenberger Hochfrequenztechnik GmbH & Co. KG

Hauptstraße 1
83413 Fridolfing
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SICK AG

Erwin-Sick-Straße 1
79183 Waldkirch
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Telegärtner Karl Gärtner GmbH

Lerchenstr. 35
71144 Steinenbronn
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Weidmüller GmbH & Co. KG

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32758 Detmold
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