
Die gebündelte Expertise des Freudenberg Inkubator-Teams unterstützt bei der Entwicklung von Radarsensorik für Fahrzeugsysteme. (Bild: Freudenberg Sealing Technologies)
Sensoren bilden den Kern aller Sicherheits- und Fahrassistenzsysteme im Automobilbereich. Zu den aktuellen State-of-the-Art-Technologien zählen der Abstandsregelautomat ACC (Adaptive Cruise Control), die Spurenhalte- und -wechsel-Assistenten, die Ein- und Ausparkassistenz sowie der Notbremsassistent. Viele dieser Systeme greifen auf Radarsensoren zurück. Um zentrale Herausforderungen bei der Radarentwicklung zu lösen, hat die Geschäftsgruppe Freudenberg unter Leitung von Freudenberg Sealing Technologies den Inkubator Waveguide Antennas ins Leben gerufen.
Wer regelt den Einsatz vollautomatisierter Fahrzeuge?
Anzahl und Verlässlichkeit der eingesetzten Sensorik definieren das Leistungsniveau eines Fahrzeugs. Aktuell sind bereits teilautomatisierte und bedingt automatisierte Level-2- und -3-Fahrzeuge auf unseren Straßen unterwegs. Bei Level 1 und 2 liegt die Verantwortung für das Fahren beim Fahrer. Das ändert sich bei den Level 3, 4 und 5 – dem bedingt automatisierten, vollautomatisierten und autonomen Fahren. Sobald ein Level-3-Pilot aktiviert wird, gibt der Fahrer die Verantwortung für das Fahrzeug ab und die Haftung geht auf den Hersteller über. In diesem Bereich der Mobilität auf Rädern hat sich die Gesetzgebung 2022 auf nationaler und internationaler Ebene weiterentwickelt. In Deutschland gilt die Autonome-Fahrzeuge-Genehmigungs-und-Betriebsverordnung (AFGBV), die kontinuierlich an technologische Herausforderungen und Verfügbarkeiten angepasst wird. Auch auf EU-Ebene werden inzwischen Typgenehmigungen des automatisierten Fahrsystems (ADS) vollautomatisierter Fahrzeuge erteilt. Hier greift die Durchführungsverordnung (EU) 2022/1426. Für die benötigte Sensorik entsteht ein lukrativer Wachstumsmarkt.
Hohlleiterantennen als Herzstück der Radarsensorik
Um eine hochpräzise Distanz- und Lagemessung sowie Klassifizierung von Objekten durchführen zu können, die sich relativ zueinander bewegen, sendet ein Radarsensor ein elektromagnetisches Signal aus, das in einem kleinen Bereich (der Bandbreite) variiert. Sobald ein Objekt das ausgesandte Signal reflektiert und wieder empfängt, kann die Sensorik unter anderem die Distanz und Geschwindigkeit des erfassten Objekts bestimmen. Tier1-Unternehmen in der Automobil-Zulieferindustrie arbeiten deshalb an neuen Radaren mit Hohlleiterantennen (Waveguide Antennas). Denn um eine möglichst gute Auflösung und Reichweite zu erzielen, ist es besonders wichtig, die Signalverluste innerhalb der Antennenstruktur gering zu halten.
Für das automatisierte und autonome Fahren müssen alle Sensoren zuverlässige und hochgenaue Ergebnisse in der Objekterkennung liefern. Jedoch gibt es europaweit derzeit keine einheitlichen und standardisierten Ansätze für eine Validierung und Kalibrierung von Sensoren und Verarbeitungsketten. Deshalb arbeitet das Team von Freudenberg seit einigen Monaten gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Forschung am Verbundprojekt RepliCar – „Referenzsensorik zur hochpräzisen Sensorvalidierung für das automatisierte Fahren“.
Große Antennen aus günstigen Modulen
Gemeinsam mit dem Karlsruher Institut für Technologie und der Hochschule Offenburg entwickelt Freudenberg einen modularen Designansatz, um sehr große, hochauflösende Antennen aus kleineren, per Spritzguss herstellbaren Antennenmodulen aufzubauen. In die Praxis übertragen lassen sich so hochauflösende Antennen-Arrays aus kleineren, kostengünstig produzierten Gleichteilen aufbauen – ein wichtiger Baustein im künftigen Portfolio des Inkubators.
Ein Kunststoffbauteil mit feinen, wellenleitenden Strukturen wird im Spritzgussverfahren hergestellt und für die benötigte elektrische Leitfähigkeit metallisiert. Innerhalb kurzer Zeit ließ sich ein ideal abgestimmtes Spritzgussmaterial identifizieren. In der anschließenden Metallisierung liegt eine weitere verfahrenstechnische Herausforderung, für die das Team eine wettbewerbsfähige Lösung entwickelt hat.
Zielmarkt Automotive Tier1
Freudenberg Sealing Technologies bietet zwei Leistungsspektren für die Entwicklung der Antennenmodule an: Bei Aufträgen, die den Entwurf der kompletten Antennenmodul-Hardware und Sensorintegration beinhalten, setzt das Entwicklerteam auf dem Routing der Waveguide-Kanäle und dem kundenspezifischen Design der Strahler auf. Mit Blick auf die spätere Umsetzbarkeit in der Großserienfertigung berücksichtigt das Unternehmen qualifizierte Entwicklungsstände beim Gestalten des Antennendesigns. Zudem profitieren die Auftraggeber von Simulationsmöglichkeiten hinsichtlich des späteren Betriebsverhaltens.
Tier1-Kunden mit eigener Antennenentwicklung bringen hingegen bereits ein eigenes Produktdesign mit und nutzen die Beratungskompetenz des Inkubator-Teams. Basierend auf dem Werkstoff- und Prozess-Knowhow von Freudenberg lässt sich auch die Prototypenfertigung in der Zieltechnologie für die spätere Serienproduktion umsetzen.