Bild 2: Die EVAL-ADXL362-ARDZ

Bild 2: Die Eval-ADXL362-ARDZ (Bild: Mouser)

Die Geburtsstunde mikroelektromechanischer Systeme (MEMS) liegt schon Jahrzehnte zurück, doch einige Experten gehen davon aus, dass das Potenzial dieser winzigen Bauteile bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Die Integration von elektrischen Schaltungen und mechanischen Strukturen auf einem einzigen Substrat, dessen Größe sich im Mikrometerbereich bewegt, liefert die Basistechnologie für die meisten Wearables und ist für viele Smartphone-Funktionen unerlässlich.

Eckdaten

In der Medizin messen Sensoren unter anderem Druck, Trägheit oder auch Beschleunigung. Mit der MEMS-Technologie lassen diese sich auch in den Körper des Patienten implementieren, wo sie etwa Stürze oder den Blutdruck erfassen. Außerdem können Drucksensoren auch noch andere Parameter erfassen. In der Medizin kann das sowohl den Patienten als auch dem Pflegepersonal das Leben erleichtern.

MEMS haben auch auf die Entwicklung in der Biotechnologie weitreichende Auswirkungen, da sie Wissenschaftlern die Möglichkeit bieten, biologische und chemische Verbindungen im Körper sowie dessen viele komplexe Subsysteme zu erforschen und zu beeinflussen. Dies kann in Zukunft neue Möglichkeiten im Bezug auf die Diagnose und Verhütung von Krankheiten sowie chronischen Erkrankungen eröffnen. Derzeit wird der Einsatz von MEMS-Technologie in Nervenprothesen erforscht, wodurch Menschen mit Sehbehinderung ihr Augenlicht zurückerlangen oder körperlich behinderte Personen ein wenig an Mobilität zurückgewinnen könnten.

MEMS sind im Bereich der medizinischen Diagnostik und des Gesundheitswesens eine revolutionäre Innovation und kommen bereits erfolgreich in Drucksensoren zum Einsatz. Heute können Ärzte MEMS-basierende Drucksensoren, die per Funk kommunizieren, in den Körper implantieren und wichtige Erkenntnisse zum Zustand der Organe und Arterien gewinnen. Die jüngsten Fortschritte bezüglich der Häusung von MEMS waren hier ganz entscheidend.

Bild 1: Der ADXL362 von Analog Devices ist ein dreiachsiger Beschleunigungsmesser mit ultraniedrigem Energieverbrauch, der sich ideal für Gesundheitsanwendungen eignet.

Bild 1: Der ADXL362 von Analog Devices ist ein Drei-Achsen-Beschleunigungsmesser mit ultraniedrigem Energieverbrauch, der sich ideal für Gesundheitsanwendungen eignet. Mouser

Doch nicht nur für die Implantation in den Körper ist der kleine, unauffällige Formfaktor von MEMS-Drucksensoren von großem Vorteil, sondern auch beim Einsatz in Geräten: Er ermöglicht kleinere Abmessungen und sorgt damit für eine bessere Tragbarkeit der Geräte. Da außerdem die Kosten relativ niedrig sind, wird die Umsetzbarkeit von Einwegsensoren wahrscheinlicher. Diese könnten unter anderem in Blutdruckmess- und Beatmungsgeräten für Patienten in Krankenhäusern und Notaufnahmen Verwendung finden. Auch in Dialysemaschinen und Infusionspumpen sind sie verwendbar.

Die Integration von MEMS-Trägheitssensoren in Verbraucherelektronik beeinflusst auch die Art und Weise, wie Pflegedienstleister Patienten mit erhöhtem Sturzrisiko versorgen können: Die Bewegungen der Patienten lassen sich so überwachen und die Pflegekräfte erhalten frühzeitig eine Warnung, wenn erhöhte Aufmerksamkeit gefragt ist. Auch bei der Behandlung von Skoliose greifen Mediziner jetzt auf diese Technologie zurück. Hierbei wird gemessen, wie oft und wie enganliegend Patienten Korsette tragen, um Hindernisse für gesundheitliche Fortschritte auszuräumen.

Ein Körper in Bewegung

Bild 2: Die EVAL-ADXL362-ARDZ

Bild 2: Die Eval-ADXL362-ARDZ Mouser

Viele Hersteller sind bereits gut für die Entwicklung und Produktion von MEMS-Sensoren aufgestellt, da deren Produktion ähnlich der herkömmlicher Halbleiter ist. Auf der Medical MEMS and Sensors Conference 2017 in Santa Clara, Kalifornien, hielt Mark da Silva, Ph.D., der leitende Ingenieur im Bereich Hochleistungssensoren bei Analog Devices, eine Präsentation mit dem Titel „Ultra Low Power Implantable Inertial MEMS Sensors“ (zu Deutsch etwa: Implantierbare MEMS-Trägheitssensoren mit ultraniedrigem Energieverbrauch). Darin erläuterte er, in welche Richtung Halbleiterhersteller sich bewegen. Implantierbare MEMS-Trägheitssensoren könnten beispielsweise die Bewegung von Extremitäten in Echtzeit überwachen; ähnliche Sensoren hingegen ließen sich in den Rücken einpflanzen, um das Rückenmark zu stimulieren und so eine Schmerzlinderung zu erzielen.

MEMS-Beschleunigungsmesser mit niedrigem Energieverbrauch wie die der ADXL362-Baureihe von Analog Devices sind bereits auf dem Markt verfügbar und kommen in vielen verschiedenen Bereichen zum Einsatz, unter anderem in Hörgeräten oder Geräten für die häusliche Pflege. Diese dreiachsigen Beschleunigungsmesser erfassen sowohl dynamische als auch statische Beschleunigungen und verbrauchen nur 10 nA im Ruhemodus beziehungsweise 270 nA im bewegungsgesteuerten Aktivmodus. Da diese Sensoren im Gegensatz zu einigen anderen MEMS-Sensoren nicht auf Unterabtastung setzen, erfolgt die Abtastung bei einer Ausgangsauflösung von 8 und 12 Bit über die gesamte Bandbreite des Sensors. Diese Auflösung kann 1 mg/LSB im Bereich ±2 g betragen. Das standardmäßige Rauschniveau liegt bei dieser Produktfamilie bei 500 μg/√Hz, jedoch gibt es auch einen Modus für reduziertes Rauschen, mit dem sich dieser Wert auf 175 μg/√Hz reduzieren lässt. Wie in Bild 1 ersichtlich verfügt der ADXL362 auch über Antialiasing-Filter, einen Temperatursensor, einen Analog-Digital-Wandler (ADC), eine SPI und digitale Logik.

Alle Funktionen des ADXL362 lassen sich mithilfe der Arduino-kompatiblen Eval-ADXL362-ARDZ-Abschirmung evaluieren, die über einen LC-Bildschirm verfügt, der die erfassten Sensordaten wie etwa Neigung oder Temperatur anzeigt.

Beim ICM-20948 von TDK Invensense handelt sich um ein Trackingmodul mit Neun-Achsen-Bewegungserkennung, bei dem ein Drei-Achsen-Gyroskop, ein Drei-Achsen-Beschleunigungssensor, ein Drei-Achsen-Kompass und ein Digital Motion Processor (DMP) in einem Multi-Chip-Modul mit den Maßen 3 × 3 × 1 mm³ integriert sind. Jeder Sensor verfügt über einen Selbsttestmodus und der integrierte Bewegungsprozessor kümmert sich um die Kalibrierung und die Algorithmen zur Bewegungsverarbeitung, was den Host-Prozessor entlastet.

Unter Druck

Bild 3: Ein Blockdiagramm zum MEMS-Multi-Chip-Modul ICM-20948 mit Neun-Achsen-Bewegungserkennung

Bild 3: Ein Blockdiagramm zum MEMS-Multi-Chip-Modul ICM-20948 mit Neun-Achsen-Bewegungserkennung Mouser

Wie oben erwähnt finden MEMS im Medizinbereich vor allem in Drucksensoren Anwendung. So kommen sie beispielsweise häufig in Beatmungsgeräten zur Überwachung der Atemfrequenz, in Dialysegeräten zur Messung und Regulation des Blutdrucks oder auch in der Augenchirurgie zum Einsatz. MEMS-Drucksensoren können etwa die Sauerstoff-, Kohlenstoffdioxid-, Calcium-, Kalium- und Glukosewerte im Blut erfassen und in Infusionspumpen für die richtigen Druckwerte sorgen. Zudem sind sie unerlässlich für CPAP-Beatmungsgeräte zur Behandlung des Schlafapnoe-Syndroms und für die Vakuumtherapie zur Wundheilung.

Bei der nicht invasiven Blutdrucküberwachung misst das System mit der weithin bekannten Blutdruckmanschette den systolischen und diastolischen Blutdruck. Die Manschette übt Druck auf den Arm aus und drückt die Arterie kontrolliert ab, bis der Blutfluss zum Erliegen kommt. Anschließend fällt der Druck kontrolliert ab, bis der Blutfluss wieder beginnt, was normalerweise mit einem Stethoskop hörbar ist – dadurch erhält man den systolischen Wert. Nimmt der Druck in der Manschette wieder ab, ist der Blutfluss in der Arterie für den Arzt nicht mehr hörbar – jetzt ist der diastolische Druck erreicht. Mithilfe von MEMS-basierenden Sensoren lässt sich die nicht invasive Blutdrucküberwachung weitgehend automatisieren. Am Volumen gemessen ist dies einer der größten Einsatzbereiche für MEMS-Drucksensoren.

Silicon Microstructures ist führend in der Entwicklung und Herstellung von MEMS-Drucksensoren und liefert mit dem SM4421 ein gutes Beispiel für einen Drucksensor, der in diesem Bereich zum Einsatz kommt. In einem SOIC-16-Gehäuse sind ein MEMS-Sensorelement sowie ein ASIC-Chip für Signalkonditionierung untergebracht, um über eine I2C-Schnittstelle einen temperaturkompensierten Output mit 14 Bit zu liefern. Die in Relativdruck-, Differenzialdruck- und asymmetrischer Konfiguration verfügbaren Geräte der SM4x21-Baureihe können in Druckbereichen von 0,17 bis 1,03 bar arbeiten und in diversen medizinischen Anwendungsbereichen eingesetzt werden.

Die Zukunft von MEMS in der Medizintechnik

MEMS haben das Potenzial, verschiedene Bereiche in der Medizin komplett auf den Kopf zu stellen. Das Konzept eines Lab-on-a-Chip-Systems ebnet den Weg zu einer schnellen, kostengünstigen Diagnostik an abgelegenen Orten und in Entwicklungsländern. Die Technologien der MEMS-Bauteile finden auch in der Entwicklung von Nanotechnologie Anwendung – zwei Bereiche, die eng miteinander verwandt sind. Damit werden künftig die Forschungen im Bereich der Mikrofluidik und der Mikroelektronik noch weiter verschmelzen und die Einführung neuer Materialien wie Kohlenstoffnanoröhren und Graphen eröffnet sogar noch weiteres Potenzial.

Mark Patrick

(Bild: Mouser)
Technical Marketing Manager bei Mouser

(prm)

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