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Bild 1: Leistung eines modulierten LTE-Signals über die Zeit.

Bild 1: Leistung eines modulierten LTE-Signals über die Zeit.Texas Instruments

Zur Charakterisierung von schnellen ADCs und DACs werden oft Dauerstrich-Signale eingesetzt. Dies hat mehrere Gründe. Im Fall von ADCs lassen sich Dauerstrichsignale einfacher sauber erzeugen, nämlich mit Dauerstrich-Frequenzgeneratoren und schmalbandigen Bandpassfiltern. Geht es um DACs, erweist sich die Analyse von Dauerstrichsignalen als einfacher. Außerdem liefern Dauerstrichsignale eine standardisierte Referenz, die eindeutige Vergleiche zwischen verschiedenen Bausteinen zulässt. Soweit die Testsituation. Im Praxiseinsatz dagegen werden schnelle Datenwandler durchaus zum Abtasten modulierter Signale verwendet. Somit besteht eine Diskrepanz zwischen den auf Dauerstrich-Messungen beruhenden Spezifikationen und den Anforderungen die von modulierten Signalen an das System gestellt werden.

Dauerstrich- und modulierte Signale

Zwei Unterschiede zwischen Dauerstrichsignalen und modulierten Signalen können Auswirkungen auf das Verhalten schneller Datenwandler haben. Erstens hat ein Dauerstrichsignal keine Bandbreite, da sich die Energie auf genau eine Frequenz konzentriert. Anders ist es bei einem modulierten Signal: hier verteilt sich die Energie auf einen Bereich von Frequenzen, so dass hier eine Bandbreite angegeben werden kann. Während die Verzerrung eines Dauerstrichsignals zum Entstehen von Dauerstrich-Oberschwingungen mit einer anderen Frequenz führt, sind die Folgewirkungen bei einem modulierten Signal anders. Hier lassen Verzerrungen Oberschwingungen und Intermodulationsprodukte mit einem Frequenzbereich entstehen, der größer ist als der des ursprünglichen Signals, nämlich um den Faktor 2 für die Oberschwingung zweiter Ordnung, um den Faktor 3 für die Oberschwingung dritter Ordnung und so weiter. Diese Ausbreitung der Energie bewirkt, dass die Verzerrungsprodukte in einem Band mit der gleichen Breite wie das modulierte Signal weniger Energie enthalten.

Zweitens wird bei den meisten modulierten Signalen die Amplitude moduliert (eine Ausnahme bilden nur reine Phasenmodulations-Verfahren wie die in der GSM-Technik verwendete GMSK-Modulation – Gaussian-Minimum-Shift-Keying). Infolgedessen ist die durchschnittliche Leistung geringer als die maximale Leistung. Bei einem Dauerstrichsignal gibt es dagegen nur eine konstante Leistung. Demonstriert wird dieser Unterschied in Bild 1, das für ein moduliertes LTE-Signal (Long Term Evolution) die Leistung über die Zeit zeigt. Die durchschnittliche Leistung macht ungefähr 7 % der maximalen Leistung aus und ist damit um 11 dB geringer.

Bei den meisten Bauelementen nehmen die verzerrungsbedingten Oberschwingungen mit der Signalleistung zu. Zum Beispiel wächst die Leistung der Oberschwingung dritter Ordnung um 3 dB, wenn die Signalleistung um 1 dB ansteigt. Folglich erzeugt ein Dauerstrichsignal mit maximaler Leistung erheblich mehr Verzerrungen als ein moduliertes Signal mit geringerer durchschnittlicher Leistung. Deutlich wird dies in Bild 2: die Oberschwingungen dritter Ordnung werden hier zwischen einem Dauerstrichsignal mit maximaler Leistung und einem modulierten LTE-Signal verglichen. Die Verzerrung wurde dabei mit einem einfachen Polynom modelliert:

Uout = Uin + koeff x Uin3

Dabei wurde der harmonische Verzerrungskoeffizient koeff willkürlich angesetzt, um ein hohes Verzerrungsaufkommen zu demonstrieren.

Das Dauerstrichsignal erzeugt ein Verzerrungsprodukt dritter Ordnung 42 dB unterhalb des Dauerstrichsignals. Das LTE-Signal dagegen erzeugt ein Verzerrungsprodukt dritter Ordnung 56 dB unterhalb des LTE-Signals. Die Leistung wurde in Bild 2 auf die Maximalleistung des jeweiligen Signals normalisiert.

Würde man also bei unserem theoretischen Bauelement ein Dauerstrichsignal mit maximaler Leistung verwenden, um die harmonischen Verzerrungen eines modulierten LTE-Signals abzuschätzen, so würde man diese damit um 14 dB zu hoch ansetzen.

Präziserer Dauerstrichtest

Bild 2: Harmonische Verzerrungen für Dauerstrichsignale und modulierte LTE-Signale.

Bild 2: Harmonische Verzerrungen für Dauerstrichsignale und modulierte LTE-Signale.Texas Instruments

Wie aber müsste ein präziserer Dauerstrichtest aussehen? Grundsätzlich kann der Test mit einem Dauerstrichsignal niemals die Effekte eines modulierten Signals wiedergeben, zumal die Verzerrung eines modulierten Signals von der statistischen Verteilung der Signalleistung abhängig ist. Im vorliegenden Beispiel hätte ein Dauerstrichsignal um ‑7 dB unter der Maximalleistung die gleichen harmonischen Verzerrungen dritter Ordnung erzeugt wie das LTE-Signal (siehe dazu Bild 2). Da die durchschnittliche Leistung des modulierten LTE-Signals rund 11 dB kleiner ist als die Maximal‑ oder Spitzenleistung, entspricht dies den Verhältnissen, wenn die Leistung des Dauerstrichsignals um 4 dB über der durchschnittlichen Leistung des modulierten Signals eingestellt wird.

Eine Faustregel für eine präzisere Abschätzung der Verhältnisse bei einem modulierten Signal lautet, zunächst für das modulierte Signal das Verhältnis zwischen maximaler und durchschnittlicher Leistung (Peak to Average Ratio – PAR) in dB zu bestimmen und die Leistung des Dauerstrichsignals zwei Drittel unterhalb der Maximalleistung anzusetzen. Wenn der PAR-Wert des modulierten Signals 6 dB beträgt, sollte das Dauerstrichsignal um ‑4 dB unterhalb der Maximalleistung eingestellt werden. Die harmonischen Verzerrungen sind dann relativ zur Signalleistung zu messen. Diese Regel bewährt sich bei vielen Modulationsarten wie etwa OFDM, WCDMA und QAM.

Robert Keller

ist Systems and Applications Manager, High-Speed Data Converters bei Texas Instruments/USA.

(jj)

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