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Delphi

Aktuell sind in Sachen Verkabelung Querschnitte von 0,35 mm2 Standard. Mit der neuen 0,13-mm2-Kabelgeneration will Delphi bei der Vielzahl von Signalleitungen innerhalb eines Kabelbaums für bis zu zwei Drittel weniger Bauraumbedarf sorgen – allerdings nicht allumfassend: Bei sicherheitsrelevanten Funktionen, wie der Airbag-Ansteuerung, sind dünnere Kabelquerschnitte bisher noch ausgeschlossen. Wichtiger Nebeneffekt dieser Miniaturisierung sind Gewichtsreduzierungen von bis zu 60 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Systemen. Der Einsatz von miniaturisierten platzsparenden Netzwerken hängt allerdings stark vom Vorhandensein prozesssicherer Fertigungstechniken ab – vor allem für die Abdichtung der Kabel an den Steckverbindungen.

Kleine Leitungsquerschnitte

Als Leitungslitze für die selbst entwickelte 0,13-mm2-Leitung mit dünnwandiger PVC- oder PPE-Isolierung verwendet Delphi eine Kupferlegierung, die dank des bedeutenden Magnesiumanteils einer Zugfestigkeit des Drahts von rund 750 MPa standhält. Der Widerstand beträgt circa 170 mOhm/m bei Raumtemperatur. Eine 0,13-mm2-Leitung mit dieser Kupferlegierung bietet insgesamt
vergleichbare Eigenschaften wie ein herkömmliches 0,35-mm2-Standardkabel. Die Entscheidung für den einen oder anderen Isolierwerkstoff hängt von den Kunden und vor allem vom vorgesehenen Einsatzgebiet der Fahrzeuge ab. Delphi-Fertigungsstandorte für 0,13 mm2-Kabel sind Nordamerika (mit PPE-Ummantelung) und Polen (mit PVC-Ummantelung). Das immer häufiger verwendete, hitzestabilisierte, bleifreie und für Ultraschallschweißen geeignete Isoliermaterial PVC ist von einigen Kunden schon freigegeben. Die speziell dafür weiterentwickelte Fertigungstechnologie weist deutlich mehr automatisierte Montageprozesse auf als bisher.

Gut gecrimpt spart Bauraum

Eine zentrale Rolle während des gesamten Entwicklungsprozesses nimmt der Systemgedanke ein. Deshalb haben die Ingenieure die neuartige L-Shape-Crimp-Technologie nicht nur für die 0,13-mm2-Leitung entwickelt, sondern auch für Steckverbindungen mit etwas größeren und kleineren Leitungsquerschnitten appliziert. Dies entspricht den Marktanforderungen, da manche Automobilhersteller 0,18-mm2-Leitungen bevorzugen, andere wiederum auch kleinere Querschnitte als 0,13 mm2 vorschreiben.

Diese L-Shape-Crimp-Technologie basiert auf der Idee eines
„robusten Designs“, um die Entkoppelung der mechanischen und elektrischen Crimpbereiche herbei zu führen. Der Verpressungsgrad, mit dem die Krallenflügel auf die Litzen gedrückt werden, darf einerseits keine plastische Verformung der Litzen auslösen, um eine dauerhaft mechanisch hoch belastbare Kontaktierung nicht zu gefährden. Er muss andererseits jedoch so hoch sein, dass eine gasdichte Verbindung für eine gute elektrische Verbindung entsteht. Diesen Zielkonflikt entschärft der L-Shape-Crimp. Der patentrechtlich geschützte L-Shape-Crimpprozess ermöglicht die optimale Kontaktierung von Leitungen von 0,08 mm2 bis 0,18 mm2 unter Berücksichtigung der neuesten Anforderungen für Kontaktteilsysteme.

Alles dicht, alles klar

Eine der großen Herausforderungen bei kleinen Leitungsquerschnitten liegt in der Abdichtung der Einzel- und Blockadern an den Schnittstellen zwischen Kabel und Steckern. Zu Beginn dieser Entwicklung registrierten die Ingenieure beim hausinternen Fertigungsprozess von Einzeladerdichtungen extrem kurze Werkzeug-Standzeiten. Weil der Kern im Spritzgusswerkzeug aus technischen Gründen sehr dünn sein musste, wurde er sehr frühzeitig abgeschert, so dass keine Prozesssicherheit gegeben war.

Deshalb fertigt Delphi für die Einzelader-Abdichtung keine geöffnete Silikondichtung, sondern eine geschlossene. Somit steht im Spritzgusswerkzeug kein Kern. Die letztlich gewählte Lösung sieht einen „Dichtpfropfen“ vor, der mit einer Hohlnadel durchstochen wird, durch die das Kabel geführt wird. Die Kontur des Dichtungskanals wird also vor den eigentlichen Crimpprozess geschaltet. Die Sicherheit dieses „Piercens“ der Dichtung und die Integration dieses Prozesses in den Gesamt-Fertigungsprozess ermöglichen den sicheren Einsatz der kleinen Einzelkabel-Querschnitte. Die erreichte Dichtqualität ist so hoch, dass die kleinen Kabelnetzwerke sogar für Motorraumanwendungen mit ihren rauen Umgebungsbedingungen bezüglich Lufttemperatur und -feuchte geeignet sind.
Für die Blockabdichtung arbeitet Delphi noch an einer serientauglichen Lösung. Es steht aber schon fest, dass die Kabelbündel mit einem ähnlichen Fertigungsprozess wie bei der Einzelabdichtung durch eine Blockabdichtung zum Stecker geführt werden. Der Einzelader-Abdichtprozess kann gut auf die Blockabdichtung übertragen werden.

Frontloading

Weitere Einsparpotenziale bezüglich Package und Gewicht gibt es bereits bei der Auslegung von Bordnetzen. Bei der Dimensionierung von Leitungsquerschnitten und der Auslegung der elektrischen und elektronischen Architektur unterscheidet Delphi zwei unterschiedliche Anwendungsfälle:

  • Optimierung einer vorhandenen Topologie

In diesem Fall sind bereits tatsächliche Lastfälle bekannt und durch Testergebnisse bestätigt. Hier heißt es in diesem gegebenen Rahmen Einsparpotenziale zu identifizieren, die jedoch in aller Regel hinter dem maximal möglichen Einsparungspotenzial liegen, weil eine vordefinierte Bordnetzarchitektur nur in begrenztem Maße optimierbar ist.

  • Frühzeitige Einbindung innerhalb der Entwicklung.

Bereits in der Definitionsphase der elektrischen und elektronischen Architektur werden hierbei aktiv die Funktionsvorgaben des Fahrzeugherstellers für eine bestmögliche Positionierung und Auslegung der Steuergeräte mit bestmöglicher Funktionsverteilung genutzt. Die daraus ermittelten Leitungsquerschnitte werden mit ihrem Verlauf und dem angestrebten Verbaukonzept mittels FEA simuliert. Dadurch treten eventuelle Bauraumengpässe frühzeitig zu Tage. Die Einbindung schon in einem frühen Entwicklungsstand ermöglicht maximale Einsparpotenziale bezüglich Package, Gewicht sowie Kosten und verbessert nachweislich die Qualität der Architektur.

Fertigungsgerechte Entwicklung

Die oben dargestellten Innovationen bei Leitungsquerschnitten sowie Verbindungs- und Abdichtprozessen berücksichtigen natürlich auch eine möglichst hohe Kompatibilität mit den aktuellen Fertigungsprozessen. Während der Entwicklung führten die Verantwortlichen die Expertise von verschiedenen Abteilungen zusammen, da nur ein funktionierendes Gesamtsystem (bestehend aus Leitung, Kontaktteilsystem, Dichtung und Verarbeitung) die notwendigen Qualitätsmaßstäbe erfüllt.

So wurden beispielsweise bei der Entwicklung des neuen L-Shape-Crimps die häufigsten Fertigungsfehler bei Crimpverbindungen von Anfang an berücksichtigt; letztendlich haben sie die Trennung von mechanischem und elektrischem Crimp-Bereich mit beeinflusst. Für die Nutzung von 0,13-mm2-Querschnitten in Nassbereichen musste allerdings eine Dichtungsvariante konstruiert werden, die möglichst wenig von den bekannten Prozessen abweicht, um eine prozesssichere Implementierung sicherzustellen und weiterhin die bekannten Qualitätssicherungs-Instrumente in den Kabelsatzwerken nutzen zu können. Daher wurden die handelsüblichen Seal-Applikatoren weiter entwickelt und auf den Kauf völlig neuer Maschinen verzichtet.

Ein weiterer Aspekt der fertigungsgerechten Entwicklung besteht darin, möglichst große Bestandteile des Kabelsatzes im eigenen Haus herstellen zu können, um so die eigene Wertschöpfung zu steigern. Kontinuierliche Design-Reviews während der Entwicklung stellten nicht nur die generelle Herstellbarkeit der Komponente sicher, sondern gewährleistete auch die tatsächliche finale Produktion im Kabelsatzwerk. Hierbei leistete der interne Werkzeugbau für Flüssig- und Festsilikon, Stanz-, Spritz- und Umspritztechnologien einen wertvollen Beitrag. Zuletzt durchlaufen Komponenten und Produkte vor der internen Serienfreigabe in einem Expertisenzentrum intensive Prüfungen.

Aluminium ist eine ernsthafte Alternative

Verdrahtungssystem im Automobil.

Verdrahtungssystem im Automobil.Delphi

Verdrahtungssystem im Hybridfahrzeug.

Verdrahtungssystem im Hybridfahrzeug.Delphi

Großen Forschungs- und Entwicklungsbedarf gibt es noch bei Architekturen für Hybrid- und Elektroantriebe, die in der Regel bisher noch nicht ganzheitlich betrachtet wurden. Beispielsweise fehlen noch genaue Kenntnisse über die tatsächlichen Strombelastungen, so dass Leitungsquerschnitte sicherheitshalber häufig noch überdimensioniert sind. Auch die Verbindungstechnik und Stecksysteme basieren noch auf herkömmlichen Anwendungen. Wenn hier OEMs und Zulieferer gemeinsam über die tatsächlichen Anwendungsfälle nachdenken und passgenaue miniaturisierte elektrische und elek-tronische Architekturen entwickeln, können sie noch beträchtliche Package- und Gewichtspotenziale erschließen. Die Zukunft gehört – besonders bei HV-Leitungen – dem Aluminium-Kabel.

Aluminiumkabel sind bis zu 48 Prozent leichter als Kupferkabel.

Aluminiumkabel sind bis zu 48 Prozent leichter als Kupferkabel.Delphi

Ein Aspekt, der für Aluminium spricht, ist das im Vergleich zu Kupfer geringe Gewicht, aber auch die Verfügbarkeit spricht für das Leichtmetall, da die Nachfrage nach Kupfer rasant ansteigt. Delphi arbeitet derzeit intensiv daran, sowohl im Nass- als auch im Trockenbereich Kupfer durch Aluminium zu ersetzen. Gemeinsam mit einem japanischen Autohersteller wurde bereits eine Lösung gefunden, Alu auch im Nassbereich einzusetzen, ohne dass es zu Problemen wegen elektrochemischen Vorgängen kommt. Das Kabel wird zuerst gecrimpt, dann mit einer Flüssigkeit hermetisch abgedichtet. Abschließend wird eine Schutzschicht mit UV- oder Infrarotverfahren umhüllt.  

Dipl.-Ing. Markus Kerkhoff

: ist Chief Engineer Delphi Connection Systems EMEA bei Delphi.

(av)

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