Durch Kompression eines Schichtstapels aus Graphen und Bornitrid entsteht im Graphen eine Bandlücke, wodurch das 2D-Material halbleitende Eigenschaften erhält.

Durch Kompression eines Schichtstapels aus Graphen und Bornitrid entsteht im Graphen eine Bandlücke, wodurch das 2D-Material halbleitende Eigenschaften erhält. (Bild: Columbia University)

Graphen ist nach aktuellem Kenntnisstand der beste elektrische Leiter und besitzt zusätzlich herausragende mechanische Eigenschaften mit einer Zugfestigkeit 125-mal höher als die von Stahl. Das Material ist eine 2-dimensionale Modifikation des Kohlenstoffs, wobei jedes Atom im Winkel von 120 Grad von drei weiteren umgeben ist, sodass sich ein bienenwabenförmiges Muster ausbildet. Elektronen verlieren beim Transport durch Graphen praktisch ihre Masse und verhalten sich als Quasi-Teilchen, wobei Streuungen lediglich an Verunreinigungen stattfinden (ballistischer Ladungstransport).

Daraus resultiert eine Ladungsträgermobilität von mehr als 15.000 cm²/Vs. Im Vergleich dazu besitzt Silizium eine Ladungsträgermobilität (für Elektronen) von 1500 cm²/Vs, Germanium 3900 cm²/Vs und Galliumarsenid 8500 cm²/Vs.  Graphenschichten höchster Reinheit erreichen Mobilitäten von bis zu 100.000 cm²/Vs. Diese hohen Mobilitätswerte sind im Bereich von 10 K bis 100 K praktisch nicht temperaturabhängig und sind für Elektronen und Löcher nahezu identisch.
Doch diese hervorragende Leitfähigkeit von Graphen hat einen entscheidenden Nachteil: Leitband und Valenzband treffen beim Graphen an den Dirac-Punkten aufeinander, sodass das Material keine Bandlücke besitzt. Der Stromfluss im Material lässt sich also praktisch nicht unterbrechen, was den Einsatz von Graphen in herkömmlicher Elektronik bisher verhindert.

Die Gruppe um Matthew Yankowitz, Postdoc an der physikalischen Fakultät der Columbia Universität, zeigte nun einen Weg, eine technologisch relevante Bandlücke im Graphen zu realisieren, ohne dass dieses dabei seine vorteilhaften Materialeigenschaften verliert. Durch Aufbringen atomar dünner, isolierender Schichten aus Bornitrid auf das Graphen verändert sich dessen elektronische Strukur, vorausgesetzt die Bornitrid-Schichten sind exakt ausgerichtet. Dadurch kommt es zur Ausbildung einer Bandlücke und das Graphen verhält sich wie ein Halbleiter. Jedoch ist die damit erzeugte Bandlücke nicht groß genug für den Einsatz des Materials als Grundlage für Transistoren bei Raumtemperatur.

Kompression macht den Unterschied

Gemeinsam mit Kollegen von National High Magnetic Field Laboratory der Universität Seoul und der National University of Singapore fanden die Forscher um Yankowitz heraus, dass die mit Bornitrid beschichteten Graphenlagen durch Aufbringen von Druck ihre elektrischen Eigenschaften noch weiter verändern. Die Kompression des Materials führt dazu, dass die Bandlücke deutlich größer ausfällt und sich der Stromfluss im Graphen damit deutlich effektiver blockieren lässt.
Noch ist die Bandlücke allerdings auch mit dieser Technik nicht groß genug, um Graphen in Transistorbauelementen bei Raumtemperatur einsetzen zu können, aber die Untersuchungen zeigten erstmalig, dass halbleitendes Graphen Realität werden kann, ohne dass das Material dabei seine vorteilhaften Eigenschaften einbüßt. Das langfristige Ziel der Forschergruppe ist herauszufinden, wie sich die Bandlücke durch unterschiedliche Druckwerte durchstimmen lässt und sich damit die elektrischen Eigenschaften des Materials gezielt designen lassen. Die Ergebnisse der durch die National Science Foundation und die David and Lucille Packard Foundation geförderten Arbeiten wurden am 17. Mai 2018 in der Zeitschrift Nature veröffentlich.

(na)

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