CM-Systems von Schildknecht: CISS-Sensor für acht Messgrößen, Funk-IoT-Gateway mit eSIM-Karte und das Data Portal für die Auswertung.

Die Zutaten des CM-Systems von Schildknecht: CISS-Sensor für acht Messgrößen, Funk-IoT-Gateway mit eSIM-Karte und das Data Portal für die Auswertung. (Bild: Bosch)

Herr Schildknecht, was treibt einen auf Funklösungen spezialisierten Experten, eine eigene CMS-Plattform aufzubauen?

Thomas Schildknecht: Wir haben unsere CMS-Lösung im Interesse der Anwender als Komplettsystem konzipiert, das innerhalb kürzester Zeit betriebsbereit ist. Es besteht aus dem kompakten Bosch-Multikomponenten-Sensor CISS mit Bluetooth-Signalübertragung für insgesamt acht Messgrößen, unserem IoT-Edge-Gateway mit integrierter eSIM-Karte für globale Konnektivität sowie einer Messdatenauswertung und -darstellung auf unserem Portal-Dashboard.

Welche Einsatzbereiche haben Sie damit im Fokus?

Thomas Schildknecht: Mit als wichtigste Applikation sehen wir die weltweite Sicherung der Betriebsbereitschaft von Motoren beziehungsweise der von den Motoren angetriebenen Anlagen. Der Schlüssel hierfür ist die im Gateway integrierte und bei unzähligen Mobilfunkprovidern weltweit gültige eSIM-Karte. Dies sorgt für globale Konnektivität und ermöglicht es, kritische Maschinendaten ständig an zentraler Stelle vorzuhalten.

Thomas Schildknecht, CEO Schildknecht

Anschließen-Einschalten-Anwenden – diesen zentralen Anwenderwunsch erfüllt unser schlüsselfertiges System. – Thomas Schildknecht Schildknecht

Gibt es schon erste praktische Erfahrungen?

Thomas Schildknecht: Ein erstes System läuft erfolgreich bei der Firma Murrelektronik. Dort wird ein prozesskritischer Antrieb an einer neuralgischen Stelle überwacht: Der Motor treibt das Transportband zwischen Lager und Versand an. Bei dessen Ausfall käme die Auslieferung sofort ins Stocken ‒ mit erheblichen Auswirkungen auf die Termintreue, einem wichtigen Element der Murrelektronik-Geschäftspolitik.

Warum haben Sie sich für den Bosch-Sensor entschieden?

Thomas Schildknecht: Den haben wir gewählt, weil er mit acht Messgrößen nahezu universell einsatzbar ist und mit seinem Bluetooth-Interface sehr gut in unser Gerätekonzept passt. Bei Murrelektronik werden mit dem Multi-Sensor zum Beispiel der Magnetfluss, Vibration und die Temperatur erfasst und per Bluetooth über das Gateway an unser Dashboard kommuniziert. Entsprechend aufbereitet stehen aussagekräftige Informationen hinsichtlich möglicher Lagerschäden am Motor zur Verfügung, die eine frühzeitige Wartung ermöglichen.

Allein der CISS-Sensor kostet bei Conrad Electronic rund 400 Euro. Was muss ein Anwender als weitere Kosten für das Gateway und die Portalnutzung kalkulieren?

Thomas Schildknecht: Das Dataeagle CMS gibt es als Komplettsystem und kostet inklusive eines CISS 1 590 Euro netto. Für die Konnektivität und die Datenbereit­stellung fallen monatliche Kosten ab 15 Euro netto an. Das System kann jederzeit mit weiteren Sensoren erweitert werden. Und je mehr Messstellen, desto geringer ­fallen die Kosten für das Gateway ins Gewicht.

Ihr System kann also auch Signale mehrerer Sensoren gleichzeitig erfassen?

Über den Magnetfluss, die Temperatur und Vibrationen über­-wacht Murrelektronik den Prozess-kritischen Antrieb auf möglichen Verschleiß.

Über den Magnetfluss, die Temperatur und Vibrationen über­wacht Murrelektronik den prozesskritischen Antrieb auf möglichen Verschleiß. Schildknecht

Thomas Schildknecht: Ja, bis zu acht Bluetooth-Signale können gleichzeitig empfangen und weitergeleitet werden, das heißt bis zu 64 einzelne Sensorsignale. Dabei müssen wir unterscheiden: Bei Bluetooth-Sensoren ist dazu lediglich eine entsprechende Ankopplung an das Gateway erforderlich, das heißt die Integration des Bluetooth-Protokolls. So können auch andere Bluetooth-Sensoren parallel integriert werden.

Kabel-gebundene Sensoren lassen sich über ­unsere X-treme IO-Hubs einbinden. Diese IP65/67-geschützten I/O-Boxen erfassen die Signale von bis zu acht analogen oder digitalen Sensoren und leiten sie per Funk weiter. Unser CMS kann also die Informationen beliebiger Sensoren erfassen.

Unterstützen Ihre I/O-Boxen und das Gateway auch das IO-Link-Protokoll?

Thomas Schildknecht: Das ist eine ungemein wichtige Technologie in der Sensortechnik. Auch wir sind hier aktiv und unterstützen diese Technologie mit unserer Lösung Wireless IO-Link über Profinet zur kabel­losen Übertragung der Sensorwerte an eine Steuerung. Mit der gleichen Technologie realisieren wir auch eine Cloud-Lösung durch Ankopplung an einen IO-Link-Master von Murrelektronik.

Ist der Eindruck richtig, dass Sie gerade einen Strategie-Wechsel in ihrem Geschäftsmodell vollziehen?

Das Dataeagle Condition Monitoring-System basiert auf einem Multi-Sensor von Bosch, der über Bluetooth und das IoT-Gateway seine Daten an das Data­eagle Portal sendet.

Das Dataeagle Condition Monitoring-System basiert auf einem Multi-Sensor von Bosch, der über Bluetooth und das IoT-Gateway seine Daten an das Data­eagle Portal sendet. Schildknecht

Thomas Schildknecht: Von extern betrachtet scheint das so, ist es aber nicht. Wir verfolgen seit Gründung des Unternehmens das Ziel, ein leistungsfähiger und zuverlässiger ‚Daten-Transportunternehmer‘ zu sein, der Daten bei einem ‚Erzeuger‘ abholt, aufbereitet und über die jeweils verfügbaren Übertragungs­kanäle sicher bei einem ‚Empfänger‘ abliefert, wo auch immer diese Partner ihren Standort haben.

Und als moderner Transportunternehmer ent­wickeln und nutzen wir dazu natürlich auch neue Technologien und übernehmen zusätzliche Dienstleistungen, bis hin zu fertigen Lösungen. Über 150 mit Kunden gemeinsam realisierte Proof of Concept (PoC)-Projekte verdeutlichen das.

Sind Sie bei Ihren Aktivitäten auch Partnerschaften mit anderen Unternehmen eingegangen oder beabsichtigen Sie das?

Thomas Schildknecht: Das handhaben wir flexibel: Kerntechnologien entwickeln wir in der Regel im eigenen Haus, für ergänzende Komponenten wie Sensoren gehen wir Partnerschaften mit dem Ziel ein, Kunden Komplettsysteme liefern zu können und schnell auf Anfragen und den Markt reagieren zu können.

Das Interview führte Stefan Kuppinger, Chefredakteur IEE

Liefertreue gesichert

Das CM-System von Schildknecht erfasst und visualisiert sensible Motor­daten bei Murrelektronik.

Angesichts der weitreichenden Folgen verspäteter Lieferungen bei seinen Kunden ist die Termintreue der Lieferungen ein unternehmenskritischer Faktor. Im Lager beziehungsweise in der Versandabteilung werden daher regelmäßig die Betriebsabläufe hinterfragt und Maßnahmen ergriffen, die potenzielle Störungsquellen eliminieren oder überwachen. Dazu gehörte die Installation des CMS am Antriebsmotor für das Förderband der auszuliefernden Waren.

Moderne Motoren sind in der Regel robust und arbeiten sehr zuverlässig. Irgendwann treten aber auch an ihnen Verschleißerscheinungen auf. Im Betrieb sind sie selten sofort spürbar, sehr wohl aber messbar – lange bevor der Motor ausfällt. Hier setzt Murrelektronik mit dem CMS an: Der CISS-Sensor wurde am Motor­gehäuse montiert und liefert mit seinen Messdaten für den Magnetfluss, die ­Vibrationen und Temperaturen aussagekräftige Informationen hinsichtlich möglicher Lagerschäden am Motor. Diese Informationen stehen den verantwortlichen Mitarbeitern, graphisch aufbereitet in einem Dashboard auf Tablets oder Smartphones zur Verfügung. Auf Basis der parametrierbaren Alarmgrenzen wird eine ­erforderliche Wartung rechtzeitig angemahnt und die Gefahr eines unerwarteten Motorausfalls erheblich vermindert.

Ausblick mit Potenzial

Die Motorüberwachung ist ein erster, erfolgreicher Praxistest, der bereits deutliche Hinweise auf weitere Einsatzpotentiale gibt: Da sind zum einen die universellen Applikationen in Verbindung mit anderen Sensoren und Messgrößen. Schließlich kann das Portal beliebige Messgrößen erfassen, auswerten und darstellen. Zum zweiten ist die Lösung mit der fest integrierten und global einsetzbaren eSIM-Karte samt einfacher Kostenabrechnung anwenderfreundlich. Zudem bietet die von Schildknecht entwickelte ‚Device Cloud‘ viele Möglichkeiten, das CMS auf den jeweiligen Anwendungsfall hin zu optimieren.

Das System besteht aus einem kompakten Bosch-Multikomponenten-Sensor mit 8 Messgrößen (Signalübertragung mittels Bluetooth), dem IoT-Edge-Gateway ­Dataeagle 2730 eSIM-Karte sowie dem Dataeagle-Portal zur Messdatenauswertung und -darstellung. Aktuell stehen vier Monitoring-Pakete mit verschiedenen Übertragungsintervallen (Stunden- bis Wochentakte) zur Verfügung; auch eine Alarm-Version für Predictive Maintenance-Lösungen ist möglich.

(sk)

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