Die Ursachen für eine Netzwerkfehler liegen oft nicht im Netzwerk selbst. Ein Blick auf die Umgebung ist wichtig.

Die Ursachen für eine Netzwerkfehler liegen oft nicht im Netzwerk selbst. Ein Blick auf die Umgebung ist wichtig.Fotogestöber – Fotolia.com

Während früher die Aussage reichen musste, dass der Bus funktioniert oder eben nicht, ist man mittlerweile so weit, differenziert herauszufinden, welche Probleme wo vorliegen oder in absehbarer Zeit auftreten könnten. Dazu wird dem Bus quasi ein Langzeit-EKG verpasst. Bei der Auswertung eines Langzeit-EKGs So befragt der Arzt befragt den Patienten auch, was er zu Zeiten mit ungewöhnlichen Messwerten getan hat. Genauso interessant ist es bei der Analyse von Kommunikationsproblemen im Bus, was andere Systeme im Bus-Umfeld zu diesem Zeitpunkt gemacht haben. Oft sind dort nämlich die Ursachen zu finden.

Seit jeher haben Techniker in Automatisierungssystemen beispielsweise mit Schirmströmen zu tun. Dass diese auftreten können, ist keine neue Erkenntnis. Jedoch wird ihnen kaum Beachtung geschenkt. Messungen in der Praxis zeigen aber, dass Schirmströme heute nicht selten bei 500 mA oder im einstelligen Amperebereich liegen und im kHz-Bereich einzuordnen sind. Probleme sehen die Kommunikations-Experten von Indu-Sol hier vor allem bei Maschinen und Anlagen, die in den letzten Jahren umgerüstet oder deren Automatisierungstechnik modernisiert wurde. Das I/O-Gerät befindet sich dezentral im letzten Winkel der Anlage und die Antriebstechnik ist auf energiesparende Frequenzumrichter umgestellt worden. Beides ist wichtig, aber viele vergessen bei der Modernisierung den Potenzialausgleich. Die DIN VDE 50310 weist jedoch explizit darauf hin, dass in Gebäuden mit Einrichtungen der Informationstechnik ein verbesserter Potenzialausgleich (mindestens verbesserter Typ A) ausgeführt werden muss. Neben der typischen Sternstruktur sind deswegen zusätzliche Potenzialausgleichsverbindungen zwischen den Standorten von elektrischen und elektronischen Geräten aufzubauen.

Potenzialausgleich: Verbesserter Typ A mit Sternstruktur nach DIN EN 50310.

Potenzialausgleich: Verbesserter Typ A mit Sternstruktur nach DIN EN 50310.Indu-Sol

Ströme auf Irrwegen

Aber auch bei neu geplanten Maschinen können Probleme auftreten, wenn nicht einige wichtige Grundsätze beachtet werden. In der Zuleitung für hochfrequente Verbraucher koppeln sich in den Schutzleitern (PE) hochfrequente Ströme ein, die zur Quelle zurückgelangen wollen. Theoretisch geschieht das über den Potenzialausgleich. Problematisch wird es aber in der Praxis, wenn sich in der Nähe des Antriebs ein Profibusteilnehmer befindet, dessen Zuleitung beidseitig auf Erdpotenzial liegt. Diese Installation ist zwar richtig, da nur so die Schirmung funktioniert. Aber es gibt eine Kehrseite, die es zu beachten gilt: Da nun Schirm und Schutzleiter auf den gleichen Endpunkt liegen und in den meisten Fällen parallel zueinander verlaufen, nimmt laut Stromteilerregel der ungewollte Strom auch den Weg über den Schirm der Profibusleitung als Rücklaufpfad und nicht nur die Potenzialausgleichsverbindung. Denn hochfrequente Ableitströme nehmen nicht den Weg des geringsten ohmschen Widerstandes, sondern immer den Weg der geringsten Impedanz.

EMV-Analyse im Automatisierungsumfeld

EMV-Analyse im Automatisierungsumfeld Indu-Sol

Laut DIN VDE 0100-540/DIN EN 61140 dürfen Schutzleiterströme (PE) von dauerhaft geschlossenen Betriebsmitteln bei einem Bemessungsstrom der Verbraucher von über 20 A maximal 10 mA erreichen. Messungen an Maschinen zeigen: PE-Ströme von bis zu 10 % des Phasenstroms sind keine Seltenheit. Da derart hohe Schirmströme für Maschine und Buskommunikation gefährlich werden können, besteht dringender Handlungsbedarf. Anstatt die Schirmströme über sekundäre Lösungen wie Schirmklemmen abzuführen, ist es sinnvoller, das Problem an der Wurzel zu packen und ihre Entstehung in derartiger Höhe von vornherein zu vermeiden.

Herkömmliche Motorleitungen (rechts) haben nur einen Schutzleiter. Das kann zu induktiven und kapazitiven Einkopplungen führen.

Herkömmliche Motorleitungen (rechts) haben nur einen Schutzleiter. Das kann zu induktiven und kapazitiven Einkopplungen führen.Indu-Sol

Symmetrische Motorleitungen heben Ströme auf

Eine Möglichkeit ist, spezielle Motorleitungen einzusetzen. In herkömmlichen Motorleitungen läuft ein einziger Schutzleiter parallel zu den Phasen L1, L2 und L3. Bei einem alternativen Aufbau der Motorleitungen wird der PE in drei Leitungen aufgeteilt. Die kapazitive und induktive Einkopplung verteilt sich damit auf drei Leitungen, deren Phasen um jeweils 120° zueinander verschoben sind. Dadurch heben sich die eingekoppelten Ströme gegenseitig zu mehr als 80 % auf. Ein solcher Aufbau ist kein Novum, sondern wird von allen Frequenzumrichter-Herstellern empfohlen. Diese bewährte Lösung ist in den letzten Jahren in Vergessenheit geraten. Sie wird heute allerdings zunehmend wieder interessant, weil Frequenzumrichter in der Nähe von Busmodulen eben schnell zu Problemen führen können. Neben solchen Motorleitungen bietet Indu-Sol zudem eine EMV-Service-Box, die alle notwendigen Komponenten für eine normgerechte Anlagenverdrahtung enthält.

Hersteller von Frequenzumrichter empfehlen symmetrische Motorleitungen, um Störungen zu vermeiden.

Hersteller von Frequenzumrichter empfehlen symmetrische Motorleitungen, um Störungen zu vermeiden.Indu-Sol

Alternativer Lösungsansatz: Konzepte für den Potenzialausgleich verbessern

Die Zuverlässigkeit der Anlage der Zukunft wird wesentlich von der Qualität der Niederspannungsschaltanlage abhängen. Wer nicht alle Motorleitungen ersetzen kann, sollte sich Gedanken über seinen Potenzialausgleich machen. Bei alten Werkshallen muss zusätzlich die Frage gestellt werden, wie es nach der langen Betriebsdauer um den Fundament-Erder bestellt ist. Gleichzeitig sind Konzepte für den Potenzialausgleich gefordert, die dafür sorgen, dass die Impedanz des Potenzialausgleichssystems geringer ist als die Impedanz des Schirms. Als Richtwert gilt: Schirmschleifenwiderstände von Datenleitungen wie Buskabeln sollten maximal bei rund 0,6 Ohm (Impedanzwert bei 2,2 kHz) und Schleifenwiderstände der Potenzialausgleichsanlage (CBN) in einem Bereich von etwa 0,3 Ohm (Impedanzwert bei 2,2 kHz) liegen. Mit einem vermaschten Potenzialausgleich MESH-BN lassen sich elektromagnetische Störungen verringern – je kleiner die Maschenabmessung, desto besser die Funktion.

Die Leckstrommesszange (links) gibt Auskunft zur Belastung des Potenzialausgleichssystems. Mit der Maschenwiderstands-Messzange (rechts) hingegen wird die Güte des Potenzialausgleichs (Impedanzwerte bei 2,2 kHz) messbar.

Die Leckstrommesszange (links) gibt Auskunft zur Belastung des Potenzialausgleichssystems. Mit der Maschenwiderstands-Messzange (rechts) hingegen wird die Güte des Potenzialausgleichs (Impedanzwerte bei 2,2 kHz) messbar. Indu-Sol

Wer Probleme vermeiden oder beheben will, muss deren Ursachen kennen. Das Langzeit-EKG des Profibusses hilft nur wenig, wenn die Ursache der Kommunikationsstörung an anderer Stelle auszumachen ist. Deshalb können weitere Messungen über eine längere Zeitspanne notwendig sein. Deren Ergebnisse werden dann miteinander verglichen, um Zusammenhänge aufzudecken. Automatisierte Langzeittests, zum Beispiel mit dem EMV-Inspektor V2, können unter anderem das zeitliche Verhalten des Profibus-Schirmstroms, des Stroms im PE/PA-System, den PE-Strom im Motorkabel und den Verlauf der 24 V DC Versorgung aufzeigen.

Karl-Heinz Richter

ist Geschäftsführer für Marketing & Vertrieb bei der Indu-Sol GmbH in Schmölln.

(mf)

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