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(Bild: Mouser Electronics)

Eckdaten

Das drahtlose Laden bietet im Vergleich mit dem drahtgebundenen eine Menge Vorteile. Allgemein sind die Nachteile von Wireless relativ gering. Allerdings sind einige Bereiche noch verbesserungswürdig. Welche das sind und was sich auf diesem Gebiet tut, zeigt der Artikel auf.

Schon 1894 demonstrierte Nikola Tesla einem erstaunten Publikum die drahtlose Energieübertragung in seinem New Yorker Labor – Wie von Geisterhand schalteten sich Lichter auf der anderen Seite des Raumes ein. Seine Erkenntnisse haben zwar großes Interesse geweckt, während des nächsten Jahrhunderts war die drahtlose Energieübertragung jedoch auf ein paar Nischenanwendungen beschränkt, bei denen das kontaktlose Aufladen einen klaren Vorteil brachte, zum Beispiel Batterien für Herzschrittmacher oder elektrische Zahnbürsten und Rasierer.

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Mit drahtlosem Laden können Geräte billiger, schmaler und zuverlässiger werden. Mouser Electronics

Als elektronische Geräte hauptsächlich sperrig und unbeweglich waren und die Akkutechnik eher vernachlässigt wurde, blieb die Nachfrage nach drahtlosem Aufladen gering. Das Aufkommen kleiner, leistungsstarker, immer eingeschalteter Geräte hat aber nun zu einer echten Nachfrage nach Applikationen mit drahtlosen Ladegeräten geführt, die Teslas Erfindung wieder ins Rampenlicht rückt.

Vorteile von drahtlosem Laden

Mit drahtlosem Laden können Geräte billiger, schmaler und zuverlässiger werden. Aufgrund des drahtlosen Aufladens können Hersteller externe Anschlüsse eventuell ganz weglassen. Anschlussbuchsen haben viele Nachteile. Sie lassen Wasser und Schmutz in das Gerät, sind schadensanfällig, brauchen Platz, verunzieren das Gerät und erhöhen die Fertigungskosten.

Stromversorgung ist der wesentliche Grund dafür, dass sich heute USB- oder ähnliche Anschlüsse an Smartphones finden, nicht so sehr die Datenübertragung. Apples umstrittene Entscheidung, den Kopfhöreranschluss in den neuesten iPhones zu verwerfen, wirkte fast wie ein Omen dafür, dass auch die Tage anderer Anschlüsse gezählt sind.

Thema der nächsten Seite: Die Wissenschaft hinter dem drahtlosen Aufladen

Heutzutage arbeiten die meisten drahtlosen Ladetechnologien nach dem Prinzip der magnetischen Induktion. Einfach erklärt: In diesem Verfahren wird die Drahtspule von einer Seite des Trafos in das aufzuladene Gerät und die andere Seite in das Ladegerät eingebaut. Werden diese zusammengebracht, kann das Ladegerät ein magnetisches Feld erzeugen, welches das gekoppelte Gerät mit Strom versorgt. Diese strahlungslose Nahfeld-Technologie hat eine sehr kurze Reichweite von etwa einem Zentimeter, kann aber Barrieren von mehr als ein paar Millimetern Dicke nicht durchdringen.

Immer mehr moderne Geräte nutzen die resonante induktive Kopplung, eines der von Tesla vor über einem Jahrhundert entwickelten Verfahren. Die zwei Spulen werden auf die gleiche Resonanzfrequenz abgestimmt, um so die Leistung der einfachen magnetischen Induktion zu verbessern. Mit der Erweiterung verbessert sich der Wirkungsgrad, die nutzbare Reichweite erhöht sich auf mehrere Zentimeter, Barrieren werden besser durchdrungen und es können mehrere Geräte gleichzeitig aufgeladen werden.

Ein alternatives drahtloses Ladeverfahren von Tesla, die kapazitive Kopplung (die einen ähnlichen Trick anwendet, aber auf dem Kondensator- statt Transformator-Prinzip beruht), scheint in letzter Zeit von der magnetischen Induktion abgehängt worden zu sein. Forschungen dauern jedoch an. Zusätzlich wird an anderen Methoden zur drahtlosen Energieübertragung geforscht, einschließlich Hochfrequenzstrahlung und sogar Ultraschall.

Generell muss ein wirkungsvolles und einfach verwendbares Ladesystem erkennen, wenn ein zu ladendes Gerät in Reichweite ist, um keine Energie zu verschwenden und Strom effizient an ein oder mehrere Geräte zu leiten. Außerdem muss ein Ladegerät vereinzelte metallische Objekte erkennen können (wie zum Beispiel Schmuck, Schlüssel und nicht kompatible Geräte) und es vermeiden, Energie zu übertragen, da sonst Überhitzung und somit Schäden entstehen könnten (Induktionsherde machen sich ein ähnliches Phänomen zunutze). Dafür „scannen“ induktive Geräte ihre Umgebung bei niedrigem Stromverbrauch, gegebenenfalls auch unter Verwendung mehrerer Spulen, um die Lage im Raum festzustellen (FOD; Foreign Object Detection). Heute beinhalten die Spezifikationen für drahtlose Allzweck-Ladegeräte auch eine bidirektionale Datenübertragung, damit diese mit den Clients für eine optimale Lade-Effizienz und Sicherheit kommunizieren können.

Richtlinien für drahtlose Ladegeräte

Viele Jahre lang war das drahtlose Aufladen mobiler Geräte ein unübersichtlicher Kampf konkurrierender Normen. Dieser scheint jedoch dem Ende nahe. Während der letzten drei Jahre hat sich der Qi-Standard als führende Technologie für mobile Geräte durchgesetzt. Entwickelt wurde Qi („tschi“ ausgesprochen) vom WPC (Wireless Power Consortium), das zahlreiche große Technologie-Unternehmen zu seinen Mitgliedern zählt (unter anderem Samsung, Qualcomm, Texas Instruments, Apple, Sony, LG, Phillips, Bosch etc.).

Im Jahr 2017 hat auch Apple Qi für das iPhone 8 und iPhone X übernommen, und so seine einflussreiche Zustimmung gegeben – eine Abkehr von ihrer früheren Zurückhaltung bezüglich drahtloser Ladeverfahren. Selbst Ikea unterstützt Qi mit einer seit etwa drei Jahren erhältlichen Möbel- und Tischlampen-Kollektion, die über eingebaute, drahtlose Ladegeräte verfügt. Auch Autohersteller haben begonnen, Ladegeräte einzubauen.

Resonante induktive Kopplung

Die neueste Version von Qi basiert auf resonanter induktiver Kopplung. Viele heutige Geräte nutzen die Qi-Spezifikation mit geringer Leistung, die bis zu 5 W liefert. Für das Aufladen von Mobiltelefonen, Smart Watches, Wearables und anderen Kleingeräten ist das ideal. Es gibt aber auch Bauteile für die neue Qi-Spezifikation mit mittlerer Leistung, die schnelleres Laden mit bis zu 15 W vorsieht, was für größere Geräte wie Laptops geeigneter ist. Hochleistungsvarianten von Qi mit 120 W bis 1 kW sind in der Entwicklung.

Bis zu drei Geräte gleichzeitig

Apples Air-Power-Technologie, die wohl 2018 veröffentlicht wird, scheint eine Erweiterung des Qi-Standards zu sein. Diese soll bis zu drei Geräte gleichzeitig aufladen können. Der Tech-Riese versucht seinen Einfluss geltend zu machen, damit seine Verbesserungen Teil des Qi-Standards werden.

Die größte Konkurrenz für Qi war die Airfuel Alliance, die 2015 aus dem Zusammenschluss der Alliance for Wireless Power (A4WP) und der Power Matter Alliance (PMA) hervorging. Zu den Technologien der Organisation gehören die Normen Rezence (eine Ladetechnik mit magnetischer Resonanz) und die PMA (induktives Laden). Trotz der Fusion scheint die Air Fuel Alliance jedoch den Kampf um diesen Markt schon aufgegeben zu haben und ihn dem Qi-Standard des WPC zu überlassen. Powermat Technologies, Mitbegründer und bekanntester Hersteller der Allianz, haben kürzlich bekannt gegeben, ihre neueren Ladegeräte mit Qi-Unterstützung upzugraden. In den USA hat sich Powermat sehr erfolgreich im Einzelhandel verbreitet und seine Ladepads unter anderem in unzähligen Starbucks installiert.

Thema der nächsten Seite: Erforderliche Verbesserungen

Verglichen mit drahtgebundenem bietet das drahtlose Laden eine Menge Vorteile. Allerdings sind einige Bereiche noch verbesserungsbedürftig. Kaum überraschend ist, dass drahtloses Aufladen noch viel ineffizienter ist als drahtgebundenes. Für sich gesehen, sind die Kosten eines Energieverlustes von etwa 20 bis 40 % recht geringfügig (jedenfalls für mobile Geräte mit geringem Energieverbrauch), doch sind weitere Steigerungen des Wirkungsgrads möglich.

Trotzdem ist es fraglich, ob jetzige drahtlose Ladetechnologien, entgegen gängiger Meinungen, den Bedienkomfort in jeder Situation verbessern. Ein auf ein flaches, fest eingebautes Ladegerät gelegtes Smartphone kann kaum oder nur umständlich bedient werden. Eines, das am Kabel hängt, lässt sich dagegen leicht bedienen. Dieses könnte durch weitere Verbesserungen der resonanten Induktionstechnologie angegangen werden. Das Start-up Pi Inc. hat erst neulich eine beeindruckende, drahtlose Ladetechnologie mit Strahlformung präsentiert, die ebenfalls mit dem Qi-Standard kompatibel ist. Mit dem Ladegerät können mehrere Geräte innerhalb eines Radius von 30 cm gleichzeitig aufgeladen werden.

Da Wireless die klobigen externen Buchsen ersetzt, ist es für Hersteller ein Segen, doch es muss einiges berücksichtigt werden. Die Rückseiten von Mobiltelefonen, die drahtloses Aufladen unterstützen, müssen aus Glas oder Plastik sein, da Metallgehäuse die Leistung des drahtlosen Ladens drastisch verringert. Nicht-metallische Hüllen haben aber einen weiteren Vorteil, und zwar die bessere Leistung von drahtlosen Datenübertragungstechnologien wie NFC.

Allgemein sind die Nachteile von Wireless relativ gering. Adressiert werden sie wahrscheinlich durch höhere Strompegel sowie andere Fortschritte in den Ladegerätfunktionen, durch breitere Verfügbarbeit von Ladepads und durch Verhaltensänderungen der Nutzer, die mit dieser Drahtlostechnologie vertrauter werden. Nach 120 Jahren wird Teslas Vision endlich zur Wirklichkeit.

Mark Patrick

Mouser Electronics

(ah)

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