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Austriamicrosystems

SBCs (System-Basis-Chips) kommen seit vielen Jahren in Fahrzeug-Steuergeräten zum Einsatz. Sie dienen als Bindeglied zwischen den Hoch- und Niederspannungssystemen in der Fahrzeug-Elektronik. Das Hochspannungssystem umfasst die wichtigste Energiequelle, die Batterie, sowie Aktoren und Verbindungen zu Bussystemen. Hochspannungsimpulse, Load-Dump und EMI (Elektromagnetische Interferenz) sind die wichtigen Merkmale dieses Systems. Auf der Niederspannungsseite sorgen empfindliche integrierte Schaltungen wie Mikrocontroller und Sensoren für die komplexen Sicherheits- und Komfortfunktionen moderner Fahrzeuge.

Heutige SBCs vereinen Stromversorgungs-, Schutz- und Schaltfunktionen sowie Physical-Layer-Schnittstellen für die Bussysteme. Im Vergleich zu Schaltungen, die aus diskreten Komponenten bestehen, bieten sie eine erhebliche Reduzierung der Bauteileanzahl und des Platzbedarfs auf der Leiterplatte. SBCs sind heute in Systemen wie Gateways, Klimaanlagen und Türmodulen zu finden sowie in Teilen des Fahrzeugs, die höhere Leistungen erfordern – allen voran im Antriebsstrang. Ein klassisches Beispiel ist der TLE7263E von Infineon mit CAN/LIN-Physical-Layer, einem LDO (Low Dropout-Regler) sowie Reset-Generator und Treibern.

Eine typische ECU benötigt eine Vielzahl von Versorgungsspannungen für Mikrocontroller, externe Sensoren und andere Komponenten. Dies hat zu einer Situation geführt, bei der Schaltungen mehrere Standard-SBCs und sehr viele diskrete Komponenten enthalten können. Weiterhin fordern anspruchsvolle neue Normen zur funktionalen Sicherheit, wie beispielsweise ISO 26262 umfangreiche Diagnose-Funktionen, wodurch sich die Anzahl der Komponenten weiter erhöht. Gleichzeitig müssen Automobilhersteller – wie immer – mit begrenztem Raum und Budget kämpfen, aber dennoch sehr hohe Ansprüche an die Zuverlässigkeit und die Senkung des Energieverbrauchs erfüllen.

Bild 1: Leistung und Verlustleistung für DC/DC-Wandler und  LDO.

Bild 1: Leistung und Verlustleistung für DC/DC-Wandler und LDO. Austriamicrosystems

Dieser Beitrag zeigt, wie Innovationen in der Gestaltung von SBCs Automobilzulieferern helfen, Systeme zu vereinfachen, die Anzahl der Komponenten zu reduzieren, und dabei zusätzliche Funktionen bei gleichzeitiger Reduzierung des Platzbedarfs und Stromverbrauchs zu realisieren. Eine neue Generation kundenspezifischer SBCs (SBC-ASICs) erweitert die Integration und stellt nicht nur mehrere Ausgangsspannungen bereit, sondern auch andere Funktionen wie zum Beispiel das Einlesen von Schaltern, die Überwachung externer Signale und Sicherheitsfunktionen.

Senkung der Verlustleistung

Eine der wichtigsten Innovationen in SBC-ASICs ist der Einsatz von DC/DC-Wandlern an Stelle der herkömmlichen LDOs. DC/DC-Wandler sind wesentlich effizienter als LDOs.  Historisch war die EMV-Problematik ein Stolperstein beim Einsatz im Fahrzeug. Diese Probleme wurden durch geregelte Anstiegs/Abfallzeiten beim Schalten und kleinere Induktivitäten gelöst. Abwärts-, Aufwärts- und Flyback-Wandler sind heute im Einsatz. Mit Hilfe von Aufwärts- und Flyback-Wandlern lässt sich die Applikation auch mit sehr niedrigen Batteriespannungen betreiben.

Die Integration eines DC/DC-Wandlerkerns in ein SBC-ASIC mit internen oder externen Schalttransistoren bewirkt eine deutliche Senkung der Verlustleistung im Vergleich zu einem gleichwertigen SBC mit nur einem LDO zur Leistungsregelung (siehe Bild 1). Die bei der Umwandlung eingesparte Verlustleistung erhöht die verfügbare Verlustleistung für andere Blöcke im Chip. Mit diesem Konzept kann ein einziges Bauteil alle Stromversorgungen für die ECU bereitstellen. SBC-ASICs lassen sich daher in einem breiten Anwendungsspektrum einsetzen, und es besteht die Möglichkeit, weitaus mehr Funktionen zu integrieren, als dies bisher möglich war. Ein Beispiel ist die elektrische Servolenkung (EPAS oder EPS, Bild 2). Hier kann ein einziges SBC-ASIC die erforderlichen Spannungen für den Haupt-Mikrocontroller, den

Bild 2: Blockschaltbild eines EPS-Systems. Die eingekreisten Blöcke lassen sich in einem SBC-ASIC integrieren.

Bild 2: Blockschaltbild eines EPS-Systems. Die eingekreisten Blöcke lassen sich in einem SBC-ASIC integrieren. Austriamicrosystems

Drehmomentsensor und den Motorpositionssensor sowie für eine unabhängige Diagnose bereitstellen. Ein weiteres Beispiel ist die Zugangskontrolle im Innenraum, bei der ein SBC-ASIC die Start-Stopp-Schalter und die Türschalter ausliest, Stromversorgung und Kommunikation für die Wegfahrsperre bereitstellt, die Zündrelais schaltet und die ECU der Kraftstoffeinspritzung versorgt. Wichtige Sicherheitsfunktionen im Zusammenhang mit der Wegfahrsperre lassen sich ebenfalls auf dem Chip implementieren.

Bild 3 zeigt das Blockschaltbild eines generischen SBC-ASICs mit DC/DC-Wandler, Physical-Layer-Schnittstellen, Treiber, Schalter, Überwachung und Sicherheitsfunktionen.

Ein vorgeschalteter Regler speist den DC/DC-Kern und die Wake-Up-Schaltungen direkt aus der Batterie. Dieser Regler versorgt auch die Schaltung zur Steuerung der verschiedenen Betriebsarten. Im Sleep-Modus mit aktiver Wake-Up-Erkennung kann die Stromaufnahme auf weniger als 100 µA über den gesamten Temperaturbereich beschränkt werden, so dass die typischen Anforderungen der Automobilindustrie erfüllt sind. Ein SBC-ASIC bietet in der Regel auch eine Übertemperaturerkennung und -Abschaltung zum Schutz vor thermischen Schäden. Im dem in Bild 3 gezeigten SBC dienen Übertemperaturerkennung, Spannungsregelung und eine Watchdog-Schaltung als Reset-Quellen für den Mikrocontroller.

DC/DC-Wandlerkern

Der DC/DC-Wandlerkern lässt sich für verschiedene Eingangs- und Ausgangsspannungen konfigurieren. So kann zum Beispiel ein Abwärtswandler die Eingangsspannung für den LDO aus der Batteriespannung auf einen Wert senken, der 1 bis 2 V höher liegt als die LDO-Ausgangsspannung; damit sinkt die Verlustleistung entscheidend im Vergleich zu Designs, bei denen die Batteriespannung am LDO anliegt.

Ebenso besteht die Möglichkeit, den DC/DC-Wandlerkern als Aufwärtswandler zu verwenden, der nur dann aktiv wird, wenn die Batterie-Eingangsspannung unter einen bestimmten Wert fällt, oder es kann ein Flyback-Wandler über den gesamten Eingangsspannungsbereich zum Einsatz kommen – vom Normalwert bis zu sehr niedrigen Batteriespannungen von weniger als 5 V. Bei mehr als einer Sekundärspule kann ein Flyback-Wandler mehrere Spannungsausgänge bieten, wobei dann ein Spulenausgang mit der Regelschleife arbeitet, während die anderen frei arbeiten (proportional zu ihrer Windungszahl).

Sowohl Aufwärts- als auch Flyback-Wandler garantieren eine korrekte Energieversorgung für den Mikrocontroller – im Gegensatz zu Designs auf LDO-Basis, die sich nicht mit niedriger Batteriespannung betreiben lassen. Dies gewinnt zunehmend an Bedeutung, da eine steigende Anzahl sicherheitskritischer Systeme wie EPAS, auch dann funktionieren muss, wenn die Batterie fast vollständig entladen ist.

Die Grenzen der Integration

Während der Konzeptphase von SBC-ASIC-Projekten fragen ECU-Entwickler häufig, ob es sich lohnt, den Mikrocontroller in den SBC zu integrieren. Auf diese Weise ließe sich die Anzahl der Bauteil und der Platzbedarf auf der Leiterplatte reduzieren. In der Praxis ist es schwierig, den erhofften Kostenvorteil zu erzielen, da ein solches Bauteil einen komplexen Fertigungsprozess erfordert, um hohe Spannungen, die beispielsweise für CAN-Schnittstellen erforderlich sind, zusammen mit Elemente wie Flash-Speicherblöcken zu integrieren. Schließlich bietet die Vielfalt der marktgängigen Mikrocontroller eine große Flexibilität und Auswahl für ECU-Entwickler, die in diesem Fall verloren ginge.

Bild 3: Blockschaltbild eines SBC-ASIC. Zur Vereinfachung entfielen in der Grafik interne Blöcke wie Oszillator oder Referenzen.

Bild 3: Blockschaltbild eines SBC-ASIC. Zur Vereinfachung entfielen in der Grafik interne Blöcke wie Oszillator oder Referenzen. Austriamicrosystems

Die Grenzen der Integration zeigen sich vor allem durch Funktionen, bei denen die Hochspannungs-Prozesstechnologie von SBCs erforderlich ist. Die Möglichkeiten zur Integration von Treibern wie Lowside, Highside oder Push-Pull sind durch die Gesamtverlustleistung des ICs eingeschränkt. Das Schalten von  0,5 A bei einem On-Widerstand in der Größenordnung von 1 Ω resultiert in einer Verlustleistung von 0,25 W im Chip. Zumindest für größere Ströme könnte es notwendig sein, einen externen Leistungstransistor und interne Gate-Treiber zu verwenden. Für n-Kanal-Highside-Schalter kann eine Ladungspumpe oder Bootstrap-Architektur zum Einsatz kommen.

Ebenso wichtig sind die Schutzanforderungen an den Versorgungsanschlüssen. Ein IC, das  in einem Hochvolt-CMOS-Prozess gefertigt wird, kann Spannungen bis über 100 V standhalten. Für weitergehende Anforderungen wie die Impulse 1 und 2 nach ISO 7637 ist ein externer Schutz durch Kondensatoren, eine serielle Diode oder einen Varistor erforderlich. Die Impulse 3a/b der ISO 7637 sind ausreichend kurz, so dass der ESD-Schutz der Anschlüsse und kleinen externen Kondensatoren diese Impulse zuverlässig abfängt.

CAN- und LIN-Physical-Layer sind in vielen SBC-ASICs enthalten. Eine simple Einhaltung der LIN- und CAN-Standards ist in vielen Fällen für  Automotive-Anwendungen nicht ausreichend. Eine Konformität mit weit höheren Anforderungen wie zum Beispiel den deutschen OEM-Standards (System-Level ESD nach IEC 61000 4-2) und Immunität gegenüber sehr hohen DPI- (Direct Power Injection) und BCI-Werten (Bulk Current Injection) ist notwendig und in einem SBC-ASIC realisierbar.

Praktische Fragen der Implementierung für ECU-Entwickler

Mit der ISO 26262 gewinnt das Thema funktionale Sicherheit mehr und mehr an Bedeutung. Zwar kommen ICs schon seit langem in sicherheitskritischen Anwendungen zum Einsatz, aber die ISO 26262 bildet eine neue Grundlage für den Nachweis der Zuverlässigkeit von elektronischen Geräten unter Verwendung standardisierter Dokumente wie zum Beispiel FMEDA (Failure Mode, Effect and Detection Analysis). Eine FMEDA-Analyse für ein SBC-ASIC zeigt auf, welche zusätzlichen funktionellen Sicherheitsmerkmale und Diagnosefunktionen erforderlich sind, um das Sicherheitsniveau (SIL/ASIL Level) zu erfüllen.

Beispiele hierfür sind die Überwachung der internen Spannungen und Ströme mit Hilfe einer unabhängigen Referenz, das redundante Überwachen von Schaltern und die Kontrolle des Schaltstatus von Treibern. Darüber hinaus erfordert die ISO-Norm nicht nur eine entsprechende Systemarchitektur sondern auch, dass die „Entwicklungsausführung“ dem Standard entspricht.

SBC-ASICs

Eine neue Generation kundenspezifischer SBCs (SBC-ASICs) stellt nicht nur mehrere Ausgangsspannungen bereit sondern auch andere Funktionen wie zum Beispiel das Einlesen von Schaltern, die Überwachung externer Signale und Sicherheitsfunktionen. Außerdem sparen SBCs Platz, Leistung und Kosten, während die Qualität sowie das Sicherheitsniveau gemäß ISO26262 steigen.

Das Gehäuse von SBC-ASICs verdient aufgrund der großen Verlustleistung innerhalb des Chips, die vor allem auf den LDO, die Treiber und die CAN-Schnittstelle zurückzuführen ist, eine genauere Betrachtung. Bisher bevorzugten die Automobilzulieferer Gehäuse mit Anschlussbeinchen und Exposed-Pads. Gehäuse ohne Beinchen wie QFN haben einen etwas umstrittenen Ruf wegen angeblicher Stabilitätsprobleme und Schwierigkeiten bei der Lötinspektion. Andererseits erfreuen sich QFN-Gehäuse zunehmender Beliebtheit, da sie, zumindest bei größeren Pinzahlen, weitaus kostengünstiger sind. Darüber hinaus macht die Forschung an benetzbaren Seitenflächen Fortschritte, was die Inspektion des Bauteils erleichtert.

Welche Technologie für SBCs und SBC ASIC die am besten geeignete ist, ist Gegenstand einer langen Kontroverse. BCD- (Bipolar-CMOS-DMOS) und reine Hochvolt-CMOS-Technologie (HV-CMOS) sind die besten Kandidaten. Beide ermöglichen die gleichzeitige Integration von Hochvolt-Transistoren und Bauelementen mit niedriger Spannung. Generell kann man mit guten Gründen sagen, dass BCD umso geeigneter ist, je geringer die Komplexität und desto höher der Anteil der Schalter mit geringem Widerstand auf dem Chip ist. Mit zunehmender Komplexität ist die HV-CMOS -Technologie aufgrund des größeren Anteils an digitalen Schaltungen und Diagnosefunktionen die bessere Alternative.

Zusammenfassung

SBC-ASICs ermöglichen eine deutliche Platzersparnis auf ECU-Leiterplatten. SBC-ASICs können das Power-Management und spezielle Funktionen wie beispielsweise Schalterüberwachung, High-/Lowside-Treiber und komplexe Diagnosefunktionen in einem einzigen IC integrieren. So ist mit SBC-ASICs eine weitaus höhere Integration möglich als mit herkömmlichen Standard-SBCs.

Dies verringert die ECU-Kosten insgesamt. Darüber hinaus verbessert sich die Zuverlässigkeit durch die Verwendung nur mehr eines Haupt-ICs und einer begrenzten Anzahl externer Komponenten erheblich. Weiterhin lässt sich eine maßgeschneiderte Architektur zur  Erzielung des geforderten SIL/ASIL-Sicherheitsniveaus nur in einem ASIC implementieren.  

Thomas Müller

: ist Product Manager für Automotive ASICs bei der austriamicrosystems AG

(av)

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