Der CEO von Osram Opto Semiconductors Dieter May

Dieter May, der CEO von Osram Opto Semiconductors, im Gespräch mit AUTOMOBIL-ELEKTRONIK-Chefredakteur Alfred Vollmer: "Wir fahren auf Sicht, aber unsere Maßnahmen greifen langsam - auch auf der Profitabilitätsseite." (Bild: Alfred Vollmer)

Gut 120 Tage ist Dieter May jetzt CEO von Osram Opto Semiconductors (Osram OS) – und es war wirklich keine einfache Zeit, denn die Aufträge gingen konjunkturbedingt zurück, aber die hohen Grundkosten der Fabs in Regensburg und Kulim/Malaysia laufen weiter. Dass die Auslastung der Fabs derzeit suboptimal ist, drückt Dieter May so aus: „Wir haben Kapazitäten frei, um den Aufschwung mitzunehmen.“

„Ich musste in meinem Berufsleben immer Veränderungen treiben“, erklärt Dieter May, der dem Unternehmen zum 1.10.2019 eine neue Organisationsstruktur verpassen wird – und zwar „mit personifizierter Verantwortung – ich weiß aus der Automobilindustrie, dass das funktioniert“. Dabei ist seine prinzipielle Stoßrichtung klar, denn er will „mehr Operational Excellence“ und damit vor allem geringere Fertigungskosten. Aufmerksame Zuhörer erkennen bei seinen Ausführungen, dass er prozessorientiert denkt und entsprechend handeln will, wobei er offensichtlich das Management von Entscheidungen genauso angeht wie das Management des Produkt-Portfolios.

Automotive und mehr

Gut die Hälfte seines Umsatzes macht Osram OS im Bereich Automotive, was Dieter May dann so formuliert: „Automotive ist das Rückgrat unseres Geschäfts.“ Allerdings muss auch der LED-Pionier Osram OS sich an die aktuellen Marktgegebenheiten anpassen:

Der CEO von Osram Opto Semiconductors Dieter May

"Wir haben historisch gesehen eine sehr starke Position im Automotive-Markt, aber eine Situation, bei der man automatisch als Haus- und Hoflieferant gesetzt ist, gibt es nicht mehr; da weht jetzt ein schärferer Wind", sagt Osram-OS-CEO Dieter May. Alfred Vollmer

„Wir haben historisch gesehen eine sehr starke Position im Automotive-Markt, aber eine Situation, bei der man automatisch als Haus- und Hoflieferant gesetzt ist, gibt es nicht mehr; da weht jetzt ein schärferer Wind.“ Jetzt gelte es, den Dreiklang aus engen Kundenbeziehungen, Innovationskraft und operativer Exzellenz adäquat zu managen. „Hier können wir aus einer starken Position heraus unsere Stärken ausspielen, aber die Anforderungen werden komplexer.“

Aber auch „das klassische Beleuchtungsgeschäft ist sehr stark“ bei Osram OS und zudem besetze die auf Licht-Halbleiter spezialisierte Osram -Sparte auch ganz neue Geschäftsfelder.

Komponente Plus

Während Texas Instruments in den DLP-Projektoren die Zukunft der Frontscheinwerfer im Fahrzeug sieht, hat Dieter May da eine andere Meinung: „In den Matrix-LEDs für Frontscheinwerfer sehen wir großes Potenzial, und hier sind wir gut unterwegs.“ Osram OS „investiert zusehends in Vorwärts-Integration“, wobei das Matrix-Licht für Scheinwerfer ein gutes Beispiel hierfür sei, mehr als nur die reine Lichtquelle zu liefern, sondern eine hochintegrierte Gesamtkomponente, die er als „Komponente Plus“ bezeichnet.

„Dabei gibt es keinen One-Size-fits-all-Ansatz“, hebt Dieter May hervor, um dann zu betonen, dass vor allem die Systemkompetenz wichtig ist: „Unser Ansatz ist es dann, die Integration zu betreiben. Wir haben Wertstromanalysen gemacht, und das Potenzial liegt ganz klar darin, Integration zu beherrschen – das heißt eben auch, Know-how im Bereich ICs zu haben, denn dort können wir Wert generieren. Dabei wird es immer einen kundenspezifischen Aufwand geben, der natürlich auch ein Werttreiber ist und eine engere Kundenbeziehung ermöglicht, weil man dann nicht mehr so leicht austauschbar ist.“

Osram-OS-CEO Dieter May

Osram OS hält laut May nach attraktiven Start-ups Ausschau - "vor allem im Bereich Komponente Plus und Mikro-LED". Alfred Vollmer

Im Falle des Matrixlichts besteht diese Komponente Plus übrigens aus Lichtquelle, Durchkontaktierung, Ansteuerung und einer Optik. Als weiteres Beispiel für Produkte des Typs Komponente Plus mit beachtlichem Potenzial nennt er Kamera-Module in Smartphones, die unter anderem auch zur Gesichtserkennung dienen, sowie Laser- und Lichtmodule im Bereich VR/AR (Virtuelle/Augmentierte Realität).

Stärkere Fokussierung

„Historisch gesehen haben wir einen sehr breiten Anwendungsfokus, denn wir wollten in überproportional vielen Anwendungsfeldern aktiv sein“, führt Dieter May weiter aus. „Es war einfach notwendig, die Anzahl der Anwendungsfelder massiv zu reduzieren, um die Ressourcen dort einzusetzen, wo wir die größte Chance haben, zu gewinnen… Die Gefahr ist dabei, dass man oft nur Organisationsänderungen macht, aber das ist zu kurz gesprungen, weil ein Kästchen nicht die Welt ändert.“ Auf welche Anwendungsfelder Osram OS sich primär konzentrieren wird, wollte der CEO noch nicht konkretisieren, aber eines ist für ihn klar: „Wir sind die Nummer 2 im Markt für Optoelektronik und haben dabei eine sehr breite Technologiebasis, bei der wir uns fragen müssen, welches die Schlüsseltechnologien sind, auf die wir uns in Zukunft stützen werden.“

Dieter May, CEO von Osram OS …

… kam zum Pressegespräch mit Jeans und Freizeitschuhen in der Farbe Osram-Orange, aber ohne Krawatte. Der Diplom-Ingenieur hat in Erlangen Elektrotechnik mit Fachrichtung Mikroelektronik/Chipdesign studiert und begann seine berufliche Laufbahn bei IBM in Frankreich, bevor er dann zu Motorola Halbleiter nach München wechselte und schließlich zu Ulrich-Schumacher-Zeiten bei Infineon arbeitete. Danach zog es ihn acht Jahre in den Mobilfunk-Bereich zu Nokia an die Standorte Helsinki und Berlin, um danach zu BMW zu wechseln, wo er als Senior Vice President den Bereich Digital Services and Business Models der BMW Group aufbaute.

Der 53-Jährige ist Vater einer Tochter im Kindergarten-Alter und wohnt in München, von wo aus er an den Firmensitz von Osram Opto Semiconductor nach Regensburg pendelt, aber er weilt auch jede Woche „an ein bis zwei Abenden in Regensburg“.

Dabei möchte Osram OS seine Fähigkeiten natürlich möglichst optimal nutzen: „Unsere Kernkompetenz liegt darin, Licht zu emittieren, Licht zu detektieren und dann die Verarbeitung zu ermöglichen. Derzeit sind wir ein Komponentenhersteller, der in Subsysteme hineinmöchte.“ In diesem Rahmen halte Osram OS auch nach attraktiven Start-ups Ausschau – „vor allem im Bereich Komponente Plus und Mikro-LED“.

Aktuelle Situation

Der aktuelle Auftragseingang bereitet dem Unternehmen natürlich Sorgen, aber als CEO muss Dieter May auch schwierigere Situationen in ein anderes Licht stellen: „Es hat ja seine Gründe, warum das Unternehmen sechs Jahre lang sehr erfolgreich war… Wir sind in einer superguten Lage – egal was kommt!“ Auf die Frage der Redaktion, ob er jetzt Licht am Ende des Tunnels sehe, antwortet der Osram-OS-CEO als Quintessenz so: „Wir fahren auf Sicht, aber unsere Maßnahmen greifen langsam – auch auf der Profitabilitätsseite.“ Dabei betont er, dass Osram OS keine Marktanteile verliere und kommt zu folgendem Fazit: „Ich kann mit der Situation umgehen, dass die Lage stabil ist, aber wir sind noch im Nebel.“

Alfred Vollmer

Chefredakteur AUTOMOBIL-ELEKTRONIK und all-electronics

(gk)

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